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Beilage zumVorwärts" Berliner Volksblatt. Nr. 211. Freitag, den 8. Septembeö 1893. 10. Jahrg. MmmrnmQles. Stadtverordneten -Versammlung. Sitzung vom Donnerstag, den 7. September, Nachmittags 5 Uhr. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung, der ersten ordent lichen Sitzung nach den Sommerferien, ist außerordentlich reich- haltig; sie umfaßt nicht iveniger als 56 Nummern für die öffent- liche und 26 für die geheime Verhandlung. Die Stadtvv. Dr. Barth und Ziethen haben ihr Mandat niedergelegt. Eine große Zahl von Mitgliedern hat sich für die heutige Sitzung noch beurlauben lassen. Vorsteher Dr. L a n g e r h a n s weist in längerer Ausführung auf die in der Luisenstadt (City- Hotel und Umgegend) gegen- wärtig abgehaltene Berliner Messe und deren Bedeutung für Berlin hin, um daran den Vorschlag zu knüpfen, daß die Versammlung einer Einladung des betreffenden Komitees ent- sprechend, sich an einem von diesem Komitee zu veranstaltenden Bankett durch Delegirte betheilige. Widerspruch gegen diesen Vorschlag erfolgt nicht. Die Petition des Porzellanwaarenhändlers Schulz um Aufhebung des Kontrakts oder Ermäßigung der Miethe für den von ihm in dem Marklhallengebäude auf dem Marheinickeplatz gemietheten Laden, beantragt der Petitionsausschuß dem Magistrat zur Berücksichtigung zu überweisen. Der Petent hat den Laden bis ultimo März 1895 für jährlich 1666 Mark gemiethet. Die Geschäflsverhältnffse in der Markthalle haben sich aber stetig verschlechtert, und schon im vorigen Herbst suchte Schulz beim Markthallen-Kuratorium um Aushebung des Kontraktes oder Er- Mäßigung des Miethsbetrages nach. Er ist aber wiederholt ab- lehnend beschieden worden. In seinem Gesuche an die Ver- sammlung erklärt der Petent, daß es ihm unmöglich sei, die Miethe weiter zu zahlen. Mit Rücksicht auf den notorisch nur mäßigen Verkehr in der Markthalle XI glaubt der Ausschuß, das Gesuch befürworten zu sollen. Stadtv. H e i l m a n n warnt davor, dem Ausschußantrag beizutreten, da man, falls ein solches Gesuch einmal durchgehe, jeden Boden unter de-. Füßen verliere und einer Fluth gleich- artiger Anliegen sich gegenübersehen werde. Auch komme das Marlthallen-KurLiorium, falls der Antrag angenommen werde, bei der Vermiethung derartiger Räumlichkeiten in die schwierigste Lage. Ohne weitere Debatte lehnt die Versammlung darauf den Ausschußantrag ab. Die von der Berliner Pferde-Eisenbahn-Ge- sellschaft, Kommanditgesellschaft I. Lestmann u. Ko. zu Charloltenburg zu zahlende Abgabe von 4 pCt. der jährlichen Brutto-Einnahme soll für 1892 nach Maßgabe der Bestimmungen des zwischen der Gesellschaft und der Stadtgemeinde 1881 abge- schlossenen Vertrages auf 0,56 pCt.' herabgesetzt werden, da die Dividenden der Jahre 18391391 zusammen nachweislich nur 2-/2 pCt., also durchschnittlich 0,833 pCt. betragen haben. Die Abgabe berechnet sich hiernach auf ca. 4034 M.; da die Gesell- schaft bereits 8896 M. abgeführt hat, soll der Rest von 4312 M. auf die Abgabe pro 1893 verrechnet werden. Der Magistratsantrag wird angenommen. Auf grund des Ortsstatuts von 1877, betr. die Höhe der von den Verpflichteten zu erstattenden bezw. zu tragenden Kosten für Pflasterung und Unterhaltung neuer Straßen wird auch für 1893/94 der Preis des zur ersten Pflasterung verwendeten Materials für Hauptstraßen auf 14, für Nebenstraßen auf 13 M. pro Quadratmeter., der Beitrag zu den Kosten der Unterhaltung neuer Straßen auf 0,20 M. pro Quadratmeter und Jahr, das Ablösungskapital in betreff dcr Unterhaltungspflicht