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GewerkfcbaftUcbea. Die engUfcbcn öcharfmacher auf dem Knegs- pfade. London . 29. Oktober. (Eig. 0er.) Dem Ministerpräsidenten Asquiih ist eine von etwa 60 verschiedenen Arbeitgeberverbänden unterzeichnete Petition zu- gegangen, in der die Abschaffung oder Einschränkung des Streikpostenstehens, die Haftbarmachung der Gewerkschaften für die Handlungen ihrer Mitglieder und das Verbot des gewerkschaftlichen Zusammenschlusses gefordert wird. Kurzum, die Arbeitgeberverbände verlangen eine gründliche Revidierung des Gewerkschaftsgesetzes vom Jahre 1906, das sich die Arbeiterschaft nach schweren Kämpfen eroberte und das die Arbeiterorganisationen von dem Druck des Taffvaleentscheids befreite. Die Forderuugen seien hier wörtlich wiedergegeben, un, zu kennzeichnen, aus welcher Ecke augenblicklich in Groß- britannien der Wind weht. Die Arbeitgeberverbände verlangen: 1. Das Streikpostenstehen soll entweder streng unterdrückt werden oder die Zahl der Streikposten soll auf zwei beschränkt werden; diese Streikposten sollen ein Abzeichen tragen und sich nur dort aufhalten, wo jemand arbeitet oder sein Geschäft be- treibt. 2. Die Verbände, ob Arbeiter- oder Arbeitgeberverbände, sollen dem geineinen Gesetz des Landes unterworfen sein und wie alle anderen Klassen der Bevölkerung für ihre Handlungen veranlwort- lich gemacht werden.<Man will die Gewerkschaften wieder wie früher auf dem Wege der Legalität brandschatzen.) 3. Die Föderation von Verbänden zurLahmlegung des Landes" mittels eines Generalstreiks oder einer Generalaussperrung. die alle Industrien� und Verkehrswege in Unordnung stürzen und die Lebensmittelzufuhr der Nation unterbinden würde, sollte als eine ungesetzliche Vereinigung unterdrückt und als solche sofort proklamiert werden. Die erste Unterschrift ist die des Reederverbandes. Dann folgt dieChamber of Shipping", deren Häupter erst kürzlich von den im Harmoniedusel befangenen Seeleuten zu einer Versöhnungsfeier eingeladen wurden. Nette Versöhnung I ßertin und Umgegend. Der Streik der Berliner Eisenformer und Gießereiarieiter. In der Nummer desVorwärts" vom 24. d. M find die Namen der bestreikten Firmen veröffentlicht. Leider hat sich ein Fehler dabei «ingeschlichen. Die Firma Beermann ist nicht mit bestreikt. Diese Firma gehört dem Verband der Metallindustriellen nicht an. Deutscher Metallarbeiter-Verband. Ortsverwaltung Berlin . Lohnbewegung der Lithographen und Steindrucker. In der am. Oktober abgehaltenen zweiten Versammlung der Berliner Ausgesperrten und Streikenden, die wiederum sehr zahlreich besucht war, gab Lange vom Hauptvorstand einen allgemeinen Situationsbericht. Im Verhältnis zur Vorwoche bat sich wenig ge> ändert und steht die Bewegung für die Gehilfenschaft äuherst günstig. Trotz aller Ableugnungsversuche der Unternehmer hat die Bewegung doch nicht die Ausdehnung angenommen, wie daSSteindruck- gewerbe" in seiner Extranummer behauptet. Es ist teils allzu große Bescheidenheit, teils Größenwahn, wenn man die Zahl der Aus- gesperrten von 1306 mit 3560 statt genau 4562 angibt und die Ziffern der diesjährigen Bewegung von genau 4502 auf 6200 hoch- frisiert. Die Bewegung umfaßt seit b Wochen in Leipzig 1100, in Nürnberg , Frankfurt usw. seit 3 Wochen 