durchaus unerwünschk. Das Brotgetreide ist zurzeit um 8<Weizen), 14(Roggen und Hafer), IS(Gerste), 30(Mais) Prozentteurer als im Durchschnitt der Jahre 1300— 1910. Dabei trifftdie Auffassung, daß wir 1911 eine schlechte Getreideernte haben,nach den neuesten Feststellungen nicht zu, die Roggenernte wirdsogar sehr gut ausfallen. Aber billiger wird das Brot deshalvnicht werden» so schwer es dem gesunden Menschenverstände wird,das zu begreifen. Schuld sind daran die Zölle, ist das Zollsystem.Gleiches gilt vom Futtergetreide. Das Fleisch hält also etwaseinen Preis, das Brot aber wird teurer. Ganz außerordent-lich gestiegen sind die Preise für Gemüse, Mohrrüben, Bohnen,Kohl; ebenso sind Zucker, Butter, Eier, Milch teurer geworden.Die Kartoffeln haben 100— 150 Proz. Preisaufschlag erfahren.(Hört, hört!)Die Dürre soll ein Unglück sein, das man hinnehmen muß— aber wenn diese Dürre in ihren verheerenden Wirkungen durchkünstliche Mittel, durch die Gesetzgebung noch gesteigert wird, somüssen die Konsumenten, die Kommunen sich regen, um dem Be-griff des Konsumenten, der schon fast zum Märchen geworden ist,wieder Beachtung zu schaffen. E n g l a n d hat sich in dem gefrorenenoder gekühlten argentinischen Fleisch ein Hilfsmittel für die Volks-ernährung geschaffen. Zur Nutzbarmachung dieses Fleisches müssenfreilich sanitäre Einrichtungen getroffen werden, die den Importauf Jahre hinaus sicher stellen. Das ist in England der Fall; beiuns aber hindert das Fleischbeschaugesetz geradezu diesen Importund will ihn hindern. Die Regierung hat nichts getan, um an-gesichts der Fleischteuerung ein Ventil zu öffnen.Frachtherabsetzung hätte kaum eine Wirkung. DieFrachtermäßigung für Futtermittel, Gerste, Hafer, Mais kann diePreissteigerung nicht entfernt ausgleichen; sie kommt nur denZüchtern zugute, was an sich ja durchaus wünschenswertist. Beim Brotgetreide wirken die Ausfuhrerleichterungen jeden-falls nicht im Interesse der Konsumenten. Billiges Brot undbilliges Fleisch kann nur durch Suspendierung der Futter-mittelzölle und Milderung der Nahrunasmittelzölle erlangt wer-den. Wieweit eine selbständige Aktion der Kommunen hierin Frage kommt, wird auch für Berlin zu prüfen sein. Gegendie Fischnahrung bestehen Vorurteile, denen begegnet werden muß;es wäre ein Glück, wenn es gelänge, den Seefischen größerenEingang in unsere Haushaltungen zu verschaffen. Ich beantrage,beide Anträge der noch bestehenden gemischten Deputationzur schleunigen Berichterstattung zu überweisen.Stadtv. Wurm(Soz.): Die arbeitende Bevölkerung leidet unterdem Notstande der Lebensmittelteuerung mehr als jede andereBevölkerungsklasse. Soll die von oben herab als„himmlischePrüfung" bezeichnete Teuerung eine ständige Einrichtung wer-den? Der Staat ist es in erster Lmie, der an den schreienden Miß-ständen die Schuld trägt; die Agrarpolitik, die Junkerherrschaftbringt uns die Fleischnot, die Brotnot, alle diese Nöte, und dabeiist jenen Herren der Zolltarif ja noch nicht vollkommen, noch nichtlückenlos genug! Ich freue mich, daß der Vorredner so ent-schieden sich gegen die Nahrungsmittelzöllewandte; ich würde mich noch mehr freuen, wenn in allen Teilendes Reiches seine Parteifreunde dieselbe