Ar. 258. 28. ZahkMs. 1. Irilnof des JitBirts" Öttlinet öolltetlstt.>»>»>>»»» Sias man In Italien vom Krieg erfährt. Rsm, 80. Oktober. (Eig. Ber.) Die grobe Sorgfalt, mit der die Zensur darüber wacht, daß keine nichtoffiziellen telegraphifchen Nachrichten vom Kriegs- fchauplatz nach Italien gelangen, öffnet natürlich der journalisti» schen Phantasie Tür und Tor. Trotzdem läßt sich, dank der brief. lichen Berichterstattung, namentlich des„Avanti" und des „Lavoro ", eine ungefähre Vorstellung von der Lag« in Tripolitanien gewinnen, wobei wohlverstanden die jüngsten Nachrichten nicht weiter als bis zum 25. Oktober reichen. Da ist zunächst zu konstatieren, daß die italienischen Truppen auf einer ungebührlich langen Verteidigungslinie verteilt worden sind, welcher Fehler inzwischen wieder gut gemacht wurde, ohne den sich aber der Ueberfall von Schamaschatt nicht er- eignet hätte. Bei diesem Ueberfall wurden zwei Kompagnien Bersaglieri gleichzeitig von der Front und im Rücken angegriffen und mußten acht Stunden dem doppelten Angriff standhalten. Dem „Avanti" zufolge wurden diese drei Kompagnien, rund 0 50 Mann, bis auf 125 aufgerieben. Der Aufstand der Araber in Tripolis selbst hat die den Bergsaglieri zur Verstärkung gesandten Artilleristen aufgehalten. Die Ver- engerung der Verteidigungslinie erlaubt einmal der italienischen Besatzung mehr Truppen in Reserve zu halten und erleichtert weiter die Ueberwachung de? zwischen Meer und Verteidigungs- lini« gelegenen Gebiete?. daS bei der Gesinnung der Araber genau dieselbe Aufmerksamkeit erfordert, wie die nach dem Hinterlande gerichtete Verteidigungssront. DaS Wichtige an der feit dem 23. Oktober eingetretenen Wendung liegt nämlich gerade in dem Auf st and der Ein- gebvrenen. Vorher konnte man sich in dem Wahne wiegen und hat sich tatsächlich in ihm gewiegt, daß die Araber, die wahrlich an der türkischen Herrschaft nichts verlieren und den Türken notorisch feindlich gesinnt sind, die Italiener mit Sympathie auf- nehmen würden. Heute muh dieser Wahn als durch die Er- einniste zerstört gelten. Nicht der Aufstand als solcher, sondern seine Unterdrückung hat eine Kluft deS Hasses zwischen den Eingeborenen und den italienischen Truppen aufgetan, die sich vielleicht erst in Jahren schließen wird. Wäre man weniger ver- trauenSselig gewesen, so hätte der Aufstand der Eingeborenen nicht jene Bedeutung erlangt, die zu den standrechtlichen Hinrichtungen Anlaß gab. Nach diesen Hinrichtungen ist vielleicht an einen Frieden mit der Türkei , nicht aber an einen solchen mit den Arabern zu denken. Der Krieg hat ein für allemal aufgehört, den Charakter einer Demonstration und Machtentfaltung zu haben: eS ist ein echter und rechter Volkskrieg goworden, blutig und zerstörend, roh und verrohend, und er zieht über jeden Einzelwillen hinaus seine furchtbaren Kreise. Viele Tripolisschwärmer haben das nicht erwartet und nicht gewdllt, aber sie hätten eS erwarten muffen und sind jetzt außerstande, durch ihr Wollen oder Nichtwollen den Ercignisien Zügel anzulegen. Vom 23. bis zum 20. sollen 180 Araber standrechtlich erschossen worden sein. So werden die italienischen Soldaten, die Kardinäle und Bischöfe bei ihrem Auszug gesegnet haben, zur Henkerarbeit angehalten. Natürlich redet man davon, daß ja nur an.Verrätern Gerechtigkeit geübt wird", aber der Verrat dieser Leute ist im Grunde nichts anderes als die Verteidi» gung ihres angestammten Grund und Bodens gegen Menschen, denen sie keine Treue schuldig zu sein