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Beilage zumVorwärts" Berliner Volksblatt. Zlr. 310. Donnerstag, den T' September 1893. 10. Ilchrg. Ter sozialdemokratische Verein Mannheim faßte den Beschluß, au die Landesorganisation das Ersuchen zu richten, den diesjährigen badischen Arbeitertag ausfallen zu lassen und eine beschränkte Konferenz von Delegirten der Landtags-Wahl- kreise Karlsruhe . Mannheim . Pforzheim und Offenburg behufs Stellungnahme zur Landtagswahl und Aufstellung eines Wahl- Programms einzuberufen. Als Ort der Konserenz schlägt er Karlsruhe , als Zeit den 10. September vor. Gemeinde> Kirchenrath. Unsere Genossen in Deetz bei Zerbst haben sich den Spaß gemacht und einen der Ihren als Kandidaten zum Gemeinde- Kirchenrath aufgestellt. Der Mann ist auch richtig gewählt worden. Darüber nun großer Jammer unter den Frommen in Deetz . Auf eingelegte Beschwerde hat das herzogliche Konsistorium entschieden, daß die Wahl eines Sozialdemokraten unzulässig und deshalb eine Neuwahl vorzu- nehmen sei. Nun hat die arme Seele hoffentlich wieder Ruh! ».» Frankfurt a. O. Die Lokalfrage hat nun endlich für Frankfurt eine einigermaßen befriedigende Lösung gefunden. Dem im Februar d. I. gegründeten KonsumvereinVorwärts" ist es gelungen, Lokalitäten, welche sich zur Abhaltung von öffent- lichen Versammlungen bis zu 400 Personen eignen. zu pachten, verbunden mit einer aufs sauberste eingerichteten Restauration. Somit können nun alle Gewerkschaften und Vereine, welchen seit- her von den hiesigen Wirthen ihre Lokalitäten verweigert wurden, jetzt in diesem Lokal ihre Versammlungen abhalten; außerdem können die Genoffen jetzt ungenirt in einem Lokal verkehren, wo sie nicht mehr die Worte auf die Goldwaage zu legen brauchen, weil die Wirthe merst schon bei Aussprechung eines freien Wortes seitens eines Gastes fürchteten, Militärverbot zu er- halten. Es wird nun Sache der Frankfurter Arbeiter sein, das Heim, welches geschaffen worden ist, auch in des Wortes vollster Bedeutung als solches zu betrachten, damit wir im stände sind, dasselbe für die Dauer aufrecht zu er» halten. Als Oekonom ist Genosse Boges gewählt worden und wird derselbe bestrebt sein, allen Wünschen der Genossen ge- recht zu werden. Außerdem möchten wir an die auswärtigen Parteiblätler die Bitte richten, ein Exemplar dem Restaurant Vorwärts" zum Auslegen überweisen zu wollen. 9 9 Aus Budapest wird uns mitgetheilt, daß die ungar- ländischen Eisen- und Metallarbeiter ein Fachblatt heraus- zugeben entschlossen sind, welches am nächsten Donnerstag in Budapest erscheinen wird. «« Polizeiliches, Gerichtliches:c. Die Genossen Elze . Johannisthal , und Grunow und Jastrau, Schönweide, erhielten wegen Verbreitung von Druckschristen ohne ortspolizeiliche Erlaubniß ein Straf­mandat von je 10 M. Geldstrafe. Es wurde richterliche Ent- scheidung beantragt und das Amtsgericht zu Wusterhausen sprach die genannten Genossen kostenlos frei. Mainz , 5. Septeniber. Die Strafkammer des Land- gerichts verurtheilte heute den Floßarbeiter Konrad Baumgarten aus Kassel wegen Majestätsbeleidigung zu 9 Mo- naten Gefängniß. Der Verurtheilte hatte in einer Wirth- schafl in Kassel in angetrunkenem Zustande ans den Kaiser geschimpft. Dresden . Wegen Majestätsbeleidigung wurde am 30. d. M. der Arbeiter Karl Gustav Heinrich Kliefoth in Pieschen vom hiesigen Landgericht zu 10 Monaten Gefängniß verurtheilt. Apolda . Am Sonnabend wurde vom hiesigen Schöffen- gericht Genosse H. Meyer wegen Bedrohung