Gewerkfcbaftlicbea. Arbeitslose Cage und Streiktage. Die Gegner der Arbeiterbewegung suchen immer wieder b'en Glauben zu erwecken, daß das„ewige Streiken" die Ar- beiter durch allzu große Verluste an Arbeitslohn in Armut und Elend bringe, und daß es ihnen viel besser gehen tvürde, wenn sie, hübsch zufrieden mit dem. was ihnen der Unter- nehmer bietet, sich auf keine Arbeitseinstellung einlassen würden. Nun ist dieser Tage die amtliche dänische S t a t i st i k über die Streiks und Aussperrungen des Jahres 1310 erschienen. Danach war die Zahl der Lohnkämpfe 71. Für 11 davon fehlen die näheren Angaben, sie waren offenbar auch nur unbedeutend. An den 00 übrigen waren 120 Unter- nchmer und 2478 Arbeiter beteiligt. Davon hatten etwa Zweidrittel selbst die Arbeit eingestellt der Rest war aus- gesperrt. Die Zahl der verloren gegangenen Arbeitstage wird auf 60 700 angegeben. 1309 waren es rund 60 000 Tage. Von 1301 bis 1308 schwankt die Zahl zwischen 18535 (1303) und 438 125(1305). Im ganzen waren es im ersten Jahrzehnt des Jahrhunderts rund 1 638 000 durch Lohn- kämpfe verlorene Tage. Der entgangene Arbeitsverdienst läßt sich auf rund 6 Millionen Kronen(6� Millionen Mark) berechnen. Es wäre natürlich verkehrt, diesen Betrag als wirklichen Verlust der Arbeiterschaft zu buchen. Denn die Arbeiten, die während der Kämpfe liegen blieben, wurden zum weitaus größten Teil später doch ausgeführt. Dazu kommen die Millionen, die in Form von Lohnerhöhungen errungen wurden: nicht zu reden von der durch die Verkürzung der Arbeitszeit und die durch Lohnerhöhungen bewirkte Steigerung des Massenverbrauchs vermehrte Arbeitsgelegen- heit. Weit größer sind die Verluste, die die Arbeiter gegen ihren Willen, hauptsächlich infolge der mangelhaften Orga- nisation unserer Gesellschaft, durch Arbeitslosigkeit erleiden. Allein im Jahre 1310 wurden für die organisierten Arbeiter, für die allein Material vorliegt, uicht weniger als 2 101 500 arbeitslose Tage festgestellt. Der Verlust berechnet sich auf «twa 8 Millionen Kronen, ist also in einem Jahre um ein Drittel höher als der scheinbare, von den Arbeitern freiw'llig zur Verbesserung ihrer Lage übernommene eines ganzen Jahrzehnts._ Berlin und Umgegend. Der Streik der Berliner Former und Gietzereiarbeiter. Am Montag vormittag waren die streikenden Former und jGießereiarbeiter wieder in beiden Sälen des Etablissements „Pharussäle" vollzählig versammelt, um zum Stand des Streiks Stellung zu nehmen. Cohen berichtete, daß sich seit der letzten Streikversammlnng nichts Wesentliches am Stand des Streiks ge- ändert hat. Auf den Brief der Metallindustriellen, in dem als Vorbedingung für weitere Verhandlungen die Aufnahme der Arbeit gefordert wurde, ist, entsprechend dem einstimmigen Beschluß der letzten Streikversammlung, geantwortet, daß diese Vorbedingung nicht erfüllt werden könne. Man könne jetzt übrigens an den ein- zelnen Maßnahmen der Arbeitgeber sehr wohl deren Taktik er- kennen. Es wird versucht, in Berlin Arbeitswillige zu bekommen, aber bis jetzt ohne irgendwie nennenswerten Erfolg. Weiter wird versucht, Streikmodelle auswärts unterzuschmuggeln. Das geschieht in der mannigfaltigsten Art. Trotzdem aber sind bereits aus zirka 30 Orten Streikmodelle gemeldet, und täglich mehren sich die Mel- düngen. Ein Beweis, daß die Metallarbeiter außerhalb Berlins auf dem Posten sind und sich nicht täuschen lassen. Der Verfolgung von Streikarbeit müsse immer mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden, um den Berliner Metallindustriellen möglichst jede Zufuhr von Guß abzuschneiden. Auch eine dritte Maßnahme der Arbeitgeber verdiene erwähnt zu werden. Es wird nämlich in den Betrieben, wo infolge von Gußmangel Stockungen eintreten, versucht, gegen die Streikenden Stimmung zu machen.