glauben. E» ist unsinnig, zu glauben, daß man durch einen Maueranschlag diese Eingeborenen zu dem Formalismus europäischer Ver- pflichtungen bringen kann, um so unsinniger, dies gerade dann zu erwarten, wenn man ihnen handgreiflich demonstriert, wie sehr Gewalt vor Recht geht. Die Araber glauben nicht, Verrat zu be- gehen, indem sie die Italiener im Rücken überfallen. Es dürfte Man höre: DeS Kaisers, zugleich ein Wenn das nicht alle! gar zu grotesk, wenn kleines feuitteton. Herr Sayfer und der Kaiser..Die Berliner Ausstellungshallen am Lehrter Bahnhof sollen umgebaut oder durch einen Neubau ersetzt werden. Not tat daS schon lange, jetzt aber scheint die Sache ernst zu werden. Es wäre nun wohl das vernünftigste, wenn die Künstler, für die ja solch eine Ausstellungshalle da ist, eine Kom- Mission bildeten, die ihrerseits ein Preisausschreiben erlassen müßte. Dann wäre zum mindesten die Möglichkeil gegeben. daS Beste zu gewinnen. Statt dessen soll und zwar durch einen Vorgang, der dringend der Aufklärung bedarf, Herr Baurat Kayser den Auftrag bekommen haben. Höchst offiziell, wie man sagt. Es wäre nichts unglücklicher, als wenn Herr Kayser, dessen Talent schon bei der viel leichteren Aufgabe deS Resiaurationsgebäudeö völlig versagte. die Zahl der verfehlten Kronenbaulen mehren wollte." Schon 1909 brachte das offizielle Organ des Bundes Deutscher Architekten diese alarmierende Nachricht. Auch später, als Herr Kayser immer wieder als Erneuerer der Moabiter Gefilde zitiert wurde, schwieg man nicht. Herr Kayser aber blieb standhaft. Und kommt nun mit einem regelrechten Trick, allen Widerspruch ver- stummen zu machen. Herrn KayserS Neubau soll eine Ehrung deS Friedenspalast für Kunst und Künstler sein. lcörgler umschmeißt l Indessen, es wäre doch der Kayser vom Kaiser einen Auftrag ein- heimst, den dieser gar nicht zu vergeben hat, jener nicht einhalten sollte.<Er wurde von der Künstlerschaft als Deputierter, nicht als Agent in daS Schloß geschickt.) Und wenn dann der Kayser die Illegitimität solchen Gewimistes dadurch verwischte, daß«r seinen Jagdzua als Herzenswunsch des Kaiser « anschminkt. Jubiläum hin, Jubiläum her und unbekümmert um da« ver- logene Friedensfest zwischen der.Großen" und der Sezession: der Kayser ist nicht fähig, solch einen Auftrag zu verrichten. Er baut auch längst nicht mehr. Das tut für ihn ein Mitinhaber der Firma, Herr R e n s ch. Das ist ein leidlicher Fachmann. Aber: der Kaiser will doch den Kayier. Wird«r ihn noch wollen, wenn der Hofbaw meister seinen Herrn über die Sachlage aufgeklärt bat. Warum sollte der Kaiser Herrn Rensch bevorzugen.... Demgemäß: der Wettbewerb ist gesichert. li. Br. Ignoranz, Kapital und Genie. Aus Paris schreibt man unS: Welch unverschämter Erniedrigung die Kunst in den Händen deS Kapitalismus ausgeliefert ist, hat eine Opernpremiere im Gaii Tbeoter anerkennenswert deutlich gemacht. Da hat ein geriebener Theaterunternehmer. Herr Günzburg , den Einfall, nachdem er lange in Opern gehandelt hat. einmal selbst eine zu fabrizieren. WaS das musikalische Kunstwerk auch im Theater sein kann und dank großen Meistern geworden ist. dafür hat der Sensationslieferant des eleganten Rivierapöbel» kein Organ und jedenfalls pfeift er darauf. Und in�der Tat haben ja die Pariser Bourgeois, die von den Gounodschen Höhen geradewegs in die Regionen deS italienischen Berismns und der Neuwiener Operette gelangt sind, keine metaphysischen Bedürf pisse musikalischer Natur. Auch ist.Iwan der Schreckliche ' wirklich