auf 0,30 M. pro, Quadratmeter fest- gesetzt. Zum Etat der Kanalisationswerke und Rieselfelder pro 1893/94 hatte die Versammlung durch Resolution den Magistrat ersucht, ihren Beschluß vom 24. März 1892, betr. die Beseitigung der durch die Abwässer der Gemeinde Weißensee in der Greifswalderstraße herbei- geführten unhaltbaren Zustände, baldigst zur Aus- führung zu bringen. Der Magistrat ersucht nunmehr die Ver- sammlung, die Resolution als erledigt zu erachten, da die Weißen- seer Abwässer, die bis dahin ihren Weg durch die Chausseegräben der Greisswalderstraße nach Berlin nahmen, jetzt in dem an der Weichbildgreuze gelegenen Schleipfuhl gesammelt und von dort durch ein Druckrohr auf sreigelegeue Flächen innerhalb des Weißenseer Weichbildes gepumpt werden. Zur Ausführung der betreffenden Arbeiten ist bekanntlich der Gemeinde Weißen- see von Berlin ein Darlehn von 50 000 M. zu 3-/2 pCt. Zinsen gewährt worden. Wenn die Anlage auch nur provisorisch ist, so haben sich doch nach der Ansicht des Magistrats die Zustände wesentlich gebessert, und überdies soll ein für die Kanalisation von Weißensee bereits aus- gearbeitetes Projekt schon in allernächster Zeit zur Ausführung gelangen, welches aus Jahre hinaus und mindestens bis zur Ein- richtung eluer definitiven Kanalisation eine genügende Ent- Wässerung schafft. Die Versammlung nimmt von der Vorlage einfach Kenntniß. Zur P f l a st e r u n g des südöstlichen Fahrdamms der S e e st r a ß e vom Nordufer bis zur nordöstlichen Grenze der Pumpstation sind fiskalische Flächen von insgesammt 883 gm. verwendet worden. Der Fiskus beansprucht eine Entschädigung von 15 M. pro gm. Der Magistrat beantragt die Bewilligung dcr hiernach erforderlichen 13 245 M. Zum Bau der Landpseiler der Friedrichsbrücke müssen Spreeflächen von zusammen 756 gm verwendet werden. Dieselben sollen vom Fiskus der Stadtgemeinde zum Preise von 80 M. für den gm überlassen werden. Beide Borlagen werden ohne Diskusston genehmigt. Die Petition des Komitees der 1892er Aus st el- lung von Wohnungseinrichtungen und verwandter Gewerbe wegen Niederschlagung der während der Ausstellung entstandenen Gas- und Wasserkosten hatte die Versammlung dem Magistrat wiederholt zur Berücksichtigung überwiesen. Der letztere theilt unterm 26. Juli der Versammlung mit, daß er seinen ablehnenden Beschluß aufrecht halten müsse. Von vorn- herein sei die Bewilligung von freiem Gas und Waffer von der Theilung des Eintrittsgeldes zwischen dem Komitee und der Gewerbedeputation abhängig gemacht worden, und der Magistrat könne sich jetzt um so weniger zur Niederschlagung entschließen. als er zu der Ueberzeugung gelangt sei, daß die Ausstellung nicht in solchem Maße einen Nutzen für das Allgemeine gehabt habe, um eine Beisteuer aus städtischen Mitteln zu rechtfertigen. Außerdem verlaute, daß die finanzielle Lage des Unternehmens nicht derart sei, daß ein Zuschuß erforderlich wäre. Auch diese Vorlage wird ohne Debatte durch Kenntnißnahme erledigt. Die durch frühere Beschlüsse dem Magistrat für Osdorf , Friederikenhof und die nördlichen Rieselgüter gewährte Befugniß zur selbständigen Verpachtung von Thcilstücken ohne Mitwirkung der Versammlung soll nach einem Antrage des Magistrats aus sämmtliche südlichen Rieselgüter ausgedehnt und zur Vermiethung des Schlosses Güt ergötz nebst Park und Wohnungsinventar an den Arzt Dr. Gericke in Berlin vom 1. Juli 1893 bis 31. März 1894 für 3500 M. nachträglich die Genehmigung ertheilt werden. Die Vorlage wird auf Antrag des Stadtv. Schwalbe einem Ausschusse von 10 Mitgliedern