„Bedanken Sie sich bei den streikenden Formern und Ihrer Organisation, wenn jetzt keine Arbeit ist", erklärten verschiedene Arbeitgeber. Cohen bemerkte, dieser Versuch, bei den übrigen Metallarbeitern mit solchen Be- nierkungen Stimmung gegen den Streik zu machen, sei zu durch- sichtig, als daß der beabsichtigte Zweck erreicht wird. Die Herren sollten sich doch sagen, daß jahrzehntelange Organisationsarbeit verhindert, daß solche Bemerkungen irgendwie bei den Berliner Metallarbeitern verfangen. Zum Schluß forderte Cohen auf, nach jeder Richtung hin auf dem Posten zu sein, um so durch gemeinsame Tätigkeit den Kampf zu einem guten Ende zu führen.(Beifall.) In der kurzen Diskussion kam zum Ausdruck, daß allseitig die feste Absicht zu rühriger Mitarbeit am Streik besteht. Die„Sparten" zum Bnchdruckertarif. Der Verein Berliner B u ch d r u ck- M a s ch i n e n- m e i st e r nahm am Sonntag in einer außerordentlichen General- Versammlung den Bericht über die Tarifverhandlungen entgegen. Der Referent Hoher gab zunächst eine Darstellung der allgemeinen Bestimmungen, die bereits in der großen Versammlung des Buch- druckerverbandes im Sportpalast besprochen wurde und ging dann über zu den Spezialbestimmungen der Maschinenmeister. Der Referent bemerkte zum Schluß, die Kollegen würden wohl mit den Bestimmungen für die Drucker nicht sehr zufrieden sein.— Zur Diskussion über den Bericht soll eine besondere Versammlung ein- berufen werden.„,.„,,. � Die Versammlung nahm Kenntnis von der erfolgten Ver- schmelzung des Klubs der Notationsmaschinenmeister mit dem Verein der Buchdruckmaschinenmeister, in dem die ersteren eine be- sondere Abteilung bilden.— Der aus dem Konflikt im„Lokal- anzeiger" bekannte Rotationsmaschinenmeister Huf wurde in die Zentralkommission gewählt..„« Sehr stark besucht war eine Versammlung der Berliner Ma- s ch i n e n s e tz e r, die in den..Arminhallen" stattfand. Saal und Galerie waren dicht besetzt. In der Diskussion sprachen alle Redner gegen den Tarisabschluß. Gegen eine Stimme wurde schließlich folgende Resolution Musslal-Engelmeier angc- nommen:„ „Die am 22. Oktober in den„Arminhallen nahezu voll- zahlig versammelten Maschinensetzer von Berlin und der Mark Brandenburg protestieren nachdrücklichst gegen die ihnen bei der letzten Tarifberatung zuteil gewordene Behandlung. Die Preis- gäbe der ein volles Jahrzehnt innegehabten tariflichen Rechte durch Verlängerung der Arbeitszeit um täglich �-Stunde, die ErhöhungderLei st ungenundHer- absetzung des Tausendpreises usw. erachtet die Per- sammlung als einen so unsozialen und die tatsächlichen Verhält- nisse ignorierenden Akt, daß hierdurch der Gedanke der Tarif- gemeinschaft eine schwere Einbuße erleiden muß. Tie Versamm- lung ist davon überzeugt, daß die Handsetzerkollegen es wenig angenehm empfinden, daß nian die Maschinensetzer opfert, ihnen die ein volles Jahrzehnt innegehabten Rechte brutal kassiert, um die den Maschinensetzern abgejagten Vorteile teilweise den Hand- setzern zu geben. Die Versammlung nimmt diesen in der Ar- beiterbewegung einzig dastehenden Akt der Jnteressenv c r n a ch- l ä s s i g u n g als Anlaß, mit vollster Energie dahin zu wirken, daß bei so einschneidenden Schritten das Mitbestimmungsrecht der Mitglieder besser gewahrt wird, um so unfaßbare Ver- schlechterungen für die Zukunft unmöglich zu machen. Gegen das Koalitionsrecht der Berliner Omnibus- bediensteten! Bei der Allgemeinen Berliner OmnibuSgesellschaft bestehen Lohn- und Arbeitsbedingungen, welche unglaublich erscheinen. Der Lerantw. Redakt.: Richard Barth , Berlin . Inseratenteil verantw.: Anfangslohn für Schaffner beträgt 80 M. und steigt nach 20 Jahren auf 120 M. pro Monat. Für Kutscher ist der Anfangslohn auf 10S M. festgesetzt und steigt nach 30 Jahren auf 1S0 M. pro Monat. Die Arbeitszeit beträgt täglich 15 bis 18 Stunden, d. h. die Schaff- ner und Kutscher steigen des Morgens auf den Wagen und ver- lassen denselben nur Nachts, wenn sie wieder auf das Depot fahren. Pausen zum Einnehmen der Mahlzeiten sind nicht vorgesehen. Genau so liegen die Verhältnisse für die Stalleute. Angesichts dieser Verhältnisse ist es kein Wunder, wenn die Fluktuation unter dem Personal außerordentlich groß ist. Dadurch hat allerdings die Gesellschaft einen großen Vorteil, indem sie fast ständig nur„An- fangslöhne" zu zahlen braucht. Dennoch besteht unter dem Personal das Verlangen, diese unglaublichen Zustände zu beseitigen. Sie wandten sich wiederholt an den Transportarbeiterverband. Dieser berief auch öfter schon die Angestellten zu Versammlungen ein, aber durch das Ueberwachungsshstem, welches die Omnibusdirektion ein- geführt hat, wurden die meisten Verhandlungen illusorisch gemacht. In welcher Form das Ueberwachungsshstem funktioniert, konnte man am Sonnabend an der Köpenicker Brücke beobachten. Der Transportarbeiterverband hatte wiederum eine Versammlung für das Personal des Depots in der Köpenicker Straße einberufen. Schon lange vor der angesetzten Versammlung standen an jeder Seite des Eingangs zum Lokal je ein Inspektor, um jeden Be- diensteten zu notieren, der das Versammlungslokal aufsuchte. Außerdem hatten an der Köpenicker - und der Schillingsbrücke weitere Inspektoren und Bureaupcrsonal Posten gefaßt. Eine weitere Anzahl dieser Leute patrouillierten zwischen den Brücken hin und her. Des weiteren waren auch ein Teil Schutzleute in Zivil und Uniform anwesend. Unter diesen Umständen hielt es die Verbandsleitung für geboten, die Versammlung nach einem anderen Lokal zu verlegen und die Aufpasser am Engelufer stehen zu lassen. Jedoch nach 10 Uhr mutzte wohl den Aufpassern mitgeteilt worden sein, daß die Versammlung wo anders stattsinde. Eilig verließen sie ihren Posten, um nach dem neuen Versammlungslokal am Mari- annenufcr zu gehen. Gleichzeitig sandten sie nach dem dortigen Polizeirevier und machten Mitteilung von dieser Versammlung. Ein Schutzmann, welcher wohl den Auftrag dazu erhalten, ging in das Lokal und löste kurzerhand die Versammlung auf, welche noch gar nicht eröffnet war. Die zur Ucberwachung anwesenden Inspektoren hatten in der Zwischenzeit vor der Tür des Lokals Aufstellung genommen, um jeden Omnibus- angestellten zu notieren, welcher aus dem Lokal herauskam. Der Schutzmann forderte jeden Anwesenden auf. die Räume zu ver- lassen, weil die Polizeistunde schon überschritten sei. Ehe er aber in das Lokal ging, winkte er den auf der anderen Seite der Straße stehenden Aufpassern, daß sie herüherkommen sollten. Auf diese Weise glaubt die Direktion der Omnibusgesellschaft dem Personal das Koalitionsrecht unmöglich zu machen. Ob es ihr gelingen wird, ist bei der Zähigkeit der Agitation der Funktionäre des Transport- arbeiterverbandes allerdings recht unwahrscheinlich. Andererseits ist auch hier wieder der Beweis erbracht, wie das„liberale" Per- einsgcsetz von den Unternehmern und der Polizei ausgelegt wird. Der Streik in der Wäscheindustrie Berlins . Nachdem die Firma Wohl u. Heymann mit der Wäschearbeiter- schaft nach dreiwöchentlichem Streik einen annehmbaren Tarif ab- geschlossen, haben Montag früh sämtliche Streikenden die Arbeit wieder aufgenommen. Die Firmen Blume und F. u. M. Simon hatten zu Montag früh alles