ziplinlosigleit in der Zentrumspartei herrschen sollt Akgeordneter Müller- Fulda, einer der hervorragendsten Zentrumsführer, der gerade in Wahlangelegenheiten viel hervortritt, regt bei dem Abg. Singer zunächst an, daß er selbst in seinem Wahlkreise von den Sozialdemokraten unterstützt werde, und weist später auf die Not« wendigkeit eines Zusammengehens der beiden Parteien hin, weil die politische Lage, der konservativ- liberale Block eine Gefährdung der Verfassungsrechte befürchten lasse. Bebel ant- wortet darauf, dost die sozialdemokratische Partei bereits ihre Stich- Wahlbedingungen veröffentlicht habe, geht aber doch— und das gereicht der Sozialdemokratie zur größten Unehre— auf das Schreiben des Abg. Müller-Fulda ein. Und nun beschließt der StichwahlauSschuß deS Zentrums, das Stichwahlabkommen abzulehnen. Müller-Fulda teilt dies dem Abg. Bebel mit; aber selbst nachdem der StichwahlauSschuß deS Zentrums in schlauer Taktik dos Abkommen formell abgelehnt hat, bleibt Müller-Fulda doch in Verbindung mit der Sozialdemokratie und schickt daS oben wiedergegebene Telegramm. Ja, eS erweist sich hinterher, daß bei den Stichwahlen in einem Dutzend Wahl- kreisen das Zentrum die Sozialdemokratie wirklich unterstützt hat. Alle« Privatangelegenheiten des Abg. Müller? Auch die prinzipielle Ablehnung des BündnifleS, weil die Sozial- demokratie eine Partei des Umsturzes sei, mit der ein so nationales Gebilde wie das Zentrum nicht paktieren dürfe, ist ack absurdum geführt worden durch die Begründung des Abg. Müller-Fulda. die Zeit sei zu knapp und es seieil bereits anderweitig in verschiedenen Wahlkreisen Abkommen getroffen worden; aber die Stichwahl- bediugungen des Zentrums seien denen der Sozialdemokratie an- gepaßt worden. Auch Privatarbeit des Abg. Müller? Wir verstehen eS, daß das Zentrum, das gegenwärtig sich als Beschützer von Thron und Vaterland in die erste Reihe stellt, dieses Zentrum, belastet mit dem sozialdemokratischen Wahlbündnis in Bayern , belastet mit der Unterstützung von Sozialdemokraten bei den ReichStagSwahlen von 1907, alles daran setzt und setzen muß, den üblen Eindruck zu verwischen. Wir verstehen eS, wenn Abg. Müller-Fulda sich als Opfer schlachten läßt. Je mehr aber die Zcntrumspresse in dieser plumpen Weise schwindelt, um so stärker wird das ohnehin gesunkene moralische Prestige dieser Partei, der Grundsatzlosigkeit erschüttert.' Die Marokkoverhandlunge». Wie auS Paris berichtet wird, hat Herr C a m b o n seit Dienstag- morgen die Instruktionen seiner Regierung über de» Umfang der Kompensationen in Händen, die Frankreich dcni Deutschen Reiche gewähren will. Im gestrigen Rate der Minister Caillaux , de SelveS und Lcbriin wurde das Ergebnis der ersten Besprechung erörtert, die in Berlin zwischen Herrn Cambon und Herrn v. Kiderlen- Waechter über diese Frage stattgefunden hatte. Wie dem.Echo de PariS ' aus guter Quelle versichert wird, ist der A b st a n d zwischen Deutschlands Forderung und Frankreichs Angebot beträchtlich. Deutschland verlangt daS mittlere Kongogebiet, wodurch Frauzösisch-Kongo in zwei Teile geteilt würde. Herrn Cambon werden neue Instruktionen gesandt werden, über die striktes Stillschweigen bewahrt wird, wie überhaupt der Gaug der Verhand- lungen geheim gehalten wird, bis ein Resultat erzielt ist. Nächsten Dienstag treten die Minister zu einem neuen Ministerrate zusammen._ Das Ende der Notstandsdebatte. München , den 13. Oktober 1911. EndloS zieht fich die Debatte über die N o t st a n d