resp. Verhinderung von Amtshandlungen von Beamten nach Z 114 des Reichs- StrafgesetzbuchS zu einer Gefängnißstrafe von 0 Wochen ver- urthcill. ES Handell sich hierbei um die Plakate, auf welchen die Boykottirnng der hiesigen Vereinsbrauerei bekannt gegeben war. Zeugen waren der bekannte Polizeiwachtmeister Feller und Schutzmann Richter; gegen beide schweben vor dem Land­gericht zu Weimar seit mehreren Wochen Anzeigen wegen Mein- eids. Der Antrag Meyer's, die Verhandlung bis nach Ausgang vorerwähnter Prozesse zu vertagen, wurde abgelehnt. Lokales. An die Berliner Gewerkschaften. Am 21. August beschloß «ine bei Hensel in der Brunnenstraße tagende öffentliche Ver- fammlung, die Regelung eines Streitfalles zwischen dem Stell» wacher Brüß und der Direktion der Brauerei Oswald Berliner der Berliner Gewerkschaftskommission zu überweisen. Durch die Verhandlunge», die der Ausschuß in dieser Sache mit den Betheiligten hatte, ist nunmehr festgestellt und durch Vernehmung von Zeugen bestätigt worden, daß der Stellmacher Brüß nicht wegen seiner gewerkschaftlichen oder politischen Thätigkeil aus der Arbeit entlassen worden ist. Mit­hin ist diese Sache als erledigt zu betrachten. Ferner giebt der Unterzeichnete den Gewerkschaften besannt, daß laut Beschluß der öffentlichen Delegirten- Versammlung der Gewerkschafts- kommission die Errichtung eines Bureaus für die Gewerkschafts- kommission vorgenommen ist und besindet sich dasselbe vor» läufigund provisorisch Grünauerstr. 6, Hof links part., bei H. Faber. Vom I. Oktober er. ab wird sich dasselbe im Zentrum der Stadt befinden. Alle Anfragen und Angelegen- heilen in bezug auf gewerksckmstliche oder gewerbegerichtliche Sachen finden also bis aus weiteres wochentäglich von Mittags 122 und Nachmittags von S 8 Uhr in der Wohnung des Ge- nassen Faber ihre Erledigung. Ebenso sind alle schriftlichen Zu- sendunge» betreffs Auskünfte:c. für die Kommission an obige Adresse zu richten. Die weiteren Bekanntmachungen über de» endgiltigen Sitz des Bureaus werden rechtzeitig den Berliner Ge- werben und Berufen in Kenntniß gebracht werden. Berlin , den 6. September 1893. Die Berliner GewerkschastS- Kommission: I. A.: Oskar Völkel, Dunckerstr. 6. III. Die Arbeiter de? städtischen Strafienreinigung sollen jetzt ebeusallsverchristlicht" werden. Den Mittheilungen einiger orihodor gesinnter Blätter zufolge hat derChristliche Verein junger Plänner zu Berlin " zunächsteine Missionsarbeit unter den Arbeitsburschen" begonnen. Er ist mit dem Direktor der stäbtischen Straßenreinigung in Verbindung getreten und hat von diesemdie Zustimmung zu der Arbeit und auch freundlichen Rath erhalten". Sämmtliche 150 Burschen sind zu einer ersten Zusainmenkunst eingeladen worden, die bereits stattgefunden hat. Obgleich die jungen Leute", heißt es in der Zeitungsnotiz dar- über,zum Theil bis um 8 Uhr in der Arbeit gestanden hatten und auch vielfach recht weite Wege zurücklegen mußten, waren doch über 100 erschienen, und 33 meldeten sich gleich zur Mit- gliedschaft". Für den ersten Versuch ist das ein geradezu glän- zender Erfolg. Da sieht man wieder, wie nützlich es ist, bei der Einberufung von Versammlungen sich mit den Arbeitgebern bezw. Vorgesetzten der zu bearbeitenden Leute in Verbindung zu setzen und sich deren Zustimmung und freundlichen Rath zu erbitten. DerChristliche Verein Junger Männer" kennt die Brauchbarkeit dieses entschieden genialen Gedankens aus Er- fahrung, da er sich dieser Agitationsmethode von Anfang an bedient hat. Die