Stellung ein-nähmen. Leider hat man da auch entgegengesetzte Meinungen ver«treten, ich erinnere nur an Herrn Gyßlings Wort:„KeinMensch denkt daran, die Getreidezöll« in Bausch und Bogen aufzu-heben." Die Not der Bevölkerung entspringt den Zöllen und derangeblich zum Schutz gegen Verseuchung ergangenen Gesetzgebung.Die Tatsache widerspreche der immer wiederholten Behauptung,daß Deutschland die Deckung seines Bedarfes allein be.sorgen kann; das liegt ja gar nicht im Interesse der Produzenten,denn dann könnten die hohen Preise nicht gehalten werden. Ge-wiß lassen sich noch viele tausend Hektar Moor kultivieren; aberbei dem heutigen Tempo dieses Betriebes müssen wir nach demFreiherrn von Wangenheim ja noch 300 Jahre darauf warten!Hätten wir billige Futtermittel, so ginge es noch an, aber bei denhohen Schutzzöllen, die darauf lasten, kann von einem Nutzen derverfügten Tarifcrmäßigung keine Rede sein.Und nun die Grenzsperren! Ein Drittel des deutschenViehes, das gegen die Seuchen geschützt werden soll, ist bereitsverseucht; und dieses Verhältnis wird nicht besser werden, solangewir nicht eine bessere Kontrolle unserer Viehställe haben, dieaber die Agrarier stets abgelehnt haben. Das argentinische Fleischkann nicht zu uns herein, es wird durch§ 12 des erwähnten Gesetzesferngehalten: trotzdem muß man fordern, daß die Ausschlußvor-schriften gegen dieses Fleisch beseitigt werden. Es hätten doch Massen-epidemien in England, in der Schweiz usw. eintreten müssen,wenn dieses Fleisch wirklich gesundheitsgefährlich wäre.Beim Getreide haben wir es nicht bloß mit den Zöllen,sondern auch mit der feinen Erfindung der Einfuhrscheine zu tun,welche fast dieselbe verteuernde Wirkung üben wie die Seuchen-gesetzgebung beim Fleisch. Der Weizenpreis steht heute bei unsgenau um den Zollbetrag höher als im Auslande. Die Einfuhr-scheine wirken als Ausfuhrprämie und wir kommen dadurch in dietragikomische Lage, daß deutscher Roggen nach Rußland geht, umrussisches Vieh gut und billig zu füttern, das dann aber mindestensum den Zoll verteuert über die Grenze zu uns kommen kann; derRoggen wird gleichzeitig auch verteuert—geradezu widersinnige Maßnahmen,die aber denen, die sie treffen, zum großen Vorteil gereichen. DieBeseitigung der gemeingefährlichen Ausfuhrscheine muß vor allemgefordert werden, auch im Interesse der R e i ch S k a s s e, die indem letzten Jahre allein 123 Millionen Mark dadurch verloren hat.(Hört, hört!)Außer durch diese Prämie ermöglicht der Staat die leichtereAusfuhr auch noch durch besonders billige Frachtsätze. Gegendiese einseitige Agrarpolitik müssen auch die GemeindenFront machen. Woher soll der Arbeiter die Teuerung er-schwingen? Er muß zu neuen Lohnkämpfen übergehen; die Ge-binden müssen Teuerungszulagen geben. Was hat Berlin,die größte deutsche Gemeinde, zur Linderung der Not an ihremTeil getan? Im vorigen Jahre warf unser Borgmann dieseFrage auf. Da hat man die Sache auf die lange Bank geschoben,man setzte die gemischte Deputation ein, man hat auf den Städte-tag vertröstet, und der hat schmählich versagt; die Sache kam ganzzuletzt auf die Tagesordnung, und es waren nur nochsehr wenig Leute da, so daß in die Verhandlung nicht mehr