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..DerVorwärts " Hot in letzter Zeit wiederholt Veran- 1 laisung genommen, die Aussichten der Sozialdemokratie auf dem flachen Lande zu erörkerN. Wenn das Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands im stände wäre, statt bloßer Redensarten sichtbare Erfolge seiner Agitation auf dem Lande vor Augen zu führen, so würde es damit nicht gezögert haben; so aber bestehen seine Erörterungen lediglich in der geinöhnlichen Sammlung sozialdemokratischer Phrase», die den Mangel an greifbaren Thatsachen nicht verhüllen. Wir sind keineswegs geneigt, die von der Sozialdemokratie droheudeu Ge- fahren zu unterschätzen; wenn aberderVorwärts" seinen Genossen vorzureden sucht, das Land sei reif für den Sozialisnius, so ist das noch mehr als eine der üblichen Nebertreibnngcn, mag auch die Sozialdemokratie das Terrain genaue rekognoszirt haben, das zu erobern sie sich anschickt. Jahretang schon dauern die Bemühungen der Sozialdemokratie, auf dem flachen Lande festen Fuß zu fassen, doch sind alle ihre Bestrebungen an dem gesunden Sinne der Landbevölkerung bisher gescheitert. Zu den Schwierigkeiten, welche sich einem weiteren Eindringen der Ideen des soziale» Umsturzes aus dem Lande entgegenstellen. zahlt das sozialdemokratische Blatt ersteus die geringere Kon- zentration der Bevölkerung, so daß die Agitation auf dem Lande eine zehn Mal so große Arbeit erheische als in der Stadt, und ferner den Umstand, daß der Kavitalismus sich der Land- bevölkerung nicht in der greisbaren Gestalt dar- und entgegen- stelle, wie dem städtischen Proletariat. Wir begreisen vollständig den Schmerz desVorwärts", daß die weniger dichte Bevölke- ruug aus dem Laude die rücksichlslose Auwendung des Partei- terrorismns nicht gestattet; in den Städten allerdings hat man es leichter, mit allerlei Mitteln des Zwanges und der Gewalt die Widerspenstigen zur sozialdemokratischen Lehre zu bekehren und zuüberzeugungstreuen Genossen" zu machen. Und dann scheint der Werth des kleinen Eigenthums auf dem Laude doch noch höher geschützt zu werden, als die soziali- flischen Agitatoren glauben machen wollen, sonst ständen sie nicht imnier noch ini Beginn ihrer Agitation. Die größere Unabhängigkeit und Selbständigkeit, die Liebe zu"r er- erbten Scholle, d i e R e n t a b i l i t ä t der kleinen W i r t h s ch a s t, welche der Eigenthümer mit seinen Ange- hörigen versieht, verleihen dem Stande der kleinen Bauern eine W i d e r st a n d s k r a f t, an der, auch die noch so eifrige Arbeit der Lanbagitation scheitern wird. Wenn derBor- wärts" dennoch behauptet. Hunderttausende von Bauern seien schon für die Sozialdemokratie gewonnen, so widerspricht das den Thatsachen. und noch trügerischer wird seine Hoffnung sein, daß die anderen, die ihr heute noch feindlich feien, gleichfalls gewonnen werden würden." So dieWiderlegung". Das ganze wissenschaftliche Rüstzeug unseres Mannes. der uns vorivirft,blos Redensarten" gemacht zu haben. besteht auszwei Redensarten", die wir schon tausendmal gehört haben; nämlich aus der Redensart chon derRen- tabilität der kleinen Wirthschaft", und aus der zweiten Redensart von der Unnahbarkeit der Landbevölkerung für den Sozialismus. Was läßt sich mit einem solchen Gegner thnn? Verstände er nur das ABC der Nationalökonomie, hätte er sich auch nur oberflächlich mit den Grund- und Bodenverhätlnissen der verschiedenen Länder beschäftigt, hätte