überwiesen, welcher auch eine» Antrag Kreitling vorberathen soll, welcher darauf ab- zielt, bei der Verpachtung der qu. Parzellen der Versammlung ein Mitbestimmungsrecht zu sichern. Mir der Festsetzung von Baufluchtlinien für die Roch- st r a ß e zwischen der Neuen Friedrichstraße und der Stadtbahn erklärt sich die Versammlung einverstanden. Der am 6. Juli 1893 Hierselbst verstorbene Rentier August K u b e hat testamentarisch die Stadt Berlin zu seiner alleinigen Erbin eingesetzt, mit der Maßgabe, daß seine Hinterlassenschaft abzüglich einiger Legate zur Errichtung und Unterhaltung einer Altersversorgungs- Anstalt für christliche Lehrer, Lehrerinnen und Lehrerwittwen Ver- wendung finden soll. Die zu errichtende Stiftung soll den Namen Dr. Friedrich-Wilhelm-Kube-Stiftung führen. Die Aufgenommenen sollen im Hause der Stiftung, dessen Bau beschlossen ist, Wohnung, Heizung und Beleuchtung, Kost, Kleidung und Wäsche, und auch Aufwartung erhalten; gänzlich mittellosen Personen soll außerdem ein kleines monatliches Taschengeld ver- abreicht werden. Vorbedingung für die Aufnahme in das Stiftshaus ist, daß die Aufzunehmenden oder deren verstorbene Ehemänner mindestens zehn Jahre in Ber- lin an einer öffentlichen oder Privatanstalt Unterricht ertheilt haben. Bei gleicher Würdigkeit und Bedürftigkeit sollen evangelische Christen den Vorzug vor katholischen haben. Die von der Erbmasse in Abzug kommenden Legate belaufen sich einschließlich eines Legats von 30 000 M., das der freien, un- eingeschränkten Verfügung des Magistrats vorbehalten ist, auf 77 000 M., an lebenslänglichen Renten sind jährlich 8000 M. zu zahlen. Den wesentlichsten Theil der Hinterlassenschaft bilden die Grundstücke Alexandrinenstr. 105/106 und die zusammenhängenden Grundstücke Müllerstr. 14, 15, 16 und Gerichtstr. 4352. Nach einer im Testamente enthaltenen Bestimmung soll das Grundstück in der Alexandrinenstraße nicht früher veräußert werden, als bis sich ein Käufer gefunden hat, der das Grundstück zu gewerblichen oder Fabrikzwecken ausnutzen will. Eine genaue Uebersicht über den Werth der Nachlassenschaft überhaupt wird erst nach Fertig- stellung des Nachlaßinventars bezw. nach erfolgter sachverständiger Schätzung des Jmmobilienwerthes zu gewinnen sein; der Magistrat giebt der Versammlung indeß schon jetzt von dem Erb- ansalle vorläufige Kenntniß. Zur Anlegung des Reichstags-Ufers aus der Strecke von der Stadtbahn bis zur Weidendammer Brücke bedarf es noch des Erwerbs einer zirka 1409 Quadratmeter großen Fläche von dem militärfiskalischen Grundstück des medizinisch-chirurgi- schen Friedrich-Wilhelm-Jnstituts. Die ganze Fläche ist mit Aus- nähme eines 10 Quadratmeter großen bebauten Stückes bereits zur Straße freigelegt worden. Trotz längerer Verhandlungen ist eine Verständigung über die Höhe der für die Uebertragung des Eigenthums zu gewährenden Entschädigung nicht erzielt worden, da außer einer Pauschalsumme von 600 000 M. seitens des Fiskus für militärfiskalische Bauten auf dem Restgrundstück der Erlaß des auf die Front am Reichstags-Ufer entfallenden und aus etwa 260 000 M. zu veranschlagenden ortsstatutarischen Bei- träges zu den Anlagekosten des ReichstagS -Ufers gefordert ist. Der Magistrat hat daher beschlossen, die Feststellung der Ent- schädigung im Wege des Enteignungsverfahrens zu veranlassen und sucht hierzu die Genehmigung der Versamm- lung nach. Eine biologische und Fischerei-Versuchs- st a t i o n einzurichten beabsichtigt der Vorstand und Ausschuß des D e u t s ch e n F i s ch e r e i v e r e i n s am M ü g g