1400 Streikende und kommen feit 2 Wochen in 37 Orten 2000 Ausgesperrte dazu; insgesamt in 49 Orten 4502, davon 2301 Steindrucker und 1611 Lithographen. Zu bemerken ist hierbei, daß seit 1906 sowohl der Schutzverband an Mitgliedern zugenommen hat, als auch die Organisation der Arbeiter aus 17 103 Mitglieder angewachsen ist. Vergleicht man nun hierniit die Zahl der Streikenden und Ausgesperrten, so ergibt sich, daß überhaupt nur 27 Prozent deS Verbandes in den Kampf hinein- gezogen sind. Noch günstiger gestaltet sich daS Resultat bei den Streikfirmen selbst. Der.Judaskauf" und der schon in der letzten Versammlung bekannt gegebene TerroriSmuS der Prinzipale hat nicht mehr vermocht, als daß nur 15 Proz. der bei den Firmen beschäftigten Kollegen, in der Mehrzahl ältere, stehen geblieben sind und ist die Zahl von 85 Proz. Streikenden ein glänzendes Resultat der gewerkschaftlichen Arbeit. Weiter phantasiert das Unternehmerorgan von einem großen Mitgliederschwund des Verbandes in diesem Kampfe. Merkwürdig I Die Berbandsleitung konstatiert eine Zunahme von 445 Mitgliedern und findet dafür eine horrende Abnahme bei den gelbenFrankfurter Sencfeldern". Dieses Lieblingskind der Scharfmacher zählte bis vor kurzem noch 1480 Mit- glieder.' darunter 532 Lehrlinge. Heute ist die Zahl auf 1355 zu- sammcngeschrumpft. Nachdem diese Organisation ihren Zweck, das Unternehinerlum mit stets willigen Arbeitskräften zu versorgen, nicht erfüllen konnte sdie Lehrlinge fanden nach dem Auslernen immer den Weg zum Verband), wurde gemeinsam zwischen Schntzverband und Fronlsurter Verein beschlossen, die Lebrliugsabteilung auf- zuHeben. Als Entschädigung dafür zahlt der Schutzverband jährlich einen Betrag von über 6000 M. an die Jnvalidenkasse des Vereins, die mit einem Wochenbeitrag von 40 Pf., bei einem Gebrauch von 1,30 M. pro Woche, nicht mehr existenzfähig war. Es ist interessant. daß gerade in der Hochburg der Gelben, Frankfurt , während der Bewegung 60 Eintritte in den Verband zu verzeichnen sind, darunter allein in einer Schutzvcrbandsfirma von 23 An- gestellten elf. während sich zwei ohne Eintritt solidarisch erklärten. 'Die weiteren Versuche der Schutzverbändler, auch den Fachverband Deutscher Stcindruckereibesitzer zur Aussperrung zu bewegen, schlug fehl und zeitigte nur eine Sympathieresolntion; bei der zu gleichem Zweck einbernfeiien Versammlung der Blechemballagen-Druckereien zog eS ein Teil der größten Firmen vor. erst gar nicht zu erscheinen. Unter diesen Umständen wird die Stimmung der Schutzverbändler einer baldigen Beendigung des Kampfes immer mehr geneigt, und ist es Pflicht der im Kampfe Stehenden durch festen Zusannnenhalt dafür zu sorgen, daß die Organisation gestärkt und gekräftigt aus dieser Beendigung hervorgeht. In der Diskussion nagelte E z e ch eine weitere Untvahrheit des Unternehmerorgans fest. Es ist nicht wahr, daß einem Mitglieds die Neiskuuterstützuug nicht gezahlt tvorden ist, im Gegenteil, sie wurde zu pünktlich gezahlt, da der Betreffende sich schon gleich nach seiner Airkunft zum Streikbruch bereit erklärt hatte und konnte ihm auf diese Weise leider nur die Uurzugsunterstützung gesperrt werden. Außer einigen anrüchigen Subjekten, wie sie sich in jeder Bewegung finden, setzt sich ein großer Teil der