'„pioupiou", Ictnl jetzt den grausamen Ernst eines nordafrika - mschen Kr-iegeZ gründlich kennen. Die Periode leichter„Siege ", des ruhmlosen Bombardements unbewchrter Lehmmauern und halbberfallener Forts in den tripolitanischen Küstenstädten ist vorüber, jetzt kommt das erbitterte Ringen mit den einen Ver- zweislungslampf kämpfenden türkischen Truppen und den irregulären arabischen Reitertrupps, die mit ihrem unans- gesetzten, beunruhigenden Anstürmen und Ausweichen, eine an europäische Kampfesweise gewöhnte Truppe zur Verzweiflung bringen können. Wir haben von Anfang an daraus hingewiesen, daß die Italiener bei einem Vordringen ins Innere auf einen ent- schiedenen Widerstand der türkischen Truppen und der Araber stoßen werden. Daß sie sich aber schon unter den Mauern von Tripolis blutige Köpfe holen würden, konnte man kaum annehmen. Nichtsdestoweniger hat sich das Gefecht, das am Montag, den 23. Oktober, stattfand, in unmittelbarer Nähe der Stadt, in dem um Tripolis sich hinziehenden Oasengürtel abgespielt, und es spricht für den Kampfesmut der Türken und Araber, daß sie den Angriff in ein Terrain trugen, das noch im Bereiche der italienischen Schiffsgeschtitze lag, die ja auch tatsächlich in den Kanipf eingegriffen haben. Die Schlappe, die die Italiener erlitten haben, wird ihren Vormarsch ins Innere auf lange hinaus verzögern und hat ihnen eine Vorahnung dessen gegeben, was ihrer wartet, wenn sie, was ihnen schließlich gelingen kann, mit erdrückender Uebermacht und unter großen Opfern die erste türkisch -arabische Ver- teidigungslinie zurückgedrängt haben. Der Kampf vom Montag hat aber auch bewiesen, daß all das, was von italienischer Seite über Unterwerfung der Araber in die Welt hinausdepeschiert wurde, eitel Schwindel war. Wir haben sie auch stets als solchen bezeichnet und haben höchstens die Unterwerfung einiger Küsten- oder Stadt-Araber als möglich zugegeben. Aber auch das war in Wirklichkeit nicht einmal der Fall; die Italiener haben es nur bis zur„Unter- werfung" einiger korrupten Subjekte gebracht, deren Huldigung der italienischen Flagge jedenfalls mit einer Anzahl Goldstücke erkauft war. Muß doch jetzt von den Italienern, wenn auch sehr verklausuliert, zugegeben werden, daß die Araber in den Straßen von Tripolis die italienischen Truppen angegriffen haben, wozu ihnen höchstwahrscheinlich ein fluchtartiger Rück- zug der Italiener Anlaß gab. Jedenfalls hat der Montag den Italienern zum Bewußtsein gebracht, daß die tripolita» nischen Eingeborenen keine Lust haben, italienische Untertanen und Ausbeutmigsobjekte zu werden. Die Italiener verstehen es aber auch meisterhaft, den Haß der Eingeborenen zu schüren und zu stärken. Denn ihre vis- herige eitle Ruhmredigkeit wird jetzt nach der ersten Nieder- läge übertroffen von ihrer Brutalität nud Barbarei. Sie haben in Tripolis eine Blutjustiz etabliert, die Kriegsgerichte machen sich ihre Arbeit sehr leicht: Todesurteile gegen Araber werden im Handnmdrehen verhängt und vollstreckt. Fast ein halbes Hundert Araber sind schon von den Kugeln der Exekntionspelotons der„christlichen" Armee, die sich des besonderen Segens des Papstes, der Kardinäle, Erz- bischöfe usw. erfreut, niedergestreckt worden. Diese aller Kultur hohnsprechende Barbarei ist wohl auch so ziemlich das Einzige, was die italienischen Tripolishclden von