nicht schrecklicher als ander« Effektopeni, die aus dem Schutt der Meyerbeerschen Epoche mit ordinär inodeniem Fassadenstuck low auch schwer halten, diesen Leuten klar zu machen, daß eS edle und achtbare Kriegführung ist, mit Ueberzahl und besseren Waffen eine schlecht bewaffnete Minderheit nach vorheriger Kriegserklärung zu überfallen, aber schwarzer und todeswürdiger Verrat, wenn nach geglücktem Ueberfall der Grimm der Unterworfenen sich weiter durch Gewalt Luft macht. Es würde sich vielleicht empfehlen, auf den europäischen Universitäten einen Lehrstuhl für Kolonial- moral einzurichten, der in Form eines Katechismus die Moral- regeln für die Schwachen und die für die Starken ausarbeitete und bekannt gäbe. Vorher kann man kaum erwarten, daß die Araber die Tiefe der eigenen Niedertracht und die moralische Größe der Eroberer voll zu würdigen wiflen. Langsam und widerwillig kommt die öffentliche Meinung in Italien zur Ueberzeugung, daß der so leichtfertig bejubelte Krieg eine furchtbar ernste Sache ist. Jede Zeitung fängt mit Verlustlisten an, und nebenbei herrscht die Besorgnis, daß das Auftreten der Cholera unter den Truppen bald den türki- schen Waffen Konkurrenz machen könne. Die Zeit ist längst vorbei, in der man jedem einzelnen der Gefallenen Worte des Nachrufs widmen konnte. Wie wenig Lust man übrigens hat, sich traurige Wahrheiten zum Bewußtsein zu bringen, geht daraus hervor, daß unser Genueser Parteiblatt„Lavoro ", das von hundert Italienern berichtete, die in türkische Gefangenschast geraten sein sollen, auf öffentlichem Platze verbrannt wurde, obwohl auf der Hand liegt. daß niemand der Protestierenden die Möglichkeit hatte, die Richtig- keit der Nachricht zu kontrollieren. Aber alle Versuche, möglichst viele Funken des Enthusiasmus zum Sprühen zu bringen, werden nicht darüber weghelfen, daß der Krieg einen vielgrößerenAufwandan Menschen- leben und Geld fordert, als die imperialistischen Schwadroneure vorausgesehen hatten. Seit die Araber den„Heili- gen Krieg" proklamiert haben, ist jede Aussicht auf wirklichen Frieden in weite Ferne gerückt. Uebrigens ist eS an diesem Kriege merkwürdig, wie sehr die Ereignisse dem Willen der Individuen über den Kopf wachsen. Es sollte eine unblutige Machtdemonstration- gegen die Türkei werden und wird zu einem menschenmörderischen Kleinkrieg mit den Ein- geborenen. Di« italienische Regierung steckt sich daS Ziel, keine Spekulantenwirtfchaft aufkommen zu lassen, und doch hat gerade die Spekulation dem Kriege die Wege geebnet und wird sicher als erste in das eroberte Land Einzug halten. Bekanntlich hat der Gouverneur von Tripolis , um der Grundstücksspekulation vorzubeugen, jede Entäußerung von Grund und Boden verboten, die vor der Okkupation vorgenommenen für ungültig erklärt, so- weit sie nicht allen lokalen Rechtsformen genügten und hat weiter der Regierung das Recht vorbehalten, die zu Spekulationszwecken angekauften Ländereien zu expropriieren. Dieses Dekret schützt einmal die Güter der Flüchtlinge und der Ausgewiesenen, dann bedroht es mächtig die Interessen des B a n c o d i Roma, der in den letzten Jahren für rund 9 Millionen Lire Grund und Boden angekauft hat. Die Absicht mag gut sein, aber so wenig es Kriege gibt ohne Blutvergießen, so wenig gibt eS Kolonialeroberungen ohne Spekulation. Die Börse hat sich für diese Tatsach« recht feinfühlig gezeigt, DaS Dekret schien den Banco di Roma der- nichten zu sollen, und doch sind seine Aktien nach einem ein- tägigen Fall um Punkte