Stehengebliebenen aus Kollegen zuiaimnen. die nur durch die äußerste Not in der Familie zu diesem Schritte gedrängt wurden. Es sind wahre Verzweislungsschreie des tiefsten Elends/ die aus den an die Streikleitung gerichteten Eni- schuldigungsbriefe» dieser Kollegen sprechen. Und trotzdem mußte das Unternehmertum auch noch hier zu langfriitlgen Verträgen greifen, um diese Leute an sich zu fesseln. Im übrigen ist auch hier in Verlin der Stand des Kan'pfes ein lehr günstiger. Der Versuch. die Streikarbeit in den Privatanstalten unter- zubringen ist meist erfolglos und somit auch'» Berlin der günstige Ausgang des Kampfes sichergestellt. Achtiiiig, Lithographen! Die Firma Robert Kühn u. Co.. Berlin , Kreuzbergstr. 30. ist wegen Differenzen gesperrt. Verband der Lithographen. Steindrucker u. verw. Berufe Filiale III, Lithographen. Achtung, Gastwirtsgehilfcn! Nachdem am Donnerstag, den 26. Oktober, auf Anruf des Herrn Baatz Verhandlungen vor der Berliner Gcwerlichaftskoiiimission stattfanden, in der eine Einigung mit der Organisation erzielt tvurde, ist die Sperre über das Lokal ,A l t- B e r l i n", Blumen st r. 10, aufgehoben. _ Verband deutscher Gastwirlsgehrlfen. Verantw. Redalt.: Richard Barth , Berlin . Inseratenteil verantw,: Zur Zigarrenarbeiterbewegnng in Groft-Berlin . Die Bewegung der Berliner Zigarrenarbeiter beweist wieder einmal sehr deutlich, wie oft jene Leute sich irren, die glauben, angesichts einer sich regenden kräftigen Lebensäußerung der Arbeiter auf wirtschaftlichem Gebiet nichts Besseres tun zu können, als immer den Warner zu spielen.Es hat ja doch keinen Zweck." oderDer Zeitpunkt ist ungünstig". Mit solchen Worten glaubt jene Spezies von Leuten wunder welche Weisheit ausgekramt zu haben. Indessen rollt der Stein und die Tatsachen beweisen, daß sich jene Leute auch täuschen können. Es ist nicht an der Zeit, Jubellieder zu singen. doch kann man schon jetzt sagen, daß die Zigarrenarbeiterbewegung vom Jahre 1911 nicht erfolglos bleiben wird. Es arbeiten außer den laut Tarif beschäftigten etwa 180 Zi- garrenarbeitern zu zum Teil erheblich erhöhten Löhnen noch weitere 250 Arbeiter. Dessenungeachtet nimmt die Bewegung einen flotten Fortgang: auch auf Firmen außerhalb Berlins hat sie stark ein- gewirkt. Eine Trebbiner Firma, die ihren Sitz in Berlin hat, be- willigte ihren 130 dortigen Arbeitern den lange umstrittenen Tarif, ein Vorgang, der bald Nachahmer gefunden hat. Inzwischen mehren sich die Anfragen außerordentlich stark nach Firmen, die mit dem Deutschen Tabakarbeiterverband und ihren Arbeitern geregelte Ver- Hältnisse geschaffen haben. Es beweist das wiederum, daß der Berliner Arbeiter vorwiegend eben nur dort seinen Zigarrenbedarf deckt, wo die grünen Plakate des Deutschen Tabakarbeitcrverbandes aushängen. Inzwischen schlägt die Bewegung in Westfalen Wellen, die auch bis nach Berlin wirken. Namentlich in Berlin haben die westfäli- schen Zigarrenfabrikanten ihr Absatzgebiet, und es kann ihnen leicht glücken, daß durch ihr arbeiterfeindliches Verhalten der Berliner Markt ihnen entfremdet wird. In der Solidarität der konsumierenden Arbeiterschaft liegt eben eine Macht, die auch der schärfste Scharf- macher nicht ohne Schaden gegen sich aufbringen darf. Mit dem Stande der Berliner Bewegung sowohl