er sich blos die Mühe genommen, auf das Land zu gehen und sich nach der wirthschaftlichen Lage der Klein- Hauern zu erkundigen, so wüßte er. daß seineRedensart" von der Rentabilität der kleinen Wirthschaft. für das Land ein eben so großer Blödsinn ist wie sür die Stadt, und durch die Thatsachen in blauen Dunst aufgelöst wird. Und nähme der Mann sich die Mühe, die anitliche Wahlstatistik der deutschen Reichstagswahlen zu stüdiren und die sozialwirthschastlichen Zustände der Wahlkreise kennen zu lernen, so würde sich bald an der Hand des statistischen Ziffernmaterials überzeugt haben, daß auch seineRedensart" von der Unnahbarkeit der ländlichen Bevölkerung für den Sozialismus blauer Dunst ist. Und hat unser Mann gar nichts von der a n t i- semitischen Bewegung gehört? Weiß er nicht, daß sie wesentlich eine Bauernbewegung ist? und glaubt er etwa, daß die Hunderttausende von Bauern ausZu- srieveuheil" den Kampfgegen die Juden" aufgenommen haben? Und was ist ihnen derJude" denn anders als der Vertreter des Kapitalismus, der mit seinem Groß- betrieb den Kleinbetrieb vernichtet und dieBauern legt"? Gestern war's nur der Jude, heute ist's schonder Jude und Junker" morgen wird es der Junker und chrisllich-jüdische Kapitalist sein und der antisemitische Schwindelfritze wird abgelöst durch den sozialdemokratischen Aguator. Ein Opfer unserer Koloniakpolitik ist Emin Pascha , nach den jetzt vorliegenden näheren Nachrichten in jedem Sinne des Wortes. Nicht nur, daß er sür die Verkehrtheit des ganzen Systems hat büßen müssen er ist durch dasselbe auch korrumpirt worden und an den Folgen dieser seiner Korruption ist er zu Grunde gegangen. So lange Emin nicht in den Diensten der deutschen Kolonialpolitik stand, behandelte er die Ein- geborenen wie Menschen und hielt sich von jeder Gewalt- that fern. Sie vertrauten ihm, und so groß war sein Ein- siuß, daß er, der allein Stehende, Jahre lang in Zentral- afrika fast nnuinschtäukte Macht ausüben konnte. Vom Angenblick an, wo er in den deutschen Kolonialdicnst trat, gewöhnte er sichSchneidigkeit" an, forderte von den Ein- geborenen blinden Gehorsam und übte Gewaltthat. Auf feister letzten Expedition ließ er wider alles Recht und alle Menschlichkeit eine Anzahl von Eingeborenen tödten und er wurde wieder getödtet. Wir wissen jetzt, daß für vcrgosienes Blut Blutrache au ihm geübt worden ist. Wir bedanern seinen Tod, denn Emin Pascha Härte der Wissenschaft und Humanität noch viel nutzen können. Allein, wenn wir einmal die Todesstrafe als berechtigt an- nehmen, dann hat er die Todesstrafe mehr verdient, als die armen Eingeborenen, die er, mit derSchueidigkeU" deutscher Kolonialpolitik, abschlachten ließ. DieseSchneidigkeit", die der Tod Emin Pascha's war, wird auch der Tod der deutschen Kolonialpolitik sein. Tie Kolonialpolitikzivilisirt" den Eingeborenen der kolonisirten" Landstriche, indem sie ihn aus seinem Besitz wirft, ihn zum Frohuarbeiter und zum Verbraucher über- secischer Schuudwaaren macht, ihn mit Kartoffelschnaps ver­pestet und zum praktischen Christcnthum des Todtschlags mit modernen Waffen rüstet, kurz indem sie den Wilden knechtet und bestiehlt. Unter den Drucksachen, die dest Mitgliedern des Kolonialraths zugegangen sind, befindet sich auch ein Aktenstück, das sich mit der Aufhebung der Handelsgerechtsame in Kamerun befaßt. Den Europäern Mar 1889 eine Reihe von Vorrechten verliehen worden, die darauf hinausgingen, für