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> A KeilGt des, Amiirls" Knlim KIKsdlÄ.««»---»>>»» Schrvekerlicher Serverkichafttlrongi'ek. St. Gallen, 25. September. (Eig. Ber.) Der letzte T�rg brachte das Referat Schneedergers. Sekretär des Metallarbeiterverbandes, über die Beziehungen zwischen Gewerkschaften und Genossenschaften. Einleitend gab er eine geschäftliche Uebersicht über die Wandlungen der deutschen Sozialdemokratie in ihrer Stellung zum Genossen- schaftswesen. Aus ihrem heutigen Standpunkt steht auch die schweizerische Sozialdemokratie. Sodann schilderte er die Eni- Wicklung und Bedeutung der Konsumvereine wie der reinen Produktivgenossenschaften und ihre Bedeutung für die Arbeiter. Dabei trat er der einseitigen Ueberschätzung der Konsumgenossen- schaften für die Emanzipationsbestrebungen der Arbeiter ent- gegen. Für das Gedeihen der Genossenschaften sind die Arbeiter und ihre Gewerkschaften die Hauptstützen. Zur Gewerkschaft und Genossenschast muß aber die Partei hinzukommen, die Politik, um ihrerseits die Arbeiterinteressen wirksam vertreten und ihre Ziele verwirklichen zu können. Von den Genossenschastsangc- stellten fordert er, daß sie sich unfern Gewerkschaften anschließen und hervorragend mitwirken an der Verbesserung der Arbeits- bedingungen in den Privatbetrieben, wovon auch der Fortschritt der Verhaltnisse in den Genossenschaften abhängig ist. Der Re- ferent besprach auch den vorgelegten Entwurf zu einem Ueberein- kommen zwischen dem Gewerkschastsbund und dem Konsumver- band, der von dessen jüngster Deleyiertenversammlung zurück- gewiesen wurde, gegenwärtig aber wieder der Beratung in den Konsumvereinen unterliegt. In der Diskussion wurden die von bürgerlichen Arbeiterfeinden neuerdings unternommenen Versuche zur Gründung einer sogenannten.neutralen" Organisation der Konsumangestellten scharf verurteilt und eS wird namentlich Sache der lokalen Arbeiterunionen sein, sie zu vereiteln. Schließlich wurden Resolution und der Entwurf zu dem genannten Ucber- einkommen angenommen. _ Hierauf behandelte in einem längeren Referat Genosse Dürr- Bern, Metallarbeitersekretär, die Teuerung und die Lohnarbeite?, Der Referent gab eine Darstellung der Entwicklung der Teuerung in den letzten Jahren und der verschiedenen Ursachen derselben unter Anfuhrung eines reichen statistischen Materials. Er faßte die Quintessenz seiner Ausführungen in eine längere Resolution zusammen, die in der Diskussion wegen einiger Mängel scharf bekämpft und der dann eine Gegenresolution gegenübergestellt wurde. Man vereinigte dann beide Resolutionen zu einem Kom- promiß. Diese Resolution konstatiert einmal, daß die Lohn- erhöhung die Preissteigerung nicht auszugleichen vermochte und sodann als die Hauptursachen der Teuerung die Steigerung der Grundrente durch Bodenspekulationen, die Belastung der Waren- preise durch unrationelle Methoden der Produktion und der Waren- Vermittlung sowie die Preispolitik der agrarischen und industriellen Produzentenverbände, deren Bestrebungen durch Schutzzölle und mißbräuchliche Anwendung der Gesunvheitspolizei vom Staate begünstigt werden; auch ungünstige Ernten und Störungen des wirtschaftlichen Lebens durch politische Ereignisse vermögen vor- übergehend verteuernd zu wirken. Die Grundursachen der Teue- rung sind natürliche Ergebnisse der kapitalistischen Wirtschafts- ordnung und können daher dauernd nur gleichzeitig mit dieser beseitigt werden. Dieses Ziel ist zu erreichen durch die gcwerk- schaftliche, genossenschaftliche und politische Organisation und Be. tätigung. Die Arbeitervertreter in den Behörden werden auf. gefordert, daß sie mit aller Kraft für die