!fage?otSnuff<5 gestimmt"hätten, während die Jntegralisten sich teils in demselben Sinn«, teils für Stimmenthaltung erklärten. Schließlich gab Genosse C a l d a im Namen des Parteivorstandes die Erklärung ab. daß der Parteivorstand nach dem Botum vor» läufia im Amt bliebe, in Erwartung weiterer Beschlüsse. Es wird festgeietzt. daß der nächste Parteitag im folgenden Jahre statt- findet. Der Kongreß geht dann zur Diskussion der Ucberführung des„Avantj" nach Mailand über. Diese wird von den Revolutionären scharf kritisiert, wäh- rend die Reformisten die Notrvendigkeit der Maßnahme vertraten. Die Diskussion fand während einer Sektionssitzung der revolutio. nären Fraktion statt, was der Reformist Genosse Ricciardi benutzte. um diese anzulümmeln. Zu einem Votum kam es nicht. Ueber das Frauen st immrecht referierte die Genossin A I t o b e l l i, deren Forderungen, die in einer Tagesordnung Kuliscioff niedergelegt waren, einstimmig zur Annahme gelangten. Es wird hierin der Parlamentsfraktion zur Pflicht gemacht, die Ausdehnung des Stimmrechts auf die Frauen in der Kammer zu vertreten. Die Frage der Beziehungen zwischen Parlamentsfraktion und Parteivorsland wird zum nächsten Kongreß vertagt, und nach An- nähme einer geringfügigen Modifikation des Parteistatuts schließt der Kongreß seine Arbeiten nach einigen Schlußworten des Ab- geordneten Agnini. Eine Würdigung der durch die Verhandlungen geschaffenen politischen Situation soll in der Folge gegeben werden. Es ist nicht ganz leicht, die Folgen eines Votums zu übersehen, das eine ministerielle Mehrheit beauftragt, eine antiministerielle Taktik zu «ntfalteo._ Jugendbewegung. Das Kesseltreiben gegen die Arbeiterjugend. Die preußische Polizei versucht weiter, im Kampfe gegen die Arbeiterjugend die Lorbeeren zu ernten, die ihr die Verfolgung der erwachsenen Proletarier nicht bringen will. Aus Essen wird uns berichtet, daß dort, nachdem kaum eine gerichtliche Aktion mit mähiaem Erfolge für die Staatsretter zu Ende geführt worden. von MWem gegen die Arbeiterjugend vorgegangen wird. Es ist aber- malS ein Verfahren eingeleitet worden, um die Vertrauenspcrsoncn der Jugend zu fassen, und zu dem Zwecke veranstaltet man jetzt Haussuchungen über Haussuchungen. So nahm man dem Kol- porteur der„Arbeiter-Jugend" seine Geschäftsbücher weg. hieß sogar Privateigentum von ihm mitgehen, ohne zur Beschlagnahme richter- ilichen Austrag zu haben. Bei einer Familie wurde gehaussucht aus dem Grunde, weil sie auf einem Flur mit einem verdächtigen jugendlichen wohnt! Der Vertrauensmann der Arbeiterjugend wurde in der Fabrik aufgesucht und visitiert! Dabei wurde ihm ein Notizbuch mit einigen Adressen abgenommen. Ebenso wurde das Parteisekretariat in Essen abgesucht, dann die Zentralbibliothek. worin ein Schrank mit Spielen und Büchern für die Jugend steht: dieser wurde gewaltsam geöffnet. Das ganze Parteiaeschäft der .Arbeiterzeitung" wurde sozusagen umgelehrt nach Material zu neuen Anklage, auch wurde, wo man sie fand, die Broschüre von Danneberg über die Arbeiterjugend beschlagnahmt.