Nr. 215. old
Erscheint täglich außer Montags. Preis pränumerando: Viertelfährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 mt, wöchentlich 28 Bfg fret in's Haus. Einzelne Nummer 6 Pig. Sonntags- Nummer mit illuftr. Sonntags- Beilage, Neue Belt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 8,30 Mt.pro Quartal. Unter Kreuz band: Deutschland u. Defterreich: Ungarn 2 Mt., für das übrige Auslands Mt.pr.Monat. Gingert. t der Boft Zeitungs- Breisliste für 1893 unter Nr. 6708.
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Vorwärts
10. Jahrg.
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Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
Mittwoch, den 13. September 1893. Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.
Die Durchführung der neuen Arbeiterschutz- Bestimmungen füllung der Pausen durch Arbeitsleistungen war in den verfehlt. Es wird unbedingt ins Auge zu fassen sein, daß
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in Preußen.")
II.
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sächlich nicht innegehalten, sondern mußten vielmehr als Blos dies geht aus ihm hervor, daß die Schonzeit der Arbeitszeit gerechnet werden. Diese ungesehmäßige Aus- Wöchnerinnen ohne Unterstützung derselben ihren Zweck ersten Monaten nach Infrafttreten der gesetzlichen Beden mittellosen Wöchnerinnen während ihrer Schonzeit in stimmungen in mehreren Tuch- Induſtrieſtädten des irgend einer Form ausreichende Unterſtügung zu theil werde Regierungsbezirks Frankfurt fa st durchgängig zu be- und daß die ärztlichen Untersuchungen von den Krankenobachten." Die lächerlich fleine Bestrafung eines Unter- häusern übernommen werden. Ms Großthat auf dem Gebiete der Arbeiterschutz- Politik nehmers mit 15 M., die im argen Mißverhältnisse zu dem Bei der gesetzlichen Regelung der Frauenarbeit spielt erschien den Hige, Stumm, Gutfleisch der neue Abfaz 4 des Gewinn aus dem Raube der Pausen steht, wird allein die Rücksicht auf das Familienleben der Arbeiter eine HauptBei der gesetzlichen Regelung der Frauenarbeit ſpielt § 137 der Gewerbe Ordnung, auf grund dessen die vor kaum das profitgierige Unternehmerthum von seiner Praxis die Rücksicht auf das Familienleben der Arbeiter eine Hauptgeschriebene einstündige Mittagspause auf den Antrag abgebracht haben. rolle. Leider lassen sich hierüber die wenigsten Aufsichtsvon Arbeiterinnen, welche ein Hauswesen zu besorgen haben, Ju dem neuen Arbeiterschutz- Gesetze wird die Nacht beamten aus, wohl vornehmlich deshalb, weil günstige Wirauf 1½ Stunden verlängert werden kann. Wie werthlos arbeit( von 8½ Uhr Abends bis 51/2 Uhr Morgens), tungen von ihnen nicht beobachtet wurden. Denn das derartige Bestimmungen bei der wirthschaftlichen Abhängig abgesehen von den leider überall eingeräumten Ausnahmen, wenige, was sie über das Familienleben der Arbeiter bekeit der Arbeiterklasse sind, ersieht man aus folgender verboten. Die Verleger der bürgerlichen Zeitungen be- richten, kann als erfreulich nicht bezeichnet werden. So beAeußerung des Gewerbe- Inspektors von Schleswig Von stürmten den Reichskanzler, ihnen die Arbeit für Frauen richtet der Aussichtsbeamte für Frankfurt a. D. und Potsdem Rechte des§ 137 Absatz 4 können die Arbeiterinnen, zur Nachtzeit zum Zwecke des Anlegens, Sortirens und dam:" Ungünstiger"( als der Einfluß auf die körperliche die ein Hauswesen zu besorgen haben, in denjenigen Fabriken, Falzens zu gestatten. Der einflußreichen Presse dies ab- Entwickelung), ist der Einfluß der Fabrikarbeit überhaupt in welchen nur eine einstündige Mittagspause, sowie eine zuschlagen, konnte der Reichskanzler nicht über's Herz auf das Familienleben. Der größte Uebelstand liegt darin, bestimmte Arbeitstheilung besteht, in den feltensten bringen. Sonst wurde die Nachtarbeit z. B. noch in Bucker- daß Mütter, welche in Fabriken zu arbeiten genöthigt sind, Fällen Gebrauch machen, da sie meistens Gut- fabriken, in Kammgarn- und Streichgarnspinnereien, in die Wartung und Erziehung ihrer Kinder nicht besorgen Zuckerbie Wartung und Erziehung ihrer Kinder nicht besorgen laffung zu gewärtigen haben würden. In Molkereien und