ihren Kindern der Gefahr deS Erfrieren? ausgesetzt wären. In denüberfüllten Obdachlosenräumen herrschen auch menschenunwürdigeZustände. Eine Familie mit drei erwachsenen Personen und neunKindern ist in einem einzigen Räume untergebracht, durch den abernoch ein Gang nach den Räumen für andre Obdachlose führt. Fürmehrere Familien steht nur ein primitiver Kochherd zur Verfügung.Zunächst können die Räume überhaupt nicht geheizt werden. Dabeiwird anscheinend der Mangel immer größer und die Unterbringungwegen der eintretenden Kälte schwieriger.Die sozialdemokratischen Stadtverordneten haben seit Jahrendie den Hausbesitzern zuliebe eingeleitete einseitige Wohnungspolitikd«S Stadtrats scharf kritisiert und Maßnahmen für Beschaffungausreichender Wohnungsgelegenheit und schließlich menschenwürdigeRäume für obdachlose Mieter gefordert. Bis vor wenigen Monatenhat aber unter der Führung des Oberbürgermeisters Beutler derStadtrat alle besonderen Maßnahmen für überflüssig gehalten undnichts getan. Erst als die Not immer ärger wurde, wurden einigeWohnhäuser von der Stadt errichtet und außerdem bOOOOO M. zuweiteren Neubauten und eine gleichgroße Summe zur Ausleihungauf zweite Hypothek bewilligt. Das alles war aber nur ein Tropfenauf einen heißen Stein. Zudem dauere es auch noch viel zu lange,ehe die geringfügige städtische Hilfe einsetzt? und pie städtischen Häuserbezogen werden konnten. Es sind auch in diesem Jahre nur ö80kleinere Wohnungen neu gebaut worden, während schon über 1000gebraucht werden, um nur den Bevölkerungszuwachs auszunehmen.Mit dem unerhörten WohnungSelend in der sächsischen Haupt-stadt beschäftigte sich am Freitagabend auch eine V o l k S v e r-s a m m l u n g. Wie groß die allgemeine Mißstimmung über denDresdener WohnungSjammer ist, zeigte der Besuch. Mehr als 3000Personen füllten den Saal zum Erdrücken. Die scharfe Kritik, diedie Genossen Fleiß n er und Krüger an der Dresdener Woh-nungsmisere und der Wohnungspolitik des Rates übten, wurde mitstürmischer Zustimmung aufgenommen. Durch einstimmige An-nähme einer Resolution erhob die Versammlung scharf Protestgegen die einseitige hauSagrarische Wohnungspolilik des Rates undforderte weiter menschenwürdige Unterkunft für obdachlose Meter undumfassenden Bau von neuen Wobnungen durch die Stadtgemeinde.De» sozialdemokratischen Vertrerern im Stadtparlament fälltdie Aufgabe zu, dem Wohnungselend in dieser Richtung zu Leibezu gehen und gegen die Phalanx der Hausbesitzermehrheit und derZögerungspolitik deS Rates diesen Forderungen Geltung zu ver-schaffen. Die Dresdener Zustände zeigen aber auch deutlich, zuwelchen himmelschreienden Mißständen eine HauSagrarische Wohnungs-Politik führt.� �Der Rat der Stadt Leipzig und dir LebetlSwittelteuennig.Die herrschende Lebensmiltelteuerung hat auch den Rat derStadt Leipzig veranlaßt, etwas gegen diese Geißel des Volkes zuunternehmen. Er hat am Sonnabend in seiner Gesamtsitzung be-schloffen,.vorbehaltlich weiterer Maßnahmen' zunächst beim sächsischenMinisterium des Innern zu beantragen:1. daß der B u n d e s r a t§20 Abf. 1 der zu dem Zoll-tarifgesetz vom 25. Dezember 1902 auf Grund von§ 11Ziff. 6 daselbst von ihm erlassenen Sinfuhrscheinordnungvom 17. Februar 190S dahin abändere.») daß die Dauer der Verwendbarkeit