der kolonialen Krieg- führung gründlich zu verstehen scheinen. Die Italiener werden in Tripolis auf zwei g e» trennten Kriegsschauplätzen zu kämpfen haben: in dem Hinterlande des eigentlichen Tripolis und im Innern der Cyrenaika . Auf beiden haben sie mit dem ver- einigten Widerstande der regulären türkischen Truppen und der irregulären Araber zu rechnen. Der bedürfnislose, an Entbehrungen gewöhnte türkische Soldat und der an die Dürftigkeit seiner Heimat gewohnte Eingeborene werden den Guerillakrieg' lange aushalten' können. Anscheinend stoßen zahlreiche türkische Offiziere auf Umwegen zu den Truppen in Tripolis , und die Versorgung mit Waffen und Munition wird sich auch über die tunesische und ägyptische Grenze ermöglichen lassen, denn in derartigen Situationen gibt es immer profitlüsterne Schleichhändler, die die Konjunktur aus- zunutzen verstehen. Ob die Türken in der Cyrenaika auch Ver- stärkung durch ägyptische Beduinen erhalten, läßt sich zurzeit nicht feststellen. Man braucht kein großer Prophet zu sein, um einen baldigen Umschwung der öffentlichen Meinung in Italien 'vorauszusagen. Bald werden Todesnachrichten und Meldungen über Verwundungen in zahlreiche Proletarierhütten und Bürgerhäuser flattern. Muß doch die Regierung selbst zugeben, daß der Kampf bei Tripolis am Montag 300 Tote gekostet hat(in Wirklichkeit lvcrden es wohl noch mehr sein), und auch bei Derna in der Cyrenaika hat es dieser Tage größere Verluste gegeben. Und wenn dann die durch eine verlogene, ruhmredige Presse über die wirklichen Gefahren und Entbehrungen getäuschten Soldaten ihre Eindrücke über die Oeds und die Armut des okkupierten Landes in die Heimat schreiben, wenn neue Ver- stärkungen nach Afrika gesandt, neue Millionen bewilligt werden müssen, dann wird der Volkszorn erwachen und mit dem brutalen und kopflosen Imperialismus Ab- rechnung halten. Tann werden auch die Lügcnkünste der pfäsfischen und kapitalistischen Presse versagen. Eine Gefahr für Europa bilden die Schwierigkeiten der Italiener in Tripolis insofern, als sie die italienische Re- gierung sehr leicht veranlassen können, die afrikanische Schlappe durch eine Aktion der Flotte im Aegäischen Meere oder durch die Beschießung eines türkischen HafenS in Kleinasien� weit- zumachen. Ein solcher Angriff gäbe den anderen Balkanstaaten den erwünschten Anlaß, auch ihrerseits auf den Status guo auf dem Balkan zu pfeife» und die ganze Balkanfrage auf kriegerischem Wege zu lösen. Die Heere Bulgariens . Serbiens , Griechenlands und Rumäniens haben ihre Mobilisation schon so gut wie beendet, Oesterreich-Ungarn hat in aller Stille Tntppenkonzentrationen in Bosnien und Slavonien vor- genommen, kurz eS bedarf nur eines geringfiigigen Anlasses. der aus dem frivolen Banditenstreiche Italiens einen Völker- krieg macht. Jedenfalls ist nicht mit einem baldigen Ende des Krieges zu rechnen und das internationale Proletakiat hat alle Ursache auf seiner Hut zu sein. Die italienische Darstellung der Lage. Tripolis , LS. Oktober. Di« Nacht vom 24, auf den 25. d. MtS. verlief ruhig. Gestern morgen bemerkte ein Aeroplan anrückende feindliche Streitkräfte sowie andere, die 15 Kilometer von den italienischen Vorposten entfernt lagerten. Diese Truppen wurden durch den AufklärungSoffizier auf nicht weniger als 5000 bis 6000 Mann geschätzt. In der Oase von