SevverKlcdaftUcdes.Berlin imd Umgegend.Der Streik der Former und Gietzereiarbeiter.Am Dienötagvormittag kamen die Streikenden vollzählig inden Pharussälen, Müllerstratze, zusammen, um die Streiklage zubesprechen. Die Ueberfüllung des großen Saales machte es not-wendig, den unteren Saal für eine zweite Versammlung zu Hilfezu nehmen. Adolf Cohen besprach in seinem Referat zunächstdie Versammlung vom Freitag bei Borsig und die darauf folgendeTegeler Vee�-amlung vom Sonnabend(in der Sonntagsnummerdes„Vorwärts" berichtet). Er konstatierte mit Befriedigung,daß die Arbeiter sich von feiten der Unternehmer nicht beeinflussenlassen, sonder.« von der Berecytigung des Streiks überzeugt seien.— Die Versuche der Unternehmer, ihre Modelle bei anderenFirmen unterzubringen, begegnen fortgesetzt den größten Schwie-rigkeiten. Die ringfreien Betriebe vermeiden es, sich in diesenKampf zu mischen und weisen die angebotene Streikarbeit zurück.Eine Firma hat sich in einem zweifelhaften Falle an die Streik-leitung gewandt und um Aufklärung ersucht, ob bestimmte Auf-träge übernommen werden könnten. Man hält es für klüger, sichdie grötztze Reserve aufzuerlegen. Nach verschiedenen Orten autzer-halb Berlins sind ganze Wagenladungen von Modellen gesandtwoviden; abe» die Streikleitung hat mit allen diesen Ortep guteVerbindungen und weiß die entsprechenden Maßnahmen zu treffen,«am die Anstrengungen der Unternehmer zu vereiteln. Es ist viel-leicht möglich, daß hier und da Kämpfe ausbrechen, wenn die Ar-Oeiter die ihnen zugemutete Streikarbeit ablehnen, aber das wirdmicht hindern, daß die organisierten Arbeiter jederzeit und überallihre Pflicht tun werden. In Berlin denken die Unternehmernicht an eine Aussperrung, wie schon berichtet wurde; aber dieStreikleitung betrachtet die Frage der Aussperrung damit nichtals erledigt und wird sich vor Ueberraschungen zu schützen wissen.Man kann vielleicht dazu kommen, eine Aussperrung zu verhän-gen, um sie als Deckung zu benutzen und die Schwierigkeiten derSituation dahinter zu verbergen. In ejner Anzahl von Betriebenäst die Frage erwogen worden, ob— aus Mangel an Guß— dieArbeitszeit verkürzt werden oder ob ein Teil der Arbeiter aus-setzen soll. In einigen Betrieben ist bereits angekündigt worden,�daß ein Teil der Arbeiter aussetzen muß. Das ist ein Beweis, wiesehr bereits der Mangel an Guß verspürt wird. In der bürger-lichen Presse war zu lesen, daß in der nächsten Zeit bereits Ver-Handlungen bevorständen, um den Streik beizulegen. Nun hatallerdings der Verband der Berliner Metallindustriellen ein Schrei-den an den Deutschen Metallarbeiterverband gerichtet, in dem vonder Aufnahme der Verhandlungen die Rede ist, aber unter eigen-artigen Bedingungen.— Unter großer Spannung der Vcrsammel-ten verlas Cohen dieses Schreiben, das folgendermaßen lautete:Berlin, den 13. Oktober 1911.Auf Ihre gefällige Zuschrift vom 9. d. M. erwidern wir,daß wir bereit sind, die von Ihnen abgebrochenen Verhandlungenfortzusetzen, sowie Sie uns mitteilen können, daß die streikendenFormer und Gießereiarbeiter ihre Arbeit wieder aufgenommenhaben.HochachtungsvollVerband Berliner Metallindustrieller.Der Vorsitzende: Ernst von Borsig.Eine allgemeine stürmische Heiterkeit brach cruS, als die Ver-sammelten hörten, daß sie erst den Streik beenden sollten, umdann Verhandlungen