ein-getreten werden konnte; das ist auch ein charakteristisches Zeichen,wie die deutschem Städte verwaltet werden.Die gemischte Deputation trat erst nach einem Jahrezusammen und hat nur eine Sitzung gehabt. Wie können wirunsererseits dafür wirken, derBevölkerung billige Nahrung zuzuführen?" Die Gemeinden um Berlin sind uns da voranmar-schiert; Seefischmörkte sind errichtet worden in W i l m e r s-d o r f und Charlottenburg. Gestern wurde in der Markt-Hallendeputation mitgeteilt, daß der Reichskanzler einen, Kommissarzu uns geschickt, um uns nahezulegen, für Versorgung der Be-völkerung mit Seefischen zu sorgen. Man weiß ja. was dafür dasMotiv ist, das Bestreben, den Zorn gegen die Grenzsperren ein-zudämmen, einen kleinen Vorteil aber bietet diese Maß-nähme immerhin für die Bevölkerung, ebenso derVerbrauch von Fleischkonserven. Aber sobald wir einen solchenGersuch machen werden. Fischnahrung zu vertreiben, werden wires mit den Interessenten zu tun bekommen; hat doch schon im Junider Verband deutscher Scefischhändler gegen die kommunalen See-sischmärkte scharfen Protest eingelegt! Das gibt einen Vor-geschmack von der Agitation, die wir zu erwarten haben.Arg ist auch die Preissteigerung des zwar nicht eigentlichenNahrungs-, aber doch gewohnheitsmäßigen Sättigungs-mittels der breiten Masse, der Kartoffel. Großmütig gestattetdie Regierung den Brennern, mehr Getreide zu brennen,damit mehr Kartoffeln auf den Markt kommen! Tatsächlich ge-deihen dabei bloß die Brenner, niemand sonst. WillMlN hier wirklich volksfreundlich handeln, so muß manunfttA Weg bfg Tchnapsboykottsgehen; das Minus hon 600 000 Hektoliter Konsum hak ganz anherseingewirkt. Ein kommunaler Kartoffelbezug ließe sich sehr wohldurchführen. Die M i lchtt e u e r u n g muß gerade die StadtBerlin, die jährlich für SS Millionen Mark verkonsumiert, dahinführen, den Milchvertrieb, die Milchversorgung in Kontrolle zunehmen und selbst Milch zu liefern. Ein Anfang ist ja dazu schongemacht, aber unsere Rieselgüter sind beschränkt und vongewissen Seiten will man diesen Vertrieb wieder einschränken.Die Not zu lindern wird möglich sein, wenn alle Betriebe, alleOrganisationen zusammenarbeiten.Ich hoffe optimistisch genug, daß der herrschende Notstand, dersich in diesem Winter noch zu einer furchtbaren Kalamität auS-wachsen wird, die Stadt Berlin dahin bringen wird, im Sinneunseres Antrages zu verfahren.(Beifall bei den Soz.)Oberbürgermeister Kirschner: Die Teuerungserschei-nungen beschäftigen unausgesetzt den Magistrat, der gernbereit ist, sich in der gemischten Deputation mit Ihnen über dieAbhilfemittel zu besprechen. Ich habe mich für den Fall, daß dieStadt dazu übergehen sollte, selbst Lebensmittel abzugeben, anunsere Gutsverwaltung gewandt. Wir haben fast überallauf den Gütern eine Mißernte in Kartoffeln. Mohrrüben find ingrößere Quantitäten vorhanden, aber im wesentlichen liegt auch hiereine Mißernte vor. Fleisch könnte möglichenfalls in größerenQuantitäten abgegeben werden. Mit der Seefischnahrunghat sich die Markthallendeputation schon wiederholt beschäftigt, neuer-dings ist auch eine Anregung des Kanzlers gekommen. Es wird vonihr empfohlen, in den städtischen Markthallen Verkaufsstellen fürSeefische unentgeltlich unter städtischer Kontrolle zur Verfügungzu stellen, die Ankunft der Seefischsendungen an den Säulen be-kanntzugebcn.