Direktion der Straßenreinigung wird ihre Zu- stimmung um so freudiger ertheilt haben, da sie bei dem Geschäst aus eine Gegenleistung rechnen darf. Es wird bekanntlich seit Langem darüber geklagt, daß die Arbeitsburschen der Straßen- reinigung ihrem Berus keinen rechten Geschmack abgewinnen können und ihn in der Regel bald wieder aufgeben. Auch der neueste Verwaltungsbericht über das städtische Straßen- reinigungswesen(für 1332/93) bezeichnet es wieder als einen Uebclstand,daß sich unter den jugendlichen Arbeitern ver- hältnißmäßig wenig brauchbare und ausdauernde Kräfte finden, und daß aus diesem Grunde leider ein unaufhörlicher Wechsel unter diesen Arbeitern stattfindet." Voraussichtlich wird der Christliche Verein junger Männer" sein Augenmerk darauf richten, den Arbeitsburschen außer der Gottesfurcht auch mehr Begeisterung für ihre schlecht bezahlte Arbeit pro Tag 1,60 M. einzutrichtern. Schwer wird's freilich halten. Die Arbeit der Burschen ist augenscheinlich keine allzu angenehme und ver- lockende, und was ihrer erst harrt, wenn sie später in die Reihen der erwachsenen Straßenreinigungs-Arbeiter aufrücken, das sehen sie ja vor Augen. Die Jungen retten sich bei Zeiten aus einem Beruf heraus, den die Alten, durch die Sorge um Frau und Kinder gehalten, nicht mehr aufzugeben wagen. Besonders aus- sällrg ist, daß, wie früher einmal hervorgehoben wurde, so wenig Söhne von Straßenreinigern unter den Burschen sind, während man gerade das Gegentheil erwartet hatte. Der Verwaltungs- bericht des Magistrats giebt sich alle Mühe, in längerer Aus- führung, die in merklicher Weise polemisch gehalten ist und wohl kaum als objektiv bezeichnet werden kann, darzuthun, daß die Lage der Straßenreinigungs-Arbeiter trotzdem keine ungünstige sei. Sie würden verhältnißmäßig gut bezahlt, Arbeiter 1. Klasse 3,25 Mark, Arbeiter 2. Klaffe 2,75 Mark und der Durch- schnitt des Tagewerkes überschreite nicht 8 Stunden. Hieran ändere auch der Umstand nicht viel, daß zuweilen besondere Arbeiten vorkämen, die außerhalb der gewöhnlichen Arbeitszeit lägen, ohne daß sie besonders vergütigt würden. W i e viel von diesen besonderen Arbeiten im Durchschnitt auf den Mann und Tag kommt, wird nicht gesagt. Auch über die Anstrengungen des achtstündigenTagewerkes", das bekanntlich� ein Nachtwerk ist und bei jedem Wetter ausgeführt werden muß, schweigt der Bericht. UnterKrankenkasse " wird gesagt:Die Zahl der Erkrankungen war im allgemeinen nicht übermäßig groß", und die Angabe einer Zahl wiederum unterlassen. Wir ersehen aus der Uebersicht der Betriebs-Ergebnisse der m Berlin vorhandenen, unter der Aufsicht der Gewerbe-Deputation des Magistrats stehenden Orts-, Betriebs- und Jnnungs-Krankenkassen, daß der Krankenkasse für die Straßenreinigungsarbeiter im Jahre 1892 833 Personen(Monatsdurchschnitt) angehörten, auf welche 222 Erkrankungen mit 3429 Erkrankungstagen kamen. Von je 100 Mitgliedern erkrankten also über 26, und auf jede Er- krankung kamen über 15 Tage. Der Gesundheitszustand der Straßenreinigungsarbeiter war also ziemlich ungünstig. Ungünstig ist auch trotz aller gegent heiligen Versicherungen die Gesammtlage der Straßenreinigungsarbeiter. Das wird diesen weder der Magistrat noch das unter magistratlichem Schutze agitirende Muckerthum ausreden können. Dem VerwaltnngSbericht der Juvaliditäts» und Alters- Versicherungsanstalt Berlin für das Kalenderjahr 1892 sind folgende Angaben entnommen: Im Jahre 1322 lagen 617 An- träge aus Altersrente vor, von denen 390 bewilligt, 