— Der Zweck dieser ganz ungewöhnlichen Tätigkeit der Polizei in Essen geht deutlich aus den Worten eines haussuchenden Polizisten hervor: es ist Befehl.von oben" gekommen, daß die Ar- berterjugendbewcgung vernichtet werden soll! — Nun. das wird auch der borussischen Polizei nicht gelingen. S,e wird im Gegenteil mit ihrem auSn ahmerechtlichen Kampfe das Klassenbewußtsein der Proletarierjugend stählen und sie erst recht für das Rjngen um eine bessere Zukunft erziehen. Soziales. Dienstbotenbehandlung. I. Das Dienstmädchen L. hatte Anfang September bei der Pensionatsinbabertn Fischer Stellung genommen. Da eS ihr aber in dieser Stellung nicht gefiel, kündigte sie am lö. wieder zum k. Oktober ihren Dienst auf. Bereits am ÜL. September wurde sie jedoch entlassen. Ihre Arbeitgeberin sowie deren Geschäfts- führer, ein Herr Kauerz, hatten nun während der Kündigungsfrist an ihren Dienstleistungen allerlei Aussetzungen zu machen. Fräu» kein L. klagte nun beim Gewerbegrricht auf Zahlung des Nest- lohne» mit Ischö M. und Entschädigung von 2Z.21 M. für entgan- genen Lohn. Trinkgcldverdienst und Kost- und LogiSentschädigung während der Kündigungsfrist. Die Beklagte wendete ein, daß sich die Klägerin sehr ungebührlich benommen und die Arbeit ver- weigert habe. Die Verhandlung ergab ein anderes Bild. Der Ge- schäftsführer Kauerz hatte wieder einmal Veranlassung genommen. die Klägerin wegen ihrer Arbeit zu tadeln. Die Klägerin ver- mochte die Berechtigung des Tadels nicht anzuerkennen und hatte sich deshalb erlaubt, zu widersprechen. Darüber war der Herr so gereizt, daß er die Klägerin..T-ustück" betitelte. Er drohte ihr noch schließlich, mit dem Hammer den Schädel z» zertrümmern. Auf die Beschwerde der Klägerin über die ihr widerfahrene B-- Handlung entließ sie dw Beklagte. Das Gericht empfahl unter Vorsitz des Magistratsasscssor» Drevcr der Beklagten , sich mit der Klägerin zu einigen; der Vor- sitzende wies darauf hin, daß wir nicht mehr im Mittelalter lebten. wo e« erlaubt gewesen sein mag. den Arbeitnehmer mit Saustück zu beschimpfen und ihm Hammcrschläge anzudrohen. Andererseits bezweifle da» Gericht, daß sich die Klägerin in der Kündigungszeit ernstlich um anderweitige Arbeit bemüht habe, weil im Gastwirt»- und PensionSgewcrbe erfahrungsgemäß Dienstmädchen sehr knapp und schiver zu bekommen seien. Ta» Gericht riet deshalb zu einem vergleich a«f 25 M.. auf den beide Parteien eingingen. 2. Der Köchin B. war während ihrer Tätigkeit von ihrer Ar- bcitgeberin, der Ronditoreibessyerin DezSöf», der nachgesuchte Ur- laub zum Besuche ihrer auswärt« wohnenden erkrankten Mutter verweigert worden, weil diese die Krankheit der Mutter bezweifelte. Das kränkte die Köchin und brachte sie in solche Erregung, daß sie sich sofort zur fristlosen Lösung des Arbeitsverhältnisses entschloß. Da ihr Lohn und Papiere verweigert wurden, reiste sie ohne diese ab. Jetzt hatte sich daö Gewerbegcricht mit der Sache zu befassen. Die Köchin klagte wegen des rückständigen Lohnes von N.S0 M.. den sie beim Weggänge nicht erhalten hat. Die Be- klagte behauptete nun. die Klägerin habe ausdrücklich auf den Lohn verzichtet. Die Beweisaufnahme ergab: Die Beklagte hatte zur Klägerin,-als diese