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Nr. 223. 28. Jahrgang.

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2. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt. Sonnabend, 23. September 1911.

Gerichts- Zeitung.

Hoch das allgemeine Wahlrecht!

Eine sofortige Freisprechung hätte dem allgemeinen Rechts­empfinden entsprochen.

fei, feinerseits von Fall zu Fall zu entscheiden, ob der Verband die Zulässigkeit sei im Statut vorgesehen und die Aufsichtsbehörde habe Kosten auslegen will oder nicht oder ob nicht vielmehr der Rechts - es genehmigt. Der zeitweilig ungünstige Stand der Kasse sei auf schuh den betreffenden Personen erst durch Beschluß des Vorstandes die allgemeine schlechte Wirtschaftslage zurückzuführen gewesen. augebilligt werden muß. Das Gericht hielt eine weitere Alärung Arbeitgeber- und Arbeitnehmer- Vorstandsmitglieder hätten sich dieser und anderer Fragen für notwendig und beschloß, zu einem immer auf eine mittlere Linie geeinigt, wenn die Ansichten auf­neuen Termin den Vorsitzenden des Holzarbeiterverbandes, Herrn einandergeplakt seien. In der Verhandlung kam zur Sprache, daß Gloce, sowie den Obmann der Schlichtungskommission, Herrn Her- der Verfasser der verleumderischen Notiz der Verleger der " Tremonia ", Hensing, Vorstandsmitglied des Augustinusvereins mann Maaß, als Zeugen vorzuladen. sei, der die Artikel gebracht habe, als der Angeklagte berreist ge= wesen sei. Das Urteil lautete deshalb auf nur 100 M Geldstrafe eventuell 20 Tagen Gefängnis und Publikationsbefugnis. Nach der Begründung enthält die Wochenplauderei zweifellos schwere Beleidigungen der Privatkläger. Es sei der Vorwurf erhoben worden, daß der ungünstige Stand der Kasse auf die schlechte Wirtschaft der Kläger zurückzuführen gewesen sei. Durch die Kläger reblich bemüht hätten, zum Besten der Kaffe zu arbeiten. Unternehmervorstandsmitglieder sei aber bewiesen, daß sich die Der Vorwurf sei widerlegt. Auch die Form des Artikels sei be­leidigend.

Die umgekehrte Rechtsordnung.

Hus der Frauenbewegung.