S i n t e r- pellationen hin und verliert mehr und mehr an Wirkung. Selbst unseren Genoffen Schmitt-München und Simon- Nürnberg will e» trotz lebhaften Vortrages und vortrefflichen Materials nur schwer gelingen, die Aufmerksamkeit des HauseS dauernd zu erhalten. Bei den vielen anderen Rednern aus allen Fraktionen hört zumeist ein kleines Häuflein intimer Parteifreunde zu. Recht begreiflich ist e«, daß das Zentrum da» dringende Be- dürfniS fühlte, nach der Rede des Dr. Heim dem Dr. Pichler einen Helfer zu senden in der Person eine« der schlimmsten Zöllner, deS Abg. Speck . Aber auch er konnte die eingeworfenen Fensterscheiben nicht wieder flicken. Den Freisinnigen ruft er zu:.Ohne Agrar- zölle keine Jndustriezölle. Hand wird nur von Hand gewaschen; wenn dunehmenwillst. sogib!' Den Sozialdemokraten gegenüber behauptet er, daß die Löhne koloffal, ja unerträglich gestiegen sind. Zwei Parteifreunde des Herrn Speck machen fich nun daS Ver» Lnügen. die Sozialdemokraten als.Baueriifeinde' und.Bauern- mörder' durch die bekannten im Sinne gefälschten Zitate zu ver- Nichten. Die Bemerkung der.Münchener Post' in der Donnerstag- nummer. daß die Sozialdemokratie noch nie die kleinen Bauern und Handwerker enteignen wollte, bildete für den einen der Herren den Ausgangspunkt seiner unwahrhaftigen Zitierkunst. Auch ein Spaßmacher in dieser ernsten Sache trat noch in der Person des Abgeordneten Eisenberger auf, dem eS durch seine mehr oder minder gelungenen Witze gelang, ein sehr dankbares Publikum um sich zu sammeln. Durch mancherlei Angriffe auf unsere Partei veranlaßt, nahm schließlich noch Genoffe Auer da» Wort zur energischen Abwehr. Der Herr Minister des Innern v. Brrttreich hat. auch auS den Debatten nichts gelernt, und so bleibt alles beim alten und das Volt hungert weiter. Keine ganz vereinzelte Ansnahme! Auch die.Tägliche Rundschau' widmet den E»t- hüllungen, die der Mettemich-Prozeß über daS Schürzenstipendium eines adelig«» Trägers des vornehmsten Rockes gebracht hat, recht lormoyante Betrachmngen. Durch den sträflichen Leichtsinn des jungen Mannes stj da» OffizierkorpS in seiner Gesamtheit beschimpft worden. Gewiß sei das OffizierkorpS in seiner Hauptmasse gesund— ober dam, kommt doch das intereffante Geständnis: .So weit gehe ich nicht, zu behaupten, derartiges könne sich bei uns nur in ganz vereinzelten Ausnahmefällen ' ereigne». Nicht jeder der über LebenSkühruiig und Geld« Wirtschaft laxe« u s f g f's»„ g»„ hegt, wird derart öksent- lick an den Pranger gestellt, wie dieser junge Offizier. Mancher rettet sich„„arstraft hindurch in geregeltere Verbalmiffe oder— geht geränschloS unter. Diese Fälle sind so selten leider nicht, daS wissen wir alle.' Darum wird dann unnachsichtige Strenge gegen Offiziere ge- fordert, die derart Heer und Marine zur llnehre gereichten. Man müffe das Uebel an der Wurzel packen. Am System der Jugend- «rziehung sei die besiernde Hand anzulegen. Dergleichen hat man ja schon öfter gehört— auch werden wir solche Klagen und Mahnungen nicht zum letzten Male gehört haben. Ob aber daS Jammern und Klogen über den das OffizierkorpS zersetzenden.Materialismus' und.MammoniSmuS' etwas fruchte» werden? Wie sollten die Söhne nicht»ach Geld und Gut und Gcnüffen jagen, deren Eltern der Liebesgaben und Zollwucher- Prämien genug ergattern können I Dem, daß im Wesen deS M i l i- tarismnS selbst ein so ideale» Moment läge, da» gegen die Materialistischen Verlockungen der entfesielten lapitalistischen Profit- und