ging, gesagt. Geld und Papiere bekäme sie nicht, weil das Arbeitsverhältnis nur fristgerecht gelöst werden dürfe; darauf erhielt sie von der Klägerin zur Antwort:..Ich ver, zichte jetzt auf alle»: meine Papiere und mein Geld werde ich schon bekommen." Da« Gericht könnt« sich selbstverständlich nicht der Auffassung der Beklagten anschließen, daß in diesen Worten der Klägerin ein Berzicht zu erblicken sei; in dem letzten Satze bringe vielmehr die AlSgerm zum Ausdruck, daß sie. da die Geltend- machung ihrer Forderung zunächst erfolglos war. sich mit ihrem Anspruch an da» Gericht wenden wolle. Die Beklagte wollte nun Pen ihr durch den Vertragsbruch der Klägerin entstandenen Schaden gegen die Lohnforderung aufrechnen. Darüber belehrt. paß da» gesetzlich unzulässig sei. wollte sie Widerklage erheben. Es pjnigten sich schließlich die Parteien, einem Vorschlage des Gerichts sptsprechend. auf 10 M. �Siehe auch Hauptblatt.).' Kiis der frauenbewegung. Warum sollen die Arbeiterfrauen Vorträge besuchen? Der beginnende Winter bringt in allen Städten und Dörfern. wo organisierte Arbeiter wohnen» wieder Versammlungen und Vorträge. In den großen Städten, wo auch bürgerlich« Vereint. guiigen, die die Volksbildung fördern wollen, Vorträge veranstalten. ist die Auswahl»och reicher. Leider denken noch immer viele Frauen und Männer der Arbeiterklasse, es sei verschwendete Zeit. wenn sie solche Vorträge besuchen.„Wir haben andere Sorgen," sagen die einen.„Wozu braucht denn eine Arbeiterin soviel zu lernen." sagen die anderen. Die alten Frauen meinen, für sie sei es schon zu spät, die jungen Mädchen möchten lieber lachen und tanzen, als ernsten Gedanken nachhängen. So bleiben unter all den taufenden Arbeiterfrauen leider noch immer sehr viele, die jedem Unterricht und jedem Vortrage aus dem Wege gehen. Und doch liegt in diesen Vorträgen ein so großer und reiner Segen für die arbeitenden Menschen! Früher, wenn die Sorgenlast unerträglich war. wenn die Menschen in stummer Verzweiflung. weil die Not des Daseins nie zu Ende war, alle Lebenskraft ver- lorcn hatten, dann gingen sie in die Kirche. Die Frauen noch v'.el zahlreicher und öfter, als die Männer. Ihr Geist vergaß im Gebet auf Stunden die Not, sie sahen neue Dinge und hörten andere Worte, die ihnen neue Lebenskraft einflößten, und mit neuem Mut gingen sie nach Hause in das alte Elend zurück. Heute aber wirken die Schaustellungen der Kirche nicht mehr, weil die Men- scheu einsehen mußten, daß sie dort zwar momentanes Vergessen finden konnten, aber nicht erlösende Hilfe. Der Glaube an die helfende Kraft der Kirch« ist mehr und mehr erloschen und die Menschen suchen nach neuen Möglichkeiten, die ihnen die Kraft gebe» sollen, das Elend de» Alltags zu ertragen. Diesen neuen Trost kann aber nicht ein neuer Glauben brin- gen. sondern nur die wissenschaftliche Erkenntnis. Die Menschen müssen sehen lernen, wie die Verhältnisse der Gesellschaft sind. wie alles, was wir sehen, in einer Jahrtausende währenden Enl- Wicklung geworden ist. damit sie erkennen, daß die Welt nicht so bleiben muß, wie sie heut« ist. Tarin liegt die neue Hoffnung, die den Menschen neue