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bei sie die VerteidialiiigSlmie bcr Italiener an einzelnen Punkten durchbrachen. Ei» Teil der Angreifer drang durch die Palmenhainc hindurch bis zur Stadt. Unser rechter Fliigcl durchbrach nach längeren heftigen Angriffen alle Berteidigungslinicn des Feindes, der zurückgeworfen wurde. Der Feind konnte den gegen die Befesti- gungrn von Said Misri und Hani gerichteten Sturmangriffen nicht standhalten, räumte die Forts und floh. Truppen und Frei- willige besetzten die Positionen und nahmen die Verfolgung der Flüchtigen auf. Der Feind eröffnete aus feiner Stellung hinter der Verteidigungslinie das Jener mit Schnellfcuergcschützcn und Mitrailleusen und wurde hierbei von der in den Vcrschanzungcn verborgenen Infanterie unterstützt. Trotzdem legten die otto- »uanischen Truppen großen Mut an den Tag und brachten nur durch das Gcwchrfcucr die Festungen zu Fall, auf denen sodann die ottomauische Flagge gehißt wurde. Die Verluste des FeindcS find unbekannt. Tie Türken hatten etwa 4050 Tote und etwa 100 Verwundete. Türkische Hoffnnugen. Wien , 31. Oktober. DerNeuen Freien Presse" wird aus Konstantinopel telegraphiert: Vom Komiteesührer Abgeordneten Nami Bei, der sich in Tripolis befindet, lief bei hiesigen Freunden folgendes Telegramm ein, zu dessen Beförderung zur Kabclstation ein Kamclreiter IVo Tage brauchte: Die Italiener haben sich, da sie unserem Angriff nicht Wider st and leisten konnten, i n die Stadt zurückgezogen und sich verschanzt. Unsere Truppen eroberten bisher die in der Nähe der Stadt belegenen Forts Chani, Seijid und Mesri. Die Italiener halten nur noch drei FortS und traten den Rückzug in die Stadt an. Die Verluste der Italiener sind ungeheuer, da sie eine Menge von Geschützen, Gewehren, Munition und Lebensmittel auf 'der Flucht zurückgelassen haben. Die Araber kämpften sehr tapfer und opfern sich für den Kalifen. Wir hoffen, daß es uns gelingen wird, Tripolis zu e r st ü r m e n. Die Italiener dementieren. Rom , 31. Oktober. DieAgenzia Stefani" veröffentlicht föl- gende Mitteilung: Die ans türkischer Quelle stammenden und in auswärtige Blätter übergegangenen Nachrichten über angebliche Niederlagen der italienischen Truppen in Tripolis entbehren jeder Begründung. ' General Caneva versichert in einem heute vormittag abgesandten Telegramm, daß die Lage unverändert sei, und fügt hinzu, weitere 800 G e fa n g ene seien nach den Trimiti-Insel» gebracht worden. DaSReutersche Bureau" berichtet aus Tripolis : In den letzten beiden Tagen herrschte hier Ruhe. Die Araber unternahmen keine neuen Angriffe, es ist jedoch festgestellt, daß sich starke Streitkräfte in un in ittelbarer Nähe der italienischen Linien befinden. Der gestrige Tag war für die Italiener überaus beschwerlich. Sie gingen gegen zerstreute türkische Abteilungen vor, die sich noch immer in der Oase halten und die Italiener durch Schüsse, die sie nachts gegen die italienischen Stellungen ab- geben, beunruhigen. Einzelne Häuser, die den Türken Deckung boten, wurden von den Jtaliern in die Luft gesprengt. Nach einer Meldung, die freilich noch nicht bestätigt ist, sind sich die a r a- bischen Stämme durchaus nicht einig darüber, ob sie einen neuen Angriff unternehmen sollen. Einige Stämme wären, so heißt es, zum Angriff bereit, wenn sie nicht doch die Stärke des