(Beifall.) Auf die Tagesordnung des Städtetageskonnte der Gegenstand nicht kommen, weil sie längst festgestellt warund die Referenten ernannt waren; in der Zwischenzeit ist abernichts verabsäumt worden. Der Magistrat wird sicherlichbereit sein, alles zu unterstützen, was irgendwie geeignet ist, denNotstand zu mildern und zu beseitigen.(Beifall.))Damit schließt die Beratung. Die beiden Anträge werdender bestehenden gemischten Deputation zur schleunigenBeratung überwiesen.Für die Vorbereitung der Wahlen der 40 Vertreter, welcheBerlin in die Verbandsversammlung von Groß-Berlin aufGrund desZweckverbandSgesetzeSzu entsenden hat, soll nach dem Magistratsvorschlag: eine ge-mischte Deputation(S Magistratsmitglieder, 10 Stadtverordnete)eingesetzt werden. Die Versammlung stimmt zu und wählt die10 Mitglieder durch Zuruf. Darunter auch Hei mann undDr. Wehl(Soz.).In das vergrößerte Kuratorium der Zentral: Buchsind 8 Stadtverordnete zu wählen. Die Wahl wird vollzogen; zuden Gewählten gehören auch die Stadtvv. Dr. A r o n s undBöhm(Soz.).Das Dispositionsquantum von 600 000 M. im Etat für 1911 istbereits jetzt aufgebraucht. Der Magistrat beantragt eine Nach-bewilligung von 200 000 Mk., die aus dem Ueberschuß von sechsMillionen aus dem Etatsjahr 1910 gedeckt werden soll.Stadtv. Sassenbach(Soz.) verweist darauf, wie recht seineFreunde gehabt hätten, als sie voriges Jahr die Erhöhung aufeine Million Mark beantragten. Der Antrag sei abgelehnt wor-den, weil man die 100 Proz. nicht überschreiten wollte. Jetzt seinoch nicht das halbe Etatsjahr vorbei und der Fonds von 600 000Mark schon verbraucht, ein Beweis, wie fehlerhaft dieAblehnung jenes Antrages gewesen. Mit den 200 000 M. werdeauch nicht viel zu machen sein, man solle 400 000 M. bewilligenund auf den Ueberschuß aus 1910 verzichten, der 1,3 MillionenMark höher sei, als im Etat für 1911 vorgesehen.Der Antrag Sassenbach wird vom Vor st eher Micheletunterstützt und von der Versammlung angenommen,Schluß �11 Uhr.Iugenäbe�egung.Ueber die Jugendbewegung in Oesterreichveröffentlicht das Verbandsorgan„Der jugendliche Arbeiter' eineinteressante Statistik. Von den 8SS8 ordentlichen Mitgliedern sindmehr als drei Viertel Lehrlinge und jugendliche Hilfsarbeiter imAlter von 14 bis 18 Jahren. 1S47 Mitglieder gehören schon denGewerkschaften an, in die jeder Verbandskollege beim Erreichendes 18. Jahres eintreten muß, wenn er nicht auch aus der Ge-meinschaft der Arbeiterjugend ausscheiden will. Die meisten Mit-glieder hat der Verband jugendlicher Arbeiter Oesterreichs inDeutschböhmen, nämlich 46S9, dann folgt Niederösterreich(Wien)mit 2S63 Mitgliedern. Sprunghaft hat sich die EntWickelung inBöhmen vollzogen, wo 1907 erst 9, 1908 schon 68 und Ende 1910123 Ortsgruppen und Zahlstellen bestanden. Ein trefflicher Beweisfür die kolossale Verschärfung des Klassenkampfes nach den rotenWahlen von 1907, wo die Einfangung der Arbeiterjugend für diegeldsacknationalen„Jungmannschaften" unsere Genossen zurGegenwehr aufriefen. Das Verbandsorgan begann 1902 mit3000 Exemplaren und stieg bis jetzt auf eine Auflage von 10 500.Mit den nichtdeutschen Jugendorganisationen besteht ein Ver-bairdsverhältnis. Die Verfolgungen beschränken sich auf angeblicheund wirkliche Uebertretungen des vorsintflutlichen Kolportagever-bots und des Vereinsgesetzes. Von einem behördlichen Vernich-tungskampf ist nicht zu berichten.Arbeiter-Jugcnv.AuS dem Inhalt der soeben erschienenen Nummer 19 hebenwir hervor: Die Sozialdemokratie und der Völkerfriede.