Damit ist die Debatte über die GeschäftZfübrung de? Partei- Vorstandes erledigt. ES folgt die Verhandlung über verschiedene von Organisationen gestellte Anträge, zn deren Begründung die Ver- lreter jeder Organisation das Wort ergreifen. Genosse E b e r t vom Parteivorsland geht auf die von ver- schiedenen Seiten geäuszerten Wünsche nach billiger AgitätionSliteratur näher ein und sagt zum Teil die Erfüllung dieser Wünsche zu. Der Antrag ans Verstärkung deS ParteivorstandcZ um zwei Mitglieder und Einsetzung einer Kommission zur Beratung der Vieorganisation wird fast einstimmig angenommen. Den Schlusj der Sitzung bildet eine mehrstündige durch ein ausgezeichnetes Referat des Genossen Schulz eingeleitete Debatte über die Jugendbewegung. Es sprachen in dieser Debatte Genosse Ratz- Kiel, der einen Antrag auf Herausgabe eines Korrespondenzblattes für die JugendanSschüsfe begründete und Genosse H ö l l e i n- Jena, der einen Antrag der Thüringischen Jugendzentrale auf Anstellung eines besoldeten JngendsekretärS sehr warm empfahl, während Genoffe Liebknecht sich insbesondere mit dem Vorgehen der Schulaussichtsbehörde beschäftigte und Ge- nossin Fahren wald- Berlin die proletarischen Eltern aufforderte, mit der sozialistischen Erziehung ihrer Kinder schon während der Schulzeit zu beginnen. Nachdem noch einige Redner gesprochen, sagte Genosse E b e r t iy seinem Schlußwort Berücksichtigung und Würdigung der Anregungen zu. Seine Erklärung, daß die A n st e l l u n g eines J u g e n d s e l r e t ä r S für die Jugendzentralstelle erwogen würde, fand lebhaften Beifall, ebenso sein warmer Appell an die ganze Partei, die Jugendbewegung mit allen Kräften zu unterstützen. Nachdem so die heutige Sitzung in ihrenr AnSllang gezeigt hatte, daß sich die ganze Partei über die Notwendigkeit der Förderung der Jugendbewegung einig ist, vertagte sich der Parteitag. unsägliches Elend über das deutsche Volk heraufzubeschwören, so wird sich die Empörung der Massen nicht gegen die Sozialdemo kratie, sondern gegen die Partei des niederträchtigsten Volksverrats richten! Deshalb aber hißt das Zentrum auch in diesem Wahlkampf die Schwindelflagge der sogenannten„idealen Güter", indem es die Massen glauben zu niarben sucht, daß der„heilige katholische Glaube", die „katholische Kirche " gegen die, Mächte deS Unglaubens" verteidigt werden müffe. Als ob die Bewegungsfreiheit der katholischen Kirche durch irgendwelche Gefahr bedroht sei. als ob nicht gerade die Sozial- dcmokratie jederzeit für die Beseitigung aller Ausnahmegesetze gegen geistliche Orden eingetreten wäre I Das einzige, was das führende Zentrumsblatt denn auch vorzubringen vermag, ist die „Forderung nach einer Trennung von Staat und Kirche". Aber auch damit läßt sich kein Staat machen, weil ja von ultra- montaner Seite selbst eine solche Forderung früher nachdrücklichst erhoben worden ist und weil eine solche Trennung jedem wirklichen Gläubigen nur willkommen sein müßte. Wenn das Zeirtrum keine wirksameren Wahlparolen aufzutreiben vermag, kann es uns leid tun. politifcbe GeberHcbt Verlin. den 12. September 1911, Knebelgesetze gegen die Arbeiter. Der„Post" geht von„parlamentarischer Seite" eine Zuschrift zu, die sich für gesetzgeberische Maßnahmen gegen die Auf forderung zum Massen st reik im Fall« eines Krieges ausspricht. Daß es dem biederen freikonservatiben Scharfmacher nicht allein um einen Massenstreik im Kriegsfalle zu tun ist, beweist seine Erwähnung, daß ja Liebknecht von der Tribüne des Ab gcordnetenhauscS mit dem politischen Massenstreik sogar als Mittel zur Erzwingung der Einführung des Reichstags- Wahlrechts