auf ihre alte Höhe zurückgekehrt. Das Finanzkapital weiß, daß man durch Dekrete der Logik eines Regimes und einer Situation nicht Halt gebieten kann. Und das ganze tripolitanische Abenteuer bestätigt dies mit furchtbarer und tragischer Wucht. Wer die Verantwortung für den Anfang auf sich zu nehmen gewagt hat, der muß nun wohl oder übel auch die für die Folgen tragen. Das italienische Proletariat hat jede Verantwortung feierlich abgelehnt, struiert sind. Der alte romantische Librettoblödsinn wird mit sadistischen Exzessen aufgepulvert und das begleitende angenehme Jnstrumentalgeräusch gibt den Grund, worauf die Theater - beiden Schmelz und Schmalz der Stimme glänzen lassen. Aber Herr Günzburg hat die Anmaßung— und sie'allein fordert zum Protest heraus— für seine kapitalskräftige Mittelmäßigkeit Genierechte zu reNamieren. Im.Matin" stellt er sich der Oeffentlichkeit mrt dem Satz vor:.Ich habe da? Bewußt sein, ein Wert geschaffen zu haben, das in nichts den bis heute geschriebenen gleicht". Und diese Originalität leitet er auS der Tatsache her, daß er— nichts gelernt hat. Jegliche« Lernen soll nämlich der Ursprünglichkeit des Schaffens schaden. Hinter diesem affektierten albernen Geniestolz steckt aber das engstirnigste Parvenütum. Dieser.Komponist" hat sein Werk sogar von einem anderen instrumentieren lassen müssen. Leider teilt er in seinem Manifest an die Menschheit nicht mit, ob er ihm seine Offenbarungen vorgepfiffen oder mit einem Finger vorgeklimpert hat. Das Auftreten deS Herrn Günzburg erinnert an das Wort des alten Nestroh:.©'lernt Harn nur nix, aber arrogant san mir worden". Genau besehen steht aber die Psychologie deS Besitzer« der Produktionsmittel dahinter, der sich dreist als.Produzenten" Th,a.-r.*"■ Neue? königliches Opern-Theater: Gastspiel Adele Sandrocks als Hamlet. Ein weiblicher Hamlet? Der Gedanke hat einen üblen Beigeschmack von Sensation. Und Sarah Bernhardt » Auftreten als Dänenprinz trug dazu bei. das Mißtrauen gegen derartige Experimente noch zu steigern. Indes Adele Sandrock gegenüber hält diese« Vorurteil, so gute Gründe eS im allgemeinen haben mag, nicht stand. Nach wenigen Augen- blicken empfindet man bereits, daß es sich um ernstes künstlerisches Ringen handelt. Die große breitschultrige Figur, in ein die Weib- lichkeit der Formen verhüllendes Gewand gekleidet, die dunkle Tönung des Nangvollen Organs vereinen sich, die Illusion zu ermöglichen. Sie war kein geschmeidig chevalereökeS Königssöhnchen von anziehend interessanter Blässe, wie ihn die jugendliche Phantasie träumt. Da« Pathologische, die geheimnisvolle unentrinnbare Gewalt, die auS den Tiefen des Unbewußten aufsteigend Hamlet mut- und tatlos macht, kam in Gebärde. Haltung. Stimme, in den krankhaft ge- dunsenen bleichen Zügen, den starren Augen um so überzeugender zum Ausdruck. Shakespeare denkt seinen Hamlet jünger, als sie ihn spulen konnte. Aber in der allgenieinen Tonlage und Färbung traf sie, scheint mir, durchaus deS Dichters Intentionen. Mit gutem Recht hat Bischer gegenüber jener Ansicht, die in der Melancholie deS Prinzen nur den Widerschein seiner gerechten moralischen Empörung erblicken will, auf die tieferen Quellen hingewiesen. Jede Nuance im An- fang und in der Folge deS Stückes zeichne den geborenen Melancholiker. Alle Vorstellungen, die er zu Hilfe ruft, sind machtlos gegen dies Lähmende, das ihm in Blut und Nerven liegt. So empfand, so spielte die Sandrock den Hamlet: als einen, den sein Temperament, auch unabhängig von seinem