Arbeiterforderungen eintreten und die stimmberechtigten Bürger werden aufgefordert, bei Wahlen, besonder? bei den bevorstehenden Nattonalratswahlen, keinem VolkSaushungerer ihre Stimme zu geben und ein even- tuelles Jniativbegehren auf Abschaffung der Lebensmittelzölle zu unterstützen. In allen drei Arten von Organisationen soll allen Volksfeinden entgegengetreten werden. Diese Resolution fand einstimmige Annahme. Vorauf der Kongreß um 2' Uhr geschlossen wurde. Line IRelchsverbandswaffe. TaS Amtsgericht Berlin-Mitte(l47. Abteilung) hatte in der Beleidigungsklage, die von dem Geschäftsführer des Reichs- Verbandes zur Bekämpfung der Sozialdemokratie, Dr. Franz Ludwig, gegen denBorwärtS".Redakteur Genossen Rich. Barth angestrengt worden war, in dem vor acht Tagen abgehaltenen Verhandlungstermin die Berkündung des Urteils ausgesetzt. (Vgl. Bericht imVorwärts" Nr. 222.) Der Vorsitzende hatte Zeit gewinnen wollen, um dem Urteil eine Begründung beigeben zu können, in der wie er hervorhobdie Gründe bestimmter, klarer und schärfer zum Ausdruck kommen" sollten. Tie Klage richtete sich gegen einenVorwärtZ"-Artikcl. in dem dem Dr. Ludwig der Vorwurf gemacht worden war, daß sein Buch Kommunalpolitik und Sozialdemokratie", das er im Vorwort alssolide Waffe" für den Kampf gegen die Sozialdemokratie anpries, einrcichSverbändlerischeS Schwindelwerk" sei. Als be- leivigend empfand Kläger auch die Bemerkung, er habe Material zu seinem Buch aus einemLllgenfeldzug gegen die Sozialdemo- kratie" geschöpft, den in Mülhausen einschwer kompromittierter Ehrenmann", Rechtsanwalt Dietz. mitgemacht habe. Dr. Ludwig klagte nur wegen formaler Beleidigung, der Angeklagte bot aber Wahrheitsbeweis dafür an, daß über die Tätigkeit der Sozial- demokratie in der Gemeindeverwaltung Mülhausens das Buch Unwahres enthalte, und es fand dann Beweiserhebung hierüber statt. Genosse Barth und sein Verteidiger, Rechtsanwalt Hugo Hcinemunn, stellten sich auf den Standpunkt, daß eS sich um wissentliche Unwahrheiten handle und daß daher die Ausdrücke ..Schwindelwerk" usw. nur berechtigte Aeuherungen tatsächlicher Art seien. Gestern wurde in einem besonderen Termin das Urteil ver- kündet. Es lautete: Der Angeklagte wird zu drei Wochen Gc- sängniS verurteilt. Zur Begründung� führte der Vorsitzende etwa auS: Jener Artikel enthalte zweifellos schwere Beleidigungen. Die Absicht, zu beleidigen, ergebe sich nicht nur auS der Form, aus den Aus- drücken..Schwindelwerk" und.Lügenfeldzug" sowie aus der Zu- sammenstellung Ludwig? mit demso schwer kompromittierten Ehren- mann" Dietz. sondern auch aus dem tatsächlichen Inhalt. Ter Schutz des Z 193 sei dem Angeklagten nicht zuzubilligen. Der Redakteur einer Parteizeitung handle nicht in Wahrung berechtigter Jnter- essen, wenn er in Abwehr von Angriffen auf seine Partei den Angreifer beleidige. Ein Wahrheitsbeweis sei für einen Teil der Behauptungen des Artikel gar nicht angeboten worden, z. B. dafür, daß die Kronzeugen Ludwigs fast alle so aussähen wie Dietz. Wo versucht wurde, einen Wahrheitsbeweis zu führen, sei er nicht gelungen. Kläger sollte in seinem Buch wider besseres Wissen gesagt haben, daß Mülhausens sozialdemokratische Gemeinderats« Mehrheit den Ankauf eines einen Arbeiter darstellenden Monu- mentalbrunnenS beschlossen habe, um die Herrschaft der schwieligen Faust zu dokumentieren, und daß diese Mehrheit die Schuldenlast der Stadt von 5'A Millionen auf 28 Millionen gesteigert habe. Tie Beweisaufnahme habe nicht ergeben, daß diese Behauptung unwahr sei, geschweige daß sie bewußt unwahr gewesen wäre. Erwiesen sei, day die Sozialdemokraten zur Zeit der Erwerbung des Brunnen? die Mehrheit hatten. Es