Feindes fürchteten, andere dagegen möchten sich wieder in das Hinter- land zurückbegeben. Nach einer Schätzung, die allerdings auf Genauigkeit keinen Anspruch erheben kann, sind in den Tagen vom 23. bis 27. Oktober viertausendAraber ge­fallen. Kriegslust der Pforte. Konftantinopel, 3t. Oktober. Wie verlautet, hat die Pforte an ihre Botschafter Telegramme gesandt, die be- sagen, die Pforte wünsche keine Vermittelung ni e h r, sondern sei zum Kriege entschlossen. Eine Abordnung von vier Senatoren und sechs Deputierten soll die europäischen Hauptstädte aufsuchen, um gegen Italien Propaganda zu machen. Die Kreter für die Bereinigung mit Griechenland . Athen , 31. Oktober. Die kretische National versa mm- l u ii g ist sich nacki mehreren geheimen Sitzungen einstimmig über die Gefahren schlüssig geworden, die die Beibehaltung der gegen- wältigen provisorischen Regierung auf der Insel mit sich bringen wurde. Sie erachtet die U m st ä n d e für geeignet zur Anssührung des Votums der Vereinigung mit Griechenland vom 24. September 1908 und behält sich vor. später über die Mittel, die die Ausführung deS Votums sicher­stellen, zu entscheiden._ Die chinesische(Revolution. Die Selbstanklage der Dynastie. Peking , 30. Oktober. Ein kaiserliches Edikt erteilt den Beamten eine Rüge, weil sie das Geld deS VolkeS ver- u n t r e u t hätten. Der Kaiser schwört in dem Edikt, die Verfassung zu reformieren und sie gewissenhaft zu beobachte». Das Edikt verspricht, die von dem jetzigen Kabinett getroffenen Bestimmungen aufzuheben und ein Kabinett zu bilden, von dem die Adeligen ausgeschlossen sein sollen. Der Nationalversammlung werde ein Verfassungsentwurf zur Beratung zugehen. Außerdem ist vom Thron ein besonderes Edikt erlassen worden, in dem A in n e st i e allen politischen Verbrechern gewährt wird, die im Zu- sammenhang mit der Erhebung von 1893 und anderen politischen Aufständen verurteilt worden sind, sowie auch denen, die sich der jetzigen Revolution gezwungen angeschlossen haben. Der bisherige Präsident der Nationalversammlung H s h i s h u, ein M a n d s ch u, werde zurücktreten und von dem Chinesen L i t s ch i a tsch u ersetzt werden, ebenso werde der Polizciminister Kueitschun feines Amtes enthoben und durch den Chinesen Tschaopingtschun ersetzt werden. Ferner heißt eS in dem vom sechsjährigen Kaiser P u j i ge­zeichneten Erlaß:Ich habe drei Jahre regiert und habe gelvisien- Haft im Interesse des Volkes gehandelt, aber ich habe nicht die geeigneten Leute verwandt, die politische Geschicklichkeit hatten. Ich habe zuvielAdligein politischen Stellungen ver- wendet, ivas dem KonstitutionaliSmuS widerspricht. In den Eiseilbahnangelegenheiten war einer, dem ich traute, und dieser betrog mich, und so opponierte die öffentliche Meinung. Als ich Reformen verlangte, benutzten die Beamten und der Landadel die Gelegenheit zu Unterschlagungen. Wenn alte Gesetze abgeschafft werden, so verfolgen hohe Beamte damit persönliche Zwecke. Biel Geld ist dem Volke ge- nommen worden, aber nichts ist zum Wohldes Volkes damit geschehen. Bei verschiedenen Gelegenheiten sind Gesetze durch Edikt veröffentlicht worden, aber niemand hat sie befolgt. Das Volk murrt, aber ich erfahre es nicht. Die Unnihen in Setschuan waren die ersten, darauf folgte die Rebellion von Wutschang, jetzt kommen beunruhigende Meldungen