Genußgier immunisieren könnte, wird ein normaler Mensch hoch kaum zu behaupten wagen» Die Pläne des�lottenvereins charakterisiert im«Berliner Tageblatt" der ehemalige Oberst G ä d k e folgendermaßen: „lind schon werden unS immer neue.Beschleunigungen' in Aussicht gestellt; denn auch nach Ersatz aller jener Schiffe er- reicht Misere Flotte im Jahre 1917 nur etwa 80 Prozent vom vollen Kampfeswert; eS ist also klar, daß mau zu jene»» Zeit- Punkt die übrigen 20 Prozent amnclden wird. Habe ich recht mit der Schraube ohne Ende? Im Jahre 1920 sind doch selbst- verständlich unsere ersten DreadnoughtS mit ihren 28-Zeilti- metcr-Geschützen(die dann natürlich zur Mittelartillerie er- klärt werde») und der uligeschickten Aufftellimg ihrer sechs Panzertürme— ist selbstverständlich der 16 300 Tonuen-Panzer- kreuzer.Blücher' völlig veraltet und nur noch ein schwiinmender Sarg. Der letztere ist ja wahrscheinlich in der Tat eine etwas verfehlte Konstruktion, die durch falsche Nachrichten über das englische Bauprogramm hervorgerufen wurde— aber immer ein brau-pbarer Panzerkreuzer. Kurz, letzten Eudes läuft die Sache darauf hinaus, daß wir alle vier Jahre 1t oder 16 Schlachtschiffe auf Stapel legen sollen und sonnt bei ihrer Dienstzeit von zwanzig Jahren eine Flotte von 70 bis 76 anstatt der gesetzlich vorgeiehenen 68 KampseSeinheiten haben werden. Das ergibt— ohne die kleinen Kreuzer, die Torpedo-, die Unterseeboote, die Spezialschiffe zu rechnen— alljährlich eine Summe von etwa 170 Millionen Mark allein für Linienschiffe und Linienschiffskreuzer." Originell ist es übrigens, daß der gegen die Pläne des Flottenvereins eifernde Herr Gädke selbst auf eine„Lücke" unserer Flottenrüstungen hinweist: tiämlich die geringe Zahl der U n t e r s c e b o o t e. Man höre über die Zahl der kriegs- bereiten Unterseebote seltsame Dinge. Keine Frage aber sei, daß eine starke Macht von Torpedobooten und Unterseebooten die Blockierung der deutschen Küste durch eine englische lotte aufs äußerste erschweren, daß sie zugleich den englischen andel in der Nordsee völlig lahmlegen könne. Hier möge man das Reichsmarineamt zu größerer Beschleuni- gung treiben. Natürlich empfiehlt Herr Gädke die Vermehrung der Unterseebote, weil er sie für billiger als die von, Flotten- verein propagierte Schlachtschiffvermehrung hält. Regierung und Mehrheitsparteien werden nun zwar schniunzelnd die frei- sinnige Forderung der Vermehrung der Untersecbote akzeptieren, ohne aber auf die Verstärkung der Schlachtschiffe zu verzichten! Ueber das System Althoff machte auf dem Hochschullehrertag Profeffor Max Weber -Heidelberg allerhand intereffante Ausführungen, von denen wenigstens folgende Stichproben wiedergegeben seien: .Er hat die preußischen Universitäten in technischer Beziehung auf ein außerordentlich hohe? Niveau gehoben, und ich kann in persönlicher Hinsicht dem Manne gar nicht» nachsagen, als daß es einen NcpotiSniuS unter ihm nicht gab. Nur muß hinzugefügt werden, daß � er bei allen Maßnahmen von der Hypothese ausging, daß jeder Mann, mit dem er zu tun hatte, ein Schuft oder ein ganz ordinärer Streber sei. Denken Sie sich nun die Situation eines mittellosen Dozenten, der zum ersten- mal in die Lage kommt, mit Althoff zu verhandeln. Da liegt eS in der Tat sehr nahe, daß der betreffende junge Mann, wenn er andauernd dieser Einwirkung ausgesetzt ist, wirklich auf die Bahn gedrängt wird, auf der Althoff ihn ver« mutete.... Der Einfluß des Althoffschcn Systems hat direkt korrumpierend