Gardinenfabriken, Neßstrickereien und können. Dieser Mißstand macht sich bei den Familien der der Mehrzahl der Fälle kochen solche Arbeiterinnen das Wollfämmereien gestattet. Daß dies keineswegs unum Wanderarbeiter auf den Ziegeleien am bittersten geltend. Mittagessen schon am Abend des vorherigen und am Morgen gänglich erforderlich war, beweist die Beobachtung des In den Wohnzimmern solcher Arbeiter werden mehrfach desselben Tages, um es Mittags aufzuwärmen." Auch der Regierungs- und Gewerberathes für Oppeln . Derselbe Säuglinge ohne jede Aufsicht schreiend angetroffen." Gewerberath für Münster giebt als Ursache der Nicht- schreibt:" Infolge des Verbotes der Nachtarbeit auf den Glieder der Familie bleiben Mittags an ihren ArbeitsGewerbe- Inspektor für Schleswig schreibt: Die einzelnen einführung der 1/2 stündigen Mittagspause die Furcht vor Zuckerböden mußte eine Zuckerraffinerie bedeutende Aenderungen
Der
Kündigung an. Der Aufsichtsbeamte für den Regierungs- im Betriebe vornehmen, welche nicht nur die Beseitigung der stätten und kommen erſt Abends wieder zusammen." Viele bezirk Raffel theilt mit, daß die 1½ stündige Mittagspause Nachtarbeit, sondern auch eine erhebliche Verminderung der Nachtarbeiterinnen zu IJzehoe klagten demselben Fabritfür Arbeiterinnen nur ausnahmsweise eingeführt wurde, und Zahl der Arbeiterinnen gestatteten und sich in der Folge Inspektor, daß sie Nachts in der Fabrik dem Erwerb nachder Trierer Gewerbe- Juspettor schreibt, daß in seinem Be- als eine gewinnbringende Kapitalsanlage erwiesen." gehen müßten, um sich sowie ihre Männer die sich nach zirke von der Vergünstigung des§ 137 Absay 4 fast gar kein Demnach sind weitgehende Arbeiterschutz- Bestimmungen ihrer Aussage redlich um Arbeit bemühten, aber keine solche erhielten
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Gebrauch gemacht wurde. Da die meisten Aufsichtsbeamten trotz des Jammers des ebenso kurzsichtigen wie profitund Kinder zu ernähren. In unserer herrsich jeder Mittheilung hierüber enthalten, so darf man wohl gierigen Unternehmerthums spielend durchzuführen, andrer- lichen Wirthschafts- Ordnung mehren sich eben die Fälle, wo annehmen, daß in ihren Bezirken die 1½stündige Mittags- feits bestätigt diese Beobachtung die Behauptung des wissen focht, Kinder wartet, den Haushalt führt. Die gefähr die Frau dem Erwerbe nachgehen muß, während der Mann pause auch blos auf dem Papiere steht. Dazu sollten aber schaftlichen Sozialismus, daß die Lage der Arbeiterklasse lichste Konkurrentin des Mannes wird die um billigeren Arbeiter Schutzbestimmungen nicht gegeben werden. Besser wirthschaftlich nicht erheblich innerhalb unserer Wirth- lichste
sind gar keine, als solche, mit denen bescheidene Regierungs- fchaftsordnung gebessert werden kann; die Arbeiterschutz - Lohn arbeitende Frau, dies beweist, daß ganz abgesehen bewunderer prahlen können, ohne daß sie ausgeführt wer- Gesetzgebung hat für die Gesundheit, das Familienleben, von allen anderen Gründen das egoistische Intereſſe die den. Die Gesezes beſtimmungen müssen klar, unzweideutig die Fortbildung der Arbeiterklasse sehr große Bedeutung, Männer zum größten Eifer in der Organisirung der sein und ihre Durchführung darf nicht vom„ Willen" der sie ist aber so gut wie gar nicht im stande, die wirthschaft- Frauen, zur kräftigsten Förderung ihrer Bestrebungen Betheiligten abhängig gemacht werden. liche Lage der Arbeiterklasse zu heben, da die Beschränkungen wingt. Während die Frauenbewegung in der Bourgeoisie
Das Unternehmerthum sucht aber auch die gesetzlich der Arbeitszeit im allgemeinen und der Beschäftigung ein- die Männer aus egoistischen Gründen zu Feinden hat, genau festgesetzten Pausen den Arbeiterinnen zu entziehen, zelner Arbeiterkategorien stets den Anreiz zur Einführung zwingen im Proletariate prinzipielle wie egoistische Interwie z. B. aus dem Berichte des Regierungs- und Gewerbe- besserer Produktionsmethoden mit sich bringen. Erfolgreiche essen die Männer zur Förderung der Bestrebungen der rathes für Frankfurt a. O. und Potsdam zu ersehen ist, Streits und gut durchgeführte Arbeiterschutzgesetze sind dem Frauen ihrer Klasse.