Lebenskraft gibt und ihnen den Weg weist, den sie gehen müssen. Aber nicht nur Trost und Kraft sollen der Arbeiterfrau auS den Vorträgen und dieser neuen Erkenntnis kommen, sie sollen ihnen auch die Quellen neuer und reiner Freuden erschließen. Theater und Konzerte sind für viele Arbeiterinnen unerreichbare Dinge.' In den kleinen Städten und Dörfern gibt es weder das eine noch das andere; diese Genüsse sind den Menschen versagt. Bücher aber und Bilder gibt es überall, und auch sie können denen, die zu lesen und zu schauen verstehen, ganz andere Freuden be- reiten, als alle anderen Zerstreuungen. Auch Bücher losten Geld. das ist sicher, aber heute gibt es in jeder Arbeiterorganisation gute Bibliotheken, die allen Mitgliedern zur Verfügung stehen und die nichts kosten. Außerdem können die Arbeiterinnen sich gegenseitig Bücher leihen, damit sie nicht zuviel Geld ausgeben müssen. Gute Bücher können den Menschen gute Freunde ersetzen, die helfen ihm die trüben Stunden des Leben» vertreiben und geben ihm die Kraft, Enttäuschungen zu ertragen. Natürlich können dag nur gute Bücher tun, und es können auch die besten Bücher nur Nutzen bringen, wenn die Leserinnen bereit sind, auch ernstere Dinge, bereit Verständnis ihnen Schwierigkeiten machen, durchzunehmen. Es wird sich jeder Mensch aber freuen, wenn er sieht welche geistigen Fortschritte er macht. Dinge, die unverständlich waren, werden klar und deutlich, und mit Freuden fühlt jeder. wie er immer mehr versteht und mehr lernt. Dieses Mehr an Wissen, dieser Reichtum an Erkenntnis ist doch der einzige Besitz, der den Arbeiterinnen ungestört gegönnt wird. Sie müssen alle Ersparnisse darangeben, wenn Krankheit oder Todesfall einkehren, sie können den liebgewordenen Arbeitsplatz verlieren, sie können krank und siech und arbeitsunfähig werden, aber sie werden niemals das verlieren, was sie gelernt haben. Das ist ihr eigenster Besitz. Deshalb sollten die Arbeiterfrauen auch die Muhe nicht scheuen und doch versuchen, an den Vorträgen und Unterrichtskursen teilzu» nehmen. ES kann nicht genügen, wenn sie nur hier und da kommen, sie müssen trachten, soviel an Wissen zu erobern, wie ihnen möglich ist. Nicht alle Frauen haben kleine Kinder, nicht alle Frauen haben aber auch eine große Kinderschar, und dort, wo nur ein, zwei Kinder sind, ist es doch möglich, daß die Frau Zeit findet für ihre eigene Ausbildung. Auch die jungen Mädchen sollen weit mehr als bis- ber Zeit finden, damit sie die Freiheit der Jugend nützen, um Wissen und Erkenntnis zu erobern. Deshalb können sie auch noch tanzen und lustig sein; das wollen wir ihnen nicht verwehren. Aber der Ernst des Lebens tritt ja so früh an sie heran, daß sie doch erkennen müssen, auch für sie wird das Leben Arbeit und Kampf fein. FürfiewirdaberauchGlückundFreude TM ff« n" in dem liegen, das sie sich erwerben! Leseabende« Erster KreiS. Bei Weihnacht. Grünstr. 