von Scheust und Honan . In Kanton und Kiangsi droht der Aufruhr. Das ganze Reich ist in Wallung. Die Gesinnungen des Volkes sind gestört. Die Geister unserer neun verstorbenen Vorfahren sind außerstande, unsere Opfer gehörig zu genießen, während zu fürchten ist, daß da-s Volk schwer leiden wird. Alles das sind meine eigenen Fehler, und ich künde hiermit der Welt an, daß ich schwöre, zu reformieren und mit unseren Soldaten und dem Volk die K 0 n st i t u t i 0 n getreulich zu beobachten, dabei die Gesetzgebung zu modifizieren, die Interessen des Volkes zu ent- ivickeln, ihre Beschwerden zu beseitigen, kurz alles im E i n V e r- st ä n d 11 i s mit den Interessen und Wünschen des Volkes zu tun. Alte Gesetze, die unzweckmäßig sind, sollen abgeschafft Iverden. Die Vereinigung der MandschuS und Chinesen, wie sie vom letzten Kaiser geplant war, soll geschehen. Finanzen und Diplomatie sind auf dem Trockenen. Sogar wenn alle sich vereinen, fürchte ich noch immer, zu fallen, aber wenn die Untertanen deS Reiches keine Achtung mehr bor dem Schicksal haben, und eS nicht mehr verehren, dann ist d i e Zu- lunft Chinas undenkbar. Ich sorge mich Tag und Nacht. Meine einzige Hoffnung ist, daß mich meine Untertanen gründlich verstehen." Zu spät? Peking , 31. Oktober. Das kaiserliche Edikt wird ein- gehend erörtert. Man nimmt allgemein an. daß es zu spät kommt, die Revolution zu unterdrücken. Obwohl es die bemitleidenS« werte Verzagtheit der Mandschus enthüllt, so besteht doch die Vermutung, daß es erlassen worden ist, um I u a n s ch i k a i einen starken Hebel für die Verhandlungen mit den Re- bellen zu geben. Die Wirkung des Edikts ist in Peking be- reitS gut und die Furcht hat heute etwas nachgelassen, obwohl 000 000 Chinesen noch ein Massaker fürchten, während 100 000 Mandschus vor einem Ueberfall durch die Chinesen zittern, was auf die Ausländer einen fast komischen Eindruck macht. Die Lage in Kantou. Kanton, 31. Oktober. Der V i z e k ö n i g hat dem Verlangen des Volkes nach der Erklärung der militärischen und finanziellen Unabhängigkeit der Provinz Kwangtung nachgegeben, aber bei schwerer Strafe die Entfaltung der Unabhängigkeitsfahne verboten. Die Läden sind überall geschlossen. Die Seezollgcbäude und die Zollkutter, wie auch die Fahrzeuge der China MerchantS Steam Navigation Company und die Dampffähren der Hankau- Eisenbahn führen die Drachenflagge nicht mehr. Neun fremde Kriegsschiffe befinden sich im Hafen, darunter zwei englische Kanonenboote. Bewaffnete Wachen patrouillieren an allen Landungs- Plätzen. Die Stadttore sind geschlossen. Die Absichten der Revolutionäre. London , 31. Oktober. Der Zollkommissar hat einen von Schuyenfang im Namen des Tsientsiner Zweigkomitees der Revolutionäre unterzeichneten Brief erhalten, in dem mit- deteilt wird, daß das Komitee die Absicht habe, binnen kurzem von Ticntsin und Peking Besitz zu ergreifen. Es sei, so heißt eS in dem Briefe weiter, beabsichtigt, die Likinzölle abzuschaffen, da sie den Außenhandel Chinas schwer schädigten. Den fremden Beamten bei der Likiiizollverwaltimg wird geraten, sich nach Stellungen im chinesischen Seezolldienst umzusehen, da ihnen Ent- schädigungen nicht gezahlt werden würden. Nach einer dem Reutcrschen Bureau aus T i e n t s i n zu- gegangenen Meldung marschierten die ausländischen Truppen heute früh rund