die Weißen ein Handelsmonopol zu schaffen. Diese Privilegien gefallen sogar nur einem Theil der damit Ausgestatteten, offenbar weil sie die darauf gesetzten überschwänglichen Hoffnungen nicht erfüllt haben. In den deutschen Schutzgebieten ist eben nicht so viel zu holen, wie in den Strichen, die die Britten und Niederländer in der Blüthezeit der Kolonisation an sich gerissen haben. In der Denkschrift wird nun hervor- gehoben: ..Das Uebelsie an diesen Vorrechten ist aber, daß durch sie die Eingeborenen stark beunruhigt und aufsässig werden. Die den Weißen verliehenen Rechte stören nicht nur den legitimen Handel der Eingeborenen, sondern die Weißen kommen natur- gemäß dahin, die heimische Bevölkerung ganz von dem Handel mit ihren Landesprodukten zu verdrängen. Das hat schon zu vielen Reibereien mit den sässigen Stämmen gesührt. Alle diese Erscheinungen haben Erwägungen bervorgerusen, ob es nicht besser sei, die Berechtigungen aufzuheben, zumal schon einzeln» Berechtigte gar keinen Gebrauch mehr von ihrem Pri- vilegium machen. Die Frage soll jedoch erst dem Kolonialrath vorgelegt werden, das Auswärtige Amt will erst dessen Gut- achten darüber hören." Wäre die Primlegienwirthschaft einträglich genug, dann krähte kein Kolonialrath nach den Schmerzen der Eingeborenen. So aber wird das Angenehme mit dem Nützlichen weise verknüpft. Deutsche Unternehmergewinue. Das Depeschen- BureauHerold" läßt sich aus St. Petersburg telegra- phiren: Die Maschinenfabriken landwirthschaftlicher Maschinen und Gerälhe haben ein Rundschreiben an alle russischen Händler erlassen, worin sie denselben anbieten, alle Maschinen zu den- selben Preisen und Bedingungen zu liefern, zu welchen die Händler sie bislang aus Deutschland bezogen. Es scheint aber, daß die deutschen Fabrikanten landwirthschaftlicher Maschinen und Geräthe nicht geneigt sind, sich das russische Absatzgebiet entreißen zu lassen. Sie sollen einen Preisnachlaß von lv 15 pCt. bewilligt haben und dürsten damit das Feld be- haupteü. Welche ungeheuere Gewinne müssen unsere Groß- industriellen machen, wenn sie bei Traguug der Fracht- kosten und der kolossalen russischen Kampfzölle noch 1915 pCt. billiger liefern zu können erklären als ihre russischen Konkurrenten, die wohl auch des Gewinnes wegen produziren. Dem Auslände gegenüber größtes Ent- gegenkommen, den eigenen Arbeitern rücksichtslose Wider- stand, das ist der Wahlspruch dieser Leure, welche die harmlosesteü Fortschritte auf dem Gebiete des Arbeiter- schütze» als Gefährdung deutscher Konkurrenzfähigkeit stets zu verhindern suchen. Ein Berliner Winkelblatt, das die Interessen der Halb- weit und der Jobber vertritt, schäumt vor sittlicher Entrüstung über die deutschen Arbeilergroschen, die unseren französischen Genossen im Wahlkampse gute Dienste gethan haben. Es lügt von einem Zornessturm des proletarischen Frankreichs , das die Vaterlandslosen" vom Erdboden vertilgen wolle. Da das Börsenblatt sich bekanntlich dem Meistbietenden verkauft und zu den Schürzenstipendiaten der russischen Regierung gehört, da Redakteure des sittenstrengen Organs für das Cafe Keck und andere Handelsplätze durch ihren schwunghaften Schacher mit Theater-Freibilletlen einen über das Weichbild Berlins hinaus- reichenden übelduftenden Ruf erlangt haben, so kleidet ihm die Sitilickkeitspose besonders reizend. Ein Zuhälter, der sich für die Keuschheit begeistert, erscheint immer noch glaubhafter, als