in Preußen gedroht habe. Der freikonservative Scharfmacher möchte also ein Knebelungsgesetz zur Verhinderung deS politischen Massenstreiks überhaupt eingeführt sehen I Ja. eS scheint sogar, al« ob der Parlamentarier der„Post" eS sogar auf Knebelgesetze gegen die Gewerkschaftsbewegung überhaupt abgesehen habe, fordert er doch, die bevorstehende Reform nnsereS Strafgesetzbuches dazu zu benutzen,„um in bezug auf den Schutz der wirtschaftlichen Freiheit gegen Vcrwaltigung auch die nötigen Bestimmungen zu treffen". Vom politischen Massenstreik im Kriegs- falle spricht man also, um die wirtschaftliche AktivnS- kraft deS Proletariats überhaupt zu treffen! Daß Gesetzesparagraphen nicht den geringsten Schutz gegen einen Massenstreik im Kriegsfälle bieten würden, mögen sich ja auch unsere Scharfmacher selbst sagen. Solch ein Massenstreik könnte niemals künstlich gemacht werden, er müßte mit elementarer Gewalt aus der Empörung der breiten Massen selbst hervorbrechen. solchem Fall wären allerdings die Zwirnsfäden des Gesetzes das letzte Mittel zu seiner Verhinderung. Wohl aber mögen die Herren Scharfmacher damit rechnen, daß in nonnalen Zeiten einem �Massenstreik durch schikanöse Gesetzesbestimmungen zugunsten des Unternehmertums begegnet werden könne. Die Verteidigung der Geldfackintereffen, nicht die Furcht vor einer Gefährdung des Vater- landeS, ist es auch sicherlich, waS die„parlamentarische Seite" der „Post" zu ihrer Anregung veranlaßt. Solch scharfmacherische Lffenheiteu aber können uns vor Eröffnung des Wahlkampfes nur willkommen sein._ Kriegshetze der Kriegervereine. Die„Parole", die„amtliche Zeitung des Deutschen KriegerbundeS", beteiligt sich in sehr bemerkenswerter Weise an der Kriegshetze unserer Panzer- Plattenpatrioten. In der Nummer vom 10. September ver- öffentlicht Generalleutnant z. D. von Alten einen Hetzen- schen Artikel unter dem bezeichnenden Titel:„Die G e- fahren des Krieges!" Sätze wie:„Wehe darum dem Volke, das seine Waffen rosten läßt", und:„Der Glaube an unsere Friedfertigkeit reizt unsere Nachbarn nur zu Uebergriffen" kennzeichnen zur Genüge den Geist dieses Hetzer'gusscZ, der auch wieder in der bekannten Manier den ungeheuerlichen Schwindel aufwärmt, daß die Bestialitäten des Massenmordes„die Herzen reinigen". Was Herr v. Alten unter solcher Reiniguug der Herzen versteht, kennzeichnet er allerdings selbst deutlich genug durch die Aeußeruna, daß unter dem Donner der Geschütze und dem Pfeifen der Kugeln Mannhaftigkeit und Entschlossenheit aufsprießen,„das dürre, zähe Fr i c d e ns un kr a u t der Weich- Herzigkeit und Halbheit schnell erdrückend". Aber nicht nur in dem Leitartikel des amtlichen Organs der Kriegcrvereine lvird derartig in Kriegshetze gemacht, sondern das Blatt veröffentlicht in derselben Nummer auch ein Feuilleton, betitelt:„Ein Feldpostbrief von 1912", das hurrapatriotisch erdichtete Szenen aus einer bevorstehenden Maffenmetzelei wiedergibt. Will die„Nordd. Allg. Ztg." noch immer mehr Beweise für die infame Kriegshetze unserer Hurra- Patrioten haben?! Will sie sich nicht endlich dazu de- qucmen, solch widerwärtige Kricgshetzereicn zu b r a n d- marken? Oder will sie, daß man im In- und Aus- lande annimmt, daß solche Hetzereien der Regierung mindestens nicht unwillkommen sind?!