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stellenweise einen fumulfuBfen Verlauf nahmen. DaS offiziöse Telegraphenbureau verbreitet darüber folgenden Bericht, der sich anscheinend von tendenziöser Uebertreibung nicht frei hält: Die infolge der teuren Lebensmittelpreise in verschiedenen Städten NordfranlreichS vorgekommenen Ruhestörungen nehmen einen immer gewalttätigeren Charakter an. In Douai trafen gestern abend mehrere hundert Frauen und Männer auS dem benachbarten DorignieS ein und zogen unter dem Gesänge derInternationale" und anderer revolutionärer Lieder vor das Stadthaus, wo sie vom Gemeinderat wirksame Massnahmen gegen die Preissteigerung der Lebensmittel verlangten. Der Gemeinde- rat nahm infolgedessen einen Beschlusiantrag auf Abschaffung der Zölle auf Fleisch und Nahrungsmittel an. Die Menge gab sich jedoch nicht zufrieden und marschierte unter dem Stufe:Es lebe die Sabotage!" durch die Stadt. DaS Zuchtpolizeigericht von A v e s n e s bestrafte mehrere Frauen, die vorgestern auf dem Markt in Hautmont Ruhestörungen verursacht hatten, mit Gefängnis von zwei bis vier Mo- n a t e n. DaS Urteil rief unter den Bergleuten deS Beckens von Maubeuge außerordentliche Aufregung hervor. Der Allgemeine Arbeiterverband forderte die Arbeiter in einem maßlos heftigen Aufruf auf, zum Zeichen des Protestes heute vormittag zu streiken. Im Bezirk von ValeneienneS wurden viele Kaufleute von den Arbeitern zu der schriftlichen Erklärung gezwungen, nur zu Preisen, die von den Arbeitern festgesetzt seien, zu verkaufen. Tie Geschäftsleute, die unter diesen Umständen nur mit Schaden arbeiten, schlössen die Läden. Die Metzger beschlossen, wegen der hohen Viehpreise bis auf weiteres nicht mehr zu schlachten. Die Fleischhauer von Valenciennes . die einer Versammlung im Stadthause beigewohnt hatten, wurden von der Menge beschimpft und mußten in ein Cafe flüchten. Zur Wiederherstellung der Ruhe ist eine Schwadron Reiter nach Valenciennes entsandt worden. In FreSnes drangen Ruhestörer in Geschäfte ein. deren Besitzer sich geweigert hatten, Eier zu billigeren Preisen zu ver- kaufen, vernichteten die Einrichtung und plünderten die Vorräte. Ein Pächter wurde infolge der Aufregung vom Schlage getroffen und war sofort tot. In St. Quentin kam es gestern abend zu neuen Ruhe- störungen, wobei ein Loden vollständig ausgeplündert wurde. Der Unterpräfekt und zwei Polizisten, welche einschreiten wollien, wurden von der wütenden Menge verwundet. Natürlich hat die französische Sazialdemokratie mit diesen spontanen Ausbrüchen nichts zu tun. Soweit wirklich Gewalttaten vorgekommen sind, handelt es sich um bedauerliche V erzweif- lungSausbrücheunorganisierter Ma s s e n. Das hin­dert dieD. T a g e s z t g." nicht, ihren geistig schwerfälligen Lesern die freche Lüge aufzutischen, die Sozialdemo- kraten hättenförmliche Räuberbanden gebildet, welche über die Bauern herfallen, sie mißhandeln, aus- rauben und ihre Gehöfte ausplündern." Ter Zweck dieser niederträchtigen Hetze ist allerdings durchsichtig. Es soll den Bauern, die mit der Zeit doch an dem Nutzen ihres Bundes mit den Junkern zu zweifeln anfangen, Angst vor den Sozial­demokratie gemacht werden, um die' Geängstigten wieder an ihre selbstsüchtigen Feinde zu ketten, Vit IfiaroMtoaffäre. Botschafter Cambon ist in Berlin eingetroffen und es ist möglich, daß die neuen Besprechungen heute beginnen. Die Verhandlungen sollen angeblich in der Weise vor sich gehen, daß zunächst über die Sicherung der