zu führen. Die Diskussion über dieses An-gebot zeigte aber auch, daß man entrüstet war, daß man eine un-erhörte Zumutung darin erblickte, daß man beleidigt war. Manfragte verwundert: Ob die Fabrikanten die Arbeiter wirklich fürso dumm halten? Einstimmig lehnte die Versammlung die An-Forderung, zuerst die Arbeit wieder aufzunehmen, ab.Cohen erklärte, daß er dem Brief von vornherein keine soerhebliche Bedeutung beimessen konnte, um deswegen etwa einedesondere Versammlung einzuberufen. Gegen eine Wendung desBriefes erhob er energischen Protest und wies sie als nicht denTatsachen entsprechend zurück. Es ist nämlich durchaus unrichtig.wenn es heißt:-die von Ihnen abgebrochenen Ver-Handlungen". Die Verhandlungen der gemischten Kom-Mission waren zu Ende geführt und es handelte sich darum, daßdie Unternehmer ihre Entschließungen endlich bekannt geben soll-ten; sie ließen aber alle festgesetzten Termine im September ver-streichen und auch zu dem festgesetzten Endtermin, den 29. Sep-tember. lief immer noch keine Antwort ein. Man könnte voneinem Abbrechen der Verhandlungen reden, wenn man die Zer-störung des Planes der Unternehmer meint, die Verhandlungenins Endlose zu verschleppen. Wenn die Unternehmer jetzt denSpieß umkehren, so beweisen sie, daß sie nicht den Mut Haben, dieVerantwortung für ihre rücksichtslosen Matznahmen zu über-nehmen.(Beifall.)Der Vorsitzende S e l l r i ch berichtete zum Schluß noch vonden Anstrengungen der Unternehmer. Arbeitswillige zu gewinnen,die aber nicht den gewünschten Erfolg hätten. Die Gelben ge-nügen nicht den gestellten Ansprüchen, die Leute aus den Her-bergen ebensowenig, wenn man auch kürzlich 30„tüchtige" Formerin den Herbergen suchte. Die Stimmung der Streikenden istdurchaus für die energische Fortsetzung des Kampfes.Der Tarifvertrag der Modelltischler, der im vorigen Jahreberaten, aber nicht abgeschlossen wurde, ist in letzter Zeit wiederGegenstand der Diskussion gewesen. Bekanntlich wollten die Unter-nehmer eine Lohnzulage von 2 Pf. pro Stunde nur unter der Be-dingung bewilligen, daß der Vertrag jetzt von den Arbeitern inaller Form angenommen werde. Die Modelltischler hatten aberam 2. Ottober den Vertrag wiederum abgelehnt. Hauptsächlichdeshalb, weil ein Passus des Vertrages die Deutung zuließ, daßder vertragsmäßige Mindestlohn von Pf. als Einstcllungslohngelten, also auch in solckxn Fällen gezahlt werden sollte, wo dereingestellte Arbeiter bei seinem vorigen Arbeitgeber einen höyerenLohn hatte.- Die Branchenleitung hat sich wegen dieses Punktesan die Organisation der Unternehmer gewandt und die Antworterhalten, der Arbeiter solle durch den Wechse des ArbeitSverhalt-nisses nicht in die Gefahr gebracht werden,.für den M.ndestlohnarbeiten zu müssen, sondern es solle ihm möglichst dersetbe Lohnaezahlt werden, den er im letzten Betriebe erhaUen hat.— ImHinblick auf diese Erklärung der Unternehmer stellte die Branchen-leitung den Vertrag in der am Montag abgehaltenen Versammlungder Modelltischler nochmals zur Diskussion und empfahl ihn zurAnnahme.