dies schäbigste Organ des Geldjudenthums, dessen Losung die Käuflichkeit ist. Auf offenem Markte proftituirt es sich, mag der Käuser beschnitten oder arischen Stammes, griechisch- katholisch oder Muhammedaner, Russe oder Chinese sein. Im Rieselselde dieser Zeitung riecht Geld nicht. Gegen das Milizsystem richtet ein HerrVivus" in den offiziösenPreußischen Jahrbüchern" einen langen Aufsatz, an dem nichts bemerkenswerth ist, als die That- fache, daß er uns die Angst der Vertreter des herrschenden Militarismus verräth. Die Herren merken allmälig, daß das Volk sich von ihnen abwendet, und daß der Gedanke eines Volkshecres mehr und mehr Wurzel faßt in den weitesten Kreisen. Der Verfasser das muß man ihm lassen hat wenigstens e i n Verdienst er ist kühn, feste Thatsachen bestehen nicht sür ihn, er knetet sie zurecht wie Lehm und stellt sie auf den Kopf mit einer Tapferkeit und Schneidigkeit, die aufmilitärischen Geist" schließen lassen und in ihrer Art anerkennenswerth sind. Zur Charakteri- sirung des Mannes und seiner Sache werden wir das Elaborat gelegentlich in einem eigenen Artikel behandeln. Für heute sei bloS erwähnt, daß er und das ist sein Hauptargnment behauptet, die Militärmißhandlungen seien in der Schweiz gerade so schlimm als in Deutschland . Zum Beweis für diese, der Wahrheit sehr kühn ins Gesicht schlagende Behauptung, zitirt er dieNeue Züricher Zeitung ",.das heißt das reaktionärste Blatt der Schweiz , w.lches allgemein in dem Ruf steht, in bezng auf deutsche Verhältnisse päpstlicher als der Papst zu sein. Wer weiß, vielleicht hat unserVivus" selber die Artikel geschrieben, auf die er sich bezieht, llnd mit solchen Mitteln sucht man den sinkenden Kriänl des Molochs zu retten! Wegen antidpnastischer Demonstrationen sind nach einer Meldung desBerliner Tageblattes" in Prag 38 Personen verhaftet wordey. Die Versöhnungspolitik des Grafen Taaffe hat die konservative Gesinnung Czechen und Deutschen ans den Köpfen getrieben. Die schroffen Oppositionsparteien gewinnen an Anhangs die Anhänger der Regierung verschwinden in Böhmen fast ganz von der BUdfläche. Wäre das famose Wahlgesetz nicht, so würde Gras Taaffe schon längst nicht mehr Mimster sein. Seine Tage sind aber auch so gezählt, wenn er auch mit politischen Verfolgungen sich die unangenehmsten Gegner vom Halse schaffen will. General Miribel , der als Oberstkommandirender be- ziehentlich Chef des Gencralstabes in einem eventuellen künftigen Kriege Frankreichs gegen Deutschland betrachtet wurde, ist heute infolge eines Sturzes vom Pferde ge- storben. Die englischen Gewerkvereine und ihre Kongresse vertieren an Interesse, so führt dieNational-Zeitung" in einem Leitartikel aus. Ja so lange sie sich der Sozial- demokratie verschlossen, waren sie bei der ausländischen Bourgeoisie und ihrer Presse lieb Kind, jetzt wo sie mit fliegenden Fahnen ins sozialdemokratische Lager ab- schwenken, verlieren die Kongresse an Interesse. Wir sind begierig, wie sich Herr Brentano, der Apostel der englischen Gewertvereine, mit den ihm so unbquemen Kongreßbeschtüffen abfinden wird.' Die englischen Gewerkvereine können sich übrigens trösten, die Freundschaft und die Solidarität des internationalen Proletariats wird sie reichlich ob des Ver- lustes ihrer bourgeoisen Freunde entschädigen. Gegen den bulgarischen Bismarck, Stambulow, steigert sich die Mißstimmung des Volkes mehr als man im Auslande annimmt, deren bürgerliche Presse