französischen politischen Handlungsfteiheit und der wirtschaftlichen Ansprüche Deutschlands in Marokko gesprochen wird; würde Frankreich die Handlungsfreiheit zugestanden, so kämen dann die Kom- pensationen an die Reihe, die angeblich bedeutend seien, aber von Frankreich nicht ckehr vergrößert werden würden. DaS Märchen von derschwarzen Armee". Zu der alldeutschen Erfindung von der Gefahr, die Deutschland von einer französischenNegerarmee erwachsen könne, sagt dieAurore": Wenn Deutschland in einem Abkommen sich die Richtverwendung schwarzer Soldaten in Europa ausbedingen wolle, würden sie rasch einig werden. Denn man kommt in Frankreich bereits von dieser unüberlegten Ver- blen dring zurück. DaS leugnen zwar die Urbcber dieser Idee, aber die Tatsache ist unleugbar. Schon in seinem Bericht über das Kriegsbudget mußte Herr Clö- mentel Vorbehalte machen und auf jeden Fall ausdrücklich die Verwendung von Truppen in dem Mutter- st a a t v e r w e r f e n. Die schwarzen Truppen nur für die Kolonien, daS ist die wirkliche und einzige Lösung und schon das ist eine überschwengliche Hoffnung. Unser Selbstgefühl hat mit dieser Frage nicht da? geringste zu schaffen. Wenn Deutschland bei seiner Befürchtung bleibt und von uns eine Verpflichtung verlangt, übernehmen wir sie ohne zögern!... Die Republik hat es nicht nötig, von anderen Soldaten als ihren eigenen Bürgern verteidigt zu werden... Man sieht also, dieallbeutschenLügenhaben kurze Beine. Das Borgehen der Spaniex. Madrid . 81. August. Der Mini st errat beschäftigte sich heut« mit den Verhandlungen über Marokko . Ministerpräsident CanalejaS drückte die Hoffnung aus, daß die Rechte Spaniens durch die an den marokkanischen Angelegenheiten interessierten Nationen werden beachtet werden, und seine Hoffnung auf eine baldige befriedigende Beendigung der gegenwärtig schwebenden Ver- Handlungen über Santa Cruz de Mar Pequena; er betonte mit Nachdruck die Notwendigkeit, diesen Teil der marokkanischen Küste vor Ende September zu besetzen. Vis Protestbewegung. Die Straßburger Arbeiterschaft demonstrierte am Mittwoch- abend in einer Massenversammlung gegen die Bedrohung des Welt- friedens durch daS marokkanische Abenteuer. In einem der größten Säle StrahburgS hätten 1200 Personen dichtgedrängt Platz gefunden. während eine mindestens ebenso große Anzahl vergebens Einlaß in den abgesperrten Saal begehrte. Der Referent, Genosse Dr. W e i l l, sprach unter der stürmischen Zustimmung der �Massen gegen die Kriegshetzer und erklärte es für die selbstverständliche Pflicht deS Proletariats, die Verwirklichung der kriegerischm Versuche mit allen Mitteln zu hindern. Eine Resolution, die im Sinne des Referats gehalten war, fand einstimmige Annahme. Die Schweriner Arbeiterschaft nahm in einer von etwa 1000 Personen besuchten Protestversammlung Stellung zu den Volks- verräterischen Umtrieben der Kriegshetzer. Genosse Nespital- Rostock führte in seinem Referat unter begeisterter Zustimmung den versammelten vor Augen, wo die treibenden Kräfte in dem Intrigenspiel um Maroklo sitzen. Jubelnden Beifall fand der Redner, als er zum Schluß seiner Ausführungen hervorhob, bei der nächsten Reichstagswahl den Kriegshetzern und ihren Hinter- männcrn die Antwort durch Abgabe sozialdemokratischer Stimmzettel zu erteilen._ Heuenglandl)ctze. Genosse Eduard Bernstein sendet uns folgende Ausführungen: Wie imVorwärts" schon erwähnt worden ist, hat das Pieudo- Interview des englischen Botschafters in Wien einem Teil der