167 ab- gelehnt, 15 anderweit erledigt und 45 unerledigt aus das Jahr 1893 übernommen wurden. Jnsgesammt sind bei der Anstalt Berlin bis Ende 1892 1795 Altersrenten mit einer Jahresrente von 282 790,40 M. einschließlich des Reichszuschusses von 50 M. für jede Rente festgesetzt worden. Bis Ende 1392 waren aus- geschieden durch Tod oder aus sonstigen Gründen zusammen 175 Altersrenten, so daß ein Bestand von 1620 Altersrenten verblieb. Anträge aus Invalidenrente lagen vor 442, von denen 179 be- willigt, 196 abgelehnt, 24 anderweil erledigt und 43 unerledigt auf das laufende Jahr übernommen wurden. Bis zum Schlüsse der Berichtszeit waren insgesammt 193 Invalidenrenten festgesetzt worden mit 21 978,20 M. Jahresrente einschließlich de» Reichs- zuschusses von 50 M. Ausgeschieden sind 14 Invalidenrenten, lodaß Ende 1892 179 Jnvalidenrenten-Empsänger verblieben. Die Anstalt Berlin hatte im Jahre 1892 174 356,75 Mark für Altersrenten und 10 335,30 M. sür Invalidenrenten als eigene Antheile zu zahlen. An Quittungskarten wurden 397 465 Stück in der Berichtszeit für Versicherte neu ausgestellt. Bei der An- stall gingen insgesammt 337 192 im Verkehr gewesene Quittungs - karten ein, von denen 348 404 den Namen der Anstalt Bertin und 33 783 den Namen einer fremden Anstalt trugen. Die An- stalt Berlin hatte im Jahre 1892 aus dem Erlöse verlauster Beitragsmarken eine Einnahme von 4 738 167,28 M. Stach dem Jahresabschluß der Anstalt pro 1892 beliefen sich die Gesammt- einnahmen auf 13 824 492,18 M., die Ausgaben auf 4 793 952,06 Mark, sodaß ein Bestand von 9 040 540,12 M. verblieb. Zum Falle Paasch. In amtlichem Auftrage schreibt die .Nordd. Allg. Ztg.": Das Verfahren gegen den Kaufmann Karl Paasch betreffend, hat dieStaatsbürger Zeitung" in Nr. 414(Abend-Ausgabe vom 4. d. M.) Mittheilungen veröffentlicht, welche zum großen Theil unzutreffend oder ungenau sind. Dieselben sind nach eingezogenen zuverlässigen Informationen dahin richtig zu stellen: 1. Es ist nicht richtig, daß seitens der Charitee-Aerzte Paasch für gemeingefährlich nicht befunden worden sei. Das Gutachten gehl vielmehr ausdrücklich dahin: daß der Geisteszustand des Paasch derartig gemein- gefährlich sei, daß seine Unterbringung in eine Irrenanstalt geboten erscheine." Das Gutachten der psychiatrischen Autoritäten der Charitee besagt aber nicht blas, daß Paasch an fixen Ideen leide, sondern daß er an Ver- solguugswahn und chronischer Verrücktheit(Paranoia chronica) leide und deshalb geisteskrank und nicht ver- handlungsfähig sei. 2. Es ist nicht richtig, daß durch Gerichtsbeschluß vom 29. vorigen Monats die Einstellung des Verfahrens ausgesprochen worden ist. Es ist vielmehr lediglich die Aushebung der Unter- suchuugshaft beschlossen worden, wie dies nach der von autoritativer Seite festgestellten Geisteskrankheit des Angeklagten nicht anders geschehen konnte. Der Fortgang des Verfahrens dürfte von dem weiteren Geisteszustände des Paasch abhängig sein. Uebcr die Gemeingesährlichkeit des letzteren, bezw. die Nothwendigkeit seiner Unterbringung in eine Irrenanstalt, zu be- finden, gehörte nicht zur Zuständigkeit des Gerichts, sondern zu derjenigen der Polizei. 