als auch mit der Aus- sperrung in Westfalen wird sich dieser Tage eine Mitglieder- Versammlung der Tabakarbeiter beschäftigen. Arbeiter, Raucherl Kauft nur dort, wo die grünen Plakate deS Deutschen TabakarbeiterverbandeS, unterzeichnet Alwin Schulze, aushängen! Beachtet die Veröffentlichung der Firmen, die bewilligt haben. im»Vorwärts". Achtung, Zigarettenarbeiter! Bei der Zigaretten- firma F o v e a u x lKardinal) in Köln a. Rh. sind Differenzen aus- gebrochen. Der Zuzug nach dort ist fernzuhalten. Der Vertrauensmann. Die Speichereiarbeiter auf den Berliner Getreide- und Mehl- speichern stehen in einer Lohnbewegung. Für die Jahre 1905 bis 1303 bestand ein Tarifabkommen, das der Transportarbeiler-Verband mit den Unternehmern abgeschlossen hatte. Als im Jahre 1903 die schlechte Geschäftskonjunktur einsetzte, benutzten die Unternehmer diese Gelegenheit, das Tarifverhältnis zu kündigen. Trotzdem die Arbeiter seinerzeit keine erhöhten Forderungen stellten und auch gewillt waren, unter den Bedingungen des bisher bestandenen Vertrages zu arbeiten, willigten die Unternehmer dennoch nicht in eine Verlängerung deS Tarifs. Auf einen Lohnkampf konnten sich die Arbeiter damals wegen der ungeheueren Arbeitslosigkeit nicht einlassen. Trotzdem die Unternehmer seinerzeit erklärten, den tariflichen Swndenlohn von 55 Pf. weiterzuzahlen, ist dieses Versprechen nur von einzelnen Unternehmern gehalten worden. Die Mehrzahl der Arbeiter erhält zurzeit nur einen Stundenlohn von 50 Pf. Auch die Akkordlöhne, die auf einigen Speichern noch bestehen, find reduziert worden. Inzwischen haben die Unternehmer ihre Speicher mit modernen maschinellen Ausladevorrichtungen eingerichtet. Dadurch sparen sie Arbeitskräfte, wodurch die Zahl der Speichereiarbeiler, die früher ungefähr dreihundert Mann betrug, auf ungefähr 160 Beschäftigte zurückgegangen ist. Diese maschinellen Ein- richtungen dienen aber auch als Antreibesystem, weil die Maschinen das Herausheben der gefüllten Getreidesäcke aus den Kähnen, die gemeinhin 75100 Kilo wiegen, in schnellerem Tempo bewerk- stelligen, sodaß die Arbeiter beim Wegtragen und Stapeln der Säcke aus den Speichern mit der intensivsten Anspannung ihrer Kräfte ar- beiten müssen. Bei einer solchen Arbeitsleistung und bei den jetzigen Teuerungsverhältnissen ist ein Stundenlohn von 50 Pf. viel zu genug. Vor 14 Tagen beschlossen die Arbeiter daher mit Lohnforderungen an die Unternehmer heranzutreten. Der vorgelegte Tarif verlangt für Wäger resp. Vorarbeiter einen Wochenlohn von 40 M. und für Arbeiter 65 Pf. Stundenlohn sowie für Akkordarbeiter einen Grundlohn von 14 Pf. für schweres und 16 Pf. für leichtes Getreide pro Mann und 1000 Kilo, ferner eine Arbeitszeit von 9 Stunden. Die Forderungen find den Speichereibesitzern durch den Transportarbeiterverband zu- gestellt worden: Unterhandlungen sind bereits im Gange. Eine Versammlung der Arbeiter beschloß, daS Resultat der Verhandlungen zunächst abzuwarten. Berichtigung. In dem gestrigen Bericht über die Tarifbewegung in der Geschäftsbuchbranche ist ein Fehler enthalten. Die Lohn- aufbesserung von durchschnittlich 2 M. pro Woche ist nicht für 137 Zeitlohnarbeiter, sondern für insgesamt 310 Arbeiter und Arbeiterinnen eingetreten. veutkcbeo Reich. Zum Kampfe in