um die F rem d e n n i e d e rl a ss ung en. um vor der einheimischen Bevölkerung eine Demonstration zu ver« anstaltcn. TrnppcnauSschreitungea. London , 81. Oktober. Dem Reuterschen Bureau wird aus H an kau vom 29. d. M. gemeldet: Ein Hofbeamter in Nitschang, der sich weigerte, Schlüssel auszuliefern, und einige andere Mandschubeamte sind von den Rebellen getötet worden. Die Ausständischen halten die Ordnung rücksichtslos aufrecht und richten alle Plünderer und Brandstifter hin. Schauergeschichten werden berichtet über Ausschreitungen der Truppen Ii n gtschangS, die unter der Landbevölkerung plündern und morden, so daß diese zum Teil höher ge- legene Plätze befestigt, zum Teil mit ihren Frauen Zuflucht in Haukau suchen. Der Triumph der Nationalversammlung. Peking , 31. Oktober. Der neu ernannte Präsident der Nationalversammlung sprach ihr den D an k d es Prinz- r e g e n t e n auS für die von ihr gemachten Vorschläge. Die gestern erlassenen Edikte werden getreulich ausgeführt werde» und seien nicht nur Worte.(Beifall.) Die Mitglieder der National- Versammlung gaben ihrer Befriedigung über die Edikte Ausdruck sowie ihrer Neberzcugimg, daß die Edikte eine Besserung der Lage herbeiführen würden, wenn sie zur Ausführimg gelangten. Die Natioiialversammlung hielt sodann eine geheime Sitzung ab, um den letzten Anleihevertrag zu beraten. Dolitifcbe(leberllebt. Berlin , den 31. Oktober 1911. Das Wahlkompromift im Speyerer Tom. Wie so viele andere, ihr heute aus gewissen politischen Gründen unbequeme Tatsacken hat die Zentrumspresse auch mit der ihr eigenen Wahrheitsliebe die Richtigkeit der von Bebel auf dem Jenaer Parteitag getanenen Aciißerung be- stritten, daff das pfälzische Wahlkompromisi zlvischen Zentrum und Sozialdemokratie im Dom zu Speyer bei den Kaiser- gräbern vereinbart worden ist. Die Genossen v. Vollmar und Ehrhart hätten, so wußten verschiedene leitende Zentrumsblätter zu erzählen, den Dom zu Speyer nur aus baugeschichtlichem Interesse besucht und der jetzige Erzbischof von München hätte sie nur aus Höflichkeit begleitet. Auf diese schnurrige, am 27. Oktober in der Sitzung der bayerischen Abgeordnetenkammer wiederholte Ablcugnung ant­wortet Genosse v. Vollmar mit folgender Zuschrift an unser Münchener Parteiblatt, dieMünchener Post": Ich kam zusammen mit dem damaligen Abgeordneten Franz Ehrhart nach Speyer und wurde von diesem ersucht, am nächsten Tage einer wichtigen Wahlbesprechung mit einem Vertreter des Zentrums beizuwohnen, und zwar solle diese im Dome statifinden, weil dies dort am u n a u s s ä l l i g st e n für das Zentrum erfolgen könne. Wir traten durch eine Seiten- lapelle ein, an deren Eingang ein Domgeistlicher uns empfing. Unter desien Vortritt gingen Ehrhart und ich und noch einer durch die Reihen der knienden Beter von der Seite in den Dom und dann wenige Schritte weiter in die Krypta, die der Geistliche persönlich öffnete und, nachdem er ein- getreten, wieder versperrte. In der Krypta befanden sich ein paar Altäre, vor denen einige Reihen von Betstühlen standen. Wir ließen unS auf ein paar derselben nieder, die sich nahe der Mauer der Krypta befanden. Hier wurden nun durchaus keine architektonischen oder sonstigen profanen Angelegenheiten be- sprochen, sondern man unterhielt sich eingehend über das für die Pfalz abzuschließende Wahlkompromiß und