_ Das Feldgcschrci des Zentrums. Die„Germania " bringt einen selbst für ihre Berhältnisie ungewöhnlich phrasenhaften Anfruf:„Klar zu Gefecht!" Dieses jesuitische Machioerk ergeht sich natürlich wiederum in Denunziationen gegen die Sozialdemokratie, der ein„an Landesverrat grenzendes Lsrhalten' und die Drohung mit dem politischen Massenstreik und der Revolution bei Ausbruch eines Krieges vorgeworfen wird. Es scheint freilich, daß da? Zentrum selbst an die agitatorische Wirksamkeit dieser jammervollen Hetzerei nicht recht zu glauben vermag. Fügt sie doch dieser echt»iltromoiitonen Parole sogleich die bewährtere der Kultur- kanipspaukerei hinzu. Eine Vorsicht, die»nr zu begründet ist. Denn wenn die Sozialdemokratie dem Volke erzählt, wie schamlos sich das Zentrum an den KriegStreibereien beteiligt hat. wie es trotz der gespanntesten wellpolitischen Situation nicht davor zurückgeschreckt ist. eines selbst von alldeutscher Seite für völlig wertlos bezeich- «ten kolonialen Neuerwerbes wegen die Kriegsgefahr und damit Konservative Antimonarchisteu. Die neueste„Konservative Monatsschrift" bringt eineit wundersamen Artikel über die Monarchie. In diesem Artikel wird der Monarchie ihr Ende prophezeit, wenn eS ihr nicht gelinge, wiedmim ihre absoluten Machtvolltommenheilen zurückzugewinnen. Der Artikel gipfelt in dem Satze: „Die geschichtliche Ordnung will die Menschen zur Stärke erziehen, einen jeden an seinem Platz: sie will, daß Könige herrsche» oder fallen: sie will keine Institutionen des Schein S." Die sehr breitspurigen Ausführungen des Artikels sind offenbar nur als eine Umschreibung des also variierten Sprüchleins anzu- sehen:„Und der König absolut, damit er uns den Willen tut". Von der konstitutionellen Monarchie will der konservative Monarchist nichts wissen. Ein Monarch, der nicht das ab- solut« Werkzeug der Junker sein will, soll lieber fallen. Unsere Alldenlschen haben ja schon in ihre» zahlreicheii ZeitimgS- artikeln keinen Hehl daraus gemacht, daß sie ihre inonarchiiche Auf- fassuiig gründlich revidieren wollen, wenn der Monarch sich nicht ihren aberwitzigen und verbrecherischen Plänen unterwirft. Diese alldeutsche Auffassung der Monarchie scheint nach dem Artikel des konservative» Organs innerhalb de'rKonservativenüber- Haupt geteilt zu werden._ Nationalliberale„Bundnistreue". In Ostpreußen besteht seit längerer Zeit ein„Bündnis" zwischen Freisinnigen und Naiionalliberalen. Der Vertrag wird aber lediglich von den Freisinnigen innegehalten. Die Nationalliberalen kehren sich wenig um die Fortschrittler. In Ragnit - Pillkallen haben sie sogar einen Kandidaten für die ReichStagSwahl aufgestellt, der bi« her die Konservativen unterstützt bat. obwohl er nach dem Bündnis verpflichtet war, für den freisinnigen Kandidaten deS Kreiieö einzutreten. Der nationalliberale Kandidat, er heißt v. Lentzke, schrieb seinerzeit an den Vertrauensmann der Koiiservativen, er sei stet? ein„Anhänger des nationalliberalen Parteiprogramms" ge- wesen. Nur mit Rücksicht darauf, daß im Kreise eine B e t ä- tigung am politischen Leben lediglich in kon- servativer Richtung möglich gewesen wäre, habe er bisher dieser Partei, als der der nationalliberalen nächststehenden, seine Unterstützung zugewandt! Nachdem nunmehr die national- liberale Partei im Wahlkreise ihren Einzug gehalten, habe er sich derselben selbstverständlich zur Verfügung gestellt. Der Anhänger deS nationalliberalen Parteiprogramms unterstützte also die Konservativen" Dabei war in seinem Kreise«in freisinniger Kandidat auf- gestellt und nach dem„Bündnis" mußte er diesem seine Hilfe ge- währen. Zur Belohnung für sein R i ch t, i n t r e t e n für den Liberalismus ist er aber zetzt von den„Verbündeten" des Freisinns als Kandidat aufgestellt worden, und nach dem„Verlrage" haben die Fortschrittler diesen Kandidaten zu unter- stützen! Die Nationalliberalen verfahren mit ihren„Verbündeten" aber noch ganz anders. Sie versagen den Fortschrittlern in