bürgerlichen Presse erwünschten Anlaß gegeben, von neuem das Publikum gegen England wild zu machen. Ich will auf daS Interview und seine eigentümliche Bekanntgabe nicht näher eingehen- Die Sacke ist vorläufig noch ziemlich mysteriös und sieht fast so aus, als sei Sir Fairfax Laigston Cartivright in eine ihm gestellte Falle gelaufen. Jedenfalls aber ist der Herr für die Sozialdemokratie eine gleichgültige Persönlichkeit. Nicht gleichgültig ist dagegen, öaß systematisch daran gearbeitet wird, das deutsche Volk mit Ge- walt in einen blinden Englandhaß heineinzutreiben. Dieser Agitation kann nicht energisch genug entgegengetreten werden. Eine ihrer unvermeidlichen Wirkungen hat sich ja auch deutlich genug gezeigt. Es mag ein Zufall sein, daß der Ausbruch der neuen Hetze im Datum auch mit jener Rede Wilhelms II. zu- fammenlraf, die auf eine kommende Erweiterung des deutschen Flottenprogramms folgern läßt. Aber der Sache nach gehörten Englandhetze und endloses Rüsten selbstverständlich zusammen. Das eine arbeitet da für das andere. Schreien heute schon alldeutsche Phantasten:»wozu haben wir denn die teuren Schiffe, wenn wir sie nicht gegen England loslassen", so erhöht jede Steigerung der Flottenlasten die Gefahr, daß der große Haufe der Stimmungs- Politiker sich in ähnliche Gedanken hineinlebt. Haben doch die wenigsten einen klaren Begriff davon, was ein feindseliger Zu- sammeustoß zwischen Deutschland und England bedeuten würde. Es ist unglaublich, wie leicht selbst Leute, bei denen man Kenntnis der weltpolitischen Kräfte und Zusammenhänge voraussetzen kann, die Idee eineS solchen Zusammenstoßes nehmen. Um zunächst mit dem Wirtschaftlichen zu beginnen, so muten diejenigen, welche dem deutschen Volk jetzt Stücke tropischen oder subtropischen Landes alS paradiesische Schätze vor Augen halten, um deremwillen eS bereit sein müsse, England in die Waden zu fahre», ihm die Rolle des HundeS in der Fabel zu, det das Stück Fleisch, das er im Munde hielt, losließ und nach dessen ihm größer erscheinendem Widerspiel im Wasser schnappte. Keine etwa zu erwerbende Kolonie kann für Deutschlands gewerbetreibende Klassen den Wert unseres friedlichen Austausches mit Großbritannien und seinen Kolonien aufwiegen. Was speziell Südmarokko anbetrifft, um dessentwillen jetzt so viel Lärm geschlagen wird, so muß selbst derjenige, der dem Erwerb der Kolonien für Deutschland nicht schlechthin ab- weisend gegenübersteht, sich sagen, daß dies Gebiet sogar geschenkt dem deutschen Volk leicht zu teuer komnicn würde. Man preist cS als ein gewaltige» SiedelungSgebiet mit großartigen Möglichkeiten für Baumwollkulturen an. Als ob nicht da die eine Eigenschaft der anderen ins Gesicht schlüge. Die Baumwolle er- 'ordert ein Klima, daS Mittelenropäer als Siedler erfahrungsgemäß nicht vertragen. Man kann geradezu sagen: wo Baumwolle gedeiht. gedeiht kein mitteleuropäischer Siedler, und wo mitteleuropäische Siedler gedeihen, gedeiht keine Baumwolle. Die Arbeiter aus den Baumwollpflanzungen Süd-MarokkoS würden Nicht-Enropäer sein müssen. Woher aber die nehmen? Erwa auS den Stämmen, die Süd-Marokko heute bewohnen und mit denen noch keine Regierer fertig geworden sind? Auf unabsehbare Zeit hinaus würde Süd-Marokko dein deutschen Volke nur kosten, und zwar würde es nicht nur sehr viel Geld, sondern auch Blut, sehr viel Blut erfordern. Die Erfahrungen mit den HcreroS in Südwestafrika find Kinderspiel dagegen. Welcher Wahnsinn da- her ja, man kann mit Fug sagen, welcher