der Einfuhrscheinezur Begleichung von Zollgefällen von 6 Monaten«Ulf8 Monat« herabgesetzt werde,chj daß die Worte.oder von solchen für die in Anlag« 2 auf-geführten Waren(Kaffee, Petroleum)' gestrichen werden unddamit die Verwendbarkeit der Einfuhrscheinelediglich auf die Einfuhr der in§ 1 genannten Fruchtorten(Roggen. Weizen, Spelz, Gerste, Hafer, Buchweizen, trockeneHülsenfrüchte, Raps und Rübsen) beschränkt werde,2. daß die Eisenbahnverwaltungen aller Bundes-staaten die Frachtsätze für Getreide und Reis imBinnenverkehr, die zurzeit nach Spezialtarif I des DeutschenEisenbahngülertaris» berechnet werden, bis aus weitere» nachSpezialiarif III. oder wenigsten» nach dem für den Ausfuhr-verkehr von Getreide gültigen LuSnahmetarife berechnen.Bon Anträgen auf Aufhebung der Lebensmittelwucherzöllehat der Rat der Stadt Leipzig also abgesehen. Er hat— wie erbegründend in seinem Amtsblatte mitteilen läßt—..um diese für die Preisbildungen auf dem Getreidemarkte inMitteldeutschland höchst wichtigen Maßnahmen gebeten, weil sievom Bundesrat(Einfuhrscheine» und von den Eisenbahnverwallungensofort ausgeführt werde» können, ohne daß es der ZustimmungdeS Reichstage« oder der Landtage bedarf. Deshalb sollen auchalle weitergehenden Wünsche, wie z. B. Aenderung der Zölleoder Abschaffung der Einfuhrscheine, hiervon getrenntbehandelt werden.'Protestversammlung in Frankfurt«. M.In Frankfurt a. M fand am Eonntagnachmittag eine macht-voll« Kundgebung gegen die Teuerung statt. Im Tivoligarten aufdem Eachsenhäuser Berg erhoben zirka 5000 Männer und Frauenscharfen Protest gegen die ungeheure Verteuerung aller Lebens-»Nittel und verlangten von Staat und Gemeinde Abwehr-maßregeln. von zwei Tribünen sprachen die GenossenEduard Bern st ein- Berlin und ReichSratSmitgkied G l ö ck e l-Wien. Unter stürmischen ZustimnmngSkundgebungen der Ver-sammelten zeigten die Redner die Ursachen der Teuerung undfordert«, dringende Abhilfe.J" der zur Annahme gelangten Resolution forder» die Ver-sammelten die Reichsregierung auf. die sofortige Suspension derZölle aus LebenS- und Futtermittel, die Oeffnung der Grenzen fürlebendes lgieh und Fleisch und die Aufhebung deS System« derEinfuhrschejne zu bewirken. Ebenso fordern sie von der preußischenRegierung Ermäßigung der Eisenbahntarife für den Verkehr mirNahrungS- und Futtermitteln aller Art. Sie fordern ferner die Ver-Wallung der Stadt Frankfurt a. M. auf. zur Förderung der Produktionund der Zufuhr von Lebensmitteln Anstalten zu treffen,»urch dieein« Beeinflussung der Preisbildung zugunsten der Konsument»,,durch die Stadt gesichert ist. Die Versammelten geloben, bei derbevorstehenden ReichstagSwahl mit allen Kräften dafür zu wirken,daß die reaktionäre, dem Volke feindlich gesinnte Mehrheit imReichstage beseitigt wird, auS der Erkenntnis, daß nur die sozial-demokratisch« Partei für die entrechteten und unterdrückten Volks»maffen stets und ständig eintritt.Die Polizei hatte wieder die üblichen«orbereitungen ge-troffen, um etwaige Demonstrationen zu verhindern. ES verliefaber alles ziemlich ruhig. mMaßnahmen gegen die Lebensmittelteuerung.LSnabrü«, 3. Oktober. Der Magistrat beschloß, umfaffendeMaßnahmen zur Herabsetzung der Preise für die notwendigstenLebensmittel._politirche GcberlichtoBerlin, den 