zwei Kreisen vollständig jede Unterstützung. In Tilsit-Niederung wollen die Frei- sinnigen siegen; die Nationalliberalen gehen aber hier trotz der Parole gegen den schwarz-blauen Block mit den Kon« servativen zusammen und lassen den Freisinn elend im Stich. In Justerburg-Gumbinnen haben die Naiionalliberalen einen eigenen Kandldaten aufgestellt, obwohl diese» Wahlkreis die fortschrittler als ihre Domäne betrachten. Trotz des BündniffeS werden sich also hier— zwei liberal« Kandidaten gegenüberstehen. Das Jnsterburger Freisinnsblatt, die„Ostdeutsche Volkszeilung" rechnet daher jetzt unter der Ueberschrift„Koni'ervativ-nationalliberale KanipseSweise" mit den Nationalliberalen in folgender Weise ab: „Ueber den schulmeisternden Ton, der von Konservativen und Nationalliberalen in edlem Verein gegen die Volkspartei jetzt an- geschlagen wird, können wir uns wirklich nur amüsieren. JnS- besondere die national miserable Zensurbehörde als R i ch t e r i n über das, was entschiedener Liberalismus ist, erweckt bei uns wirklich nur ein mitleidiges Lächeln. Die für Branntwein- liebeSgabeit, ZuckerauSfuhrprämien, VolkSschulunterhaltnngSgesetz, Hochschutzzölle, indirekte Steuern, preußisches Dceiklasienmahlrecht und viele andere durch und durch reaktionäre GeietzeSmacherei mit- verantwortlichen Nationalliberalen können zu jeder Zeit auf Grund unserer politischen Kenntnisse noch mebr erfahren, soweit sie eS darauf anlegen. Die Voltspartei jedenfalls hat auch hier andere Waffen zur Verfügung als ein ebenso hochnäsiges wie un- begründetes Zensieren nicht zur Sache gehöriger Persönlichkeitswerte, wie es von den Gegnern beliebt wird. Die Vvlköpartei kämpft hier wie in Labia , t-Wehlau mit anderen Mitteln als denen, womit sich Konservative und deren nationalliberale Abkömmlinge in gegenseitigem Ueberbieten in Oletzko -Lyck . Memel usw. bekämpfen.'Die nationalliberale„F r a k t i o n Dreh- ch e i b e" wird sich allmälig daran gewöhnen muffen, daß sie daS Justerburg Gummbinner ReichstagSmandat, das sie schon im Sack zu haben glaubte, doch nicht so leicht davontragen wird. Wir sind auch noch da und werden uns den nationalliberalen M i s ch m a s ch p o l, t i k e r n schon noch bei Zeiten kräftig fühlbar machen. Heute, wo der Zug der Zeit nacki reinlicher Schei- d u n g drängt, sehen wir die besseren Aussichten da. wo diese rein- liche Scheidung zwischen rechts und links klar und deutlich zum Aus- druck kommt und dock zugleich das Vaterland über die Partei ge- 'tellt wird. Wir sehen schon den Augenblick vor un«. wo die Nationalliberalen mit ihrer halb rechts, halb links Stimmenfangtaktik sich mit Eleganz zwischen den bekannten zwei Stühlen wiederfinden werden. Wir werden gegen eine solche nationalliberale„Niederlaffung" in unserem Wahlkreis nach wie vor nichts einzuwenden haben. Siurmböcke gegen die cptremste Reaktion sind in, übrigen mitunter ganz nützliche Tierchen, die man iogar zu- weilen unterstützen soll. Nur dürfen diese S t n r m g e s e l l e n nicht zu üppig werden, sonst müflen sie sich daran erinnern lassen, daß sie ohne schiebende, treibende, innere Kraft sind." Wo das Zentrum herrscht... Der„Vossischen Zeitung" wird aus Bayern geschrieben:„In Rothenburg hatten Stadlmaaistrat, Gemeindekolleg und Lokal- schulkommission einhellig beschlossen, einen S t a d t s ch u l- referenlen aufzustellen, dem neben der Aufficht über die höhere Töchterickule und das Fortbildungsschulwesen auch das gesainte VolkSsckulwescii unterstellt werden sobte. Die Frommen im Städtchen setzten aber alle Hebel in Bewegung, um diese Neuerung zu hinter- treiben, und sie halten Erfolg. Das