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schließlich noch bärauf gefaßt machen, daß aus Angst vor dem Zentrum RcgicruugSbcamte gemaßrcgelt werden, weil sie einer nicht bestehenden Wahlpflicht nicht genügt haben. Die Marokkoverhandlnngen. Der Kongo -Schacher soll nach den Mitteilungen deutscher bürgerlicher Blätter so weit gediehen sein, daß beim Zusammen- tritt der französischen Kammer am Ende der ersten November- Woche die Verhandlungen endgültig abgeschlossen sein werden. Die Regierung und ihre Organe schweigen sich natürlich über Stand und Ende der Verhandlungen noch immer gründ- lich aus. Auch in Reichstagskreisen rechnet man mit dem Abschluß der Verhandlungen zu dem oben angegebenen Zeitpunkte. Gleichzeitig wird behauptet, daß die deutsche und die französische Regierung sich dahin verständigt haben, die Marokko - Interpellationen in den beiden Parlamenten gleichzeitig zu beantworten und zwar soll das am 9. N o V e m b e r ge­schehen._ Was geht im Norde» Teutschsiidwestafrikas vor? Jfn den bürgerlichen Zeitungen wird das wiederholte Fallen der Otavi-Minen papiere weidlich besprochen. Aber den heikelsten Punkt, die Hauptursache hierfür, die Furcht vor Ver- Wickelungen im Ovambolande, hat die bürgerliche Presse zu verschweigen für gut befunden. Der»Vorwärts* hat schon am 17. August seine Bedenken über die Entsendung der großen Streitmacht unter Major Hirsch und v. Heydcbreck betont. Die Befürchtungen scheinen sich jetzt zu be- Wahrheiten, denn von keiner Seite, weder von dem Kolonialamte, noch von den Drahtziehern der Otavi-Z�inen wird berichtet, was die Expeditionen von Frankenberg und Hirsch bezweckt und erreicht haben. Die Eingeborenen sind durchaus friedliebend, wie der Marsch deS Hauptmanns Streitwolf und der Zug des Prospektors Einwaldt be- wiesen haben. Das Auftreten einer so großen Macht, wie sie Ende Juli nach Libebe geschickt wurde, konnte nur dazu angetan sein, die Eingeborenen stutzig zu machen und zu Widersetzlichkeiten zu reizen, wenn nicht die führenden Herren mit größter Vorsicht zu Werke gegangen sind. Es liegt nicht nur im Interesse der durch den Kurs- stürz geschädigten, vornehmlich kleineren Otavi-Minen-Aktionäre, sondern auch in dem des ganzen deutschen Volkes, daß die Regierung endlich ihr Schweigen bricht und eine offene Darlegung der ganzen Situation gibt. Durch die Vernichtung der HeroroS sind die deutschsüdwestlichen Farmer und die Unternehmer jeglicher Art der nächsten Arbeitskräfte deraubt worden. Werden noch die Ovambas hingeschlachtet, so sind Minen und andere Betriebe, auS Mangel an billigen Händen, einfach brachgelegt und ihre Aktien höchstens als Käsepapier zu verwerten. Die deutschen Steuerzahler aber hätten die Kosten des neuen Kolonialkrieges zu tragen._ Müller-Meiningen und die Saalabtreiberei. Vor wenigen Tagen hat der»verflixte* Dr. Müller, wie er sich selbst nannte, im Reichstage gelegentlich der Beratung der sozial- demokratischen Interpellation über die Verstöße gegen das Vereins­und Versammlungsrecht folgenden Satz geprägt:»Die Saal- abtreiberei ist eine politische Unanständigkeit ohnegleichen 1'(Sehr wahrf links.) Stimmt I Was sagen aber alle diejenigen, die Herrn Müller be- geistert zugestimmt Häven, dazu, wenn sie erfahren, daß im Wahl- . kreise desselben Abgeordneten in vielen Orten den Sozial- demokraten die Säle gleichfalls verweigert werden?! In den beiden gut liberalen Städten Meiningen und Hildburghausen kann der