— AufGummischuhen(Fortsetzung). Von Alwin Rudolph.— Der Profit.Von Gustav Eckstein I.— Einiges über Orchideen(illustriert).Von Hermann Krafft.— Vom Kriegsschauplatz.— Aus der Jugend-bewegung.— Zur wirtschaftlichen Lage.— Die Gegner an derArbeit usw.Beilage: Der König der Vagabunden(Fortsetzung). Er-zählung von Erwin Rosen.— Ein Kampf ums Recht. Von Kersten.— Politische Satire in der altniederländischen Kunst(mit Jllustra-tioncn). Von W. Hausenstein.— Abendstille. Gedicht von CarlBusse.— Interessantes von der Sprache.=- Ein Jungenstreich. Erzählung von August Whsocki.Hus Indurtm und HandelDiskonterhöhung.' Am Donnerstag haben die Notenbanken in London,Paris und Brüssel den Diskont um 1 Proz. erhöht; die Bankvon England ging auf 4 Proz,. die Oesterreich-UngarischeBank au'f 5 Proz., die belgische Nationalbank auf 51/2 Proz.hinauf._Die goldene Internationale.''An der Kapitalisierung der Türkei ist Deutschland stark be-teiligt. Es ist besonders der Konzern der De u t s ch e n Bank,verbunden mit den Unternehmungen der Allgemeinen Elek-trizitäts-Gesellschaft, der die wirtschaftliche ErschließungKleinasiens eifrigst betreibt. Als wichtigste Konkurrenten kommenOesterreich-Ungarn und Frankreich hinzu, aber auch die VereinigtenStaaten von Amerika haben in der Türkei schon Erfolge erzielt.Die Gemeinschaftsgeschäfte der Elektrizitätsindustrie begannen fürdie Türkei vor zwei Jahren mit der Gründung der«UnionOttomane", Gesellschaft für elektrische Unter-nehmungen im Orient, Zürich Das Kommando hatteichon im Gründungssyndikat die Deutsche Bank. Beteiligt warenaußerdem fünf Pariser und ein belgisches Bankinstitut, die Kam-Derz, M IMptobau! Bit chexisaW beteiligt. Es hqMste siZhei der„Union Ottomane� usti eine gemeinsame Trausaktiottder angeblich gegnerischen A. E. G. mit den Siemens u. Halske-,resp. Siemens-Schuckcrt- sowie Schuckert-Nürnberg-Konzernen. Mit12 Millionen Mark Aktienkapital trat die„Union Ottomane" insLeben.Das neugeborene Unternehmen bemühte sich, möglichst vieletürkische Konzessionen zu erhalten. Bei der Gründung übernahmes die Aktienmehrheit der Konstantinopler Straßenbahn von derKontinentalen Gesellschaft für elektrische Unternehmungen in Nürn-berg(Schuckertkonzernj. Es sollte dann versucht werden, die Kon-zession für ein Konstantinopler Telephonnetz im Verein mit denDeutschen Telephonwerken zu erhalten. Ebenso versuchte man dieBerechtigung zum Bau eines Elektrizitäts-Licht- und-Kraftwerkesfür den europäischen Teil der Stadt und seine Bannmeile zu er-reichen. 