K» l t u S m i n i st e r i u m hat die lluterstellung des Volksschulwesens unter einen Stadtschul- referenten nicht genehmigt, so daß es also für die Volksschulen bei der geistlichen Schulaufsicht verbleibt. Bom„guten Ton". Besonders die Zentrumspresse weiß nicht genug über den an- geblichen„Sauherdcnton" der Sozialdemokratie zu zetern. Dabei finden fich in einem gegen die Monisten gerichteten Leitartikel der „Germania ", des Fraktionsorgans des Zentrum», in einem Absatz von achtzehn und einer halben Zeile folgende duftenden Blüten: „Unverfrorenheit",„Frechheit",„geradezu phänomenale Ungezogen- heit",„stupendcr Größenwahn",„widerliche Intoleranz",„töricht", „anmaßlich",„Dreistigkeit" verbunden mit Unduldsamkeit". Wer, was den„guten Ton" betrifft, so im GlaShauft sitzt, sollte sich wahrlich hüten, mit Steinen zu werfen l Mittelständler und Hausbefitzer. Den Gründern des„Reichsdelltschen Mittelstandsverbandes" ist seitens des Hausbesitzervereins zu Deffau folgender Absagebrief zu- gegangen: „An den vorbereitenden Ausschuß zur Gründung eines Reichsdeutschen Mittelstandsverbandes z. H. deS Herrn Architekten Felix Höhn, Leipzig , Senefelderstr. 13. Ihrer Einladung zur Teilnahme an dem auf den 23. Sep- tember d. I. nach Dresden einberufenen Mittelstandstag werden wir nicht folgen. Die Namen der Mitglieder des AuSschuffeS verbürgen uns, daß eS sich bei der Begründung dieses Tages nicht um wirtschaftliche Arbeit für den Mittelstand, sondern um politische Werbetätigkeit im Interesse der Konservativen. deS Bundes der Landwirte und der Antisemiten handelt. Handwerk und Gewerbe sollen vom Hansabund abgezogen und dem schwarz- blauen Block zugeführt werden. Gerade. waS Sie in Ihrem Programm verleugnen, wollen Sie in Wirklichkeit erreichen: nämlich den Mittel st and in die einseitig sie politische Richtung der Reaktion hineinzuzwängen. Da unser Verein nicht politisch tätig ist und überdies das Heil des Mittelstandes im Anschluß an die Bestrebungen des Hansabundes am besten gewährleistet sieht, so können wir nur alle Mittelstands- kreise vor Ihrem neuen Versuch, den Mittelstand von seinen wahren wirtschaftlichen Bedürfniffen abzulenken,.und für politische Sonderinteressen einzufangen, warnen. Ergebenst HauSbesitzerverein zu Dessau . Rechtsanwalt Dr. Cohn, Vorsitzender." WaS die Dessauer über die reaktionären Tendenzen der projek - tierten neuen MittelstandSorganisation sagen, ist zweifellos durchaus richtig. Ebenso richtig ist aver auf der anderen Seite auch, daß auch der Hansabund allcS andere eher ist als eine geeignete Vertretung der MitlelstandSintereffen. Soweit der Mittelstand nicht unerfüll- baren Utopien nachjagt, die das Rad der wirtschaftlicken Entwickelung rückwärts drehen wollen, findet er die einzig wirksame Vertretung seiner wahren wirtschaftlichen und politischen Interessen in der Sozialdemokratie._ Hirsch-Tunckersche Gewerkvcrcine und Politik. In dem Düsseldorfer Blatt der Gcwerkvcrein« von Rheinland und Westfalen wird an dem Verhalten der Hirsch-Dunckerschcn Führer bei politischen Fragen von einem Einsender in bemerkens- werter Weise Kritik geübt. Es wird erwähnt, wie die Gewer?