2t: Vortrag über Säuglings- und Mutterschutz. Reserentin Genossin Rüben. Hansaviertel bei Rotte. FlenSburger Straße 24. Zweiter Kreis. Die Frauenleseabende finden statt: Bülow» stroße 58 bei Wiemer, Kreuzbergstraße 2 bei Schmedler, Mark- grasenstraße 88 bei Löbrich und Blücherstraße 4S(Ecke Fontane Pronienabe) bei Fröhlich. Dritter KreiS. Montag, den 23. Oktober, 8'/, Uhr. GelverkschaftS- haus. Vortrag des Genossen Dr. Zadeck:.Die Unterernährung in der Arbeiterklasse". Rtinicke»dorf-Ost. Montag, den 28. Oktober. Restaurant„Sadau", Residenzstr. 124. Bortrag des Genossen Ad. D o m n i ck: „Die Frauen im Reichstags wahlkampf". Borsigwalde . Der nächste Fra »e»leseabe»d findet nicht am 23. Oktober, sondern am 80. Oktober im Lokale von Richter statt. Pankow . Montag, den 23. Oktober, bei Krienelke. Berliner Str. 27 Bortrag. Lichtenberg . Die Leseabende fallen ans, dafür Frauenversammlung Montag, den 23. Oktober, bei Steuer. Frankfurter Chaussee 128. Vortrag:.Bericht von der Frauenkonserenz in Jena ". Re- ferentin Genossin V u ch m a n n- KanlSdorf. Friedrichshagen . Montag, den 28. Oktober, abend« S>/, Uhr. im Jugendbeim. Wilhelmstr. 74. Hof parterre recht«. Treptow -Baumschulenwcg. Montagabend S>/° Uhr. Abteilung I. bei Kinzel, Ernststraße(Ecke Marienthaler Straße): Vortrag über Vollsgesundheitspflege. Genosse A. M o h s» Schöneberg.— Abteilung II. bei Schmidt. Kiesholzstr. 22: Vortrag über.Die Gleichberechtigung der Frau". Genosse Ehret- Schöneberg.— Wahl einer Leiterin. J,ha»»isthal. Dienstag, den 24. Oktober, abends 8 Uhr. bei Bieler. Friedrichstr.«:„Religion und Sozialismus". Re- ferentin Frida S ch u l t e- R'xdorf. Adlershof . Montag, den 23. Oktober, im Jugendheim, Bismarck- ftraße ll. Tagesordnung: Vortrag der Genossin Klara Bohm-Gchuch. Köpenick . Leseabend diesmal bei Merier. Rosenstraße 10(Ecke Kirchstraße). � Friedenau . Montag, den 23. Oktober, abend« 8'/, Uhr, bei Mechelkc, Handjerlistraße 60/31. Vortrag der Genossin Klara Wehl über:.Die Frauen und die ReichsversicheningSordnung". Potsdam . Die Leseabende finden in de» Wintermonaten alle vierzehn Tage statt. Der nächste Lescabend ist am DienStag. den St. Oktober, im Restaurant Kaiser-Wilhelm-Straße 38. Eue aller CCUlt. 6ndUcb einmal em Licbtblich. Alle Welt schreit über Teurung. die Arbeiterschaft erbreistet LZ manZerorj» sogar, gegen die geheiligte Ordnung zu rebellieren und' Lurch Lohnbewegungen unb Ausstände einen größeren Anteil an den Kulturgülern zu erobern. Dem braven Spießer wird ganz Angst, wohin das alles schließlich e'nmal führen soll. Noch ist er ja in dem Genüsse seiner Renten geschützt durch Polizei und Gen- darmen. die dafür zu sorgen haben, daß Eingriffe in die geheiligte Ordnung rhre richterliche Sühne finden. Aber wird es immer so bleiben, wird der Mob sich auch in aller Zukunft im Zaume halten lassen? Mit dieser bangen Frage auf den Lippen greift er zu seiner geistigen Erquickung, dem geliebten„Berliner Lokalanzeiger". Bald erheitert sich sein sorgengefurchtes Antlitz. Noch werden ja die Vor- bereitungen zu den Winterfestlichkeiten der Berliner Gesellschaft gelroifen, noch geruht ja eine allergnädigste Prinzessin, in einigen Monaten einem Kinde das Leben zu geben. Ganz wie in regulären Zeiten, lind Freude strahlt unscrm Spießer aus den Augen, wenn er in prangenden Lettern liest:„Der Trousseau einer künftigen Kaiserin". Es ist die