verbrecherische Wahnsinn, um einer Sache willen, bei der schon da? ureigene In- teresse des deutschen Volkes die nnchlernste, reifliche Ucbcrlegung verlangt, dieses Volk in eine steigende Hetze gegen ein Land hinein- zutreiben, mit dem eS jetzt in friedlichem Verkehr jahraus jahrein vetriebsprodukte von zusammen Milliarden im Wert austauscht. besten Markt von allen großen Märkten der einzige ist. wo Erzeug- nisse der deutschen Industrie ohne Zoll Aufnahme finden. ES ist aber nicht nur der Handel mit England, der bei der Frage unserer Beziehungen zu diesem Staate in Betracht kommt. Selbst unser: verbohrtesten Alldeutschen können sich darüber keinen Täuschungen hingeben, daß Deutschland als politische Macht in der Welt der Kulturvölker außerordentlich wenige wirkliche Freunde hat. Zum Ueberfluß sorgen sie ja noch selbst dafür, daß Deutschland Gegner bekommt, wo eS keine zu haben brauchte. So sind z. B. die Polen Oesterreichs lange ein deutschfreundliches Element gewesen, und noch heute besteht in Galizien weit über die Kreise des SchlackzizentumS hinaus bei den Polen der Wunsch, mit den Deutschen sich gut zu stellen. Aber mit der Ostmarkenpolitik. wie unsere Alldeutschen sie predigen, ist das natürlich auf die Dauer nicht möglich. Auf ähnliche Weise müht man sich von dieser Seite immer wieder ab. durch eine schneidigeNordmarkenpolitik" uns die Sympathie der skandinavischen Böller zu verscherzen.. Im Gegensatz dazu hat England durch eine umgekehrte Politik neuerdings feine Stellung in der Wekt ganz erheblich Verbeffert. Es handelt sich da nickt um die Eiulreiningspolitil Eduards VII. , auf deren Recknung höchstens die Verständigung Englands mit Frank- reich zu setzen ist. Nein, was hier in Betracht kommt, ist die von Campbell Vannerman eingeleitete und bisher von seinem Nachfolger Asquith fortgesetzte Politik des demokratischen Ausbaues des britischen Weltreichs. ES ist die Politik, die durch Gewährung von Selbst- regicrung an den Bund der südafrikanischen Kolonien die Buren und das boftändische Element mit England versöhnt hat, die die abenteuerlichen ReichSzollverbondSpläne aufgegeben und statt die selbstregiereuden Kolonien künsstich an die Handelspolitik des Mutterlandes zu ketten, sie als frei« BmideSglieder zur Mitberatung der Angelegenheiten deS Weltreiches herangezogen hat. Die be- deutende innere Festigung deS Reiches, die diese Politik schon zur Folge gehabt hat, wlrd noch eine beträchtliche Steigerung erfahren. wenn das Mimsterium Asquith die von ihm als seine nächste große parlamentarische Maßregel angekündigte Verwirklichung von Homerule für England zur Durchführung bringt. Es wird das ein Ereignis von weltpolitischer Tragweite sein. Homerule für Irland wird unter anderem das Verhältnis zwischen England und den Ver- einigten Staate» so günsttg gestalten, wie daS in der modernen Konkurrenzgesellschaft überhaupt möglich ist. Bis in die neueste Zeit hinein waren in den Vereinigten Staaten bei Streitigkeiten mit England die Iren ein England feindliches Element.»Englands Verlegenheit ist Irlands Gelegenheit" war ihr politisches Dogma. Das hört alsdann auf. Der Zusammenhalt der rnglischsprechenden Welt wird von einem störende» Faktor befreit. In einem Kampf. der darauf abzielt, England an seinem Lebensnerv zu treffen und ein anderer hätte unter dem Gesichtspunkt der deutschen Hetz- Patrioten keinen Sinn würde sich daS GemeinsamkeitSgesühl vor« auSsichtlich sehr energisch geltend machen. Diese erstaunlichen Politiker, welche