- Vereinszeitungen und- führ er oft auf die politische Betätigung der Hirsch-Dunckerschen Mitglieder hinwirkten. Der Einsender weist dann darauf hin,„daß gerade die G c w e r i- Vereinskollegen am schlechtesten für eine Wahl zu begeistern sind". Er findet den Grund darin, daß die Gewerkvereinlcr„oft durch die eigenen Führer irre gemacht werden". ES wird sogar von„absichtlicher Irreführung" gesprochen: „Diese Irreführung geschieht hauptsächlich im Jnter- esse des Liberalismus, nicht aber im Interesse der Arbeiterschaft." Da» wird dann noch weiter begründet. Bor keiner Partei. heißt es, dürfe Halt gemacht, es müffe auch am Freisinn Kritik geübt werden, weil der sehr der Kritik bedürfe. Der Freisinn habe dem Reichsvereinsgesetz zugestimmt, gegen das die Hirsch-Dunckerschcn Resolutionen angenommen hätten. Der Freisinn sei bereit gewesen, 403 Millionen indirekter Steuern zu bewilligen, wenn nur die Erbschaftssteuer durchgegangen wäre. Von einer Uebertragung des Reichs- tagswahlrechts auf die K o m m u ne n sei beim Freisinn gar keine Rede, und doch sei diese Forderung«ine der wichtig» sten für die Arbeiter. Auch für die Reichsversicherungsordnung. die entschieden nicht den Wünschen der Gcwcrkvereinler entspreche, hätte der Freisinn,„mit Ausnahme einiger Aufrechten", gestimmt. Naumann, der wunderschön reden könne, habe versagt,„wo eS galt zu reden und zu handeln". Der Einsender kommt dann auf die aussperrenden freisinnigen" Unternehmer in Hagen -Schwelm zu sprechen:„Dort standen GcwcrkvereinSkollegcn gegen frei- sinnige Unternehnrer im Kampfe umS Koalitionsrecht. Tort warf man unsere Kollegen rücksichtslos auf die Straße." Die freisinnige Presse, heißt es weiter, habe„vollständig versagt", während andere Arbeitcrgruppcn einen Rückhalt an ihren Parteiblättern gehabt hätten. Auch der freisinnige Oberbürgermeister Cuno habe versagt. Man sei nicht gewillt. schöne Theorien in die Praxis umzusetzen. Weiter heißt es: „All diese Vorgänge find den Kollegen bekannt und nun kommen allbekannte Führer wie Goldschmidt, Erkelenz u. a. m. und reden und schreiben für diesen Freisinn. Ter crstcre hielt auch hier in unserem Wahlkreis Altena -Jscrlohn 4 politische Ver- sammlungen ab. in denen er krampfhaft das Verhalten des Freisinns verteidigte. So z. B. leugnete er biö aufs äußerste, daß der Freisinn bereit gewesen wäre, unter einer Voraussehung 400 Millionen indirekter Steuern zu bc» willigen. Ja. er verstieg sich sogar zu der gewagten Behauptung. daß er dem Freisinn den Rücken gekehrt hätte, wenn derselbe etwas derartiges getan hätte." Von welchem Vertrauen die Hirsch-Dunckerscken zu ihren Führern" beseelt sind, geht auch daraus hervor, daß der Einsender hinter vorstehende Worte den Satz einschaltet:„Wer Goldschmidt kennt, der weiß, wie hoch solche Aeußerungen zu bewerten sind." Sehr niedlich! .Erst als ihm ein Getwrkvereinskollege." heißt es weiter,„den Artikel deS„Regulator" vom Jahre ISOS Rr. 45, in welchem dem Freisinn wegen dieser Haltung eine Kritik zuteil wurde, vorhielt. ließ er ab von seinem Leugnen und verlegte sich aufs persönliche Schimpfen." Goldschmidt wird also hier mit dürren Worten der Vorwurf der Bauernfängerei gemacht! Nachdem der Einsender auch noch gegen Erkelenz losgezogen, cmpficlt er die Demokratische Vereinigung . Es bleibt abzuwarten, was die angegriffenen Berliner Hirsch- Dunckerschen Größen aus die Vorwürfe zu erwidern haben werden. Sicher ist. daß auch die Hirsch-Dunckerschen Arbeit« schon noch. von den Tatsachen'dazu gezwungen, zur Erkenntnis kommen werden, daß keine einzige bürgerliche Partei in erster Linie und ernsthaft Arbeiterintcreffen vertritt. Arbeiter gehören»ur Sozialdemokratie. Ostelbische Handhabung des Reichsvereinsgcsches. Unter dem 20. und 23. August 1010 wandten sich, einige Schuh- mackergesellen aus Neutomischel(Poien) an die Gauverwaltung deS Zentralverbandes der Schuhmacher Deutschlands , Sitz Breslau , um Anschluß an die Organisation. Am 28. August wurde aus Vcran- lassung der Gaiwerwaltung eine Besprechung in Neutomischel ab-
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