gewirkt. Man hat gesagt, daß das preußische Abgeordnetenhaus weiter nichts sei als die Patronage für die Söhne der führenden Politiker. Nun, die Regierung muß mit den politischen Parteien rechnen, und sie sucht sich daS Entgegeiikommen zu verschaffen nicht durch politische Zugeständniffe, sondern durch Vor- teile auf persönlichem Gebiet. Am meisten haben darunter die II n i v e r s i t ä t e„ gelitten. Ich bemerke, daß ich dem Geheimrat Althoff persönlich außerordentlich dankbar bin. Die Freude über das persönliche Schicksal wurde mir aber vergällt durch die sichere Beobachtung, daß meine auffällige Pro- tektion im Zusammenhang stand mit dem national» liberalen Abgeord neteilmandat meines Vaters.... Ich bedauere, daß Kollege» einen Revers unterschrieben haben. 'Dieses Reverssystem stammt vom preußischen Ministerium. Auch mir hat man seinerzeit zugemutet, einen Revers zu unterschreiben, in dein mir ein geheimer Lehrauftrag angesonnen wurde. AlS ich fragte warum, da sagte mau mir, der Lehraustrag müffe geheim bleiben, weil sonst die Professoren Brunner und Giercke gegen meine Ernennung stimmen würden. Es wurde mir also direkt eine Unanständigkeit angesonnen. Nun denken Sie sich einmal, daß ein junger Dozeilt von einem hohen preußischen Ministerialbeamten besucht wird, und daß diesem jungen Dozenten die gleiche Unanständigkeit zugemutet wird— wird man auf den jungen Mann Steine werfen können, weil er objektiv etwa« Unanständiges dann begeht? Ich meine, eS könnte jeder froh sein, der mit weißer Weste auS diesem Fuchsbau herauskommt, wie ihn die Unterrichts- Verwaltung unter Slthoff darstellte.' Die preußischen Herren Profefforen erhoben entrüsteten Einspruch gegen diese Kennzeichnung deS preußischen WiffenschaftS- betriebeS und der geradezu verächtlichen Rolle, die daS Kultus- mininisterium Hochschullehrern zuzumuten wagen darf. Da» Be« merkenswerte dabei aber war, daß diese preußischen Opponenten die von Weber behaupteten Tatsachen nicht zu bestreiten wagten! AlS Max Weber später die Versicherung abgab, daß er über die preußische Unterrichtsverwaltung nicht» gesagt habe, waS er nicht beweisen könne, daß er alles mit Briefen zu be- legen in der Lage sei, erklärten die Herren, daß«» ihnen durch- auS fern liege, die Wahrheitsliebe des Heidelberger Profeffor» an« zuzwelfeln. Dieser konnte denn auch mit der beißenden Bemerkung schließen,»daß die Menfchenverachtung AlthoffS nicht alleinseineSchuld gewesen sei.' Polnisches. In den.Nowiny RaciborSki' erläßt das polnische Wahlkomitee von Ratibor folgenden Uka«: „In den Wahlversammlungen ist jedem Teilnehmer gestattet zu reden, wenn er mindestens einen Tag vorher dem Komitee, zu Händen de» Herrn Vorsitzenden(Dr. Rostek, Ralibor), schriftlich den Inhalt der beabsichtigten Rede mitteilt und daS Komitee ihin dann das Reden erlaubt.' Jedem Teilnehmer ist cS also gestattet zn reden, wenn er um Erlaubnis gefragt und ihm das Komitee daS Rede» erkaubt hat. Nicht übel!— Die revolutionäre Bewegung in China . Hnnknu, 14. Oktober. Die hiesigen fremden Kon- s u l n hoben das diplomatische Korps in Peking ersucht, bei der chinesischen Regierung wegen des angedrohten B o m- bardements von Wn' tschang durch die chinesischen Kreuzer Vorstellungen zu machen und darum zu er- suchen, daß der das Geschwader kommandierende Admiral Sachengping angewiesen werde, die Operationen so zu leiten, dcß.Hankau und die fremden Niederlassungen durch die Be» schießung nicht gefährdet würden. Als Alternative wird