der«vestfälisch-lippischen Tabakindustrie. Immer stärker schwillt das Heer der ausgesperrten Tabak- arbeiter an; über 9000 Beteiligte werden jetzt schon gezählt. Eine Begeisterung ünd Kampfesfreudigkeit herrscht unter den Tabak- arbeitern auf den Dörfern des östlichen Westfalen, in Lippe und Waldeck, wie man cs wohl selten findet. Wahrlich, wer die Wirt- schaftliche Lage der Kämpfenden kennt, mutz diesen volle Sym- pathie widmen. Seit dem Tage, an dem die Finanzreform den Tabakarbeitern die Tabakbesteuerung von 40 Prozent des Wertes des Tabaks zu den 85 Pf. bestehenden Tabakzoll pro Kilo brachte, wurde die wirtschaftliche Lage einer schon aus der tiefsten Stufe des Elends stehenden Arbeiterschaft noch erbärmlicher gestaltet. Ein unverdächtiger Zeuge, kein Hetzer, der Pastor v. Bodelschwingh, schildert in einer in der Druckerei der Anstalt Bethel bei Bielefeld gedruckten, von Bodelschwingh am 10. März 1908 in Dünne bei Bünde in Westfalen gehaltenen Rede das Los der westfälischen Tabakarbeiter folgendermaßen: Der Verdienst des Zigarrenarbeiters war nicht derartig. daß damit der Mann seine Familie ernähren konnte; er war es nicht und ist es bis heute noch nicht. Einen Familienlohn. d. h. einen Lohn, mit dem der Vater Frau und Kinder ernähren kann, warf und wirft die Zigarrenindustrie nicht ab. Frau und Kinder mutzten und müssen mitarbeiten." Eine Existenz, die auf die Arbeit kleiner Kinder aufgebaut ist! Die traurige Lage der Tobakarbeiter kommt aber so recht zum Ausdruck in folgenden Ausführungen des Pastors Bodcl- schwingh: Es ist aber immer als ein unnatürlicher und beklagens- werter Zustand zu betrachten, wenn die Frau durch die Verhält- nisse gezwungen wird, sich von ihrer Pflicht als Mutter und Hausfrau so frei wie möglich zu machen, um imstande zu sein. mitzuverdienen. Und das ist besonders zu beklagen bei der Zi- garrenindustrie! Denn die Zigarrenindustrie gehört zu den gesundheitsschädlichsten Industrien. Gerade in einer gesundheits- schädlichen Industrie sollte die Frau, als die Mutter des zu- künftigen Geschlechts, in besonderer Weise geschützt sein! Statt dessen hat gerade die Frau des Zigarrenarbeiters Verhältnis- mätzig den noch schwereren Teil der Arbeit zu tragen als der Mann. Während der Mann auf die Fabrik geht, mutz die Frau in der Stube, wo gekocht und die Wäsche getrocknet wird, wo d,e Kinder spielen und auch der Tabak auf dem Ofen trocknet. die Zigarren herstellen; und vielfach sitzen auch die Kinder um die Mutter, um gleichfalls am Tabak mitzuhelfen! Kehrt dann der Mann von der Fabrik zurück, so sitzen Mann und Frau vielfach bis tief in die Nacht hinein nebeneinander am Arbeits- tisch, um einen Wochenlohn von durchschnittlich 1825 M. zu Th. Glocke. Berlin . Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr. u Veriagsanstaft! «rarbeitett. Wenn schon daS Rauchen einer einzigen Zigarre bei den Nervenkranken einen schweren nervösen Anfall her- vorrufen kann, so liegt es auf der Hand, daß das beständige Einatmen der Tabakluft einen schädlichen Einflutz auf die Ge- sundheit haben mutz. Dieser schädliche Einflutz wird freilich stark gemindert, zum Teil sogar aufgehoben da, wo durch Garten- und Feldarbeit der Körper genügend Erfrischung erfährt. Aber der eigentliche Zigarenarbciter stirbt früh. Die