— Die Versammlung nahm den Vertrag nunmehr mit129 gegen 71 Stimmen an. Derselbe gilt, ebenso wie der Vertragider Holzarbeiter, bis 15. Februar 1913.Tie Pnoatlithvgraphie Hübner u. Suckert. HöchsteStraße 17. ist wegen Streikarbeit gesperrt. Engagements vondieser Firma sind abzulehnen. Tie Verwaltung der Filiale III.Die Streiks in der Wäschebranche Berlinsbei den Firmen W. Blume. Fr M. Simon und Wohlu. Heymann dauern fort. Die Firmen versuchen anderweitigihre vorhandenen Arbeiten unterzubringen. Für W. Blume solldie Plätterei Treppe. Schönhauser Allee 168, für Simon diePlätterei Fr. Meister. Grüner Weg. arbeiten. Die Firma Wohlu. Heymann hat durch Plakatanschlag die Arbeiterinnen aufge-ßordert. am Montag, den 16. d. M„ die Arbeit aufzunehmen.I Dieser Aufforderung ist niemand gefolgt; sie wandte sich dann andie Plätterei Dartsch. Lothringer Str. 16, um Arbeiten dort an-fertigen zu lassen. Herr Dartsch lehnte die Arbeiten ab.Diese Firmen sind nach wie vor gesperrt.Verband der Schneider und Wäschearbeiter. Filiale Berlin III.Deutfehes Reich.Ter Kampf im Hamburger Holzgewerbe.In den letzten Tagen des September hatten sich einige Arbeit-geber entschlossen, erneute Friedensverhandlungen in die Wegezu leiten, und zu diesem Zweck den Vorsitzenden des Arbeitgeber-schutzverbandes für das deutsche Holzgewerbe. Herrn Rahardt-Berlin, gar Bermittelung angerusen. darauf fanden nach mehr-tägigen Vorbesprechungen Anfang Oktober Verhandlungen statt.Da es sieb bekanntlich in erster Reihe um die Regelung des Arbeits-nachweise» resp. das Obligatorium desselben handelt, machte HerrRahardt den Vorschlag, das vor kurzem für den paritätischen Ar-beitsnachweis der Berliner Holzindustrie zu schaffende Regulativden Hamburger Verhandlungen zugrunde zu legen. Das BerlinerRegulativ enthält die Bestimmung, daß der Arbeitsnachweis fürbeide Parteien obligatorisch ist; erst nach einer zweitägigen ver-geblichen Inanspruchnahme des Nachweises darf der Unternehmerohne Benutzung des Nachweises Leute einstellen, jedoch nur solche,die im Nachweis selbst als Arbeitslose eingetragen sind.Die Hamburger Holzarbeiter ließen erkennen, daß sie einersolchen Regelung nicht abgeneigt seien, wäre doch damit das Haupt-sächlichste Streitobjekt des nun über 30 Wochen währenden Kampfesbeseitigt. Wegen der übrigen Tifferenzpunkte des abzuschließendenVertrages, wie Arbeitszeit und Löhne usw., beriesen sich die Ar-beiter auf den am 39. Juni 1911 mit dem neuen Arbeitgebervereinabgeschlossenen Vertrag, dessen Inhalt die Grundlage der Ver-Handlungen bilden müsse. Dem stimmte auch Herr Rahardt zu,weil wiederholte Erklärungen der Unternehmer vorlagen, daß siegegen die vereinbarten Löhne und Akkordpreise einschließlich derArbeitszeit nichts einzuwenden hätten. Sie konnten auch kaumeinen anderen Standpunkt vertreten, da bereits in 343 Betrieben2778 Holzarbeiter zu diesen Vertragsbedingungen arbeiteten,während nur noch 298 Betriebe, die vor Ausbruch des Kampfes1649 Arbeiter beschäftigten, am Kampfe beteiligt sind. So standenalso die Aussichten für die Arbeiter bei Beginn der Verhand-lungen äußerst günstig.Zur Führung der Verhandlungen wurde die zentrale Schieds-kommission für das Holzgewerbe berufen, mit dem ausdrücklichenAuftrag beider Parteien, über die etwa streitig bleibenden Punkteeinen Schiedsspruch zu fällen. Kaum waren jedoch die Verhand-lungen im Gange, da stellten sich neue Schwierigkeiten ein. DieArbeitgeber erhoben plötzlich die Fcwderung, daß nun, nachdem sieden Arbeitsnachweis bewilligt hätten, wegen der materiellen Punkteandere Bedingungen gelten müßten, wie