vor- geschlagen, es solle eine hinlänglich frühzeitige Ankündigung des Bombardements erfolgen uitd die Regierung die Ver- Pflichtung KeA Schadenersatzes für jede N.C' schädigung fremden Eigentums übernehmen. Dem Ver- nehmen nach hat das diplomatische Korps in Peking heute nachmittag eine Besprechung über die Angelegenheit. Kleine Abteilungen loyaler Truppen kommen an und werden ausgeschifft, ohne angegriffen zu werden, Die Streitkräfte der Revolution. Hankan, 14. Oktober. Die aufständischen T r u' p- Pen fahren fort, Jagd aufMandschus zu machen, von denen 800 getötet worden sein sollen. Der revolutionäre General L iy u a n h u n g gibt die Zahl seiner Tru- Pen auf 25 660 größtenteils ausgebildete Sol« d a t e n an und erklärt, er habe Geldmitel in Hülle u n d F ü l l e. Agenten seien nach H u n a n gesandt worden, um Reis für die Armee der Aufständischen zu kaufen, die der kaiserlichen Armee entgegenziehe. Der revolutionäre Vize- könig Tanghualing erklärte dem Korrespondenten des Reuterschen Bureaus, das Ziel der Revolution sei, China in eine Republik umzuwandeln. Wenn die gegenwärtigen Steuern rechtschaffen verwaltet würden, wären sie ausreichend, um das Land in den Stand zu setzen, die Last seiner Verpflichtungen zu tragen und die Ausgaben für die öffentlichen Arbeiten zu bestreiten. Man könne die Eisenbahnen vielleicht ohne die Unterstützung durch fremde Anleihen bauen, doch könne man auch Geld durch Anleihen beschaffen, wenn es notwendig sein sollte. Auf alle Fälle sei man entschlossen, mit den Ausländern in Freundschaft zu leben. Rückberusung Nuanschikai. Peking , 13. Oktober. Uuanschikai ist durch kaiserliches Edikt zurückberufen und zum V i z e k ö n i g von H u k u a n g, das die Provinzen Hupeh und Hunan umfaßt, er- nannt worden. Er soll sich unverzüglich nach Wutschang be- geben, um dort die Staatsautorität wiederherzu- stellen. Admiral Sachengping und General Uinchang sind ihm zu diesem Zwecke unterstellt worden. Revolutionäre Stimmung in der Armee. Frankfurt a. M., 14. Oktober. Der„Frankfurter Zeitung " wird zu der Aufstandsbcwegung in China gemeldet, �aß die Truppen von Tetschili unter dem Kommando des Generals Winpinfu nach dem Aufstandsgrbiet abgerückt sind, wo sie in vier Tagen eintreffen dürften. Die Revolutionäre haben die beiden großen Prä- fekturcn von Tschetschuan, und zwar Surichensu und Kiatsing eingenommen. Sie gelangten dadurch in den ßksitz von großen Mengen Proviant und sind in der Lage soviel Munition herzustellen, wie sie brauchen. ES haben sich bis jetzt 21 000 Soldaten dem Auf st and angeschlossen. Der Rest der Truppen von Tschetschuan erscheint ebenfalls nicht mehr s i ch e r und man glaubt, daß sie sich bald den Revolutionären anschließen werden. Die Revolutionäre haben einen Teil der Brücken der Peking - Hankaulinie zerstört. Dadurch ist der U ebergang der von Peking heranrückenden Truppen über die Flüsse, die sehr breit sind, unmöglich ge- macht. Dazu kommt noch, daß die von Peking kommenden Truppen ihren Proviant mitführen müssen, während die Revolutionäre alles an Ort und Stelle finden. Auch sind keine Nachen vorhanden, um die Truppen über die Flüsse zu setzen. ES sind die w i l d e st e n Gerüchte im Umlauf. So heißt eS, die Truppen von Tschetschuan, die der Vizekönig fortgeschickt hatte, weil er sie nicht für sicher hielt, seien auf dem Rückmarsch begriffen, um sich den Revolutionären anzuschließen. Uebrigenß haben sich die Truppen von Tschetschuan, die als die zuverlässigsten