3. Oktober 1911.Der Bundesrat und die Lebensmittelteuerung.Am Donnerstag tritt der Bundesrat zu seiner erstenPlenarsitzung nach den Ferien zusamnten und wird die Fragedes Notstandes diskutieren. Als erste Aufgabe soll derBundesrat über die den Schnapsbrennereien z« gewährendenVergünstigungen beraten. Den Schnapsbrennern soll nämlichgestattet sein, statt Kartoffeln mehr Getreide zum Zwecke derSchnagsgewinnung zu verwenden.Es ist bezeichnend, daß die» N o t l a g e' der Schnaps-brenner für den Bundesrat an erster Stelle steht— erstspäter kommen die anderen Notstandsfragen an die Reihe.Klerikale Verlegenheit.Die arme„Germania' ist in größter Verlegenheit. DerP a p st und mit ihm die ganze klerikale Presse und dieGeistlichkeit in Italien machen für die Räuberpolitik derRegierung Propaganda und predigen eine Art„heiligenKriegs' gegen die„Ungläubigen'. Die deutsche klerikale Preffeaber kann nicht gut ander« als daS italienische Borgehen verurteilen. Noch schärfer geht der österreichische Klerikalismus ins Zeug. Namentlich die.Reichspost', das Organ deSklerikalen Thronfolgers und offizielles Organ der Christlich-sozialen, wütet gegen das.kirchenräuberische" Italien sehr im Gegen-satz zum Papst und seinen Leuten, die plötzlich italienischenPatriotismus herausbeißen.Weil wir nun diesen lustigen Zwiespalt unter den Römlingender verschiedenen Nationen festgestellt haben, beschuldigt unsdie.Germania', die davon ihren Lesern nichts verratendarf, des— HaffeS gegen die christliche Religion. Ja, will denndas jesuitische Blatt behaupten, der Papst handele als unfehlbaresOberhaupt der katholischen Kirche, wenn er für dieRaubpolitik der sonst so befehdeten Regierung eintritt? Danndürften ja die klerikalen Blätter aller Notionen aucki kein Wortder Verurteilung für den italienischen BanditismuS finden. Aber,wer weiß, vielleicht erleben wir das noch und jedenfalls würde dasganz ün Geiste der schlestschen Richtung liegen, die ja den un-bedingten Gehorsam den kirchlichen Obern gegenüber auch in reinpolitischen Dingen fordert._Politik i« der Kaserne-Die Kriegervereine machen gegenwärtig in Rekruten-.FÜrsorge'.Die jungen Leute, die ins Heer müssen, werden zu Festen ein-geladen, die von den Kriegervereinen veranstaltet werden. Dort gibtman den Rekruten ein Büchlein, das den Titel trägt:„Der Rekrut'.In ihm sind schöne„Geleitworte für Rekruten der Arinee undMarine' enthalten. DaS Büchlein wird herausgegeben vom Vor-stand deS Preußischen Landes-Kriegerverbandes und richtet sichin der Hauptsache gegen die Sozialdemokratie. In der Ein-leitung wird den jungen Soldaten gesagt:„Unser Vaterland ver-danke seine heutige Größe dem ruhmgekrönten Heere'. Auch überPreußens Geschichte wird einiges erzählt, aber von historischer Wahr-heit findet man leine Spur. Was man den Volksschülern über die„Siege und Tugenden' der preußischen Könige unterbreitet, wirdauch den Rekruten vom Landeskriegerverband vorgesetzt. Ueber dieWehrpflicht wird gesagt, sie sei die höchste Ehrenpflicht, denn derSoldat sei dazu berufen, Thron und Vaterland gegen äußere undinnere Feinde zu verteidigen! Nach einigen weiteren Aeußerungenüber die Wehrpflicht heißt es:„AuS allem ersehen wir, mit welcher Fürsorge für den einzelnenBürger der Staat und daS Reich vorgehen