aufgeboten, durch Annoncen, sowie durch die Werbearbeit ihrer Waschfrauen, neue Plätterinnen und Zuschneider zu bekommen. Beide Firmen hatten hiermit keinen Erfolg. Nachdem für Blume die Wuschfrau Schulz und für Simon die Stärkerin Fr. Günther sich Muhe gegeben Arbeitswillige aus ihrem Bekanntenkreis heran- zuholen und auch einige Personen fanden, richtete die Firma Blume an ihr früheres Personal folgendes Schreiben: „Da Ihr Platz inzwischen anderweitig besetzt ist, und ich für Verlust oder Schaden an ihren Sachen nicht aufkomme, ersuche ich Sie hierdurch, sich Ihr Eigentum abzuholen; und zwar nur Freitag und Sonnabend in der Zeit von 10—2 oder 5— 8 Uhr. Geg. nstände, welche am Montag noch nicht abgeholt sein soll- ten, gebe ich alsdann zum Speicher." Geichzeitig wandte sich auch die Firma Simon an die Strei- kenden und schrieb: „Wir fordern Sie hierdurch auf, Ihre bei unS noch befindlichen Gegenstände am Montag, 23. 10,, vormittags zwischen 9 und 11 Uhr, abzuholen, da wir den Platz benötigen. Falls Sie die Sachen nicht abholen, übergeben wir solche dem Speditionshaus Brasch, Wusterhausener Straße 16, zur Lagerung auf Ihre Kosten." Bei beiden Firmen gingen die Streikenden geschlossen hin, um sich die Sachen abzuholen; Blume gab dieselben heraus. Ein origineller Empfang wurden den Streikenden bei Simon. Als sie angelangt waren, wurde schnell der Chef Herr Caßler herbeigerufen, dieser schloß alle Eingänge ab und verriegelte sie, um dann durch ein Fenster zu verhandeln. Die Arbeiterinnen verlangten, selbst ihre Sachen zu sehen, wenn sie eingepackt würden, und da man dies nicht zuließ, wurden sie aufgefordert zu gehen. Neben den Herrn Caßler befanden sich zwei Herren, die man für Kriminalbeamte hielt. Drei weitere Herren waren herbeigeholt, dieselben fuhren sich aber mit dem Fahrstuhl fest, konnten nicht zurück nach vorwärts. Die Streikenden verharren weiter im Streik. Arbeit darf hier niemand annahmen. Verband der Schneider und Waschearbeiter. Neue Konigstr. 6. Deutlcbes Reich. Ein Streit um die Tarifgemeinschaft. Vor der 10. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig spielt zur- zeit eine interessante Streitsache. Es handelt sich um nichts mehr und nichts weniger, als um das Sein oder Nichtsein einer Tarif- gemeinschaft. Nicht die Arbeiter, sondern die Unternehmer sind die Kläger . Sie fordern von den Arbeitern die Respektierung der Tarifgemeinschaft. Äei dem allgemeinen Interesse, das dieser Vorgang, der unseres Wissens bisher kein Pendant aufweist, erheischt, möge die Situation ausführlich beleuchtet werden. Die Hilfsarbeiter in den Leipziger Stein-, Licht- und Notendruckereien haben mit den Unternehmern einen örtlichen Tarif abgeschlossen, dessen Ende mit dem Ablauf dieses Jahres erreicht worden wäre. Es kam aber in der letzten Zeit der Ausstand der Lithographen und Steindrucker dazwischen, und als am 8. September die Gehilsen kündigten, nahmen die Prinzipale am selben Tage Massenkündi- gungen von Hilfsarbeitern vor. Es lag natürlich für die Hilfs- arbeiter nahe, in diesen Massenkündigungen nicht nur eine Kriegs- Maßregel gegen die streikenden Lithographen und Steindrucker, son- dern auch eine Verletzung des Tarifvertrages zu erblicken, den die Hilfsarbeiter mit den Unternehmern abgeschlossen hatten. Aus dieser Auffassung heraus kündigten auch die übrigen Hilfsarbeiter, und nun beklagen sich die Unternehmer über Tarifbruch der Ar- beiter. Bemerkenswert ist die Beurteilung dieser Sachlage durch das Tarifamt der Buchdrucker, das angerufen worden ist, weil der ört- liche Tarifvertrag der Leipziger Hilfsarbeiter mit den Unterneh- mern ausdrücklich auf der Grundlage der Tarifgemeinschaft