Wegen Teilnahme an einer nicht genehmigten Wahlrechts­demonstration und groben Unfugs hatte gestern die 3. Straffammer des Landgerichts I unter Vorsitz des Landgerichtsdirektors Lieber eine Anflage gegen den Möbelpolierer Franz Grudi zu verhandeln. Der Angeklagte, welcher beschuldigt wurde, sich nicht entfernt zu haben, als er sich in einer Menschenmenge befand, die von dem zuständigen Beamten dreimal aufgefordest war, sich zu entfernen, hatte am 4. Juli dieses Jahres an einer Versammlung in der Memeler Straße teilgenommen. Nach Beendigung der Versamm- Am 28. Mai d. J. kam es im feinen" Viertel Altonas zwischen lung schlossen sich die Teilnehmer, trotz der ausdrücklichen Abrede Arbeitswilligen und Ausgesperrten zu einem Zusammenstoß, der des Versammlungsleiters, zu einem Zuge zusammen, welcher durch durch das provozierende Berhalten jener verursacht wurde. Die die Memeler Straße nach der Warschauer Brücke zu schritt. Hier Arbeitswilligen hantierten mit Revolvern und führten sich wie die wurden die Teilnehmer von dem Polizeileutnant Kuhn wiederholt wild- Westmänner auf. Als der Arbeitswillige Barton einen Re­aufgefordert, auseinanderzugehen. Als trok dieser Aufforderung bolber auf den Drechsler Bauerreis richtete, war es mit der Ruhe die Leute in geschlossenem Buge weitergingen und vereinzelte Hoch der Passanten vorbei. Diese suchten die Arbeitswilligen zu ent­rufe auf das allgemeine Wahlrecht ertönten, wurden mehrere Per sonen, darunter der Angeklagte Grudi , von Schuhleuten festge- waffnen, wobei von dieser Seite einige Schüsse abgefeuert wurden. nommen. Vor Gericht behauptete der Angeklagte, die Aufforde- Ein Passant wurde durch Messerstiche, die ausgeteilt zu haben der rungen des Polizeileutnants nicht gehört zu haben. Der Staats- Arbeitswillige Preuß sich gerühmt hat, erheblich verletzt. Es wurde Eine Frauenkonferenz. Am Sonntag, den 17. September, wurde anwalt beantragte eine Geldstrafe von 30 Mark und wegen des nun nicht etwa gegen die bewaffneten Streifbrecher vorgegangen, in Troppau die zweite Landeskonferenz der Genossinnen Desterreich­groben Unfugs, begangen durch die lauten Hochrufe, 6 Tage Haft. sondern gegen Bauerreis und den ausgesperrten Tischler Noffler, Schlesiens abgehalten. 18 Drte waren durch 35 Delegierte, darunter Rechtsanwalt Dr. Karl Liebknecht trat in erster Linie der Anschau - die sich des Landfriedensbruches schuldig gemacht haben sollen. zehn Genoffen vertreten. Die schlesischen politischen freien Frauen­ung entgegen, daß Hochrufe bei einer politischen Demonstration als Die Sache gelangte am Mittwoch vor dem Landgericht Altona zur organisationen haben zurzeit über 1000 Mitglieder, von welchen grober Unfug angesehen werden könnten. Das Gericht erkannte Diese Organis auch wegen des groben Unfugs auf Freisprechung, wegen des Ver- Verhandlung. Die Anklage brach aber völlig zusammen, so daß zwei Drittel auch den Gewerkschaften angehören. fationen entfalten eine sehr rege Tätigkeit. Durch Kurse gehens gegen den§ 116( Auflaufs) lautete das Urteil auf 30 Mart der Staatsanwalt nur Körperverlegung annahm. Obwohl gar und Vorträge sowie Diskussionen wird für die Ausbildung der Geldstrafe. nicht feststeht, daß die beiden bislang völlig unbescholtenen An- Mitglieder gesorgt. Da in Schlesien die Frauen zumeist in der geklagten ein solches Delift begangen haben, beantragte er gegen Textilindustrie arbeiten, so haben sie wenig Zeit, sich um ihre Kinder jeden nicht weniger als zwei Jahre Gefängnis. Verteidiger Dr. zu fümmern. Diese sind größenteils fich selbst überlassen, Kinder­era trat für Freisprechung ein. Das Gericht erklärte sich für gärten sind nicht genügend vorhanden. Daher haben es sich nun die unzuständig und überwies die Sache dem Schwurgericht. Es könnte Frauenorganisationen zur Aufgabe gemacht, nach Möglichkeit für die doch Landfriedensbruch vorliegen und daran hätten sich dann die Slinder zu sorgen. Sie veranstalten Ausflüge, Märchenvorlesungen und Theateraufführungen, bei welchen die Kinder Darstellende sind. Angeklagten attiv beteiligt. Diese Tätigkeit der Frauenorganisationen findet bei den Genossen Das Schwurgericht wird wohl auf Freisprechung erkennen und viel Anerkennung. Aber nicht minder treu arbeiten die Geneffingen bedauern, daß nicht die Revolverhelden, sondern die Angegriffenen politisch mit. Der Wahlkampf wurde von ihnen durch Agitation und angeklagt find. burch Sammlungen unterstüßt, und im Kampf gegen die Teuerung stehen die Frauen an erster Stelle.

Begünstigung?

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Die Konferenz hat eine Neueinteilung der Landesorganisation befchloffen, und zwar so, daß Bezirksorganisationen gegründet werden, die Vertrauenspersonen zu wählen haben, welche dem Landeskomitee angehören werden.