3. Es ist nicht richtig, daß Paasch bei seiner Untersuchung durch den Bezirksphysikus nur einem kurzen Verhör unterworfen worden ist. Die Untersuchung hat vielmehr stundenlang ge« währt, und auf grund derselben hat der Bezirksphysikus ein mit dem Gutachten der psychiatrischen Autoritäten der Charitee voll- ständig übereinstimmendes Gutachten dahin abgegeben, daß Paasch gemeingefährlich sei und in eine geschlossene Anstalt gebracht werden müsse. Das Gutachten ist eingehend begründet. Auf grund desselben ist Paasch in die Irrenanstalt zu Herzberge überführt worden lediglich im Sicherheilsinteresse und auf Veranlassung der Polizei- behörde. Dieses Verfahren entspricht den gesetzlichen Vorschriften und stellt gegenwärtig, wie bekannt, den geordneten Weg dar, auf welchem die Unterbringung gemeingefährlicher Geisteskranker stattzufinden hat. Wie sich unsere Feudalen amüfiren. Bürgerliche Blätter veröffentlichen mit Entzücken folgendes: In aristokratischen Kreisen wird eineKavalier-Zirkusvor- stellung" zu einem wohlthätigen Zweck geplant, und zwar soll dieselbe, mit Ausschluß der Ocffenllichkeit, vor einem geladenen Publikum aus den ersten aristokratischen Kreisen, ganz in der Weise, wie man sie in Italien und Oesterreich bereits entrirte, nur von Herren und Damen unseres Adels als ausübenden Künstlern in der Manege eines hiesigen Reitinstituts zur Aus- sührung gebracht werden. Die Vorproben werden seit einiger Zeit bereits betrieben. Interessant dürste es dabei sein, zu er- fahren, daß ein Erbprinz die Regie führt, ein Fürst sich im Vor- führen von Freiheitspferden und eine Durchlaucht sich alsAu just" produziren werden. Ein veritabler Prinz wird als Reprisen- Clown und Springer debütiren und zwei junge Grafen als Akrobaten. Von letzteren heißt es, daß sie selbst einem Zirkus Renz mit ihren Leistungen Ehre machen würden. Außerdem find bare back- und Panneau- SReiter in Masse vorhanden, ins- gesammt Träger illustrer Namen. Besonders bemerkenswerth er- scheint es, daß auch die weiblichen Artistensächer nach jeder Richtung hin vertreten sein werden. An Schulreiterinncn ist erklärlicherweise kein Mangel, denn die Reitkunst wird ja in den aristokratischen Kreisen mit Vorliebe gepflegt; aber es werden auchStehende Reiterinnen" in dem Programm glänzen und mehrere Komtessen über Bänder und durch Reifen springen aufgesattelten und ungesattelten Pferden. Das genannte Reitinstitut wird für die Amateur-Borstellung vollkommen zirk us» artig umgestaltet." Wir haben niemals daran gezweifelt, daß sich Aristokraten ganz vorzüglich zuReprisen- Clowns" eignen. obwohl es uns unklar ist, worin sich ein gewöhnlicher Clown von einem Reprisen- Clown unterscheidet. AlsAujust" haben sich Durch- lauchte übrigens schon öfter produzirt. Auf diestehenden Reiterinnen" brauchen die Aristokratinnen nicht so stolz zu sein die findet man überall. Von gewissem Interesse für verschiedene Parteigenossen des 6. Berliner Reichstags- Wahlkreises und speziell für die orgauisirten Steinmetzen dürfte es sein, daß die Inhaber der ehemaligen Finna Jakob u. Wiese, die sich nach Beendigung des derzeitigen Streiks der Steinmetzen etablirten und von den Ge­nossen unterstützt wurden, jetzt laut neuestem Mitgliederverzeichniß des konservativen Bürgervereins Weddrng Mitglieder dieses Vereins sind. Dieselben haben die alle Firma aufgelöst und sich einzeln wieder in der Müllerstr. 39 resp. 137 ein Geschäft eingerichtet. Bezugnehmend auf den Artikel imVorwärts" vom 24. August er. unter Nr. 198 und vom 29. August er. unter Nr. 202 betreffs der königl. Charitee hat der Vorstand der Orts- Krankenkasse sür den Gewerbebetrieb der Kausleute:c. auf Antrag in seiner Sitzung vom 31. August cr. beschlossen, aus grund der geschilderten Vorgänge von nun an mehr keine Kranken dorthin zu schicken. Achtung k Schuhmacher k Den Berliner Kollegen zur Mit- theilung, daß der Verein deutscher Schuhmacher am Sonntag, den 10. September, beabsichtigt, die deutsche Hutfabrik zu be- sichtigen. Treffpunkt Morgens 8 Uhr bei Steuer, Weinsrr. 