1Beides mißlang. Die Telephonbaukonzession kam ia ameri-konische Hände, das andere Projekt wurde einer ungarischen Firma— Ganz u. Co., Budapest— genehmigt. Bei der letztgenanntenFirma ist also auch wieder die A. E. G. interessiert.Den leitenden Kreisen der„Union Ottomane" schien eS nachdem Aufgebenmüssen ihrer ersten Pläne am klügsten, eine neuegroße Gründung durchzuführen. Die Liquidation der ZüricherGesellschaft wurde beschlossen. Da die„Union Ottomane" aber dieAktien der Konstantinopeler Straßenbahn noch in ihrem Porte-feuille hat, und außerdem die türkischen Pläne nicht aufgegebenwerden sollen, gründet man ein neues, gleichartiges belgischesUnternehmen. Die neue Gesellschaft wird die Straßenbahnaktienübernehmen, und zwar gegen Barzahlung. Die Liquidation der„Union Ottomane" wird so ein ganz leidliches Extrageschäft.Der Konstantinopeler Elektrizitätstrust sollmit einem Aktienkapital von 45 Millionen Frank und außerdem4S Millionen Frank Obligationen Anfang Oktober in Brüssel er-stehen. Im Gründungssyndikat sitzen dieselben Interessenten wie indem Züricher Unternehmen. Das Kapital des Trusts soll zumAnkauf der Straßenbahnwerte der„Union Ottomane" dienen, so-dann wird von der Deutschen Orientbank, die am Unternehmenebenfalls beteiligt ist, die Metropolitain-Tunnelgcsellschaft über-nommen. Ganz u. Co., Budapest, die die Konzession zur Konstan-tinopeler Licht- und Kraftzentrale erhalten haben, bringen diesesUnternehmen in die neue Gesellschaft ein. So geht auch der größteTeil der Beleuchtungskonzessionen in die Hände des neuen Unter-nehmens über.',Mit diesem Gründungsborgang ist wieder einmal bewiesen.wie auch scheinbar widerstreitende Interessen rasch und sicher, natür-lich mit anständigem Gewinn, unter einen Hut gebracht werden, zumSegen der Aktiendividende.Gcwinnsteigerung. Fast jeder Abschluß der großinduftriellenUnternehmen zeugt von einer glänzenden Lage. Das könnte nachden Lamentationen in der Unternehmerpresse'über die schwere Be-lastung der Industrie durch die Sozialversicherung überraschen, wennman nicht von vornherein gewußt hätte, daß jene Klagen nur alsMittel zur Erlangung von Ausnahmegesetzen gegen die GeWerk-schaften gedacht waren. Den größeren Gesellschaften mit sehr gutenAbschlüssen reiht sich nun der Eschweiler Bergwerksverein an. DerGesamtüberschuß für das Geschäftsjahr lOlO/ll beträgt nach Abzugaller Berwaltungskosten und Zinsen 7 718 614 M. gegen 7 S07 198 M.im Vorjahre. Der Aufsichtsrat beschloß, auf Anlagewerte 3 SOO 000 M..Wie im Vorjahre, abzuschreiben und der für den 31. Oktober einzu-berufenden Generalversammlung 8 Proz. Dividende, wie im Vor«jähre, vorzuschlagen und 760 753 M. gegen 520 139 M. auf neueRechnung vorzutragen._Eine Mahnnna. VäIn Deutschland tobt an vielen Orten ein„Milchkrieg", her-vorgerufen durch die Trockenheit, die Unmöglichkeit, das fehlendeeigene Rauh- und Kraftfutter durch billiges auslänidisches zu er-setzen(dank eigener Schuld der Bauern!), und die Weigerung derKonsumenten, höhere Preise zu zahlen. In Amerika gab es auch,5armeckreise, die infolge der Trockenheit höhere Milchpreiseforderten. Hören wir einmal, was dazu die„Farmerpost". eineder größten Farmerzeitungen des mittleren Westens, schrieb:„Alle Autoritäten bestätigen, daß unsere Kühe nicht halb sovielMilch und Butterfett produzieren als sie sollten. Es gibt Gegenden.in denen die Kühe 100 Proz. unb noch mehr denn unsere produ-zieren. Das bedeutet