liege daher der Schluß «ußerordentlich nahe, daß auch auf die sozialdemokratische Mehr- heit die Erwerbung zurückzuführen war. Demgegenüber sei es unerheblich, daß nicht alle Sozialdemokraten für den Brunnen, andererseits aber für ihn auch einige Bürgerliche stimmten. Wenn dabei vielleicht die übrigen Sozialdemokraten nicht mehr die Mehrheit bildeten, so seien sie doch noch ausschlaggebend gewesen. Unerheblich sei auch, daß die Anregung von anderer Seite ausging und der Bürgermeister selber dafür eintrat. Eine Anregung sei noch kein Beschlutz, und des Bürgermeisters Ansicht werde oft von Gemeindevertretern nicht unterstützt. Bezüglich der Schuldenlast sei erwiesen, daß sie außerordentlich gewachsen sei, von bMi Millionen auf 28 Millionen bis zum Jahre 1308. Unerheblich sei, daß die Sozialdemokratie die Mehrheit nominell schon 1996 verlor. Das schließe nicht aus, daß die Sozialdemo- kratie bis 1938 noch ausschlaggebend war. Hiernach sei als festgestellt anzusehen, daß der Angeklagte den Kläger in einem Artikel durch Behauptung nicht erweislich wahrer Tatsachen beleidigt habe. Wegen der Oeffentlichkeit und der Schwere der Beleidigungen sowie wegen der Vorstrafen des An- geklagten sei auf Gefängnisstrafe erkannt worden. Die Deduktion, weshalb eine Dr. Ludwigsche Behauptung als erwiesen gelte, wiewohl die Beweisaufnahme das Gegenteil ergeben hatte, ist fast noch verblüffender als die Strafart und das Strafmatz. Die Verhandlung hat gezeigt, in welchem Verhältnis zur Wahrheit die Reichsverbandsbel>auptungen des' Dr. Ludwig stehen. Selbst wenn aber Dr. Ludwig aus der Ver- Handlung engelrein hervorgegangen wäre, wird das Urteil allen denen unverständlich sein, denen entgeht, daß ein Richter sich in Prozessen mit einem politischen Hintergrund oft unbewußt von seiner politischen Gegnerschaft zum Angeklagten bestimmen läßt. In der Berufungsinstanz dürfte es kaum Bestand habe� Stadtverokdiietev-Vekiammlung. 23, Sitzung vom Donnerstag, den 23. September, nachmittags 5 Uhr. Vorsteher Michelet eröffnet die Sitzung nach 5K Uhr mit der Mitteilung, daß nach einer heute früh eingetroffenen Drahtnach- richt der aus einer Weltreise begriffene Stadtv. Marggraff(soz.- fortschr.) in Samoa nach ganz kurzer Krankheit v e r st o r b e n ist. Die Versammlung hört den ihm vom Vorsteher gewidmeten Nachruf stehend an und ehrt sein Andenken in der üblichen Weise. In eine Reihe von Deputationen ist für den verstorbenen Stadtv. Deutsch (soz.-fortschr.) Ersatz zu wählen. Die Vornahme der Wahlen wird auf die nächste Sitzung verschoben. An die durch Unwetter geschädigten Bewohner des badischen Frankenlandes sollen 16 669 M. Unterstützung gewährt werden. Die Versammlung stimmt zu. Von der sozialdemokratischen Fraktion ist folgender Antrag (Dr. Arons u. Gen.) gestellt: Die Versammlung ersucht den Magistrat, angesichts der eingetretenen und voraussichtlich im nächsten Jahre sich noch ver- mehrenden Teuerung in Erwägung zu ziehen, ob und bei welchen Kategorien der städtischen Beamten, Hilfskräste und Ar- beiter eine Aufbesserung der Gehälter und Löhn» einzutreten hat, und ob vor einer solchen Aufbesserung vorüber- gehende Tenerungszahlungen zu gewähren seien. Die Ver- sammlung sieht eventuellen Anträgen des Magistrats entgegen." Stadtv. Dr. Wehl(Soz.): Wir stehen erst am Anfang der Teuerung und sehr wahrscheinlicherweise bringen die nächsten Mo- nate eine starke Verschärfung, die unter den breiten Massen des Volke» eine wahre Verheerung anrichten dürfte. Diese breiten Massen seufzen schon heute unter schier unerschwinglichen Not- standSpreisen der wichtigsten Lebensmittel, und der Preissteigerung ist kein Ende abzusehen. Der