sozialdemokratische Kandidat Knauer keinen Saal zu Versammlungen erhallen; er muß deshalb in kleinen Gast- stuben sprechen. Dieser unwürdige Zustand besteht schon jähre- lang und ist Herrn Müller bekannt. Ja, viele Wähler behaupten sogar, daß er dieses eigenartige Vorgehen seiner Parteifreunde billigt. Demgegenüber betrachte man die im Reichstage mit großem Pathos und mit Entrüstung vorgetragene Kritik der Saalabtreiberei! Die sächsischen Fleischermeister gegen den preustischen Landwirtschaftsniinister. Sächsische Fleischermeister veröffentlichen gegen die Behauptung deS preußischen LandwirtschaftSministerS, die Ursache der jetzt be- stehenden Teuerung falle den Fleischermeistern zur Last, folgenden Protest:»Die Herren Landwirtschaftsminister sind wahrlich die besten Kronzeugen für die Feststellung, wo der Hase im Pfeffer liegt- Jedes Kind weiß, daß die Herren den Großagrariern, den größten Feinden des deutschen Mittel st andeS, nahe stehen, wenn sie nicht gar auS ihrer Mitte hervorgegangen find* Der Herr v. PodbielSki ist ja ein schlagender Beweis dafür. Da kommen denn die Herren und versichern, ihre Feststellungen seien auS einwandfreien statistischen Quellen geschöpft und spielen sich damit mächtig auf. Schaut man aber mal gehörig hin, so fallen alle ihre Angaben wie ein Kartenhaus zusammen. Daß wir Fleischer- meistcr nicht an der heurigen Teuerung schuld sind, das ergibt sich, wenn man die Verhältnisse einmal näher betrachtet. Wir weilen darauf hin, 1. daß z. B. in den Monaten Mai bis September diese» Jahre» Schweinefleisch zu einem Preise verkauft wurde, welcher häufig nicht höher war als die Höchstnotiz für Lebendgewicht; 2. daß sowohl die von landwirtschaftlicher Seite ins Leben gerufenen Konkurrenzfleischereien als auch die kommunalen Fleifchveckaufs- Unternehmungen sowohl in Deutschland als auch in Oesterreich , ohne Unterschied unter großen Verlusten ihr Dasein aufgeben; 3. daß die Preistreibereien nicht auf die Fleischer und Händler zurückzuführen sind, kann auch mit Leichtigkeit dadurch nachgewiesen werden, daß in den meisten sogenannten amtlichen Marktpreis- NolierungS- kommissionen stets die landwirtschaftlichen KommissionSmitglieder auf eine möglichst hohe Notierung der Lebendpreise hinwirken; 4. daß im Borjahre die Landwirtschaftliche VichverkaufSzcntrale in München sich darüber beklagte, daß die Händler ihr Vieh zu billig abgäben. Das sind wahrheitsgetreue Feststellungen, an denen kein Ministerium der Welt tippen kann, aber erst recht nicht der könig - lich preußische Landwirtschaftsminister. Ist eS nicht ein schreiendes Unrecht, daß ein hoher Beamter den Fleischern, die gewiß ebenso sehr darauf sehen müssen, die schweren Zeiten zu bestehen wie alle anderen Erwcrbsstände, die Konsumenten auf den Hais jagt! Ein Landwirtschaftsminister ist doch nicht bloß dazu da, in ein- seitigster Weise die ihm nahestehenden Großagrarier, die gepäppelten Lieblinge der Regierung in Ost- elbien, voran zu stellen und ihnen alle Dinge zum Besten zu kehren____ ES bleibt dabei: Der Mittelstand hat nur ein Mittel, der volksfeindlichen Wirtschaftspolitik, wie sie gegenwärtig besteht, ein En dezuniachei,: wir alle. Handwerker. Bauern. Beamte. Kauf- leute und Arbeiter, müssen am Tage derReichS- tagSwahl mit dem Stimmzettel in derHand für kräftige Abhilfe sorgen. Nur die größten Kälber wählen ihre Metzger selber. Parole muß sein: wählt keinen Konservativen!' Aus dem bayerischett Landtage. München , 21. Oktober 1911.