der schreibt: Die Gewerbetreibenden beschäftigen nämlich Kapitalismus ein Ansporn auf höherer Stufenleiter zu Die gefeßlichen Bestimmungen über den Schutz der ihre Arbeiterinnen bei 13stündiger Schicht länger als produziren, rascher zu akkumuliren, die Konkurrenz Frauen in Fabrikten veranlassen viele Unternehmer, die sich 11 Stunden täglich, indem sie sie veranlaßten des kapitalfräftigen Großbetriebes gegenüber den stets Fabrikanten nennen, ihre Betriebe als nicht fabriksund ihnen erlaubten, in den vorgesehenen 1/ 2stün Klein- und Mittelbetrieben zu steigeru; kurz gemäßige zu bezeichnen. Die Aufsichtsbeamten müßten desdigen Vor- und Nachmittagspausen während des Einnehmens fagt in beschleunigtem Tempo dem Höhepunkte unserer halb, da das Gesetz die fabriksmäßigen von den handwerks des Frühstücks und der Vesper die Maschinen wei Produktionsweise zuzueilen, rascher den Uebergang in eine mäßigen Betrieben nicht klar scheidet, auf richterliche Entter zu bedienen. Die Pausen wurden daher that- sozialistische Gesellschaftsordnung herbeizuführen. scheidung antragen, so z. B. in den Damenmäntel- Fabriken Ueber die Durchführung der Bestimmungen zum Schutze der Regierungsbezirke Merseburg und Erfurt , in denen der Wöchnerinnen enthält der Bericht sehr wenig Material. ebenso wie in der Schneiderei und Schuhmacherei die Ar al
13 Conis hid
*) Siehe Nr. 212 des„ Vorwärts" vom 9. September. In
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Feuilleton.
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Der Aufruhr in den Cevennen. beit, kann immer noch einer von diesen Propheten werden? Hererei, Beſseſsenheit, törperliche ansteckenbe Krankheit oder
Eine Erzählung
von Ludwig Tied.
darüber würd' ich nicht flagen; aber denkt, wer hätte um besize, an unsern erlauchten Marschall von Montrevel und alle Welt geglaubt, daß der lange Besenstiel zum Pro- seine Parade- Uniform und dergleichen und Gottlob! pheten werden würde?" Wie? ruf' ich, und der Mund das Knurren geht mir wieder aus dem Leibe, und ich bin und die Augen stehn mir starr offen vor Erstaunen, also, wieder ein vernünftiger Mann und christlicher Priester. wer zu gar nichts auf Erden zu brauchen ist vor Dumm- Seitdem seh' ich das Zeug mit Graus an, und sei es nun So ging ich mit dem Alten, aber die Sache kam noch der unbekannte neue Fanatismus der Herren Aerzte, ich wunderlicher. Wie wir ins Haus treten, ist der dürre habe wenigstens erfahren, daß der Mensch leicht überschnappen Knochenmann eben im Wahrsagen, spricht in einer reinen kann, und daß der Spanier mit dem Sprichworte recht hat: Sprache von der Befreiung Frankreichs , von Freiheit des kein Mensch kann sagen, von diesem Wasser werde ich nicht Noch sonderbarer ging es mir mit dem Hirten aus meinem Glaubens, von bessern Zeiten, ermuntert zum Kampf. Ich trinken. Die beiden Schäferkerle sind nun auch in die Filialdorf. Das war ein wilder, ruchloser Kerl, aber so recht- versuche zu beten und zu beschwören; der Vater aber er- Wildniß zum Cavalier gelaufen und große Glaubenshelden gläubig, als man sich nur wünschen konnte; er hatte schon wischt seinen großen Hirtenstock, und damit über ihn her, geworden." mehr als einen Kamisard und Werdächtigen an das Messer so daß ich