sie seit langer Zeit inden meisten Betrieben in Geltung sind und vom Schutzverbandsinngemäß auch schon längst Anerkennung gefunden haben. DieArbeitgeber stellten unter anderem das Verlangen, daß die zu-gestandene Verkürzung der Arbeitszeit um eine Stunde pro Wocheerst am 1. Oktober 1913 in Kraft treten solle. Den Mitgliedern derSchiedskommission wurde kategorisch erklärt, daß ein Schiedsspruchohne Erfüllung dieser Bedingung nicht zustande kommen dürfe.Damit war eine erfolgreiche Arbeit der Schiedskommissionillusorisch geworden. Es zeigte sich bald, daß auf einen Erfolg derVerhandlungen nicht zu hoffen tvar und die Unternehmervertretermachten gar kein Hehl varaus, daß sie die Forderung ihrer Kollegenin Anbetracht der tatsächlichen Verhältnisse für völlig unberechtigtund undurchführbar hielten, und daß ferner der Holzarbeiter-verband gar keine Möglichkeit besitze, darauf einzugehen. Untersolchen Umständen mußten die Verhandlungen scheitern. DieUnternehmer erklärten ihre Bedingungen als äußerstes Ultimatumund hinderten dadurch ihre Vertreter in der Schiedskommissiondaran, das, was sie selbst seit Monaten als erledigt erklärt hatten,in den Schiedsspruch aufzunehmen.Im Unternehmerlager hat man sich aber in anderer Be-ziehung einen bedeutenden Erfolg von der mißglückten Aktion ver-sprachen. Die Hamburger Unternehmer, die dem RahardtschenSchutzverband bisher spinnefeind waren, haben sich jetzt diesemwieder angeschlossen und mit vereinten Kräften geht es jetzt aufden Holzarbeiterverband los. Vergessen ist aller Zank und Hader,sogar die vor Gericht schwebenden Verleumdungsklagen der feind-lichen Brüder Rahardt-Gurlitt sind mit gegenseitigen Erklärungenabgetan worden. Hatte bis dahin der Arbeitgeberschutzverbandsich neutral verhalten, so änderte sich nun mit einem Schlage seineTaktik. In der letzten„Fachzeitung", seinem offiziellen Organ,fordert er jetzt zur Solidarität mit den bedrängten HamburgerKrautern aus. Während seit zirka sechs Monaten mehr als tausendHolzarbeiter, die früher in Hamburg gearbeitet haben, in den ver-schiedensten Städten zu den dort üblichen Vertragsbedingungen inArbeit getreten sind, ohne daß ihnen etwas in den Weg gelegtworden ist, fordert jetzt der Arbeitgeberschutzverband alle deutschenArbeitgeber auf, sämtliche seit dem 15. März d. I. aus Hamburggekommenen Arbeiter unverzüglich zu entlassen. Das ist eineklatanter Vertragsbruch, denn diese Arbeiter sind in-zwischen in den übrigen Orten zu Vertragsarbeitern gewordenund ebenso wie sie ihrerseits an den für den betreffenden Ortbestehenden Vertrag gebunden sind, haben sie Anspruch auf Re-spektierung ihrer Rechte durch ihren Arbeitgeber. Der Holz-arbeiterverband wird diesem frivolen und VertragsbrüchigenTreiben des Schutzverbandes mit aller Entschiedenheit zu begegnenund sein« Mitglieder vor Maßregelungen zu schützen wissen. Unddie einzelnen Unternehmer dürfen sich nicht wundern, wenn sienach Befolgung ihrer VorstandSanweisung auch in ihrem Betriebeden Krach baben. Dem Vorstand des Schutzverbandes in Berlinaber wird diese von echter„Unternehmervertragstreue" zeugendeProklamation noch einmal teu�r zu stehen iommen.Ter Kampf wird weiter geführt. Vor allen Dingen: Helfeein jeder, den Zuzug nach Hamburg fernzuhalten.Streik der Glasarbeiter in Hohenbocha.In Hohenbocha definden sich die BeleuchtungsglaZarbeiterder Firma Eibcnstein seit dem 9. September im Streik. DurchAbschluß eines Tarifvertrages wurde der Streik am 3. Oktoberbeigelegt und sollte die Arbeitsaufnahme am 16. Oktober erfolgen.Die Aufnahme der Arbeit mußte deshalb solange hinausgeschobenwerden, weil der Glasofen nur langsam wieder in Betrieb gesetztwerden kann.