(E!g. Ber.) Die sozialdemokratische Fraktion hat auch in dieser Session wieder Anträge gestellt, die den Staat zu entsprechender Fürsorge für die Arbeitslosen verpflichten wollen. ES soll einmal Arbeitsgelegenheit geschaffen und zweitens in das Budget eine Summe von 200000 M. eingesetzt werden zur Unterstützung derjenigen Städte, welche eine Arbeits- losenversicherung auf Grund des ministeriellen Musterstatuts ein- führen. Genosse Simon, der in der Frage der Arbeitslosen- Versicherung sehr gut eingearbeitet ist, begründete den sozial- demokratischen Antrag. Er konstatiert zunächst, daß die Arbeitslosigkeit zwar 1910 und 1911 etwas geringer geworden ist, aber inimer noch eine so bedeutende Hbhe erreicht, daß gegen diesen dauernden Mißstand auch dauernde Maßregeln ergriffen werden müßten. Die freien Gewerkschaften allein hätten seit 1903 bis ein- schließlich 1910 über 41 Millionen für Arbeitslosenunterstützung aus- gegeben. 1908 und 1909 waren es pro Jahr 8 Millionen, 1910 noch über 0 Millionen. lieber die Arbeitslosigkeit in Bayern gibt Genosse Simon für die einzelnen Monate der Jahre 1909 und 1910 an der Hand der Statistik der Arbeitsnachweise und Arbeitslosenzählungen ein genaues Bild. Eine ganze Reihe bayerischer Städte wären zur Einführung einer gemeindlichen Arbeitslosenversicherung bereit, wenn die Re- gierung einen Teil der Kosten übernimmt. Andere Staaten, wie Dänemark , Norwegen , Frankreich seien auf dem Wege voraus- gegangen, trotzdem dort die bürgerlichen Parteien die Herr- schast hätten. Im Auftrage der liberalen Fraktion spricht sich Abgeordneter Hübsch für den sozialdemokratischen Antrag auS. Die Liberalen sind mit der Einführung der gemeindlichen Arbeitslosen- Versicherung mit StaatSunterstützung einverstanden. Abg. Hübsch hält das für ein Uebergangsstadium. das aber in absehbarer Zeit wenigstens zu einer obligatorischen Versicherung aller Arbeiter innerhalb einer Gemeinde führen müsse. Für das Zentrum spricht Abg. Walterbach. Er gibt die Arbeitslosigkeit zu und auch die schlimmen Folgen derselben. A m Ende spricht er sich unter allerlei faulen Aus- reden gegen die Bewilligung der 200 000 Mark a u S. Die Städte müßten vorangehen.(In den Gemeinden sprechen sich die ZentrumSredner dagegen aus und sagen der Staat müsse erst Mittel bewilligen.) Jesuiten -Politik! Der Bertreter des B a u e r n b u n d e S ist prinzipiell gegen eine Aufwendung staatlicher Mittel für Arbeitslosenversicherung. Von unserer Seite spricht zu dem Antrag noch, hauptsächlich über pfälzische Angelegenheiten, Genosse Klement. Er charakte- risiert besonder? die arbeiterverrälerischc Politik deS Zentrums. Und die bayerische Regierung? Sie versichert durch den Minister des Innern, daß im kommenden Winter die Arbeitslosigkeit nach ihren Informationen wahrscheinlich keine besonders große sein wird und daß die nötigen Maßregeln getroffen sind. Bezüglich der staat - lichen Unterstützung der Gemeinden aber lehnt er vorläufig ab wegen der fortdauernden Ungunst der Finanzverhältniffe. Wie der konservative schlesische Parteitag zustande kommt, darüber gibt ein der BreSlauer»VolkSwacht' in die Redaktion ge- wehtes Schreiben Auskunft. Es heißt in demselben: »Am Sonntag, den 29. Oktober, mittags 11'/z Uhr, findet im großen Saal des.Konzerthauses' in Breslau , Garienstraße 39/41, ein konservativer Parteitag für Schlesien statt. Ich bitte, mit allen Kräften dafür Stimmung zu machen und auf