der Buchdrucker basiert. Das Tarifamt entschied, daß die Prinzipale Massenkundigungen vorgenommen haben, und daß eS klüger ge- Wesen wäre, die Kündigungen nicht an demselben Tage vorzuneh- mcn, als die Kündigungen der Lithographen und Steindrucker er- folgten. Aber unberechtigt seien die Kündigungen trotzdem nicht gewesen Tic Hilfsarbeiter erklärten darauf in einer Versammlung am 27. September den Tarif für aufgehoben. Mitbestimmend für diesen einschneidenden Beschluß war die Tatsache, daß einige Tage zuvor abermals Massenkundigungen erfolgt waren. In Konsequenz ihres Beschlusses weigerten sich die Arbeiter auch, an einer Sitzung des Tarif-Schiedsgerichtcs teilzunehmen._ � Tb Glocke. Berlin . Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr. u Berlagsanstalt Einige der großen Firmen hahen nun die Organisation ftrr dem Landgericht wegen Tarifbruchs verklagt und fordern Schaden- ersatz. Am Sonnabend fand Termin in der Sache statt. Die Ver- treter der lithographischen Anstalten beantragten, das Landgericht möge die Arbeiter des Tarifbruchs schuldig erklären und sie zu Schadenersatz und Rücknahme der Sperre verurteilen. Der Ver- treter der Hilfsarbeiter beantragte dagegen, die Klage abzuweisen, weil das Zivilgericht nicht zuständig und der öffentliche Rechtsweg ausgeschlossen sei. Die Unternehmer führen zu ihrer Recht- fertigung an, sie hätten die Arbeiter wegen Arbeitsmangel ent- lassen müssen, nachdem die Lithographen und Steindrucker die Ar- beit niedergelegt hatten. Es handle sich daher nicht um Tarifbruch der Unternehmer. Eine Massenkündigung sei nur dann als Tarif- bruch anzusehen, wenn sie zu einem besonderen Zwecke erfolge. Ties treffe hier nicht zu. Ter Tarifvertrag sei etwas so wichtiges, daß er einen besonderen Rechtsschutz erfordere.— Die Arbeiter hingegen stützten sich auf die Vorschrift ihres Tarifvertrages, wo- nach die allgemeinen Bestimmungen auf dem Buchdruckertarif ba- sieren und daher dessen Grundsätze Anwendung finden müssen. Hiernach aber müssen zunächst die Gehilfenkreisvertreter eingreifen, wenn Mitglieder der Schiedsgerichte sich weigern, ihre Funktion auszuüben. Dann erst habe das Tarifamt einzugreifen. Die Durchführung des Tarifs habe das Tarifamt zu besorgen. Wenn diese Instanzen erschöpft seien, müsse das Gewerbeamt angerufen werden, und erst nach Erschöpfung aller dieser Instanzen sei der ordentliche Rechtsweg zulässig. Für diese Auffassung wurde die Vernehmung der Herren Büxenstein und Giesecke vom Tarifamt der Buchdrucker in Berlin beantragt. Ein weiterer Termin wurde für den 8 November anberaumt. Zum Lohnkampfe der Staatsarbeiter i« Bremen . Am Sonntagmorgen nahmen die bremischen StaatSarbeiter in einer von über 1700 Personen besuchten Versammlung die Be- richte der Arbeiterausschüsse entgegen. Diese waren von der letzten Versammlung beauftragt worden, nochmals mit den Verwaltungs- dcputationen zu verhandeln. Die Berichte riefen in der Versamm- lung allgemeine Entrüstung hervor. Wo den Arbeitern Zugestönd- nisse gemacht waren, betrugen sie im höchsten Falle 20 Pf. pro Tag. Die Forderungen auf Verkürzung der Arbeitszeit und Bezahlung der Ueberstunden und Sonntagsarbeit waren entweder abgelehnt oder eS war versprochen worden, diese Forderungen noch„in Er- wägung zu ziehen". In einzelnen Betrieben wurde den Arbeitern gar nichts bewilligt. Die Mehrzahl der Diskussionsredner verlangte unter diesen Umständen die sofortige Arbeitsniederlegung. ES gelang aber schließlich der Verbandsleitung, die erregte Versammlung zu be- wegen, für eine Resolution zu stimmen� wonach nochmals mit den Deputationen verhandelt werden soll. Als Grundlage soll für diese Verhandlungen