22. I. A.: K. German, Flemmingstr. 16. Arbeiter-Bildungsschnle. Der Unterricht im oberen Deutsch findet, wie bisher, Montags von 8>/s 10>/, Uhr in der Nordschule statt. Vorher sind chemische Uebungen(stereo« metrische Aufgaben) wie bisher von 7�-8»/« Uhr. Mit den fremdländischen Völkerschaften, welche uns in Berlin vorgeführt werden, haben wir, wie dieNational-Ztg." schreibt, lein besonderes Glück, besonders nicht, wenn sie aus 'Afrika kommen.Da iverden sie uns als mit ganz außerordent- lichen Mühen für eine wissenschaftliche Rundreise erworben ge- schildert, unter Glas und Nahmen hängen die mit großen rothen Siegeln der exotischen Behörden versehenenZertifikate", aus denen ihre Echtheit hervorgehen soll, mit Staunen sehen die einen. mit Grausen die anderen den Kriegstänzen und den damit ver- bundcnen Abschlachtungen der Feinde zu, die anthropologische Gesellschaft studirt an diesen Fremdlingen mit besonderem Eifer, es werden Vermessungen und Farbefeststellungen vorgenommen und nach geraumer Zeit erfährt man dann aus sicherster Quelle, daß das, was man gesehen, an sich zwar recht inter- essant, aber nicht das gewesen sei, als was es uns vorgeführt wurde. Die Amazonen aus Dahomeh waren afrikanische Weiber, aber sie hatten nie zur Leibgarde des blutdürstigen Königs ge- hört. Die Zulus des Königs Ketschwayo hatten niemals die Gegenden gesehen, aus denen sie angeblich stammten. Der größte Rernfall, de» Berlin je erlebte, war. als mit jener Geselischajt von Zultikaffern uns die bildschöne Tochter des Königs vor- geführt wurde, dessen Krieger seinerzeit den Sohn Napoleon '». Lulu, niedermetzelten. Die junge Asrikanerin war in der That eine majestätische Erscheinung. Vor 10 Jahren strömte die Ber - liner Bevölkerung zu ihr. Sie ward der Liebling der Damen, und ihr kleiner drolliger Sohn lernte so schnell einige deutsche Worte, daß die ihm geschenkten Nickelstücke bald ein Vermögen aus- machten. Adzomwola selbst vermochte sich nur mimisch oder zulusch" als unverständlich zu äußern. Um so erstaunter waren die wenigen zufälligen Zeugen einer Szene, als die sich unbeobachtet glaubende Prinzessin eines Tages im geläufigsten und fürchterlichstenBillingsgate" zu fluchen und zu weitern begann, als sie mit ihrem Manager in eine Auseinandersetzung finanzieller Natur gerielh. Damals erfuhr man denn, daß sie eine aus Nordamerika nach Liverpool übergesiedelte Negerin war. die im schmutzigsten Theile des Hafens eine Matrosenkneipe hielt und ihre Rolle vorzüglich gespielt hatte. Heute nun theilt uns ein durchaus erfahrener Kenner afrikanischer Dinge, der längere Zeit in Deutsch-Ostafrika ansässig gewesen ist, mit. daß die in Berlin jetzt vorgeführten Wahehe weder Wahehe noch überhaupt Ostafrikaner sind. Es sind vielmehr, nach dieser Mittheilung, Sudan -Negcr mit den charakteristischen Stammes- Merkmalen derselben. Sie thun, als ob sie nicht Arabisch verständen, sprechen aber unter sich das Sndan-arabisch. Drei oder vier Leute sind dabei, die Sklaven aus Kiloa oder Dar-es- Salani sind, aber auch keine Wahehe. Das Trommeln und Tanzen sind das Trommeln und Tanzen unserer Schntztruppen- Sudanesen, ihre Waffen und Schilde aber in Europa fabrizirt und haben mit den Wahehe-Waffen nichts gemein. Ucberraschend kommt uns diese Mittheilung kaum. Man muß im allgemeinen