zahlreichen Besuch hinzuwirken, damit sich der Parteitag zu einer gewaltigen Kundgebung der Konservativen Partei unserer Provinz gestaltet. Sollten die bei- liegenden Eintrittskarte», die ich bestimmt unter- zubringen bitte, nicht ausreichen, so sind von mir mehr zu beziehen. v. Beöczy, Vorsitzender.' Als besondere Zugnummer wird das Erscheinen deS Herzogs Ernst Günther zu SchleSwig-Holstein auf dem Parteilag angclündigt. In anderen Organisationen werden die Parteitage durch D e l e- gierte gebildet. Die Konservativen dagegen schaufeln die königS - treuen Schäfchen im Lande in die Leiterwagen und fahren sie maffen- weise zum Parteitag. Und diese Leute sollen dann eine eigene Meinung haben._ Die Wechselgeschäfte zweier Leutnants wurden am Montag vor dem Kriegsgericht der Königlichen Kom- mandantur verhandelt. Es handelte sich um die Leutnants Eggers und Schmidt. Beide Angeklagte sollen Wechsel über 1500, 1600, 3000 M. usw. arisgestellt haben, ohne jede Möglichkeit, die Papiere einlösen zu können. Sie sollen sich unter Vorspiege- lung falscher Tatsachen einen rechtswidrigen Vermögensvorteil ver. schafft haben. In erster Linie machten sie Berlin zum Felde ihrer wechsclrcitcrischen Straftaten. Ihre Geldkalamitäten sind auf ihren ausschweifenden Lebenswandel zurückzuführen. Auch U r l u n d en f ä l s ch u n g spielte unter den Delikten der Angeklagten eine Rolle. Ferner machten dieselben in Berliner Nachtlokalen Logis, und Zechschulden. Eine ganze Anzahl von Kellnern ist speziell von Schmidt um beträchtliche Summen ge- bracht worden. Unter den Zeugen befanden sich auch eine Anzahl Halbweltdamen. Nach Verlesung der Anklageschrift wurde für die ganze Dauer der Verhandlung wegen Gefährdung militärdienstlicher Interessen die Oeffentlichkeit ausgeschlossen. Der Prozeß dürfte einige Tag- in Anspruch nehmen._ franfcrneb. Tie Versinftnng der Kolonialbcamten. Paris , 22. Oktober. Die gesamte Presse beschäftigt sich eifrig mit den Vorkommnissen in Udscha. Allgemein wird das lebhafteste Bedauern über die Angelegenheit ausgesprochen, durch die in jedem Falle die französische Verwaltung in den Augen der Eingeborenen arg herabgesetzt werde. Mehrere radikale Blätter greifen den General Toutee heftig an. weil er offenbar ganz eigenmächtig vorgegangen sei und seine Befugnisse in bedenklichster Weise überschritten habe. Ucber die Angelegenheit wird heute berichtet, daß die von einem Militärzahlmeister vorgenommene Prüfung der Kassen- bücher der verhafteten Beamten unzweifelhaft betrüge- rische Maßnahmen ergeben habe. Ferner sei festgestellt wor- den, daß von den in den beiden Banken in Udscha hinterlegten Summen im Betrage von 1 040 000 Frank mehr als d i e Hälfte verschwunden sei. Mehrfach wird behauptet, zwischen General Toutee und Destailleur habe eine Feindschaft bestan- den, die darauf zurückzuführen sei, daß während des letzten ma­rokkanischen FcldzugeS aus Grund von Berichten DestailleurS dem General Toutüe zu dessen größtem Acrger der Befehl erteilt worden sei, den Mulajafluß nicht zu überschreiten. General Toutöe habe seither wiederholt auf Umtriebe DestailleurS aufmerksam gemacht und namentlich darauf hingewiesen, daß infolge der zügellosen Terrainspekulationen DestailleurS die Trazicrung der Nahnlinie Oran�-Udscha großen Schwierigkeiten begegnet sei. H u m a n! t e" behauptet, die Verhaftelen hätten die E i n g e b�o k 6- nen in schmachvoller Weise um ihre Grund st ücke gebracht und Waffenschmuggel getrieben, indem sie den Riflcutcn aus Belgien stammende Gewehre verschasften, Cnglanck. Ministerwechsel? London , 23. Oktober. Im Zusammenklang mit einer An- zahl bevorstehender Aenderungen im Kabinett ver- lautet, der Erste Lord der Admiralität M c K e n n a sei von seinem Posten zurückgetreten und werde ein anderes Portefeuille übernehmen. Etos der parte!