Stambulow als größten Staatsmann und nationalen Heros preist. Daß die Bulgaren über ihren Regierungschef anders denken. wissen unsere Leser aus einem vor LVe Monaten imVor­wärts" veröffentlichten Situationsberichte aus Bulgarien . Jetzt dringen auch aus anderen Quellen ähnliche Nach- richten in die Oeffentlichkeit, so läßt sich das Depeschenburean Herold aus Sofia telegraphiren: Das Organ RadoslawowsSzvobodna Szlovo" greift Stambulow in heftiger Weise an und bezeichnet denselben als Tyrannen von Bulgarien . Das genannte Blatt fordert den Fürsten auf, dieser Tyrannei ein Ende zu machen, und würde auch Stambulow. so fährt das Blatt fort, die Minister Radoslaivow, Toncsey und Nacsevic durch gedungene Meuchel- mörder tödten lassen und andere Männer an deren Stelle setzen, so werden diese auch bald den Fürsten wegfegen.- Povkemflckmckjlen. In Lübeck fand am 9. d. Mts. eine gut besuchte sozial- demokratische Parteiversammlung statl, in der zunächst das Wahl- komitee von der letzten Reichstagswahl Bericht erstattete. Aus dem Bericht ist besonders hervorzuheben, daß die Einnahme 6576,47 M., die Ausgabe 5492,90 M. betragen hat. so daß ein tleberschug von 1083,57 M. vorhanden war. Zum zweiten Punkt erstattete Th. Schwach unter großem Beifall Bericht vom internalioualen Arbeiterkongreß in Zürich . Folgende Resolution fand einstimmig Annahme:Die Versammlung erklärt sich nach Anhörung des Delegirten Th. Schwartz mit den Beschlüssen ein- verstanden, und gelobt mit aller Entschiedeyheit für Durchführung derselben Sorge tragen zu wollen. Sie erklärt ferner das Ver- halten ddr deutschen Delegirten in Zürich sür durchaus gerecht- fertigt und hält es für besser, daß die Unabhängigen und Anarchisten in Zukunft von den internationalen Kongressen fern bleiben, anstatt dort mit der Absicht zu erscheinen, die VerHand- lungen zu stören." Zu de« hessischen Laudtagswahlen. In unserer Notiz über die Kandidaturen in Hesse » befindet sich ein kleiner Lapsus. Genosse Berthold kandidirt nämlich nicht in Großgerau, sondern in Lorsch . Die Großgerauer Kandidatur ist noch unbesetzt. Die Handhabung des BereinSrechtS in Sachsen . Das sächsische Vereinsgesetz vom Jahre 1850, so schreibt dieFranks. Zeitung", wird bekanntlich von feiten der sächsischen Polizei- behörden mit großer Strenge gehandhabt. Besonders energisch ist man in der Durchführung des§ 24 dieses Gesetzes, welcher be- stimmt, daß Vereine, deren Zweck sich auf öffentliche Angelegen- heilen bezieht, sich nicht m»t anderen Bereinen in Verbindung setzen dürfen, widrigenfalls sie der sofortigen polizeilichen Auf- lösung verfallen. Zahlreiche Arbeitervereine sind denn auch wegen Verstoßes gegen diese Bestimmung ausgelöst worden. Recht eigenthümlich muß es demgegenüber berühren, daß man in bezug aufordnungsparteiliche" Vereine nicht die gleiche Strenge walten zu lassen scheint, eine Beobachtung, die man auch zur Zeit der letzten Reichstagswahlen wiederholt hat machen können. Auch in dem vogtländischen Städtchen Falkenstein waren bei der Reichstagswahl auf Veranlassung des dortigen Reichstreuen Vereins" die Vorstände fast sämtntlicher, sich mit öffentlichen Angelegenheiten befassenden Ver- eine Falkenstein's zu einer gemeinsanien Sitzung zu- sammengekommen, um über eine wirksame Agitation, über Flug- blätterverbreitung w. zu berathen. Da dies ganz offenkundig geschehen war, erwartete man natürlich, wie das Vereinsgesetz es vorschreibt, die