Tripolis , 800 Meter von der italienischen Verteidigungslinie, bemerkte man zahlreiche Bewaffnete, die jedoch keinen Angriff machten. Die Oase wurde darauf durch die italienischen Kruppgeschütze sowie die Sch'ffsgeschütze beschossen. Die im Rücken der italienischen Etellun- gen befindliche Oase ivurbe von gefährlichen, arabischen Elemenken, die dort wohnten, gesäubert. Bei Rekognoszierungen auf dem italienischen linken Flügel wurdenruber 300vondenFeinden zurückgelassene Leichen gefunden. Man beschlagnahmte eine sehr große Zahl von Waffen aller Art, alter und moderner, und über eine Million Kartuschen. Waffen und Munitionsvorräte waren überall in Tripolis und Umgebung versteckt, in Häusern, Magazinen, Karawansereien, zwischen Waren, in Getreidesäcken, Kellern und Zisternen. Die Durchsuchungen dauern fort. Aber schon jetzt darf die italienische Verteidigungslinie als gesichert betrachtet werden. Die Araber dürfen die italienische Verteidigungslinie nicht mehr frei passieren. Die Ueberwachung ist überall sehr streng. Ein türkischer Unterhändler traf gestern bei dem Obersten Fara ein und verlangte die R äumung der eroberten türkischen Stellungen. Man antwortete ihm, die Türken und Araber sollten kommen und sie nehmen. Es handelte sich sicher um einen Offizier, der aus- geschickt war, um unter diesem Vorwande die italienischen Linien zu besichtigen. Natürlich wurde er mit verbundenen Augen herein- und hinausgeführt. ES ist noch nicht möglich, die italie- nischen Verluste genau anzugeben. Aber man kann schon sagen, daß sie niedriger sind, als man zuerst vermutet hat. Tie Lage in Homs . Benghasi , Derna und Tobruk ist unverändert. In Benghasi ist die Ausschiffung aller Truppen und Materialien beendet, ebenso in Derna. Alles nimmt seinen ge- regelten Fortgang auch in Tobruk . Der Gesundheitszustand ist sehr gutk Die italienischen Verluste. Tripolis , 26. Oktober. Die italienischen Verluste bei dem letzten Gefecht betragen nach zuverlässigen Mitteilungen 300 Tote und viele Verwundete, darunter viele Offiziere. Den Hauptstoß hatte das 11. Regiment auSzuhalten. Viele Leichen waren entsetzlich verstümmelt. Die letzten Vorfälle beweisen zur Genüge, daß die Italiener die türkischen Kräfte sehr unterschätzt haben, der Krieg fängt jetzt er st an. Die Entsendung»on Verstärkungen ist daher unvermeidlich. Die Ein, geborenen in der Stadt zeigen bis jetzt nur feindliche Haltung gegen die Italiener, da aber auch religiöse Momente in Frage kommen, ist es leicht möglich, daß die Lage fürdieEuro» päer überhaupt gefährlich wird. Die Stärke der türkischen Streitkräfte, die sich jetzt gesammelt haben, wird aus 30 000 Mann angegeben. Zwei Stämme mit Kamelen und vielen Vorräten sowie zwei Schelks werden noch erwartet. Viele türkische Stabsoffiziere sind noch zu den türkischen Truppen gestoßen. Hassan Riza Pascha, ein Schüler der deutschen Offiziere, hat jetzt den Oberbefehl über die Truppen übernommen. Es ist gelungen, große Geldiegdungen zu den TrMen zu schaffen.. Ein angebliches Seegefecht. Mailand , 26. Oktober. Der„Messagero* bringt aus Augusta die mit Vorsicht aufzunehmende Nachricht, daß das italienische Kriegsschiff.Napoli' in nächster Nähe der Dardanellen zwei türkischen Kriegsschiffen begegnet sei, die eS lebhaft angegriffen hätten. Die Türken hätten das italienische Schiff zwischen zwei