die Welt nach Verbündeten gegen England ab« suchen, könnten da eigentümliche Dinge erleben. Sie glauben jetzt solche Verbündeten in den Jndiem und Aegyptern zu haben. Hinsichtlich Indiens würden sie sich voraus- sichtlich schwer verrechnen. Die Partei in Indien , die eine völlige Losreißung von England will, ist außerordentlich schwach. Die übergroße Mehrheit der indischen Nationalpartei will eine Art Homerule unter euglischer Oberhoheit. Elwas anders siebt es in Aegypten . Aber, wie eS schon im Flugblatt deS Parteivorstandes rickiig heißt, da§ äußerste, waS ein Krieg Deutschlands mit England mit Bezug auf die genannten Länder erwirken könnte, wäre, Englands HerrschastSstellung dort ein Ende zu machen, keineswegs aber die Ersetzung von England durch Deutschland . Unter dem GesichtSpnnkl der Kolonialpolitik wäre also für Deutschland gar nichts geioonnen. ES ist vielmehr durchaus nicht ausgeschlossen, daß Deutschland dabei noch verlieren würde. Man muß sich nur die Frage nach den möglichen Erben Englands vorlegen, um die Antwort auf die Frage zu finden. England hat Regierungen und auswärtige Minister aller Art gehabt und Deutschland gegenüber oft schofel gehandelt. Aber andere Staaten haben eS auch getan, und wenn England Deutsch - land gegenüber ein Schuldkonto hat, so hat es ihm gegenüber auch ein Kreditkonto. Schließlich ist eS den Deutschen in keinem Lande der Welt besser gegangen als in England und seinen Kolonien. DaS hat in den letzten Tagen erst wieder ein Mitarbeiter in den»Hamburger Nachrichten" in einer Artikelreihe dargelegt, und unzählige Beispiele ließen sich dafür anführen. Das kann natürlich kein Grund sein. daß Deutschland sich sozusagen überall stillichweigend von England beiseite schieben läßr. Aber welcher vernünftige Mensch verlangt das letztere? ES wird dem deutschen Volle geradezu vorenthalten, wie viele angesehene Politiker und große Zeitungen Englands einem Entgegenkommen Deutschlands Wünschen gegenüber daS Wort reden, von der unablässigen Bekämpfung des Jingoismus durch die englischen Sozialisten gar nicht zu reden. ES kann gar nicht oft genug betont werden: die Englandhetze und Englandfurcht bei uns fußt zu neunundneunzig Hundertsteln auf gänzlich zeitwidrigen politischen und handelspolitischen An- schauungen. So kann man bis weit in die Linke hinein von Deutschen hören, der Zusammenstoß zwischen England und Deutsch - land sei schon deshalb unvermeidlich, weil die deutsche Konkurrenz England immer unbequemer werde. Als ob ein Krieg irgendetwas von Belang an Winsckaststatsachen ändern kann, die in den Wirtschaftskräften der Völker wurzeln und in den moorrncn VerkehrSverhälmisien ihre Nahrung finden. Während aber die Eniwickelung deS Weltverkehrs daS Abdrängen vom Weltmarkt immer schwerer macht, macht eS das gewaltsame Erobern immer im- rentabler, daS Niederhalten von Böllern immer aussichtsloser. Schon auS reinen VerstandeSerwägungen muß mit den politischen Ideen ge- brechen werden, die auS Zeitaltern der Eroberungen sich in unsere Zeit hineinvererbt haben. Wer sich von ihnen nicht befreien kann, der mag sich sonst für noch so vorgeschritten halten, er wird im entscheidenden Moment doch den Reaklionsmächten zum Opfer fallen, ihr Werk verrichten. Das möchten wir namentlich auch einigen linlsliberalen Blättern zurufen, die da«nner wieder glauben, jenen Anschauungen irgendwie Rechnung tragen zu müssen. Gerade in den Fragen der internationalen Politik ist Halb« heit oft besonders verhängnisvoll. Und