die dazugehörigen Dinge. Während des Gespräches wandte sich der lustige Ehrhart einmal nach der hinter uns befindlichen Mauer und meinte, indem er an sie klopfte:Ob die alteKaiser do drinne ups wohl höre könne?" Worauf der Geist- liche lächelnd nieinte:Wisse Sie, dös wees mer noch net, ob do wirklich eener drin iS"... Kurz darauf öffnete sich raffelnd das Tor, der Kirchendiener führte einen fremden Herrn herein, worauf wir uns erhoben und Krypta und Dom verließen." Wir sind etwas neugierig, welche alberne Ausrede die journalistischen Klopfpflcchter des Zentrums jetzt erfinden werden._ Korruption. DieFrankfurter Zeitung " teilt jetzt dem kläglichen Rechtfertigungsversuch derNorddeutschen Allgemeinen Zeitung" gegenüber mit, daß es in dem Wahlerlaß des preußischen Ministers Dallwitz an die Regierungspräsidenten wörtlich heißt: Ich ersuche, gleichzeitig Vorschläge darüber zu machen, in welcher Form die Widerlegung zweckmäßig erfolgen kann. Es ist aiizugebeii, wie hoch die Auflage zu bemessen ist. Auf die Geheimhaltung der Bezugsquellen (dieser amtlichen Flugblätter) ist in allen Fällen Gewicht zu lege n." Die Regierung will also nicht nursachliche Richtigstellungen' etwa durch die Amtspresse erfolgen lassen, sondern Flug- b l ä t t e r und Flugschriften in unbegrenzter Zahl verbreiten. Daß sie bei ihren sachliche» Berichtigungen aber nicht einmal die Courage hat, sich als Urheber und Verbreiter dieser Berichtigungen zu bekennen, sondern daß sie Geheim- Haltung der Herkunft der Flugblätter, sogar in allen Fällen, empfiehlt, beweist, welcher Art diese Berichtigungen sein werden I Wessen die Regierung sähig ist, bewies ja erst bei den Teuerungsdebatten im Reichstage daS Verhalten des preußischen LandwirtschaftSministers. Herr von Schorlemer bediente sich da ohne jede Nachprüfung deS Materials deS deutschen Landwirtschaftsrates. Auf die Unrichtigkeit dieses Materials fest« genagelt, suchte er sich skrupellos damit herauszureden, daß er ja bemerkt habe, die Argumente des LandwirtschaftSrates ohne Prüfung auf ihre Richtigkeit übernommen zu haben I Wenn preußische Minister so etwas im Parlament riskieren, so kann man sich ungefähr eine Vorstellung davon machen, mit welchen gröblichen Unrichtigkeiten amtliche Flugblätter im Wahlkanipf arbeiten werden, deren Herkunft ja die Regierung verschleiern will, um nicht zur Verantwortung gezogen zu werden I Es bleibt also dabei, daß die Regierung einen Teil der blauschwarzen Wahlagitation von Amts wegen übernehmen will. Und gleichviel, ob die Kosten dieses amtlichen Wahlapparats Reich, Staat oder agrarisch-kapitalistische Interessenten tragen feine Tätigkeit ist in jedem Falle die ärgste Korruption! Geldsammlungeu für die Fortschrittliche Bolkspartei. Die Leitung der Fortschrittlichen Bolkspartei veröffentlicht einen Aufruf, in dem sie zu Geldsammlungeu auffordert. In dem Aufruf heißt es: Große Mittel sind erforderlich, zumal die Gegner rechts und links zu ungewöhnlich hohen Aufwendungen für die Wahlrnstunz entschlossen sind. Die Sozialdemokratie verfügt über einen Kriegs- schätz von nahezu zwei Millionen, während den Agrariern nicht minder reiche Geldmittel neben den Parteifonds aus Kalit subventionen und sonstigen Quellen zur Verfügung stehen. Wir vertrauen auf die Opferfrendigkeit der Parteifreunde in Stadt und Land und erbitten lat'räfiige