Auflösung all dieser Vereine, zum mindesten aber die desReichstreuen Vereins". Da indessen seitens der. dortigen Polizeibehörde bis zum 31. August eine derartige Maßnahme noch nicht verfügt worden war. so ließ sich der Redakteur Künzel von der in Falkenstein erscheinenden sozialdemokratischenVogt- ländischen Volkszeitung", um die Polizei zu provoziren, dazu herbei, eine Denunziation beim Stadtrath einzureichen. Der Stadtrath hat indessen Herrn Künzel mitgetheilt, daß erkeine Veranlassung habe, gegen denReichstreuen Verein" einzuschreiten." Redakteur Künzel hat sich nunmehr beschwerdeführend an die Kreishauptmannschaft Zwickau gewandt. Aus den Ausgang dieser Sache darf man mit Recht gespannt sein. Nach den Erfahrungen, welche die Sozialdemokraten im klassischen Lande ovrigkeitlicher Gemüthlichkeit gemacht haben, hat man durchaus keine Ursache, aus den Ausgang dieser Angelegen­heit gespannt zu sein. Bescheiden, wie wir nun einmal sind, dämpfen wir unsere Hoffnungen herab und lassen uns an dem Festnageln" genügen. Todtenliste der Partei.'In Hildesheim tyurde am 4. September der Parteigenosse Hermann Hasse zur letzten Ruhestätte geleitet. Hasse fiel der Proletarierkrankheit, der Schwindsucht, zum Opfer. In ihm haben die Hildesheimer Parteigenossen einen Mann verloren, der jederzeit bereit war, mannhaft die' Sache des Proletariats zu vertreten und ihr neue Anhänger'zu gewinnen. Die Beerdigung, an der die Genossen zahlreich theilnahmen, gestaltete sich zu einer Demonstration, die dem Spießer wenigstens für einen Tag die ihm so nothwendige Ruhe geraubt hat. Fast sämmtliche Arbeiterorganisationen hatten Kränze geftistet. Die Hildesheimer Arbeiterschaft wird das Andenken des verstorbenen Parteigenossen stets in Ehren halten. Polizeiliche», Gerichtliche» it. Vor dem Schöffengericht Wiesbaden stand der Ver- trauensmann der sozialdemokratischen Partei in Biebrich , Genosse Seefeld , angeklagt der Beleidigung des Bürgermeisters Wolf von Biebrich , begangen in einer Versammlung am 8. Juli durch die Bemerkung, Herr Wolf sei der größte Sozialistenfresser Biebrichs. Genosse Seejeld bestritt die Aeußerung nicht, will dieselbe jedoch nur bildlich angewandt haben. Der Staatsanwalt hielt die Be- merkung auch für keine Beleidigung und plädirte für mildernde Umstände. Das Gericht erklärte ebenfalls die Aeußerung nicht für beleidigend, vielmehr erscheine die Aeußerung des An- geklagten gerechtfertigt durch das Verhalten Wolf's , welcher die Versammlung zu hintertreiben und auch sonst bei jeder Gelegen- heit die Sozialdenwkraien in ihrer Agitation zu hemmen ver- sucht habe. Der Angeklagte sei deshalb sreizusprechen und die Kosten der Staatskasse zur Last zu legen. DvirkkaKen dvv Vedakkion. H. St. in Berlin . Dank sür das Uebersandte. D. war in der That mein Schiller und hat mich niemals verleugnet. Meine Tochter ist als Lehrerin dort. RauchklubEiserne Pfeife". Wir bitten um Mittheilung darüber, wann Ihre Sitzungen stattfinden. Mwld. Wenn eine Mutter ihre Tochter während deren Wochenbett gepflegt hat, so steht ihr auch nach sächsischem Gesetz eine Entschädigung nur zu, wenn solche vereinbart war. E. F. Nein, falls nicht von vornherein vereinbart war, daß Sie alle Klassen zusammenspielen wollen. Sch. Die Miethe muß bezahlt werden. Abonnent B. I. Nein. 2. Der Verkäuferin steht sechs- wöchentliches Kündigungsrecht zum nächsten Quartals- Ersten, dem Lausburschen Utägige Kündigungsfrist zu.