Schicksal, zum Leiden und zum Unter- gang vorausbestimmt hat. Schmucklos einfach war der Vortrag der Monologe, eindringend und fein die Wiedergabe von Hamlets schmerz- zerrissener Ironie und intellektueller Ueberlegcnheit. Ein Höhepunkt des Spiele»— die Szene mit der Mutter-» wurde in ihrer Nach- vle ssblengnnngen des Canalejas . Daß Verbrecher leugnen, ist nichts Neues. So will es noch nicht viel besagen, wenn die spanische Regierung ein Telegramm des Generalkapitäns von Valencra veröffentlicht, demzufolge 7 Aerzte bei gründlicher Unter- suchung von 22 in C u l l e r a Verhafteten k e i n e S p u r e n kürzlich erlittener Mißhandlungen gefunden haben. Mag die Aufrichtigkeit der Aerzte außer Zweifel stehen: wer gibt denn die Gewähr, daß die der Folterung beschuldigten Kerkermeister gerade die Leute, die ihre Opfer gewesen sind, den Aerzten vorgeführt haben, oder daß man, worauf die Einschränkung zu deuten scheint, solange gewartet hat, bis keine wahrnehmbaren Spuren mehr vorhanden waren? Leider.liegen zuverlässige Angaben genug vor, die jene Quälereien außer allen Zweifel stellen. Auch Genosse FabaRibas schreibt in der„Humanstä" daß die Scheußlichkeit dieser Martern sie ihm erst unglaublich er- scheinen ließ.„Aber gegenüber den ganz bestimmten Ver- sicherungen durchaus glaubwürdiger Personen, die uns schrie- ben, den Aussagen, die von Leuten, die aus Valencia kamen, gemacht wurden, gegenüber dem, was in der Madrider Presie von den Abgeordneten A z z a t i und B a r r a l berichtet wurde, mußten wir unseren Zweifel fallen lassen." Es folgen einige Szenen aus der Polizeikaserne von C u l l e r a. Einen Gefangenen zwang man, zu P f e r d e zu steigen, auf dem ein Stuhl aufgestellt war. Die Brust auf dem Sattel und die Füße auf der Stuhllehne liegend, wurden ihm mit einem Strick Hände und Füße zusammengeknüpft. Auf das Schreien des Unglücklichen gab es Schläge mit einem Ochsenziemer und der Folterer rief:„Jetzt lernst Du, zu Pferde zu steigen, um Revolution zu machen. Singe doch die Marseillaise , mein Junge!" Ein anderes Stück war, Gefangene unter den Achseln an der Decke aufzu- hängen und, unter dem Singen der Marseillaise , sie zu schaukeln, bis sie an die Decke stießen. Und ein noch grau- sameres Mittel war, den Kopf rückwärts zwischen die Füße zu bin de n, diesen menschlichen Ball drei-, vier-, fünfmal durch das Zimmer zu rollen und dann fünf bis sechs Stunden liegen zu lassen. Die Schmerzensschrele der. Gefolterten waren so furchtbar, daß Neueingeführte, die sie gehört hatten, auf den Knien baten, von der Marter ver- schont zu werden und alles, was man von ihnen wissen wollte, im voraus zugaben. Andere Foltern, die ihm mitgeteilt wurden, übergeht Nibas. Mehrere Personen, darunter die Abgeordneten' von Valencia , versicherten Ribas, daß sie solche Ge- folterte gesehen haben, in deren zerrissenem Fleisch die Spuren der Mißhandlungen deutlich zu sehen waren. Die- selben haben Kleidungsstücke der Gefangenen im Besitz, die mit Blut befleckt und völlig zerrissen sind. Kennzeichnend für den Geist des Schurken, der so lange die demokratische Maske vorzubinden gewußt hat, bis es ihm gelang, der oberste der spanischen Folterknechte zu werden, ist: Als A z z a t i und B a r r a l ihn aufsuchten, um über die Martern Beschwerde zu führen und ersterer sagte, daß er selbst die Opfer gesehen habe, da empörte sich Canalejas — über den Gefängnisdirektor, der dem Abgeordneten den Zutritt zu den Gefangenen gestattet hatte. Und 12 Unglückliche, die unter solchen Martern„Geständnis abgelegt" haben', sollen nun hingerichtet werden— unter demselben Regierungschef/ der die Abschaffung der Todesstrafe in seinem schönen Re- gierungsprogramm verheißen hatte. Auch den„Daily News" ist ein Schreiben des Ab» "ggaggs..