e l s e e, dicht neben und oberhalb von den städtischen Wasserwerken, ähnlich der am Plöncr-See in Holstein bestehenden. Der Zweck der Anstalt geht dahin, durch fortgesetzte Beobachtungen das Vorkommen, die Verbreitung und die Entwickelung der im Wasser existirenden Lebewesen bis zu den kleinsten hinunter zu erforschen und die wissenschaftlichen Ergebnisse möglichst praktisch für die Fischerei, für die Benutzung des Waffers zum Trinken und für die verslpiedenen gewerblichen Beziehung en zu veriverthen. Auch sollen die gesammelten Erfahrungen mit ähnlichen Unter- nehmungen ausgetauscht und wissenschaftlichen Instituten, ins- besondere auch den Berliner Schulen dem Wasser zu entnehmende Gegenstände aus dem Pflanzen- und Thierreich für den An- schauungsunterricht gewährt werden. Der Magistrat erklärt sich in der bez. Vorlageschon an sich gern geneigt", ein so gemeinnütziges und wissenschaftliches Unternehmen zu fördern; hierzu bestimmt ihn aber noch ganz besonders der Umstand,daß als Unternehmer der deutsche Fischereiverein auf- tritt, eine Vereinigung, deren Nützlichkeit im ganzen Vaterland, ja weit über dessen Grenzen hinaus anerkannt ist und welche sich von jeher bemüht hat, auf dem Gebiete der Fischversorgung der Berliner Bevölkerung, jederzeit aber auch den städtischen Be- Hörden, besonders hinsichtlich der Fischerei aus den Rieselgütern, sich gefällig und förderlich zu erweisen". Nach dem Magistrats- antrage soll dem deutschen Fischereiverein für die am Müggelsee zu begründende biologische und Fischerei- Versuchsstation, sofern dcr Verein Unternehmer derselben und die Station am Müggelsee oder sonst in der Nachbarschaft Berlins verbleibt, aus dem Fonds für unvorhergesehene Ausgaben eine einmalige Beihilfe von 1000 M., vom 1. April 1894 ab ein widerruflicher jährlicher Beitrag von 500 M., sowie widerruflich jährlich 10 Kubikmeter siltrirtes Leitungswasser pro Tag unentgeltlich aus den städtischen Wasserwerken gewährt werden. Stadtv. Hermes bittet die Versammlung, auch schon für das lausende Jahr eine laufende Unterstützung von 500 M. zu bewilligen, damit die Arbeiten in diesem neuen so bedeutsamen wissenschaftlichen Institut möglichst bald beginnen können. Auch das Kultusministerium habe sich durch die Rücksicht aus diesen Umstand bestimmen lassen, eine höhere Unterstützung zu ge­währen. Der Magistratsvorschlag wird mit dem Antrage Hermes an- genommen. Der Steuererheber Hermann Kluth hat in den Jahren 1391/92 von der Schwartzkopfs'scheu Maschinenbau- Aktien-Gcsellschaft wiederHoll unter Benutzung von ihm gc- fälschter Urkunden größere Steuerbeträge eingezogen, widerrecht- lich zurückbehalten und in seinem Nutzen verwendet. Die Unterschlagungen haben die Summe von 3727,45 M. erreicht. Wegen dieser Strasthaten ist Kluth am 19. Juni 1893 zu zwei Jahren Zuchthaus verurtheilt worden und ist damit seiner Stelle cndgiltig verlustig gegangen. Der unterschlagene Betrag hat aus der Versilberung der Kaution und aus den suspen- dirten Gehalts- und Remunerationszahlungen nicht voll gedeckt werden können; es verbleibt ein Defizit von 1773,70 M., welches nach dem Vorschlage des Magistrats aus dem Dispositionsfonds von 500 600 Mark zu unvorhergesehenen Ausgaben beglichen werden soll. Ohne Debatte tritt die Versammlung dem Magistrats- antrage bei. Der Magistrat legt die Skizze zum Neubau einer Ge- meinde-Doppelschule auf dem städtischen Grundstück an der G o tz k o w s k y st r a ß e zur Genehmigung vor. Der Kosten- Überschlag schließt mit 512 000 M. ab. Die Skizze wird anstandslos genehmigt. Zur