* Der Bezirkstag des RegiernngSbezikkS Merfekurg fand am Sonntag im Volkspark in Halle a. S. statt. An der Tagung nahmen Delegierte aus allen zu dem Bezirke gchörigeu Wablkreisen, mehrere ReichStagSIandidatcn und sonstige Partei- funktionale teil. Es herrschte Einmütigkeit über die Tätigkeit des Bezirksvorstandes und BezirkSsckretärS. Obwohl im Bezirke die Reaktion kühn da§ Haupt erhebt und die Justiz erhebliche Opfer forderte, man schreckte nicht davor zurück, Arbeiter, die jahrelang ihre Steuern zahlten, mit Ausweisungen zu drohen, so bald sie sich als»Ausländer" in einem Streik an die Seite ihrer Klassengenosscn stellten sind dennoch gedeihliche Fortschritte zu verzeichnen. Trotz aller Verfolgungen und Polizeimaßnahmen hat sich der Mitgliederbestand im Bezirk um 1590 vermehrt, so daß jetzt 20 364 Parteimitglieder den Organi- sationen angehören. Die Finanzen stehen gut und eS konnte nach dem Referat des Genossen Drescher über die kommenden ReichStagSwahlen konstatiert werden, daß man mit Freude der Generalabrechnung mit den Volksausbeutern und Lebensmittel- verteuerer» entgegensieht. Der Bezirkstag, der gute Arbeit geleistet hatte, wurde abends gegen 5 Uhr mit dem üblichen Hoch auf die Partei geschlossen._ Die zweite Bnlkankonfcrrnz. In Belgrad haben sich am 13. Oktober die Vertreter aller balkanländischen und südslawischen sozialdemokratischen Parteien ver- sammelt, um in einer Vorkonferenz die notwendigen Vorbereitungen für die zweite sozialdemokratische Balkankonferenz zu treffen. Die Konferenz soll Weihnachten in Sofia abgehalten werden. Jetzt in der Zeit der politischen Verwickelungen auf dem Balkan und der Aktualität der Orientfrage hat diese Konferenz eine große Be- dentung._ Rote Spitzel.' Welche unglaublichen Dinge der»Reichsverband' aller Welt, vor allem aber seinen Mitgliedern auftischt, da? hat seine V e r l a g S a n st a l t in den letzten Tagen durch folgenden Borfall bewiesen: Am 4. Oktober bestellte, wie uns berichtet wird, unser Genosse Pagets bei dem VerlageTeutonia" von dem jetzt neu erschienenen Handbuch für nichtsozialdemokratische Wähler" drei Exemplare nebst Rechnung. Er war der Meinung, daß der Verlag selbst sich seines Handbuches nicht zu schämen brauche und eS jedem anständigenMenschen gegen Bezahlung in die Hand geben könne. Er gab seinen vollen Rainen und Adresse bei der Bestellung an. Anstatt der gewünschten Bücher oder eines anständigen Be- scheidcS erhielt er jedoch am 20. Oktober einen Korrekturabzug der .ReichSvcrbandS-Korrejpondenz" anonym zugesandt, in dem folgendes zu lesen war: »Abermals rite Spitzel entlarvt. Die sozialdemokratische Partei, die bei jeder Gelegenheit ihrer Entrüstung über angebliche Polizeispitzel Ausdruck gibt, hat selbst das Spitzeltum großartig organisiert. Wiederholt konnte die Reichsvcrbands-Korrespondcnz" darüber Mitteilung machen. Be- sonderS suchten sich sozialdemokratische Genossen und Obergenossen in den Besitz deS literarischen Material! deS Reichsverbandes zu setzen. Glücklicherweise hatten die unter falscher Flagge heran- gekommenen Mitglieder der Partei»für Kultur und Gesittung' niit ihren Spitzeleien keinen Erfolg, da der Reichsverband über . die Organisationen der Sozialdemokratie gut unterrichtet ist und daher regelmäßig die Spitzel entlarvte. In den letzten Monaten konnten folgende Fälle von Spitzeleien ermittelt werden: In einein freundlichen Brief an die VerlagZanstalt des Reichs- Verbundes ersuchte ein Herr Alex PagelS in Charlottenburg , Rosinenstr. 