Totenbücher des Landes beweisen es. Am frühesten stirbt die Frau und Mutter und die Vorboten des frühen Todes werfen ihre Schatten voraus. Die körperliche Kraft nimmt ab. Der Mann kann nicht mehr die Sense führen, manche Frau nicht mehr am Wasch- faß stehen! Eine oft unwiderstehliche Mattigkeit des Leibes und der Seele bemächtigt sich früh einer großen Zahl von Zi- garrenarbeitern; sterben sie nicht früh, so werden sie doch früh Invalide. Es läßt sich nicht leugnen, durch die?!te Gottes- Verheißung: Auf daß Dir's wohlgehe und Du lange lebest auf Erden! macht die Zigarrcnindustrie in ihrer heutigen Gestaltung einen Strich." Ist diese Schilderung des Pastors v. Bodelschwingh nicht furchtbar! Dreitzigtausend Arbeiter und Arbeiterinnen leben unter solchen traurigen Verhältnissen! Die elende Lage der Tabak- arbeiter, wie sie Bodelschwingh schildert, war die vor Jnkraft- treten der Tabaksteuer. Die Steuer hat dieses Elend aber noch ungeheuer vermehrt. Nach der Statistik der Berufsgenossenschaft war der Durchschnittsverdicnst der Tabakarbciter Teutschlands 1900: 541.08 M., 1906: 574,75 M. Er stieg dann auf 613 M. im Jahre 1908, um im letzten Jahre auf 611 M. zu sinken. Im Aussperrungsgebiet betrug der Durchschnitlsverdienst 1910 im 5trejse Herford 2,25 M., Kreis Minden 2,25 M., Kreis Lübbecke 1.75 M. pro Tag. Für diesen Lohn wird aber manchmal bis 18 Stunden pro Tag mit Frau und Kindern gearbeitet! Die Zurichtung der Tabake geschieht meist abends zu Hause, um dann noch den Tabak für den kommenden Tag zuzurichten. Nach Mittcr- nacht sieht man in den westfälischen Dörfern noch unzählige Lichter brennen. In dumpfer Stubenluft hocken dann noch die ganzen Familien und arbeiten, um etwa 2 M. den kommenden Tag ver- dienen zu können. Gegen dieses Elend haben sich die Tausende erholen. Die Tabakarbeiter Westfalens werde» zeigen, daß sie zu kämpfen ver- stehen. Glühende Begeisterung hat sie gepackt. Arbeiter Deutsch . lands. übt Solidarität! Die Not taufender Eurer Brüder und Schwestern schreit zum Himmel! Helft alle mit, dieses Elend zu beseitigen! Zum Ucbcrfasl die Maftreqelunq. In Konstanz wurde der freiorganisierte Brauereiarbeiter Kur r er eines nachts von zwei Individuen überfallen, mit einem Messer bearbeitet und mit den Worten in den Straßengraben ge- stoßen:Jetzt verreck'. Du roter Hund!" Kurier mutzte sich infolge der erhaltenen schweren Verletzungen ins Krankenhaus begeben. Als er dieser Tage aus dem Krankenhaus entlassen werden konnte, wollte er in der Konstanzer Löwenbrauerei seine frühere Tätigkeit wieder aufnehmen. Der Besitzer bedeutete ihm aber, daß er ent- lassen sei,da er ihn nicht mehr gebrauchen könne". Der Besitzer der Brauerei mutzte sich schließlich noch bequemen, dem Genossen Kurrcr einen Wochenlohn wegen kündigungsloser Entlassung aus- zuzahlen, weil in der Löwenbrauerci achttägige Kündigung besteht. An seine Stelle soll ein Nichtorganisierter treten. Natürlich hat auch heute noch die Polizei keine Kenntnis von den feigen Attentätern, obgleich die Täter durch den Ausspruch von dem roten Hund, der ihnen wider Willen entfuhr, ihre Visitenkarten recht lesbar abgegeben haben. L,etztc Ptactmcbtctu Die Gefechte bei Hankau. Schanghai , 28. Okbobcr. Eine ausführlichere Meldung aus Hankau besagt noch: Die