Feuer nehmen wollen, aber diesem sei es gelungen, das eine türkische Kriegsschiff in den Grund zu bohren und das andere in dieglucht zu jagen. Die Cholera in Tripolis . Mailand , 26. Oktober. Der Spezialkorrespondent deS„Avanti" meldet au» Tripolis , daß seit gestern 20 Todesfälle an Cholera vor» gekommen seien._ Die chivesssche Revolution. Jeder Tag bringt der Revolution Erfolge. Die Nebellen haben die Truppen des Generals Jintschang umgangen und 120 Meilen nördlich von Hankau die kaiserliche Krieg skasse erbeutet, die 4� Millionen Mark in bar enthielt. Die Regierung kann also an die noch treu ge- bliebenen Truppen den Sold nickst zahlen, was bei der Stim» mung in der Armee sehr bedenklich ist. Auf diese Stimmung würde auch die Nachricht ein bezeichnendes Licht werfen, daß der General Jintschang von einem General» st a b s o f s i z i e r erschossen worden ist. Eine Bestäti- gung des Gerüchts steht allerdings noch aus. Die Nachricht von dem Einmarsch der Japaner in Mulden wird dementiert. Die japanische Regierung soll beschlossen haben, sich st r e n g n e u t r a l zu verhalten. Doch befürchten die Revolutionäre nach wie vor, daß die Mandschu- dynastie in ihrer Verzweiflung doch noch japanische Hilfe er- bitten wird. Das wichtigste Ereignis, das heute gemeldet wird, ist die revolutionäre Haltung der National- Versammlung, die an die Vorgänge in Paris vor Aus- bruch der Revolution erinnert. In der gestrigen Sitzung kam es zu stürmischen Szenen. In einer sehr scharfen Resolution wurde beantragt, den Eisenbahnministcr Scheng- juanhuai unterAnklagezu stellen. Der Minister wurde der Korruption und der Begünstigung des ausländischen Kapitals bei den Eisenbahnbauten beschuldigt, was zum Teil den Aufstand mit verursacht hätte. Ein Abgeordneter von Honan , der als ein Vertrauter Juanschikais gilt, forderte die Regierung auf. mit den Revolutionären Frieden zu schließen und ihre berechtigten Forderungen anzuer- kennen. Seine Rede wurde mit Jubel aufgenommen, der Präsident vertagte die Sitzung, um weitere Debatten zu ver» hindern. Tie Resolution gegen den Minister wurde ange» nommen. Viele eingeschüchterte Mandschuprinzen stimmten für den Antrag. Wenn die Regierung die Forderung nicht bis morgen erfüllt, will die Nationalver- sammlung sich a u f I ö s e n. Ermordung des kaiserlichen Heerführers? New Aork, 26. Oktober.„New Dork Herald" meldet aus Peking : In Militärkreisen ist das Gerücht verbreitet und hält sich standhaft aufrecht, daß der Kriegsminister Jintschang im Militärlager durch einen Gencralstabsoffizier ermordet ivorden sei. Dem Korrespondenten des Blattes war es jedoch nicht möglich, eine Bestätigung deS Gerüchts zu erlangen. Nach einem Telegramm des amerikanisckzen Konsuls in Tientsin ist die Stadt T s i n a n f u, die Hauptstadt von Schantung,� nachdem die Truppen gemeutert hatten, indieHändederRebellen gefallene Das Verhalten Japans . Peking , 26. Oktober. Es war mitgeteilt worden, daß die chine« fische Regierung versuchen würde, eine Fri st Verlängerung für die Zahlung der Boxerentschädigung zu erbitten. Jetzt wird bekannt, daß die chinesische Regierung auf eine solche Frist- Verlängerung verzichte. ES heißt, daß China eine geheime An« leihe zu diesem Zwecke abgeschlossen habe. Der Korrespondent deS.New Aork Herald' behauptet, erfahren zu haben, daß