3, um drei Exemplare des»Handbuches für nicht- sozialdemokratische Wähler" nebst Rechnung. Herr PagelS hatte wahrscheinlich die Rosinen im Kopfe, daß der ReichSverband nicht mcrlen würde,»wie sein Nam' und Art". Darin hat er sich aller- dingS getäuscht. Genosse Page.S gehört zu den sozialdemokratischen Unterführern, hält Vorträge in sozialdemokratischen Versammlungen. leitete 1908 die LandtagSwahl in Rixdorf usw. Im Hause Rosinenstr. 8 in Tharlottenburg befinden sich lauter soziäldemo- kralische BureauS: Sozialdemokratischer Zentralwahlverein für Teltow- Beeslow- Storkow- Charlottenburg. Transportarbeiter- verband Groß-Berlin und Gau III. Allgemeine Ortskrankenkasse für die vereinigten Gewerbebetriebe, Porzellanarbeitervcrband, VolkShanS Charlottcnburg." Es wird also hier den Mitgliedern borgegaukelt, unser Genosse habe sich verwerflicher Spitzelmanövcr bedient, um in den Besitz deö Materials zu kommen. Es macht den Reichsverbandshelden auch gar nichts aus, daß ihre Behauptung schon dadurch widerlegt wird, daß die Bestellung unter richtiger Angabe deS Namen» und der vollen Adresse einlief. Dieser Vorgang beweist aber, wie ängstlich man im Reichs- vcrbandSlager darüber wacht, daß niemand Einblick in sein»Material' gegen die Sozialdemokratie erhält, damit eS nicht zu früh in seinem wahren Werte erkannt wird.__ Sozialdemokratische Preßsünder im Gefängnis. Unser Partei« organ in Stettin , der»Volksbote', klagt über die Behandlung deS wegen PreßvcrgehenS inhaftierte Genossen Heise. Nach diesen Klagen hat der Genosse Heise die Vergünstiglingen, die ihm in Stargard gewährt ivurden. in Stettin nicht erhalten. Die Selbstbeköstigung wurde abgeschlagen, sein Eßgeschirr muß er sich in kaltein Wasser reinigen usw. Sozialdemokratische Preßsünder können neidisch auf gewisse hochgeborene Verbrecher blicken. Personalien. Redakteur Genosse Jakob, bisher am »Nordd. Volksblatt" in Nüst ringen, ist am 23. Oktober in das Presseburcau eingetreten. poll-elll-bes, Verlebt liebes ufw, Ein empfindlicher Gemeinbeausschust. Der Verantwortliche derNordd. V o l k S st i M m e", Ge­nosse B a r tz, und daö ehemalige Gemeindeausschußmitglied in Schikfdorf, Genosse Gottschalk, wurden Ende Juni diese? Jahres in Bremerhaven wegen Beleidigung des Gemeindeausschusses in Schiffdorf verurteilt, und zwar Bartz zu einem Monate Ge- fängnis und Gottschalk zu 100 M. Geldstrafe. Am Montag hatte sich die Straflammer in B r e me n als Berufungsinstanz mit dieser Sache zu beschäftigen. Nach dem Ergebnis der Verhandlungen hat Gottschalk als GemeindeauSschußkanoidat in einer Versammlung erklärt, ihm sei einmal als Ausschußmitglied von einem Vertreter der Bauern Geld angeboten worden. Der Bauer, der Gottschalk das Geld angeboten haben soll, konnte sich als Zeuge an die Sache nicht mehr erinnern, gab aber zu, daß er damals einen über den Durst getrunken hatte. Die Berufungsinstanz kam ebenfalls zur Verurteilung und erkannte gegen Bartz auf eine Geldstrafe von 300 M., eventuell 30 Tage Gefängnis. Die Strafe Gottschalks blieb bestehen.