Der Tischlergeselle Caharinsti war wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 40 M. eventuell 5 Tagen Gefängnis verurteilt worden. Die Beleidigung war bei Gelegenheit einer Arbeits­einstellung erfolgt. Der Berurteilte hatte an Strafe und Gerichts­tosten 101 Mart an die Gerichtskaffe des Amtsgerichte Berlin au zahlen; die Summe ist von dem Verbandskassierer des Holzarbeiter­verbandes Berlin, Ferdinand Mieke, gezahlt worden. Herr Mieke hielt sich nach dem üblichen Modus für berechtigt, aus der Kaffe des Verbandes nach Prüfung eine derartige Zahlung zu leisten. Diese Zahlungen erfolgen als Borschüsse", um die Mitglieder des Wieder eine Zentrumsläge über Mißwirtschaft eines sosial­Verbandes vor einer Notlage zu schüben. Es ist üblich, daß in demokratischen Ortskrankenkassenvorstandes" zusammengebrochen. dieser Weise den Personen, welche vom Verbande Rechtsschutz wegen Die Dortmunder fleritale Tremonia" brachte in ihrer Streitigkeiten der Mitglieder mit ihren Arbeitgebern wegen bes Nummer vom 24. September vorigen Jahres eine Städtische Arbeitsverhältnisses, namentlich während eines Streiks, gewährt Wochenplauderei", worin auch hahnebüchene Anwürfe gegen den Angestrebt soll werden, den Arbeiterinnen in allen gewerkschaft­ift, Strafen und Kosten bezahlt werden. Weil dies auch im vor- sozialdemokratischen Ortsfrankenkassenvorstand" gerichtet wurden. lichen und genossenschaftlichen Organisationen eine Vertretung zu liegenden Falle geschehen ist, wurde Anflage wegen Begünstigung Es war von einer Mißwirtschaft schlimmster Art" die Rede, die erringen. Die Gründung einer Dienstmädchenorganisation soll zu­gegen Herrn Miete erhoben. Das Schöffengericht verurteilte diesen Verhältnisse hätten sich zu einem wahren Standal ausgebildet". nächst in der Hauptstadt, in Troppau , erfolgen. auch zu 10 M. Geldstrafe, und zwar aus folgenden Gründen: Unter In Dortmund ließe sich jedes Vorstandsmitglied jährlich 50 M. Es wurden dann Referate über über Bildungswesen und dem Begriff Strafe" fei nicht bloß die Verurteilung zu einer zahlen, obschon die Kasse sehr schlecht stehe. Es sei ein erhebliches Kindererziehung", über die Forderungen der Frauen an die Strafe, sondern auch deren Vollstredung zu verstehen. Wenn die Defizit bei einer Revision der Stasse festgestellt worden usw. Vor- Gesetzgebung" und über die und über die Presse" erstattet. Eine Reihe Hemmung einer Strafvollstreckung als eine Entziehung" zu gelten standsmitglieder erhoben die Beleidigungsklage gegen die von Anträgen wurden angenommen, die alle zum Ziele haben, habe, so lasse sich dies auch bezüglich einer Geldstrafe behaupten." Tremonia". Am Donnerstag tam die Angelegenheit vor dem Wissen und Aufflärung unter den Frauen durch Broschüren Letztere sei ein dem Verurteilten auferlegtes persönliches Straf- Schöffengericht zur Verhandlung. Zwei Mitglieder des Vorstandes literatur, Zeitungen und Vorträge zu verbreiten. Beschlossen wurde übel, und wer die Realisierung des erkannten Strafübels in der der Ortskrankenkasse, Arbeitgeber und keine Sozialdemokraten, noch, daß die Frauenorganisationen die Aufgabe haben, Aufklärung von dem Angeklagten ausgeführten Weise bereitele, mache fich einer fagten eidlich aus, daß von einer Mißwirtschaft gar keine Rede über die schädliche Wirkung des Alkohols zu verbreiten und speziell nach§ 257 St.-G.-B. strafbaren Begünstigung schuldig. Diese De- fein könne. Die Sozialdemokraten im Vorstand hätten vollauf die Jugend vom Alkoholgenus fe cnzuhalten. Die Veranstaltungen duktion wurde von den Rechtsanwälten Dr. Heinemann und Roth ihre Pflicht getan, um die Kasse möglichst voran zu bringen. Es der Frauenorganisationen sollen ohne alkoholische Getränke vor sich mit dem Rechtsmittel der Berufung als unzutreffend angefochten. fei fein Defizit in der Kasse gewesen. Die 50 M. feien ein fleiner gehen. Die Frauenorganisation, in Desterreich- Schlesien hat bisher In der gestrigen Verhandlung kam es zu Meinungsverschiedenheiten Ersab der vielen Auslagen, die die Vorstandsmitglieder hätten. eine gute Entwickelung genommen. Wenn wie bisher gearbeitet über die Frage, ob der Angeklagte Miete ein für allemal autorisiert Auch die Unternehmer im Vorstand bekämen diese Summe. Die wird, dann bringt auch diese Konferenz erfreuliche Früchte.

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