— Am 5. Oktober wurde der Vertrag der Firma vomVerband der Glasarbeiter zur Unterschrift überreicht, doch hattediese jetzt einige Aussetzungen zu machen, auf die die Arbeiterschaftaber nicht eingehen konnte. Die Firma verweigerte die Unier-schrift und die Arbeiter müssen es unter diesen Umständen ab-lehnen, die Arbeit am 16. Oktober aufzunehmen.Die Organisation der Glasarbeiter hat die Firma nochmalsersucht, die Unterschrift zu vollziehen; da aber eine Antwort nichtgegeben wurde, so lehnen die Arbeiter die Aufnahme der Arbeitab. Alle Glasarbeiter werden dringend ersucht, Hohenbocha zumeiden.__Husland.Ein Konfliktzwischen Gewerkschaften und Genossenschaften.Paris, 13. Oktober.(Eig. Ber.l Ein Konflikt, der zwischenden Pariser Konsumvereinen und den Gewerkschaften der Nahrungsmittelgewerbe zum Ausbruch gekommen ist, wird jetzt von derkapitalistischen Presse, die damit wieder einmal die„Undurchführ-barkeit" des Sozialismus beweisen will, nach Kräften breitgetreten.Da solche Affären, wie die Erfahrung beweist, unfehlbar eine Rund-reise in der Internationale der Sozialistentöter machen, empfiehltes sich, den Sachverhalt jetzt schon klarzustellen. Die Hauptwurzelndes Konflikts liegen in gewissen Uebclständen der französischenGewerkschaftsbewegung; immerhin scheinen die theoretischenSchrullen mancher, vom VulgärlooperaliSmu» des Prof. Gidebeeinflußten Persönlichkeiten der KonsumsbereinSbewegung zueiner Verschärfung bedenklich beigetragen zu haben. Vor einigerZeit legten die Gewerkschaften der Nahrungsmittelindustrie demVerband der Genossenschaften eine Liste von Forderungen vor, anderen Spitze die ausschließliche Arbcitsvermittelung durch die Ge-werkschasten stand. Der Verband aber hat gerade diese eine For-derung rundweg abgelehnt und zwar wurde dieser Beschlutz inseiner Generalversammlung einstimmig gefaßt. In dem dort vomVerband vorgelegten Bericht wird erklärt, es müsse berücksichtigtwerden, ob die Gewerkschaften wirklich imstande seien, gewissen-hafte und qualifizierte Angestellte zu stellen. Die bisherigen Er-fahrungen in dieser Beziehung seien keine Ermutigung dazu, eherdas Gegenteil. Und im besonderen wird auf die Gewerkschaft derSpezereiangestellten hingewiesen. Die Gewerkschaft könne nur dieLeute schicken, die sie gerade bei der Hand habe und dies seien nichtimmer die bestqualifizierten. Der Verband, der die Aufgabe habe,das kollektive Interesse der organisierten Konsumenten zu ver-treten, könne darum nur versprechen, das Personal aus den rse-werkkchaften zu rekrutieren, so weit dies möglich sei, aber er könnedarüber so lange nicht hinausgehen, so lange die Gewerkschaftennicht beweisen könnten, daß sie ein Personal mit den gefordertenberuflichen und moralischen Eigenschaften zu liefern imstande seien.Weiter empfiehlt der Verbandsvorstand die Ablehnung der von denGewerkschaften geforderten außerordentlichen Arbeitsbedingungen,namentlich die des früheren Ladenschlusses, da� dieser, wenn nur beiden