hoffnungsvolle Anlauf, den der Magistrat vor acht Tagen zur Milderung des Notstandes unter- nomine« hat, scheint ja vorläufig, abgesehen von dem Seefisch- vertrieb, in statistischen Erhebungen und weiteren Beratungen stecken bleiben zu sollen. Man scheint also im wesentlichen theore- tische Maßnahmen treffen zu wollen, um den Notstand zu lindern; wirksam kann er nur durch praktische Mahnahmen gelindert werden. Auch alle Maßnahmen, die der Obcrbürger- ineister vorschlug, würden nur einen Tropfen auf einen heißen Stein bedeuten; wirksame Abhilfe liegt nur auf dem Ge- biete der gesetzlichen Vorschriften, die den Notstand verschuldet haben und die ganz oder teilweise außer Kraft gesetzt werden müßten. Wir haben nun unsererseits als gute Hausväter dafür zu sorgen, daß unsere Angestellten und Arbeiter vor Not und Sorge bewahrt bleiben. Dieser Erwägung entspringt unser Antrag. Gehälter und Löhne standen vielfach nicht und stehen heute nicht im Einklang mit den vorhandenen Lebensverhältnissen; sie tragen heute zu einem großen Teil nicht den Teuerunaszuständen Rechnung. Unsere Devutatarbeiter auf den Gütern er- hallen immer noch pro Tag im Winter einen Lohn von 1,20 M., im Sommer den fürstlichen Lohn von IM M. Diese letztere Summe ist seit 29 Jahren nicht erhöht worden. Sie bekommen allerdings daneben ihr Deputat an Stroh, Milch, Kartoffeln usw.; sie beklagen sich darüber, daß die Kartoffeln so schlecht sind, daß sie nur als Viehfutter verwendet werden können.(Widerspruch.) Die Stammarbeiter der Parkverwaltung be- kommen 3,21 M., die voll beschäftigten Hilfsarbeiter 3,12 M. Im Tiefbau haben wir noch Arbeiter, die tägliche Löhne von 3,39 M. erhalten; für die verheirateten Haus- d i e n e r in den Krankenhäusern gibt es 85 M. MonatSlohn 2,89 M. pro Tag; erst nach acht Jahren steigt der Lohn auf 119 M. Auch unter unseren Beamten haben wir noch Bureaugehilfen mit einem AnfangSgehalt von 1699 M., darunter Familienväter. DieS nur eine kleine Blütenlese, die aber drastisch illustriert, wie gering unter den heutigen Teuerungspreisen diese Entlohnungen sind; man muß sie geradezu als unwürdig der Stadt Berlin be- zeichnen. Die gewerbliche Giitererzeugung wird durch diese Teuerung schwer getroffen, da der Konsum von nicht unmittelbar der Ernährung dienenden Bedarfsgegenständen eingeschränkt wird. (Hört! hört!) Aufbesserung der Löhne und Gehälter be- deutet also praktisch auch positive M i t t e I st a n d s p o l i t i k. Die Summen, die event. für oi« Erhöhung der Bezüge der Ange- stellten ausgeworfen werden, kommen schließlich in beträchtlichem Umfang auch unserer Stadtkasse zugute. Wenn unsere Angestellten an chronischer Unterernährung leiden, werden sie weniger leistungsfähig sein; ihre Leistungs- fähigkeit wird entsprechend der Aufbesserung steigen, ebenso wird ihre Kaufkraft gehoben. Auch die preußische Staat sregierung ist in Er- wägung eingetreten mit Rücksicht auf die bestehende Teuerung; man will da den Unterstützungsfonds der Beamten ausfüllen. Der Rat der Stadt Dresden will den Arbeitern am 1. Oktober M i e t s- Zuschüsse alS Aequivalent für die Teuerung geben; ähnliches soll in Frankfurt geschehen. Auch ein Privatinstitut wie die Deutsche Bank hat Teuerungszulagen für ihre Beamten in Aus- ficht genommen. Im allgemeinen stehen wir ja Teuerungszulagen skeptisch gegenüber. Wir meinen, es müßten die Bezüge dauernd erhöht werden! Teuerungszulagen sind ja nur eine vorübergehende Maßnahme. Die jetzige Teuerung aber wird nicht vorübergehend sein, und eine Erhöhung der Bezüge könnte erst am 1. April 1312 in Kraft treten. Da würden Teuerungszulagen der Abhilfe der augenblicklichen Not dienen können. Die innere Berechtigung und die Notwendigkeit der Aufforderung, welche unser Antrag an den Magistrat richtet, kann wohl keinem Zweifel unterliegen. Es ist ja übrigens auch üblich, alle drei Jahre eine Revision der Lohn- höhe eintreten zu lassen, und diese drei Jahre sind jetzt um.