Ausstattung der Braut de? Großneffen des österreichischen Kaisers, die den staunenden Lesern vorgeführt wird. Wenn die höchsten Kreise noch mit solcher Sorgfalt eine zukünftige Kaiserin ausstaften, dann ist Polen noch nicht verloren. Mit einem Seufzer der Erleichterung genießt Spießerchen die Schilderung, all der Kleider, Hüte, Mäntel, Hemden, Höschen und Strümpfe, die zu einer standesgemäßen Aussteuer einer zukünftigen Kaiserin gehören. Und wie schön ist alles: „Das Brautkleid ist aus elsenbeinsarbenem Satin-Duchesse mit reicher Silberstickerei, wobei außer Myrten- und Orangeblüten die Lilie der Bourbons reiche Verwendung findet. Kostbare antike Spitzen aus dem Familienschatze, die zum Teil schon das Brautkleid der Großmutter schmückten, bilden das Vor- derblatt und die Korsage. Die Taille ist, der Mode entsprechend, fichuartig arrangiert. Die Schleppe ist 3)6 Meter lang. von Silbermyrtengirlanden umrankt, mit Herr- lichen Balenciennesspitzen garniert. Der echte Brüsseler Schleier fällt von dem Myrtenkranz im Haar bis auf den Saum der Schleppe herab, gehalten von einem Brillantendiadem, dem Hochzcitsgeschenk des Kaisers. Das Diadem, mit m e h r a l S tausend Brillanten, ist in Kronensorm gehalten und be- steht aus einem Bandeau und sünf Teilen, in deren Mitte sich je ein karmoisierter Brillant, den ein Blattarrangement umgibt, befindet.... Beim Polterabend wird die Braut noch in einem Mädchenkleid erscheinen aus apfelblütensarbigem Liberty und rosa Tunique aus Seidenmusselin mit Duchesse-Spitze und fransen-- besetzten Silberborten garniert. Ferner finden sich im Trousseau der Prinzessin Zita neben mehreren graziösen Kleidchen für den intimeren Zirkel zahlreiche schwere Prunkroben zur Repräsentation, neben duftigen Gebilden aus Gaze de Soie und Musselin de Soie mit Perlen und Goldsransen, prächtige Courroben aus Charmeuse und Faille de Cine mit Seiden- und Buntstickerei, Points d'Alanqon und Points de Venise. Die Kostüme, teils für den Wagen, teils für rein praktische Zwecke bestimmt, sind ebenso vornehm wie einfach gehalten. Zu den Wagenkostümen gehören Putzblusen aus Seide. Spitzen und Crepe de Chine, zu den praktischen Kostümen englische Blusen auS Zephir, Flanell und Tuch. Ueberaus reich ist die Ausstattung an Mänteln. Wir sehen Mäntel für Bälle und Visiten, Straße und Auto, Jagd und Sport, so einen Paletot aus Jvoire Ratine. einen Mantel aus blau-weißcm Double-Zibeline, ein Manteau de Cour mit vier Meter langer Schleppe in rosa Satin-seduisant. einen mit Fuchs verbrämten rubis Samt- mantel. einen sackartigen Ulster aus braunem Himalaja . SelSkin. Skunks. Zobel. Astrachan , Chinchilla und Hermelin spielen als Mantel, als Kragen und Manschetten. Muffe wie auch als Hütchen und Fußsack eine große Rolle. Usw. usw." Ob den mit der Vorbereitung zur Hochzeit beschäftigten Fürst» lichkeiten wohl der 17. September zum Bewußtsein gekommen ist?; Der Tag. an dem das Wiener Proletariat seinem Groll über Teu- rung und Hunger beredten Ausdruck gegeben hat? Zwei Mensche«» in den flammen umgekommen. Bei dem Brande einer Villa in Sude(Schlestvig-Holstein) fanden in der letzten Nacht die 