dienen: die sofortige Einführung des 9�stündigen Arbeitstages und die des Neunstundentages von Mitte nächsten Jahres an, eine Mindestzulage für alle Arbeiter von 30 Pf. pro Tag und bei Krankheitsfällen die Bezahlung der Differenz zwischen Lohn und Krankenunterstützung. Nach Annahme dieser Resolution verließ ein Teil der Minorität unter Protestrufen den Saa� Versammlungen. Verband der Maler. In der am Donnerstag abgehaltenen Versammlung hielt Reichstagsabgeordneter Heine einen beifällig aufgenommenen Vortrag über das Thema:„Was erwarten die Unternehmer hinsichtlich des Koalitionsrechtes der Arbeiter von dem neuen Strafgesetzbuch."— Im Anschluß an den Vortrag erinnerte der Vorsitzende Mietz an die bevorstehenden Reichstags- wählen. Hier müsse jeder Arbeiter seine Pjlicht tun, damit das Zustandekommen reaktionärer Gesehe verhindert werde. Hierauf wurde der Versammlung die Abrechnung vom zweiten Quartal unterbreitet, die eine Einnahme von 143 561 M., eine Ausgabe von 33 683 M. und einen Bestand von 109 877 M. auf- weist.— Mietz bemerkte hierzu, das dritte Quartal zeige noch günstigere Verhältnisse als das zweite, namentlich hinsichtlich der Mitgliederzahl. Während im zweiten Quartal 540 Neuaufnahmen erfolgten, wurden im dritten Quartal 540 neue Mitglieder auf- genommen, Ein recht erfreulicher Erfolg. HctzU IVacbr fehten. Die LandtagSwahl in Elsaß-Lothringen . Strafiburg, 23. Oktober,(ffl. T. B.) Nachdem nunmehr aus sämtlichen Wahlkreisen die Ergebnisse der gestrigen Wahlen vorliegen, ergibt sich einstweilen folgender Besitzstand der Parteien in der neuen Kammer: Zcutrnm 18, dazu berechnet die Nationalisten Wetterlö, Pfleger und Gilliot; Liberale zwei(Wchrung und Michel); Lothringer Block neun. Sozial- demokraten fünf und ein unabhängiger Agrarier(Rudolph). Nachwahlen sind am kommenden Sonntag m 25 Wahlkreisen vorznnehmen._ Vom Kriegsschauplatz. Rom , 23. Oktober. (W. T. B.) Die„Tribuna" meldet aus Tripolis von heute: Die Lustschiffer, Kapitäne Piazza und Meize, unternahmen heute einen Erkundigungsflug bis Agezia. 12 Kilo- meter über Bumelina hinaus, und entdeckten vier türkische Lager in Abständen von 12 bis 14 Kilometern vor den Vorposten. Eines dieser Lager war sehr groß. Das 40. Jnfanteriebataillon. das eine Rekognoszierung unternahm, traf bei Boluk den Feind, der sich in beträchtlicher Entfernung hielt und zahlreiche Gewehrschüsse ab- gab. Die Türken flohen und ließen drei Tote zurück, Die Italiener hatten keine Verluste. Opfer dcö Gcbirgsfports. Reichenau , 23. Oktober. (B. H. ) Der 28jährige Lehrer Josef Loidclt ist be» einer Klettertour auf den Schneeberg 79 Meter tief abgestürzt und hat sich lebensgefährlich verletzt. Ein Frachtdampfcr gescheitert. Wie aus Bordeaux gemeldet wird, ist der von Sulina in Rumänien kommende griechische Frachtdampfer„Georgias" 300 Meter von der Küste an der Girondemündung gescheitert. Von der 22 Mann zählenden Besatzung konnten sich nur 7 retten. Das Schiff ist verloren. Im Gefängnis vergiftet. Lemberg . 23. Oktober,(ffi. T. 83.) Der seinerzeit zum Tode verurteilte Mörder der Schauspielerin Oginska, der Student Lc- wicki, hat sich im Gefängnis vergiftet. An feinem Aufkommen wird gezweifelt_ <sturm im Aermelkanal . London » 23. Oktober. (B. H. ) Der gestrige Sturm, im Acrmel- kanal hat an der englischen Nordlüste großes Unheil angerichtet. In Dover wurden eine LandungSbrvcke und mehrere kleine Gebäude am Hafen zerstört. In Hastings drang das Waffer in die Straßen ein und riß Mauern und Gitter weg. Ter Schaden ist ungeheuer gros,.________ Paul Singer 1; E o., Berlin LW. Hierzu 3 Beilagen u.NntcrhaltungSbl.
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