--le Fassung unseres Antrages entspricht derjenigen des Beschlusses» den die Versammlung vor etwa 6 Jahren gefaßt hat. Unsere Beamten und Arbeiter sehen sorgenvoll in die Zukunft; beugen wir nicht vor, so müssen wir mit Unterernah- rung und Verminderung der Leistungsfähigkeit bei ihnen rechnen. Reichs- und Staatsregierung arbeiten nicht daraus hin, die Not des Volkes zu lindern; die Hungerrevolten in Franereich und Bel� gien, die blutigen Ereignisse in Wien lassen unsere agrarische Regierung kalt. Die Stadtverwaltung hat mindestens die moralische Pflicht, unsere Angestellten vor äußerer Not und Elend zu bewahren. Wir schicken ja heute eine Summe nach dem badischen Frankenlandc; wir haben früher Summen mit gleicher Bestimmung auch nach exotischen Ländern gesandt. Stimmen Sie die Debatte auf den Herzenston, der angebracht ist, wenn man der Not der Mitbürger steuern will. Der Magistrat aber möge rasche und gute Arbeit leisten.(Beifall bei den Sozialdemokraten.) Stadtv. Cassel(A. L.): Erst 1303 haben wir mit rückwirkender Kraft von 1308 eine sehr weitgehende Verbesserung der Beamten -, gehälter vorgenommen; diese Tatsache läßt vielleicht für sich schon das ganze Pathos des Vorredners überflüssig erscheinen. Ob und inwieweit es möglich sein wird, jetzt wiederum zu einer allgemeinen Erhöhung der Gehälter der Beamten zu schreiten, wird weiterer Erwägung bedürfen; wir werden die Aeußerung des Magistrats abwarten und in der einzusetzenden Kommission dazu Stellung nehmen. Die allgemeine Verteuerung, die in den letzten Dezennien eingetreten ist, wurde schon 1303 berücksichtigt. Es ist nicht zu leugnen, daß zurzeit eine Teuerung besteht und noch in der Zunahme begriffen ist; wir werden auch diese Frage zu erwägen haben. Aber nicht bloß die Beamten, sondern auch die Bürgerschaft, namentlich auch die kleineren Erwerbsstände haben darunter zu leiden, und diesen können wir keine Teuerungszulagen gewähren. Bleibt die Teuerung bestehen und nimmt sie gar noch zu, so wird den Arbeitern und Beamten, die mit ihren geringen Gehältern eben nur die Existenz bestreiten können, eine Teuerungszulage allerdings zu gewähren sein. Ich beantrage Uebcrweisung an einen A u s s ch u tz von 15 Mitgliedern. Stadtv. Mommsen(Fr. Fr.): Einer allgemeinen Besol- dungserhöhung wird zurzeit nicht näher zu treten sein. Die durch die Dürre hervorgerufene Teuerung der Nahrungsmittel kann nicht mit einer Gehaltserhöhung bekämpft werden, denn sie wird bei Ge- müse, Kartoffeln. Milch u. dgl. doch wohl mehr oder minder vor- übergehend sein. Ein Freund von Teuerungszulagen bin ich auch nicht; treten wir darüber in Erwägung ein. so müssen wir auch im Auge behalten, daß die ganze ärmere Bevölkerung, die nicht in Lohn und Gehalt der Stadt steht, ganz ebenso unter der Teuerung leidet, aber dann noch mittragen muß an der für jene Kategorien be- willigten Zulage. Nachdem noch Stadtv. R-seno»«(N. L.) für Ausschuß- b e r a t u n g sich ausgesprochen, wird demgemäß beschlossen, Anschließend an den Jahresabschluß der Stadthauptkass« für 1310 fragt Stadtv. Modler(A. L.) nach dem Ergebnis der Verteilung der im November 1310 beschlossenen Bewilligung von 150 000 M. als Ehrengabe an die Veteranen. Zufällig habe er erfahren, daß jeder Veteran ganze 25 M. erhalten habe, und zwar für 1311, während die Versammlung sie doch für 1310 bestimmt Hab«. Stadtrat Ramsla »: Ja, die Zahl der