Anleihe» berhandkuligen mit Japan in der Schwebe seien. Die Zeitungen in Tokio berichten, daß die Revolutionäre japanische Kaufleute vor einer Unterstützung der Mandschuregierung durch Japan , sei es auf dem Wege einer Anleihe oder auf anderem Gebiete, warnten. Die Revolutionäre drohten, bei dem ersten Zeichen einer Unterstützung Chinas durch Japan , sofort den Boykott auf japanische Waren zu verhängen. Die Revolutionäre erklären ferner, glaub- würdige Nachrichten erhalten zu haben, daß Japan zwei Divisionen mobilisiert halte, und daß die japanische Flotte bereit sei, sofort nach China abzudampfen, sobald die Mandschudynastie Japans Hilfe für die Erhaltung des Thrones verlange. DaS Bombenattentat von Eantou. Canton, 25. Oktober. Durch den heutigen Bombenanschlag sind im ganzen 21 Menschen getötet, 13 verwundet und sieben Häuser beschädigt worden. Der Täter s e l b st, der ein Eingeborener aus dem Sunningdistrilt ist, wurde tödlich ver» wundet. Der„internationale" Straßenkampf. Berlin , 26. Oktober. Ueber die in der Presse vielfach erörterte Aktion der internationalen Truppen in Hankau gibt ein auSsührlicher Bericht des Kreuzergeschwaders nähere Auf» klärung. In der Nacht vom 12. zum 13. Oktober war ein Feuer in der Nähe der deutschen und englischen Niederlassungen ausgebrochen, und der chinesische Pöbel benutzte diese Gelegenheit, um in die Niederlassungen einzudringen in der Absicht, eine Plünderung zu versuchen. Der Einfall wurde zunächst durch das den Polizei- dienst veffchende deutsche und englische Freiiwilligen» KarpS aufgehalten, zu dessen Unterstützung dann noch die LandungS» abteilungen deS Kanonenbootes. V a t'e r l a n d" und des eng« tische n Kanonenbootes.Thistle' und eine Patrouille deS amefrilanifchen Kreuzers„Helena" herbeieilten. Dem schnellen und tatkräftigen Einschreiten der internationalen Triippen gelang es, wie bereits gemeldet, weiter« Exzesse des auf- geregten Pöbels zu verhindern und dadurch die Niederlassungen vo» allen weiteren Vorfällen freizuhalten. poiitilcbe(leberlicdt. Berlin , den 26. Oktober 1911. Wahlverwaudte schöne Seelen. Nach der Düsseldorfer Wahl schrieb die„Rhein.-Westf. Zeitung" als Vertreterin der rechtsnationalliberalen und konservativen Großindustriellen Rheinland-Westfalen , zunächst müsse die Taktik des Nationalliberalismus darauf ge- richtet sein. das Zentrum mürbe zu machen, da- mit es seinen politischen Hochmut fahren lasse und sich den Wahlbedingungen der chemisch- westfälischen Groß- industriellen und ihrer politischen Kommis füge. Wie eS scheint, hat diese schöne Hundecrziehungstakttk bei dem Zentrum tatsächlich den erwünschten Erfolg. Die„Rhein.-Westf. Ztg." veröffentlicht nämdlich mit einer gewissen Genugtuung in ihrer Nr. 1186(Mittwochabend- Ausgabe) folgende Zuschrift eines hervorragenden Mitgliedes der ZeutruniZpartei des Industriegebietes: Die billige Rücksichtnahme ans den in gutem Sinne modernen Geist im nationalen Lager ist dem Zentrum als Ganzem noch lange nicht in Fleisch und Blut übergegangen, wenngleich seine gescheiten Führer die Rotwendigleit einsehen und diese Einsicht auch zu betätigen praktisch genug veranlagt sind. Ich möchte da aufmerksam machen auf die Haltung des Direktors Dr. Broun» vom Bolksverein in der jüngsten Generalversammlung deS Augustinusvereins zu Köln . Nachdem von mehreren Herren die Natsamkeit