48jährige Witwe R o h l f s und die dreijährige Tochter des Stadtmissionars Weidmann den Tod in den Flammen. Die Be- wohner wurden im Schlafe vom Feuer überrascht. Weidmann vermochte nur seinen sünfjähngen Sohn zu retten: seine Frau sprang mit ihrem drei Wochen alten Säugling und einem anderen Kinde aus einem Fenster fünf Meter tief hinab. Das Diensftnädchen erlitt beim Sprung auS dem Fenster einen Knöchelbruch._ Furchtbare Katastrophe in einer Schwefelmine. Durch eine Explosion in der Schwefelmine Trabonella auf Sizilien sind Arbeiterleben in großer Zahl vernichtet worden. AuS bisher unbekannter Ursache ist«in Pulvervorrot. der zum Sprengen der Felsblöcke verwandt wurde, explodiert. Durch die Explosion wurde die Schwefelmine in Brand gesetzt. Den 44 in der Grub« beschäftigten Arbeitern gelang eS nicht mehr, den rettenden Ausgang zu erreichen. Obwohl sofort an die Rettung der Verunglückten gegangen wurde, konnte man nicht z» ihnen gelangen, da die Grube von allen Seiten von Flammen um« geben ist, die sich entwickelnden Schwefcldämpfe haben offenbar den Tod aller in der Mine eingeschlossenen Arbeiter herbeigeführt. Auch von den Rettungsmannschaften büßten zwei ihr Leben ein, während zehn schwer verletzt wurden. Sankt Bureankratismus und Notstand. Ein nettes Stiicklein wird unserem Erfurter Parteiblatt auS dem Schlvarzbnrg-SoiiderShanseiischen Orte Penne Witz berichtet. Um die Noilage der kleinen Viehbcsitzer zu mildern, war die Er- laubni« zur Entnahme von Streu auS den Staatsforsten erteilt worden. An einem Tage in voriger Woche machren 45 Penne- witzer Einwohner, darunter auch der Burgermeister , von dieser Erlaubnis Gebrauch. Als sie aber die in Säcke gefüllte und auf Wagen geladene Streu abend» obsahren wollten, ereilte sie das Verhängnis. Der Waldläufer erstattete Anzeige, weil die Streu nicht auf mit Zugtieren bespannten Wagen, sondern nur auf Schtcbekarren oder Handwagen oder als T r a g I a st nach Hause geschafft werden durfte. Und nun geschob das Unglaubliche. DaS Forstamt Gehren beantragte die Bestrafung der Uebeltäter und wirklich erhielt jeder von ihnen ein Strafmandat über 18,00 Pf. oder iüni Tage Gefängnis wegen F o r st d i e b st a h l S l'" ml Eine wirklich probate Notstandsaltion l Kleine Notizen. Unglückliche LIc»e. Der in Holle wohnhafte Lithograph Kanocha war von Liebe zu der Tochter seiner Wirtin erfüllt. Als ba» junge Mädchen fem Werben znrückwirs. drang er mit einem Messer auf die Hartherzige ein und bracht« ihr einen Stich in d i e W a n g e b e i. Dann sprang K a u o ch a au, dem Fenster und blieb t o t auf der Straße liegen." Schweres Grubenunglück in Amerika . In den Bergwerken der Wharton Steels Co. m H i b e r n i a kam es am Sonnabend zu einer Explosiom Zwölf Arbeiter büßten dabei ihr L-bcn ein. D-ppelselbstmord durch Absturz vom Kirchturm. Ein den vor- nehmsten Kreisen Rumäniens angehörendes Liebespaar stürzte sich. weil sich der Hnrat Schwierigkeiten i» den Weg stellten, vom Kirchturm der Ortschaft Kralfavo in die Tiefe. Furchtbar zerschmettert wurden di, Unglücklichen tot aus« gesund»«.
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