Uiiterstützung.' Geschäfts- und Ucberpatriote«. Die Nationalliberalen hatten bekanntlich im Seniorenkonbent des Reichstages den später wieder zurückgezogenen Antrag gestellt, der Reichstag solle vor Abschluß des Marokko -AbkommenS gehört werden und ohne seine Genehmigung solle weder deutsches Schutz- gebiet abgetreten, noch neues Kolonialland erworben werden. Nach unserer Anficht ist daS ohne weiteres daS Recht deS Reichstages! die konservativen Blätter aber halten den nationalliberalen Vor« schlag für eineSchmälcrung der verfassungsmäßigen Rechte de? Kaisers". Dagegen wendet sich offiziell die nationalliberale Partei- leitung, indem sie in ihrer Korrespondenz vom 31. Oktober u. a. schreibt: Diese Irreführung der öffentlichen Meinung wird unter- nommen, um Waffer auf die Mühlen einer Partei zu leiten. welche bei der Vereitelung der preußischen Wahlrechtsvorlage aufS neue bewies, daß sie den erklärten Willen des Königs mißachtet, sobald er ihrem FraktionSintcresse entgegentritt! Herr v. Hcyde- brand hat nun völlig erreicht, waS er wollte; was er zu Breslau in die Form kleidete:«Die Regierenden muffen sich klar fein, d a ß s i e n i ch tS sin d, als die Beauftragten der wahren Patrioten!" Schließlich weist die Korrespondenz noch darauf hin, daß daS Feuerbestattuiigsgesetz in Preußen ebenfalls vor die Volksvertretung gekommen ist, obwohl es auch durch eine bloße Verordnung recht- liche Geltung erlangt hätte. Diese antimonarchistische Katzbalgerei ist immerhin lntereffant. Die schönen, großen Kartoffeln. Im Verlaufe der Teuernngsdebatte im Reichstage hatte der Minister v. Breitenbach darauf hingewiesen, daß seine Verwaltung in der Lage gewesen sei, im Osten beste Eßkartoffeln zum Preise von 2,70 bis 2,90 M. pro Zentner kaufen zu können. Genosse Südekum bat darauf den Minister, von der Tribüne deS HauscS herunter diese Bezugsquelle bekannt zu geben, damit die Sradt- Verwaltungen Gelegenheit hätten, auch von dort Kartoffeln zu be- ziehen. Bei der Rede des Ministers hatte nun der konservative Reichstagsabgeordnete v. Brockhausen wütend dazwischen gerufen: Für 2,30 Mark können Sie Kartoffeln bei mir h a b en I" Der Stadtverordnetenvorsteher in Liegnitz wollte diese günstige Gelegenheit benutzen und bat den fortschrittlichen ReichStagSabgcord- iicten Fischbcck den Abg. v. Brockhausen zu fragen, wie viel Zentner Kartoffel» er zum Preise von 2.30 M. pro Zentner liefern könne. Abg. v. Brockhausen war von diesem in Aussicht stehenden Geschäft garnicht erbaut. Zunächst bestritt er, von 2,30 M. pro Zentner gc- sprochen zu haben, er habe 2,00 bis 2.90 M. gemeint: auch habe er nicht selbst diese Kartoffeln zu verkaufen, sondern eS sei ihm erzählt worden, daß man sie in Pommern bekommen könne. Ob eS aller­dings gute Spcisckartoffcln wären, sei ihm sehr zweifelhaft. Schließ- lich gab er der Liegmtzer Stadtverwaltung den Rat. fie möge sich an die agrarische Veikanfszentrale in Stettin wenden, wo sie ganz gewiß den billigsten Preis für Speisekartoffeln erfahren könne. Herr V. Brockhausen. ein ehemals gemaßregelter Kanalrebell, hat also im Reichstage Dinge behauptet, deren Unrichtigkeit sich nun- mehr klar herausstellt. DieDeutsche Tageszeitung' bringt fast jeden Tag ähnliche Nachrichten über niedrig« Viehpreife. mitunter behauptet fie auch, daß da oder dott die Bauern ihr Vieh überhaupt