Konsumvereinen durchgeführt, sie gegenüber der Konkurrenzbenachteilige.Wenn die Entschiedenheit, womit die Kqnsumvereme daraupbestehen, Nichtorganisierte einzustellen, zweifellos auf den erstenBlick befremdlich wirkt, so scheint die Gewerkschaft der Spezere:-angestellten es förmlich darauf angelegt zu haben, sich ins Unrechtzu setzen. Ihr Gewerkschaftsvorstand veröffentlicht nämlich einenBeschluß, wonach mit Hinblick auf die„professionelle U n-fähigkeitdes ganzen Personals der Konsum.vereine" den„nichtprofessionellen Kameraden, die in Genossen-scbaften arbeiten", die Mitgliedschaft versagt werden soll. Weitererklärt die Gewerkschaft, daß die Qualität der von den Konsum-vereinen verkauften Waren nicht besser, ftndern in vielen Fallenschlechter sei als die der kapitalistischen Händler, und stellt diesenüberdies noch das Zeugnis eines tadellosen Abwägens der Wareaus, so daß diese„gewerkschaftliche" Kundgebung einer Reklamefür die kapitalistischen Unternehmer fatal ähnlich sieht und ihrenZweck, die Konsumvereine materiell zu schädigen,� nicht verhehlt.Ja es kommt noch besser. Denn zum Schluß erklärt die Gewerk-Aast, daß sich die Spezereiangestellten wohl noch zu«brutaleremVorgehen gezwungen sehen könnten.Wenn es noch einer Erläuterung zu dieser Wendung bedürfte,so findet man sie in einem Aufruf des Sekretärs des Bundes-komitecs der Genossenschaften, Genossen B o u d i o s, der sich dar-über beklagt, daß manche Angestellte die Genossenschaft als einenBoden für den Klassenkampf ansehen und sogar, um Vorgesetztenzu schaden, Sabotage betreiben. Die Sache liegt wirklichso, daß manche Gewerkschaften, wie die der Spezereiangestellten,infolge ihrer einseitig revolutionär-syndikalistischen Methoden soschwach sind, daß sie gegen die großen und kleinen privatkapitalisti-schen Ausbeuter nichts unternehmen können, wofür sie sich dannbei den Genossenschaften, wo natürlich ein Kamps leichter ist, schad-loS halten möchten. Wie weit sie selbst von einer klaren Auffassungdes Klassenkampfes entfernt sind, zeigt die Bedenkenlosigkeit, womitsie im jetzigen Konflikt ihre Kampfmethode auf eine Diskreditierungver ganzen Genossenschaftsbewegung überhaupt einstellen unddarum die kapitalistischen Krämer, die sie erst vor einiger Zeitder gewissenlosesten Warenfälschung berichtigt haben, feierlichrehabilitieren. Sicherlich, man darf sich nicht verhehlen, daß in derfranzösischen KonsumvereinSbewegung— auch in ihrem sozialistischen Flügel— Reste der liberalen Nationalökonomie fortleben.Aber sie können gerade darum so schwer überwunden werden, weilsich auch unter den für die modernste Errungenschaft ausgegebenenFormen des revolutionären Svndikalismus genug zünftlerischeBorniertheit— siehe die Verachtung der„Nichtprofessionellen" ssund kleinbürgerliche Konfusion weiterfristen.Hue Induftnc und DandeLHarpen.Der letzte Geschäftsbericht der Harpener-Bergvau-A.