Kaiserlichen Nordtruppen griffen am 27. Oktober von 7 bis 11 Uhr vormittags die Aufständi- schen in deren verschanzte Stellung bei Eisenbahnstation Kilometer 16 heftig an. Die Zahl der Truppen betrug auf beiden Seiten mehrere Tausend Mann. Die.Kaiserlichen wurden durch die Kriegs- schiffe des Admirals La unterstützt, doch feuerten diese nur wenige Schüsse ab. Die Aufständischen wurden zum Weichen gezwungen; sie hatten bedeutende Verluste an Mannschaften und Geschützen. Gegenwärtig halten Teile der Ausständischen noch den Bahndamm hinter der Fremdennicderlassung. Die Eisenbahn- stotion Kilometer 10 ist von Kaiserlichen Truppen stark besetzt. Der Kampf wurde gegen Vj3 Uhr nachmittags wieder aufgenommen. Die Kaiserlichen treffen Vorberitungen zum Angriff auf die Chinesenstadt Hankau._ Der Kampf um Elksar und Larrasch. Paris . 28. Oktober. In betreff der, Erklärungen spanischer Blätter und Staatsmänner, daß die von Frankreich geforderte Räu- mung von Elksar und Larrasch als unannehmbar angesehen werde» schreibt derTemps": Die Spanier dürfen sich keinen Hoffnungen auf Beistand der englischen Regierung hingeben. Selbst wenn England sich zum Anwalt Spaniens hergeben sollte, so würde dies niemals in einem für Frankreich unangenehmen Sinne ge» schehcn. Die Spanier müßten sich deshalb ins Unvermeid- l i ch e schicken und dieses Unvermeidliche stelle für sie noch einen ganz beachtenswerten Gewinn dar. Die., L i b e r t e" schreibt über die von demPetit Parisien" veröffentlichten Erklärungen des spanischen Minister» Präsidenten Canalejas : Keine französische Regierung könne sich dazu herbeilassen, die Städte Elksar und Larrasch den Spa- niern preiszugeben, welche von ihnen unter Verletzung ihrer geheimen und öffentlichen Verpflichtungen besetzt worden seien. . Ein Angriff auf eine Anfklnrungsabteiluna. Paris , 28. Oktober. (2B. T. B.) Nach einer Blättenneldung aus Casablanca wurde die Nachhut zweier aus Fußtruppen, Reiterei und Artillerie bestehenden AufklärungS- abteilungen bei El Fila von ZoerS angegriffen. Die letzteren feien mit starken Verlusten zurückgeschlagen worden. Die Mandschurei braucht Platten. Paris . 28. Oktober. Nach einer Blättermeldung hat der Vize- könig der Mandschurei sich an die russisch-asiatische Bank in C Harbin gewendet, um ein Tarlchn von 5 Millionen Rubel zu sieben Prozent zu verlangen, wofür er als Bürgschaft die Zoll- einnahmen der nördlichen Mandschurei bietet. Die russischen Ministerien des Acußern und der Finanzen verlangten Auskünfte über den Charakter dieser Bürgschaft. Mord wider Mord. Braunschweig , 28. Ottober.(W. T. B.) Dos Schwur- gericht verurteilte den Kaufmann Müller in Schöningen wegen Ermordung seine« außerehelichen zwei Tage alten Kindes zum Tode. Die Mitangeklagte unverehelichte Verkäuferin Regel wurde wegen Kindcsmordes unter Zubilligung mildernder Umstände zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. ->.?�tnbahn.Zusammenstost. London . 28. Oktober. (W. T. B.) Ein mit Amerikanern. die sich auf der Rückreise in ihre Heimat befanden, dicht besetzter Exprcßzug ist �auf der Strecke London -Liverpool heute nachmittag bei Stafford mit einem Lokalzug zusammengestoßen» wobei drei Fahrgäste des Lokalzugrs verletzt wurde«.__ iaul Singer 4 Co.. Berlin SW, i Hierzu 7 Beilage«.