und wie sehr esunserer Regierung am Herzen liegt, daß die Dienstverpflichtungkeine Hätten in sich schließt. Wir erkennen aber auch, wie unrechtdiejenigen haben, die all ihr Sinnen und Trachten nur darausrichten, gegen die bewährten Einrichtungen unseres Staates, gegenGesetz und Ordnung, sowie gegen Thron und Vaterland zu hetzen.Fürwahr, wir Deutschen haben alle Ursache, stolz aus unser Vater-land und unsere starke Wehrkraft zu sein, solange Ordnung undGehorsam, Vaterlandsliebe und Frömmigkeit unseres Volke«schönste Tugenden sind.'Die Löhnung von 22 Pf. pro Tag wirb als ausreichendgeschildert. Der Soldat, der von Hause keinen Zuschuß erhalteund sich mit seiner Löhnung behelfen müsse, könne sich trotzdemmanchen Genuß gönnen!Weiter wird erklärt, der Fahneneid fei ein Treugelübde fürsganze Leben und nicht nur für die Zeit der Dienstjahre, wie somancher glaube und wie die Feinde von Thron und Vaterland sogerne den jungen und alten Solvaten vorredeten. DaS sei ein ver-hängniSvoller Jrttum, denn einen Eid, der- einmal geleistet sei, könneniemand lösen als Gott allein oder derjenige, dem sich die Soldateneidlich verpflichtet hätten. Der Soldat schwöre die Treue im Be-ginn seiner Dienstzeit und wollte er nicht meineidig werden, so müsseer sie halten bis zum Tode.— Der größte und bedeutsamste Fest-tag im Leben des Soldaten sei deshalb auch der GebuttStag deSAllerhöchsten Kriegsherrn. Und im Schlußwott heißt eS:„Er(der Soldat) hat in seiner Kompagnie oder der Schiff«-besatzung an Bord treue und vaterlandsliebende Männer kennengelernt, es hat aber doch einige gegeben, deren Gedanken bereit«durch die Wühlereien der Sozialdemokratie verseucht waren. Derwackere Soldat hält sich von diesen fern, nachdem er eingesehenhat, daß alle Versuche, sie wieder auf die rechte Bahn zu bringen,vergeblich gewesen sind.... Doch die Kameradschaft, das Gefühlder Zusammengehörigkeit, da» er bei seinen Truppenteilen ge-funden hat. das findet er in der Heimat wieder bei dem Krieger«oder Marineverein.'Bor den Toren der Kaserne muß die Politik Halt machen, sohaben wiederholt die Vertreter der Heeresverwaltung erklärt; denKriegervereinen aber gestattet man, die Rekruten mit politischenTendenzschristen auszurüsten, die sie mit in die Kaserne Vringen unddie dort den Gegenstand der Diskusston bilden. Stellt dann einaufgeklätter Relrut den patriotischen Verdrehungen die Wahrheitgegenüber, so können daraus die ernstesten Folgen für ihn entstehen.Bielleicht ist es gerade die Absicht der Kriegervereine, in dieser Weiseprovokatorisch zu wirken._Parteitag der Nationalliberale».Der Ausschuß der nationalliberalen Pattei hat beschloffen, dendiesjährigen allgemeinen Vertretertag der Nationalliberalen aufSonntag, den 3. Dezember, nach Berlin zu berufen. In einer amTage vorher stattfindenden Sitzung des Zentralvorstandes wird derWahlaufruf für die allgemeinen ReichStagSwahlen festgestellt werden.Die„Kompensationen" des Herrn v. Kiderlen-Waechter.Die Deutsche Kolonialgesellschaft hat sichmit der Absicht des Herrn v. Kiderlen-Waechter. von denFranzosen eine Gebietsentschädigung am Kongo zu fordern,befaßt, und sie hat ihre Meinung dahin zusammengefaßt:„Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die uns an-geblich zugedachten