Linderung des durch die Brunnenkatastrophe in Schneide mühl hervorgerufenen Nothstandes hat sich da- selbst ein Hilfskomitee gebildet, welches auch von der Stadt Berlin einen Beitrag zur Milderung des Elends erbittet. Der Magistrat schlägt vor, eine Beisteuer von 10 000 M. zu zahlen, aber an diese Leistung die Bedingung zu knüpfen, daß davon nur solcher Schaden vergütigt wird, zu dessen Deckung ein recht- lich Verpflichteter nicht vorhanden ist. Der in Schneidemühl entstandene Schaden wird auf über eine Million Mark ver- anschlagt. Die Versammlung genehmigt den Magistratsantrag ohne Diskussion. Die Bediensteten der städtischen Fluß-Bade- a n st a l t e n sind in diesem Jahre am 31. August entlassen worden, da der Betrieb infolge der auch heuer wieder ein- getretenen Cholera-Erkrankungeu bereits am 26. August ein- gestellt werden mußte. Den dringenden Bitten der Betroffenen um Schadloshaltung für den ohne ihre Schuld erlittenen Lohn- aussall entsprechend befürwortet der Magistrat bei der Versamm- lung, ihnen noch den Lohn bis Ende September mit im Ganzen 3840 M. zu gewähren. Die Versammlung tritt dem Vor- schlage bei. In einer weiteren Vorlage ersucht der Magistrat die Ver- sammlung, sich damit einverstanden zu erklären, daß längs des Neuen Marktes und der Kaiser-Wilhelmsiraße als Abschluß des vor der Marienkirche belegenen Landes gegen die genannten Straßen ein Hallengang erbaut werde; dem vom Magistrate vorgelegten Entwurf entsprechend sollen für die Straße an der Ostseite des Marienkirchhofes, für die Kaiser-Wilhelmstraße und die Ostseite des Neuen Marktes anderweite Fluchtlinien zur Fest- setzung kommen. Von mehreren Seiten wird Ausschußberaihung beantragt. Stadtv. V o g t h e r r: Die Errichtung dieser Säulenhalle dürfte bei der Bevölkerung sowohl aus Verkehrsrücksichten, als aus finanziellen Gründen auf großen Widerstand stoßen. Nachdem die Versammlung sich neuerdings leider noch in all zu seltenen Fällen dafür erklärt hat, große Plätze in der Stadt ungeschmälert zu erhalten, dürste es nicht angemessen erscheinen, hier von diesem gesunden Grundsatze abzuweichen. Der Neue Markt wird schon durch das Luther-Denkmal besetzt, wir sollten also nicht dazu die Hand bieten, den Platz durch solche Gelegenheitsbauten noch mehr zu verengen.Z Die Folge des Ankaufs der Häuser am Neuen Markte war nach der Meinung der Bevölkerung nicht die, daß an die Stelle der Häuser am Neuen Markte neue gesetzt werden sollten, sondern man erwartete, daß die Häuser niedergerissen und ein freier Platz geschaffen würde. Die Verkehrsrücksichten ge- bieten ebenso die Freilassung des Neuen Marktes. Die direkte Verkehrsader zwischen dem Rathhaus und der Nord- seite des Neuen Marktes und weiter durch die später noch zu erweiternde Rosenstraße ist für das Zentrum Berlins von größter Wichtigkeit. Aber selbst für den bloßen Fußgänger- verkehr ist offenbar eine Säulenhalle unvorthcilhafter als gärt- nerischer Schmuck und Fußgängerwege. Eine Säulenhalle blos für die Unterkunft von Passanten und Kirchenbesuchern zu schaffen, dazu wäre der Kostenpunkt von über 200 000 M. doch wahrlich viel zu groß. Der Hauptwiderstand gegen die Vorlage ergiebt sich indeß aus den finanziellen Rücksichten. Forderungen dringlichster Art auf dem Gebiete der Schulverwaltung oder der Milderung von Nothständen, Forderungen, welche nicht den vierten Theil des hier geforderten Betrages zu ihrer Befriedigung brauchten, sind von der Versammlung und vom Magistrat wegen der mißlichen Finanzlage abgelehnt worden. Und angesichts solcher Thatsachen sollten wir