-- Wirkung freilich durch eine unglaubliche Geschmacklosigkeit gestört: als auf den Applaus des Publikums der Vorhang in die Höhe ging. schleppte man au« den Kulissen Blumenkörbe auf die Bühne. In den Nebenrollen gab es, bei manchem Verfehlten, auch Tüchtiges: so Blümners PoloniuS, S t i a ß n y als Geist, H u m e r in der Figur des Schauspielers. Fräulein H e l I b e r g war eine anmutige Ophelia, aber, wie verschiedene andere Darsteller, infolge der schlechten Akustik deS HauscS, auf den hinteren Reihen oft ganz unverständlich. ät. Musik. Run mal wieder italienische Oper I In die K o m i s ch e O p e r ist eine neue Direktion eingezogen: Frau Aurelie Rüvh-Chap» man, von den älteren guten Zeiten deS Theaters des Westens her bekannt. Man begann am Mittwoch mit einem.Musikdrama". daS nach seiner Mailänder Uraufführung(1903) inzwischen bereits in der Wiener Volksoper gegeben ist. ES stammt von Umberto Gi ordano, den wir sonst schon als Vertreter des neu-italicuischen.Naturalis» mus" oder.VeriSmuS" kennen, und heißt.Sibirien ". DaS von L. Jllica verfaßte Textbuch zitiert zur Erläuterung eines Liedes von Gefangenen die Worte des russischen Lyrikers N. A. Nekrassow von dem Seufzen, das durch Rußland geht.... DaS Thema könnte also zu einem hohen Künstlertum führen, hat aber zu nicht viel mehr als einer schauderösen Moritat geführt. Stephans ward von ihrem ersten Geliebten an einen reichen Fürsien verkuppelt. Sie gewinnt dann den jungen Soldaten Wassili lieb. Er tötet den Fürsten und muß nach Sibirien . Stephana folgt ihm. Doch auch der frühere Geliebte ist unter den Gefangenen und stellt sie während einer den Gefangenen gegönnten Osierfeier blas. Die Liebenden wollen fliehen, aber die anscheinend vom Intriganten vorbereiteten Soldaten erschießen Stepbana. Nicht„wo auch die Liebe stirbt", sondern»wo die Liebe währt bis zum Tode", das ist Sibirien . Der Komponist widmet seinem Text vor allem die moderne Kunst der musikalischen Charakterisierung. Er vermeidet dabei daS Effektmachen wenigstens insofern, als er durch schlichte Anfänge Kraft zur Steigerung spart. Sein Bestes gibt er im Vorspiel deS zweiten Aktes, daS den russischen Schmerz in seinen verschiedenen Formen zu schildern sucht � vom dumpfen Stöhnen bis zur auf» schreienden Verziveiflung, die den hier ohnehin viel verwendeten Trompeten gehörig zu tun gibt. Die Musik ist namentlich durch kontrapunktische Künste gehaltvoll. Wo sie mehr lyrisch wird oder geschlossenere Tonbilder geben will, gerät sie allerdings in recht be» kannte Stimmungen von Tafelniusik hinein. Nicht nur die Wahl des Stückes, auch der gesamte Charakter der Aufführung sind italienisch. Man scheint hier die Aufmerksamkeit haupsächlich auf die lyrisch weiche Gesangsschönheit mit Bevor- zugung der Vokale, der sogenannten Kopfresonanz usw. gerichtet zu haben. Neben der die Hauptpartie durchführenden Direktorin war wohl am besten ihr nächster Partner, der Tenor I o r r s z e. So wenig wir italienisches Tonkünstlertum von vornherein ablehnen, und so sehr wir dem neuen Unternehnien alles Gute wünschen: so dringend dürfen wir doch um Berücksichtigung moderner Ansprüche in der Regie und im Spiel bitten. er.
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