zurückbehalten wurden, ebenfalls zu den Revolutionären geschlagen. Ueber Peking ist der Kriegszustand verhängt worden. Die Bestürzung in RcgierungSkreisen ist eine ganz allgemeine und man gibt offenzu, daß dies« revolutionär« Bewe- gung die s ch w i e r i g st e ist, die China seit Jahrhunderten zu erdulden hatte. Man sieht immer mehr, daß die Bewegung sich gegen die Mandschudhnastie richtet. Auch wird erwartet. daß in C an ton, wo die Revolution schnell an Boden gewinnt, heller Aufruhr entstehen könnte. Viele Familien sind bereits nach Hongkong geflüchtet. Ebenso werden Meutereien in Rang- k i n g befürchtet, wo namentlich die 9. Militärdivision wiederholt Zeichen gegeben hat. daß sie sich der Disziplin nicht fügen will Entsendung deutscher Schiffe. S. M. S. Kreuzer„Leipzig", zurzeit in Schanghai , hat Befehl erhalten, nach Hankau zu gehen. Da» Kanonenboot„Iltis" geht nach Nangking und der Kreuzer„Nürnberg " von Tsingtau nach Schanghai . Der Führer der Revolution. Peking , 14. Oktober. An der Spitze der revolutionären Be« wegung steht S u n h a t s e n, der sich bereits früher durch revolutto- näre Bestrebungen bemerkbar gemacht hat. Die chinesische Re- gicrung hat auf seinen Kopf eine Prämie bis zu 250 000 Franks ausgesetzt,«S ist ihr jedoch nicht gelungen, seiner habhaft zu werden. Bor Jahren war eS einem Chinesen in London gelungen, ihn nach der chinesischen Gesandtschaft in London zu locken, wo er mit Hilfe anderer Chinesen in Fesseln gelegt wurde und nach China heimlich transportiert werden sollte. E» gelang jedoch Sunyatsen die englische Regierung von seiner gewalttätigen Bcr- Haftung in Kenntnis zu setzen, die seine sofortig« Freilassung veranlaßt«. Rolland. Die WahlrechtSsrage und das End« der Obstruktiou. In der stürmischen Kammcrsitzung vom 20. September wurde bekanntlich das Verlangen der Sozialdemokraten, die Thronrede durch eine Adresse zu beantworten und so die WahlrechtSsrage zur Behandlung zu bringen, von der klerikalen, Mehrheit durch An- nähme eines Gegenantrags deS christlich-historischen Abgeordneten brutal niedergeschlagen. Dieser GewaltSakt rief natürlich bei der Opposition große Erregung hervor, und Genosse T r o e l st r a sagte den Herren von der Rechten in aller Deutlichkeit, daß die sozial- demokratische Fraktion von nun an Obstruktion treiben werde, und es namentlich auch zweifelhaft sei. wann die Kammer unter diesen Umständen mit dem Etat fertig werde. Inzwischen ist den K l e r i« kalen vor der Obstruktion bange geworden, und in der Kammcrsitzung vom 11. Oktober ließen sie durch den katholischen Abgeordneten NolenS erklären, daß sie damit einverstanden seien, wenn die Wahlrechtsfrage noch vor dem indischen Etat zur Behandlung komme, was denn auch von der Kammer beschlossen wurde. Die sozialdemokratische Fraktion hatte sich unter dieser Voraussetzung bereit erklärt, wieder in der gewohnten Art und Weise an den Arbeiten der Kammer teilzunehmen. Amerika. Pannmerikn. Sacramento (Kalifornien ), ig. Oktober. Präsident Taft er- klärte in einer Rede, jeder müsse anerkennen, daß in der brüder- lichen V e r e i n i g u n g d e r 21 R e p u b l i k e n. die die sogenannte panamerikanische Union bilden, die Vereingten Staaten daS fuhrende Land sind. Alle müßten die Hoff- nung hegen, daß durch den Einfluß der Vereinigten Staaten und der anderen Lander. Pw im Friedenszustand sind, jene Länder, di« im Kriegszustand sind, zum Frieden gebracht werden mögen.
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