einer Verständigung mit den Nationalliberalen im Westen hervor« gehoben und beifällig aufgenommen worden war, ging Dr. LraunS näher auf das.Problem' ein und plädierte unverhohlen für größeres Entgegenkommen gegenüber den nationalliberalen Wünschen auf kommunalpolitischem Gebiete. Unter den Beifall, der darob halblaut wurde(die Neuheit der Idee machte sich in einer unverkennbaren Gedrücktheit bemerkbar), mischten sich auch Bedenken und Widerspruch; grell klang durch diese Bewegung hindurch der Ausruf des Chefredakteurs eines Zentrumsblattes nahe am Sitze der.Rh.-W. g.':»Noch mehr Entgegenkommen?" Der badische Zentrumsführer Geistl. Rat Wacker stimmte Dr. Brauns bei, machte aber den überflüssigen Vorbehalt, daß eine Verständigung mit Anhängem des Großblocks ausgeschlossen sein müsse. Von Kölner Seite wurde die Idee ebenfalls gebilligt. Dortmunder Widerspruch wurde nicht laut, man hörte aber auch sonst kein Wort mehr für die Verständigungsidee. Im offiziellen Organ des SuguslinuSvereinS kehrte die Idee weniger zuversichtlich wieder. als sie in«öln gellungen hatte.(Lambert Lensing ist 2. Vor» sitzender des Augustinusvereiiis) Der Satz in dem erwähnten Artikel der.Rh.-W. Ztg.":„Es galt, dem Zentrum für seine allzu selbstsüchtige Parteipolitil auf den Stadthäusern einen Denkzettel zu geben", ist aber bestimmt inZentrumSführer» kreisenaufVer st ändniSge stoßen. Allerliebstl Höchst wahrscheinlich erleben wir eS also doch noch bei der nächsten ReichstagSwahl, daß im rheinisch- westfälischen Jndustricrevtcr das ultramontane „sozialpolitische" Zentrum mit dem groß- indusirielten Scharfmacherturn Arm in Arm zur Wahlurne marschiert— zur Erhaltung der heiligen Religion und de» lieben teueren Vaterlandes. Eine hundsgemeine Farce! Zur LandtagSnachlvahl in Elsast-Lothringen . Unsere elsässischen Parteiblätter, die Straßburger »Freie Presse' und die.Mülhauser BolkSzettung", veröffentlichen an der Spitze ihrer letzten Rummer einen Anfruf an die sozialdemokratischen Wähler, in welchem diese zur Unterstützung der liberal-demokratischen Kandidaten in den Wahlkreisen: Altkirch -Dammerkirch , Kolmar-West, Hüningen- Sierenz, Straßburg I und II. Brumath . TruchterSheim« Hochfeldcn, Bischweiler, Sulz-Wörth, Zabern -MaurSmüuster. Buchs« weiler-Liitzelstein, Metz I und II. Momigny-Sablon, St. Avold auf» gefordert und zugleich die Gründe dargelegt werden, die das Zentral» Wahlkomitee der sozialdemokratischen Partei Elsaß -Lothringens zur Abschließung eines Wahlbündnisses mit den Liberalen und Demo» kraten bestimmt haben. In dem Aufruf heißt eS: »DaS Zentrum ist die Partei der Heuchelei und des Volks» betrüge«, die vor den Wahlen dem Volk schmeichelt und ge- legenllich auch die Faust gegen die Regierung ballt, die nachher aber mit der Regierung liebäugelt, schacbert und kuhhandelt, im Interesse ihrer Sippe, zum Schaden des BolleS. Das Zentrum ist die Partei der Korruption und der Verlogenheit, die vor keinem Mittel, vor keiner Lüge zurück» schreckt, um den Gegner zu schädigen. Es ist die Partei der BolkSverhetzung. die mit der Religion, die von niemanden gefährdet ist. ungebührende Geschäfte zu machen sucht und sie m die Politik hineinzerrt. Das Zentrum ist auch die Partei des Wortbruche« und deS LolkSverrateS. vor den Wahlen verspricht c4,
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