Veteranen war eben ganz kolossal, so daß auf den einzelnen nicht mehr entfiel. AIS wir mit den Vorarbeiten fertig waren, stand das neue Etatsjahr vor der Tür und für 1910 war nichts mehr vorhanden- Zur Errichtung von Baracken für 699 Obdachlos« auf dem Gelände Fröbelstraße, Ecke Diesterwegstraße, hat die Ver- sammlung noch vor den Ferien 159 999 M. bewilligt. Jetzt bean- tragt der Magistrat, die Summe um 39 999 M. zu erhöhen, da aus nickst vorhergesehenen, umfangreichen Terrain- und Stratzenregu- lierungen sowie aus der durch die polizeilichen Vorschriften ge- botenen Notwendigkeit, die Grundflächen der Gebäude und die lichte Höhe der großen Schlafsäle zu vergrößern, bedeutende Mehr- kosten erwachsen. Ohne Diskussion wird dem M agistra t sa n t r ag e ent- sprachen. Ein weiterer Antrag Dr. AronS und Genossen(Soz.) vom 23. September lautet: Die Versammlung ersucht den Magistrat um eine Vorlage, durch welche ein städtisches Wohnungsamt mit Wohnungs- aufsicht und unentgeltlichem Wohnungsnachweis für kleinere Wohnungen begründet wird." Stadtv. Heimann(Soz.): ES wird vielen von Ihnen noch in Erinnerung sein, daß wir 1300/01 lang ausgcsponnene Debatten über die Wohnungsnot hatten. Herausgekommen ist dabei recht wenig außer der König�Friedrich-Stiftung, die sicherlich in den weitesten Kreisen unbekannt geblieben ist. Diese hat den Zweck, den minderbemittelten Bürgern billige und gesunde Woh- nungen zu gewähren. Diese Stiftung ist mit sage und schreibe einer Million Mark ausgestattet; der Oberbürgermeister sagte da­mals selbst, diese Summe sei nur deshalb vorgeschlagen, weil man sich eine Erhöhung der Summe durch die Beteiligung der reichen Bürgerschaft verspreche. Als ich deren Bereitwilligkeit anzweifelte, trat der Oberbürgermeister mir mit einer geHarnisch- ten Erwiderung entgegen. Seitdem sind 11 Jahre ver- flössen; die Versammlung hat von der Stiftung nichts weiter gehört; bei ihrer Bedeutung richte ich nun an den Magistrat die Anfrage: wie hoch sind in der Endsumme die Zuwendungen von privater Seite gekommen? In den ersten Monaten nach Gründung der Stiftung habe ich die im Gemeindeblatt erwähnten Summen kon- trolliert, sie betrugen 550 M.((Hört! hört! und Heiterkeit.) Vielleicht sind ja die Zuwendungen später reichlicher geflossen. Außerdem wurde damals noch die Hergabe von Va- Million an den Verein zur Besserung der Wohnungsverhältnisse beschlossen, und die statistischen Beobachtungen auf dem Gebiete des Wohnungs- Wesens sollten verbessert werden. Gern erkenne ich an, daß unser statistisches Amt die Berichterstattung gegen früher veschleu- nigt hat, aber nach seiner ganzen Organisation und bei seiner engen Verbindung mit den Vororten kann es nicht leisten, was ein besonderes Wohnungsamt leisten würde Was wir heute beantragen, ist nur ein kleiner Ausschnitt unserer Forderungen von 1999/91.. Damals hatten wir eine akute Wohnungsnot; heule haben wir einen gewissen Ueberfluß an leeren Wohnungen in Berlin und von einem akuten Wohnungsmangel kann keine Rede sein. In erhöhtem Maße vorhanden ist aber das chronische Wohnungsclend, unter dem in hygienischer und sittlicher Beziehung die Bevölkerung zu leiden bat. Der so vorsichtig erwägende Graf Posadowsky hat sich auf dem letzten Leipziger Wohnungskongreß darüber aus- sührlich ausgelassen. Tie von ihm angeführten Zahlen decken ein ganz fürchterliches Wohnungselend auf, Details geradezu er- schüttelnder Art aber findet man in der Enquete, die der hoch- verdiente Rendant der Berliner Ortskrankenkasse der Kaufleute seit Jahren angestellt, und die sich trotz der An. feindungen der Hausbesitzer allgemeisir» Beachtung errungen jsat. Die Gelder, die man zur