natürlich, daß unsere Kühe nicht genug Geldfür den Eigentümer bringen. Viele von ihnen geben überhauptkeinen Profit. Nun, was ist das Heilmittel? Das am meistenvorgeschlagene Hilfsmittel ist die Erhöhung der Preise, d. h. dieKonsumenten noch etwas mehr einzuseifen. Zu viele von uns, inden Städten wie aus dem Lande, versuchen ihre Existenz auf deitSchultern ihrer Mitmenschen aufzubauen. Wir sollten unsereExistenz auf uns selbst aufbauen. Der Farmer, der Kühe melkt,ist zu einem anständigen Preise für seine Milch oder seine Butterberechtigt, aber ist'er auch berechtigt zu einem Profit von Kühen,die nur halb soviel Milch oder Butterfett hervorbringen als siesollten? Ist gerade das das einzige anständigeHilfsmittel, die Kosten für den Konsumenten zuverteuern? Wenn der Farmer durch entsprechende Züchtungseine Kühe mehr als doppelt soviel produzieren macht, dann er-höht sich sein Verdienst noch um weit mehr als das doppelte, weildie Futterkosten nicht in entsprechendem Maße steigen."Gilt das nicht auch bis zu einem gewissen Grade für Deutsch«land?.,Gerichts- Zeitung. y Einen umfangreichen Handel mit Pferbewurst,*».die unter falscher Flagge in das Publikum eingeschmuggelt tvordenlst, hat der Kaufmann Karl Krüger, der gestern vor der 4. Straf.kammer des Landgerichts I zur Verantwortung gezogen wurde,betrieben. Er hatte sich wegen Nahrungsmittelfälschung und Bc-trugcs zu verantworten. Die Anklage richtete sich ferner gegenHermann Schroller und den Wurstwarenhändler Anton Rupp inFrankfurt a. M. Letzterer»var nicht erschienen, weil er inzwischengeisteskrank geworden ist. Krüger ist der Sohn eines Regierung?--Forstrats. Nach Verlassen der Schule wurde er Avantageur undist als Unteroffizier aus dem Militärdienst geschieden. Dann wurdeer Kaufmann und Reisender. Seit dem Juli 1909 betrieb er inBerlin und Vororten ein umfangreiches Wurstwarengeschäft, u ain Lichtenberg, in der Prenzlauer Allee und zuletzt in Boxhag'en-'Rummelsburg. Er machte eine große Reklame und inserierte inetwa 20 Tages-, Fach- und Provinzblättern. Er pries gewöhnlich..schnittfeste und garantiert einwandfreie Zervelat-, Salami-, Plock-,Mett- und Polnische Wurst zum Preise von 82—85 M. bezw.08— 60 M. pro Zentner' an. Seine Ware ging an eine großeAnzahl von Wurstwarenhändlern in den verschiedensten Provinzen.denn der billige Preis lockte an. und so nahm sein Geschäft einengroßen Umfang an. Es hat sich aber dann durch Untersuchungherausgestellt, daß es sich'der Hauptsache nach um Pferdefleischhandelt und der Angeklagte ein bedeutender Kunde eines Pferde-fleischwnrstfabrikanten in Weißensce war. Der Angeklagte Krügerbehauptete zunächst, daß gegen die Zusammensetzung seiner Wurst-waren gar nichts einzuwenden sei, und als ihm der Vorsitzendevorhielt, daß er doch nachweisbar Pferdefleisch verwendet habe, ohneseinen Abnehmern etwas hiervon zu sagen, erklärte er ganz naiv:Pferdefleisch sei ja billiger, aber es schmecke besser und seine Preiseseien doch auch sehr niedrig gewesen.— Da Krüger schon eine Zeit-lang in Herzberge gewesen ist, ergab sich die Notwendigkeit, seineVerHandlungsfähigkeit zu prüfen. Sachverständiger Dr. Ely hieltein? VMaMLvgslähigkejt(üs««Igeschlpssca Du Ingellqzte