Gebictsentschädigungen an den Käme-runer Grenzen für uns keinen wertvollen Zu-wachs bedeuten. Das im ganzen sumpfige und wenigfruchtbare Land bietet nicht viel und ist zum großen Teileiner erwerbsgierigen Konzessionspolitikausgeliefert, und unter seiner dünnen Bevölke-rung wütet die Schlafkrankheit. Wir würdenuns ferner durch den Enverb dieser Gebiete wesentlichefinanzielle Lasten aufladen. Vor allen Dingendarf nicht die Rede sein von einer Abtretung Nordbornus,der Kameruner Nordspitze, unseres einzigen Zugangs zumTschadsee, wie sie von französischen Zeitungen als in Fragestehend hingestellt worden ist. Die starken und kricgstüchtigenStämme dieser Striche nördlich des Benue haben nicht nurihre cfgefte schon enkttuckelke imB noch enfwicklungsfahtgsKultur, sondern sind vor allem aus vollem Herzen deutschgeworden und wollen deutsch bleiben. Im übrigen könntenwir schon aus dem Grunde nicht in eine Preisgabe der Käme- �runer Nordspitze willigen, weil die Völker in Mittelkamerun,südlich des Benue-Stronies, das mit Recht als Schwächeunsererseits auslegen würden. Selbstverständlich steht manin der Deutschen Kolonialgesellschaft nach wie vor auf demStandpunkt ihrer Kundgebung vom 5. August: Wenn nuneinmal die Algeciras-Akte nicht aufrecht zu erhalten war, sokonnten für uns Kompensationen in Marokko selbst in Fragekommen."_Das Düsseldorfer Wahlergebnis.Amtliches Wahlergebnis. Bei der am 29. September im Stadt«und Landkreise Düffeldorf erfolgten Reichstagsstichwahl find ins«gesamt 75 177 güllige Stimmen abgegeben worden. Davon erhieltenParteisekretär Haberland- Barmen(Soz.) 39 283 und BankdirektorDr. Friedrich-Düffeldorf(Z.) 35 389 Stimmen. Parteisekretär Haber«land ist somit gewählt._jVlonarckittikicker Einfall in Portugal.Santiago de Compostela(Prov. Caruna), 3. Oktober. WieEl Eco de Santiago meldet, ist Kapitän PaivaConceiro,das Haupt der portugiesischen Verschwörer, am1. Oktober 2 Uhr morgens mit 4000 Bewaffneten, mehrerenGeschützen und Mitrailleusen sowie 120 Mauleseln ittPortugal eingefallen.Lissabon, 3. Oktober. Dem Vernehmen nach versuchteeine KolonnevonRoyalistendie Grenze in der Rich»hing auf Chaves(Provinz Traz os Montes) zu über-schreiten, wurde jedoch zurückgedrängt. Ein Zollbeamter wurde getötet. Man machte den Versuch,die Brücke bei Entrocamiento in die Luft zusprengen. Die Bevölkerung von S a n t o T i r s o hat sicherhoben und r o y a l i st i s ch e Fahnen aufgepflanztOefteirdcb.Nationales Faustrecht.Die Gemeinde Wien, deren christlichsoziale Machthaber ihrGlück jetzt durch Deutschnationaltun wiedergewinnen wollen, hatdrei tschechische Privatschulen gewaltsam geschlossen. Der Statt-Halter von Niederösterreich hat die Stadtverwaltung beauftragt, dieSperrung der einen Schule wieder aufzuheben. Der BürgermeisterDr. Neumayer lehnt aber die Ausführung des ent-sprechenden Magistratsbeschlusses ab. In Böhmen, namentlich inPrag, wo zahlreiche deutsche Minderheitsschulen erhalten werden,hat dieses Vorgehen gegen die große tschechische Minderheit in Wiengroße Erregung hervorgerufen.Spanien.Regierungs'schaudtaten.Die Regierung des„demokratischen" MinisterpräsidentenCanalejas hat ein neues Attentat verübt. Sie hat einMilitärstrafverfahren gegen den Gymnosialprofessor JulianBesteiro veranlaßt. Besteiro sitzt im