glaube, er hätte ihn erschlagen, wenn ich ihm Der alte Parlamentsrath war während dieser Ergeliefert. Der kommt eines Morgens in aller Frühe zu mir nicht in den Arm gefallen wäre. Drauf hören wir dann zählungen mehr als einmal hinausgegangen, den Dienern gerannt und schreit: Helft, helft, Herr Pfarrer!" ein wenig zu, und was geschieht? Plöglich gurgelt's dem Befehle zu geben; diese hatten indessen still die Tafel beNun, was giebt's, sprech' ich, haben Euch die Rami- Alten im Halse; er seufzt, verdreht die Augen, stürzt gegen reitet und das Abendessen aufgetragen. fards das Haus angesteckt, wie angesteckt, wie sie Euch immer die Wand und dann zur Erde, und nachdem sich die Brust Meine unbekannten Freunde," fagte der alte Maun wegen Eures Eifers gedroht haben? Ach, viel schlimmer, ein paarmal mächtig gehoben und gesenkt hatte, fängt er mit liebenswürdiger Laune, die mir der Zufall und das viel schlimmer", schreit der Kerl und ringt die braunen, ebenfalls an und singt Psalmen, ermahnt zur Buße, pro- böse Wetter so unvermuthet bescheert hat, und die mir fuochigen Hände. Nun, sprecht's los vom Herzen, phezeit vom Fall Babels, so daß hier nicht paßte: so wie den Herrn Pfarrer ausgenommen gänzlich fremd find, Schäfer, sag' ich.-" Ihr kennt doch", fängt er an, die Alten sungen, zwitscherten die Jungen. Ich denke, ich laßt uns gesellig und ohne Umstände an dieser Tafel Plaz ,, meinen Sohn, den großen Michel." Wer soll den bin verzaubert, mir fällt mein Priestergewand aus den nehmen, eßt und trinkt, und möge Euch nachher ein wohllangen Bengel nicht fennen? Kennt ihn doch fast das Händen, ich kann den beiden Rasenden nur zuhören, die thätiger Schlaf in meinen Betten erquiden." ganze Gebirge; das ist ja Euer Hauskreuz, daß der Blöd- lauter Frömmigkeit und Bibelsprüche daherheulen, und wie Edmund sah hoch auf und glaubte erst nicht, daß sein finnige zu nichts zu brauchen ist, daß er weder arbeiten, ich noch dem blauen Wunder in Angst und Schrecken zu Vater Ernst machen könne; der Pfarrer maß den Jäger noch Bieh hüten kann, daß er so dumm ist, daß er schaue, geschieht mir wie ein Ruck in allen Gebeinen, und, und noch mehr das junge Bürschchen mit einem langen kaum zur Kirche zuzulassen war, er auch die Gemeine Herr! so wahr der Himmel über uns ist, ich fühle auch Blicke, sab ihm dann lächelud ins Auge, um ihm dadurch noch oft stört; der blos zum Lasttragen taugt und die Lust in mir, so Krämpfe zu kriegen und das unglück- einen Wink zu geben, sich auf jeden Fall aus dieser am liebsten mit den Hunden lebt, die fast wie mit ihres- selige Ding mitzumachen. Ich renne hinaus unter Gottes vornehmen Gesellschaft zu entfernen, auf welche nur gleichen mit ihm umgehn. Ist der aus dieser Zeitlichkeit freien Himmel, ich denke an alle Ehrwürdige, an meinen er Ansprüche machen könne; aber die kleine Eveline gegangen, so seid froh, Ihr habt eine Last weniger. Bischof, an die große Kirche und Orgel in Montpellier , an hing sich dem jungen Menschen an den Arm und zog ihn " Das ist es ja nicht", schreit der Mann, wie besessen,„ ach! den Brief, den ich von dem ermordeten Abt von Chably neben sich an den Tisch, wo er sich auch gleich, ohne etwas
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