-G., einesder größten noch vorhandenen reinen Kohleiiunternehmen, enthältverschiedene sehr interessante Angaben. Stark betont wird der Rück-gang der Erlöse für Kohle» und die Steigerung der Gewinnkosten.Eine Aufmachung illustriert dann, daß die Gewiiinuiigskosten proTonne Kohlen, die im Jahre 1995/96 erst 7,84 M. ausmachten, imJahre 1919/11 auf 9,19 M. angewachsen seien, während der Erlösnur von 9,73 M. auf 19.21 M. gesteigert werden konnte, mithin dieSpannung sich von 1,94 M. auf 1.92 M. ermäßigte. Um es gleichzu sagen: solche Berechnungen sind geeignet, die öffentliche Meinungirre zu führen, denn die eingestellten Kohlenpreise haben zu einemguten Teile nur noch einen VerrechnungSwert I Eine immer größereMenge des Rohmaterials wird zu sogen. Nebenprodukten verarbeitetoder in eigenen Betrieben verbraucht und bildet so in wachsendemMaße da? wirtschaftliche Rückgrat der Kohlenindustrie. Von dieser Eni-Wickelung haben die reinen Gruben bisher noch am wenigsten profiliert.Trotzdem erlangte die Nebenproduktion für sie schon eine große Be-deutung; daS lassen die Zahlen im Geschäftsbericht von Harpen beut«lich genug erkennen. Nach den Ergebnissen der letzten zwei Jahreist für das letzte der verrechnete Erlös pro Tonne Kohle» zwar von19,42 M. auf 19,21 M. gesunken und die Gesainteinnahme auSKohle» von 48,19 Millionen Mark auf auf 47,57 MillionenMark, dafür stieg aber der Einheitspreis pro Tonne KokS von14.95 auf 14,62 Mark und die Geiamteiniiabme für KokS von17.87 Millionen Mark auf 29,99 Millionen M a rk. Gleichzeitighob sich die Einnahme aus dem Schiffahrtsbetriebe von 1171 639 M.auf 1 177 949 M. und der Erlös aus der Tceröfenproduktian von3 164 427 M. auf 8 988 963 M. Die Nebenerzeugnisse zusammen er-brachten im letzten Jahre 5.72 Mill. M. gegen nur 4,76 Mill. M.im Jahre vorher. Trotz der beklagten Steigerung der Produktionskostenund des Rückganges der Erlöse für Kohlen ergab das letzte Jahreinen Bruttoüberschnß von 21,5 Mill. Mark oder rund 2 Mill.Mark mehr als wie da? Vorjahr. Die Abschreibungen absorbierendiesmal über 9 Mill. Mark, im Borjahre 8,13 Mill. Mark. Derausgewiesene Reingewinn beträgt 7 469 812 Mark und geht um1 994 924 Mark über den vorjährigen hinaus. Die Dividendeder Aktionäre erhöht sich von 7 auf8 Prozent. JmBe-richte wird sestgeft. llj. daß sich auch der Lohn der Arbeiter für dieSchicht von 4,62 Mark auf 4,76 M. gehoben habe. Er bleibt damitaber immer noch unter dem Lohne im Jahre 1997/98. der5.14 Mark betrug. Zudem steht der letzten Lohnerhöhung aucheine erhebliche Leistungssteigerung gegenüber: die Gesamtzahl derArbeiter verringerte sich von 26 939 auf 25 939, obwohl die Kohlen-sörderung und die Gewinnung von Nebenerzeugnissen gewachsen ist.Das finanzielle Ergebnis der Gesellschaft würde bedeutendbesser sein, wenn nicht die Unkosten des Syndikats Niesen-summen verschlängen. Dir Umlage für Kohlen stiea von9 auf 11 Prozent, für Briketts von 5 auf 9 Prozent. Diereinen Werke müssen gewaltige Kosten decken, die dem Syndikat durchd,e Ausfuhrpolitik zu sehr niedrigen Preisen erwachsen. Die so-genannten Hüttenzechen sind privilegiert, indem ihr Selbstverbrauchvon der Umlage und der Beteiligungseinschränkung nicht erfaßtwird. Die hieraus resultierende Benachteiligung der reinen Gruben,st nun auch zu emer Gefahr für das Syndikat geworden. DieHüttenzechen habe» den«»trag auf Preisgabe ihrer Privilegien ab-gelehnt, die andere Seite will aber, wie der Geschäftsbericht vonHarpen kategorisch konstattert. von dieser Forderung nicht zurück-treten. Bei der Beurteilung der Rentabilität im Bergbau darf dieBevorzugung der Hüttenzechen aus Kosten der reinen Kohlengruben,die einen erheblichen Einfluß auj die finanzielle» Resultate ausübt�,nicht unberücksichtigt bleche«.