Madrider Unter-suchungsgefängnis und soll vor ein Kriegsgericht gestelltwerden. Angeklagt ist er. einen Vortrag in dem MadriderArbeiterhaus gehalten zu haben, der Aergernis in höherenmilitärischen Kreisen erregt hat. Er hat nämlich dos srfjttiereVerbrechen begangen, die blöde Erziehungsmethode, die inder Offizier-Vorbildungsschule zu Toledo angewendet wird,scharf zu kritisieren! Der Angeklagte ist einer der ange»sehensten Bahnbrecher der spanischen intellektuellen Jugend,der in Deutschland lange Zeit studiert hat.Ein Major leitet das Verfahren gegen Besteiro. EShandelt sich um die Anwendung des sogenannten Gerichts-barkeitsgesetzes vom Jahre 1996, das damals auf dringendesVerlangen der Militärsmacht erlassen wurde. Dieses ver-fassungswidrige Gesetz entzieht dem normalen Richter allesolche strafbaren Handlungen, die direkt oder indirekt durchWort, Schrift oder Zeichnung gegen die Armee oder dasVaterland gerichtet sind. Was für Garantien der Gercchtig-keit aber das spanische Militärverfahren bietet, lehrt zurGenüge der Fall F e r r e r. Von den brutalen Strafen, mitwelchen das Gesetz die Beleidigung der Militärkaste bedroht,erhält man eine Vorstellung, wenn man sich erinnert, daß derbekannte Zeichner Sagrista eine Strafe von neun Mo-naten Zuchthaus zudiktiert erhielt wegen der Hevaus-gäbe einer Postkarte, diesangeblich die Revolution verherrlichen soll.Die spanische liberale und sozialistische Presse vermagüber den Fall nichts zu' berichten, da die konstitutionellenGarantien durch die lebten Unruhen aufgehoben sind, dasheißt der Belagerungszustand besteht. Infolgedessen wirdsich der Prozeß Besteiro auch im Dunkeln abspielen, und dieOeffentlichkeit wird nur das erfahren, was die offiziösePresse darüber mitteilt._Ein Zensurkonfllkt.Madrid» 3. Oktober. Die Polizei hat alle Ausgaben derletzten Nummer der konservativen Zeitung„El Mundo' b«-s ch l a g n a h m t. da da« Blatt den Entschluß bekanntgegeben hatte.seine Attikel nicht mehr vor der Beröffentlichung derZensur zu unterwerfen.Portugal«OffiziSse AbschwächungSversuche.Lissaion, 3. Oktober. Nach einer heute ausgegebenen amtlichenMitteilung stehen die der Regierung zugegangenen Nachrichten nichtim Einklang mit den Gerüchten von einem Einfall derMonarchisten an der Grenze.Im ganzen Lande, namentlich in Lissabon, wird heute derJahrestag der Erklärung der Republik gefeiert.ScKweäen.Ein liberales Miiiisterium.Stockholm, 2. Oktober. Der König hat den Führerder liberalen Partei Staaff mit der Bildungeines neuenKabinetts beauftragt.finnlancl.Ein Attentat.Helsingfors, 3. Oktober. Der Präsident des Hof«gerichts. Waldemar von Hellen, wurde in dem Augen-blick e r s ch o s s e n, als er aus seinem Hause auf die Straßetrat. Der Täter rst an den Folgen der Schußverletzung.die er sich beigebracht hatte, im Hospital g e st o r b e n. DieZettungen von Helsingfors vertreten mit Ausnahme einesBlattes die Ansicht, daß das Verbrechen nicht auf polt»tische Beweggr ü n d e zurückzuführen ist, sondern einemAnfall von Geistesgestörtheit zugeschrieben werden muß. DerMörder war der 24 jährige Kommis einer EisenhandlungBruno Forsstroem. Er hätte sich in Hellens Wohnungversteckt. Der Präsident wurde von dem einen Schuß in denKopf, von äem anderen in die Achselhöhle getroffen»