warum sich nicht rückhaltlos vom Geist und den Anforderungen der neuen Zeit leiten lasten? Woran Deutschlands Entwickelung auch in der Weltpolitik krankt, daS sind Erbtllmcr aus der Zeit der Eroberungen, die es noch»nt sich herumschleppt. WaS ihn, dagegen heute seinen geachteten Namen in der Welt gibt, sind Leistungen auf den Gebieten von Wiffciischaft und Technik, von Literatur und Kunst, von Organisation und Ver- Wallung. Da liegen seine Reiche und bei ihnen ist die Zukunft. kevorileheiKler Kampf im bMcheu Bergbau. London , 29. August.(Cig. Vcr.) Nach der Beendigung des Eiscnbahncrstreiks atmete das englische Bürgertum erleichtert auf. Aber schon ballen sich die Wolken zu einem neuen Gewitter zusammen und eine beklemmende Angst hat sich der herrschenden Klassen be- mächtigt. Ein Ricsenkampf zwischen den Bergarbeitern und den Bcrgwerksbesitzern steht bevor. Ter bekannte Bergarbeiterfiihrer Hartshorn hielt letzten Sonntag eine Rede, in der er prophezeite, daß innerhalb ziveier Monate ein allgemeiner Bergarbeiterstreik ausbrechen werde. Erschrocken fragte man bei anderen Bergarbeiter- führern an und fand, daß selbst die bedächtigsten unter ihnen nicht geneigt waren, die Möglichkeit eines Generalstreiks der Bergarbeiter zu leugnen. Inzwischen sind Ereignisse ein- getreten, die deutlich auf den kommenden Kampf hinweisen. Die Bergarbeiter des unteren Rhonddatalcs(nicht die Ar- beiter desCambrian Combine", die jetzt nach langem heroischem Kampfe die Arbeit wieder abnehmen) haben ein Manifest veröffentlicht, in dem sie fordern, daß in Wales der Generalstreik proklamiert werden soll, um den Minimallohn für alle Bergarbeiter zu erringen. An einem bestimmten. von einer allgemeinen Konferenz festzusetzenden Tage sollen alle Bergarbeiter in Südwalcs und Monmouthshire die Arbeit einstellen und dann an die englischen und schottischen Kameraden den Appell richten, sich ihnen anzuschließen. Eine nicht offizielle Konferenz der Vertreter der verschiedenen Tistriktsorganisationen ,st auf nächsten Sonnabend nach Cardiff einberufen worden. Von noch größerer Bedeutung als diese Aktion der Waliser ist das Vorgehen der Bergarbeiter der Grafsckraften Lancashire und Cheshire . Tics sind die Kerntruppcn der britischen Bergarbeiterarmce. die Gründer der..Miners' Federation of Great Britain" und als außerordentlich zähe Kämpfer bekannt. Sie haben für die Tagesordnung der Generalversammlung der britischen Bergarbeiterföderation. die in der ersten Woche des Monats Oktober in Sou-thport stattfinden wird, eme Resolution eingeschickt, in der für das ganze Bereinigte Königreich ein Minimallohn von 7 Schilling (7 M.) gefordert wird. Die Forderung soll sofort in den bestehenden Einkgungsämtern zur Sprache gebracht werden und sollten sie die Werksbesitzer nicht bewilligen, so soll ein allgemeiner Bergorbeiterstreik erklärt werden. Die San- cashiremänner sind kaum die Leute, die eine Resolution stellen, nur um eine akademische Diskussion darüber herbei- zuführen. Die Forderung ist ihnen bitterer Ernst, und sie hoffen bestimmt auf die iliiterstütznng der Bergarbeiter von Südwales , Schottland , Turham und Northumberland , die mit ihnen zusammen etwa zwei Drittel der organisierten Bergarbeiterschaft Großbritanniens ausmachen. Schon vor zwei Jahren nahm die Generalversammlung der Berg- orbeiterföderation eine Resolution an. in der für das ganze Land ein Mimmallohn von 8 Schilling den Tag gefordert wurde. Die Frage war damals noch nicht reif zur Lösung.