die hier uns zugemuthete Summe bewilligen? Daß die Spezial-Verhandlungen mit den in Betracht kommenden Hauseigenthümern erst gepflogen werden sollen, wenn durch Gemeinde-Beschluß eine Grund- läge für die Erbauung des Hallenganges- gewonnen worden ist. scheint mir auch unangemessen. Bei der Berathung der Vorlage über die Verwüstung des Schloßplatzes haben wir uns doch auch auf den Standpunkt gestellt, daß gerade um- gekehrt verfahren werden sollte. Wir werden für Ausschuß- berathung stimmen und hoffen, daß die Vorlage im Ausschüsse die verdiente Würdigung durch pure Ablehnung erfahren wird. Stadtv. Wohlgemuth hat nach diesen erschöpfenden sachgemäßen Ausführungen nur noch wenig hinzuzufügen. Zur Verschönerung des alten Baues der Marienkirche werde oer Hallenbau gewiß nicht beitragen, außerdem aber werde durch diese Arkaden der Platz mit dem Lutherdenkmal zu einem Platze zweiter Güte degradirt. Wenn es sich um 200 000 oder 250 000 M. handle, hätte man wohl auch die Hochbau-Deputation mit der Ausarbeitung eines Projektes beauftragen sollen, hier sei auf- fälligerweise nur die Tiefbau-Deputation herangezogen worden. Stadtv. N a m s l a u: Es handelt sich ja gar nicht um einen einzigen einheitlichen Platz, der nur vergrößert werden soll, sondern um den bestehenden Platz des Neuen Marktes und um einen engen, winkligen Platz an der Marienkirche selbst.(Wider- spruch.) Diese beiden Plätze wollen durchaus jeder für sich be- trachtet werden. Der zweite Platz, der erst durch unsere Be- schlüsse geschaffen worden ist, muß gegen den Neuen Markt ver- deckt werden, und da ist man nach manchen anderen Projekten jetzt wieder aus den Hallengang zurückgekommen. Der Einwand ber finanziellen Rücksichten trifft nicht zu. Eine Kommune wie Berlin muß auch aus ästhetischen Rücksichten etwas thun (Zwischenrufe), und der Schlupfwinkel an der Neuen Kirche muß beseitigt werden. Das kann durch Parkanlagen nicht ge- schehen. Stadtv. Vogtherr: Ich verkenne die Natur des Platzes durchaus nicht. Gewiß handelt es sich hier um den Neuen Markt und um die daneben freigelegte Fläche. Wenn man aber zwei neben einander gelegene kleine Plätze zusammenlegt, dann wird eben ein großer daraus.(Heiterkeit und Sehr richtig!) Die Beseitigung des Schlupfwinkels an der Marienkirche kann auch anders als durch solchen Säulengang erfolgen. Ich bin ja auch der Meinung, daß nian die Marienkirche und was dahinter liegt, hoch verdecken möge, aber das kann auch sehr wohl durch umfassende Parkanlagen bewirkt werden. Gewiß können wir die Mittel, die hier verlangt werden, auf anderen Seiten absparen, aber in einer Zeit, wie die heutige ist. wird eine weise Stadt- Verwaltung in erster Linie bestrebt sein, die nothwen- d i g e n und danach erst alle übrigen Ausgaben zu bewilligen. (Beifall.) Die Vorlage geht an einen Ausschuß von 15 Mitgliedern. Mit der Verbreiterung der R o s e n t h a l e r- und W e i n m e i st e r st r a ß e soll im April 1894 vorgegangen wer- den. Dem Abbruch des von der Stadt zu diesem Zwecke bereits angekauften Hauses Rosenthalerstr. 54 Weinmeisterstr. 19 Gormannstr. 31 stehen jedoch noch einige Miethsrechte entgegen. Zur Ablösung derselben sollen an drei Interessenten zusammen 4o00 M. Entschädigung gezahlt werden, während behufs Be- seitigung des Miethsrechts des Schankwirths Otto Andre zum 1. April 1894 das Enteignungsverfahrcn eingeleitet werden soll. Zur völligen Durchführung der neuen Baufluchllinien an dieser Straßenkreuzung ist aber auch noch ein Theil des Grund- stücks Rosenthalerstr. 55 Gormannstr. 30 erforderlich. Der