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Krieg. In diesem Sinne hat die kapitalistische Politik der letzten Monate allerdings revolutionierend gewirkt und das Kapital, das in seinem Expansionsdrang in immer neue Weltteile flieht, hat sich damit wieder seiner letzten un- übersteigbaren Schranke ein Stück genähert, jener Schranke, die ihm gesetzt hat der Wille des Proletariats zur Neugestaltung der sozialen Ordnung. gas Hiongo-Zsiiwel. DieNorddeutsche Allgemeine Zeitung" bringt in Nr. 261 vom 5. November folgende genauere An- gaben über den Inhalt des Kongoabkommens: In Ergänzung des mit Frankreich über Marokko nunmehr ab- geschlossenen Abkommens und als Kompensation für die unsererseits Frankreich in Marokko zugestandenen Befugnisse tritt Frankreich im französischen Kongo folgendes Gebiet an uns ab: Das neue Gebiet geht aus vom Atlantischen Ozean am östlichen Ufer der Bai von Monda; die Grenze verläuft dann zunächst auf deren östlicher Seite nach der Mündung des Massolis und von dort nordöstlich nach Spamsch-Guinea umbiegend; sie schneidet den Jvondoflutz bei seiner Vereinigung mit dem Dschua, folgt diesem bis zum französisch bleibenden Madjingo und dann .weiter gegen Osten bis zur Vereinigung des Ngoko und des Sangha, im Norden des Ortes Wessow. Südlich dieser französisch bleibenden Stadt, und zwar mindestens 6 und höchstens 12 Kilometer von ihr entfernt, verlätzt die Grenze den Sangha, biegt nach Südwesten ab und begleitet das Tal des Kandeko bis zu seiner Vereinigung mit dem Bokiba. Sie folgt nun diesem und später dem Likuala ab- wärts bis zum rechten Ufer des Kongo . Bon hier ab bis zur Mündung des Sangha bildet der Kongo die Grenze, die S bis 12 Kilometer betrogen wird. Dann folgt die Grenze dem Laufe des Sangha aufwärts bis zum Einflutz des Likuala-aux-herbes, den sie bis Botungo begleitet. Von diesem Orte verläuft die Grenze in ungefähr gerader Richtung von Süden nach Norden bis Bera Ngoko und biegt dann in der Richtung auf den Zufammenflutz des Bodinga und deS Lobaye ab, um dem letzteren talabwärts zu folgen bis zum Ubanghi , nördlich von Mongumba. Weiler bildet nun der Ubanghi die Grenze auf eine Strecke von mindestens 6 und höchstens 12 Kilo- nieter; die Grenze setzt sich in nordwestlicher Richtung fort, erreicht den Pama an einer noch zu bestimmenden Stelle westlich von seiner Vereinigung mit dem Mbi. Die Grenze geht dann den Pama auswärts bis zum Ost-Logone, den sie ungefähr am 8. Parallellreise in der Höhe von Gorö trifft. Diesem folgt sie von hier ab nach Korden bis zur Vereinigung mit dem Schari. Anderseits tritt Deutschland an Frankreich das zwischen dem Schari im Osten und dem Logone im Westen gelegene Stück Kameruns ab nördlich der jetzigen französischen Besitzungen. Innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden deS Abkommens begibt sich eine technische Kommiision, bestehend aus einer Anzahl Delegierter beider Ne- gierungen, an Ort und Stelle, um die Grenze den vorgenannten Abmachungen entsprechend festzulegen. Spätestens 18 Monate nach Beendigung der Arbeiten dieser Kommission soll die Vermarkung der Grenzen vorgenonrmen werden. Der vereinbarte Gebieisaustauich erfolgt auf Grund der im Moment des Vertragsabschlusses bestehenden Verbältnisie. ES gilt dieS insbesondere auch für die vorhandenen Konzeisioneit, bezüglich deren andererseits die beiden Regierungen wechselseitig alle Vorteile und Rechte erwerben, die sich aus den KonzessionSurkundeu ergeben. GH/ versteht sich von selbst, dast die Gesellschaften unter die Staats- Hoheit. Staatsgewalt und Gerichtsbarkeit desjenigen Staates treten, dem das fragliche Gebiet durch den Vertrag zufällt. Beide Regierungen räumen sich unter bestimmten Modalitäten das Recht ein, ihre Eisenbahnen gegenseitig durch das Gebiet des anderen zu verlängern. Für Deutschland hat dies die besondere Bedeutung, datz die etwaigen Kamerunbahnen nach dem Ubanghi durch- geführt werden können. Deutscherseits ist die pachtweise Ueberlasiung kleiner Komplexe an die französische Regierung längs des Lenuö, des Mayo Köbi und weiter nach dem Logone hin vorgesehen, um letzterer die Errichtung einer Etappen» ftratze zu ermöglichen. Auch wird die deutsche Regierung der französischen Regierung keine Hindernisse in den Weg legen, falls sie in Zukunft zwischen dem Benuü und dem Logone südlich oder nördlich des Mayo K6bi eine Eisenbahn oder Landstratze sollte anlegen wollen, bei der sich jedoch die deutsche Regierung die Mitwirkung vorbehält. In Artikel XI sichern sich die Regierungen gegen- seitig den Durchzug durch ihre Gebiete zu für den Fall der Einstellung der Schiffahrt auf dem Kongo und dem Ubanghi. Beide Regierungen erneuern ausdrücklich die in der Berliner Akte vom 2«. Februar 1885 enthaltene Be- stimmung über Handels- und Schiffahrtsfreiheit auf dem Kongo und seinen Nebenflüssen sowie auf den Neben- flüsien des Niger . Desgleichen wird eine dementsprechend? gegenseitige Abgabenfreiheit für den Transitverkehr durch die an den genannten Flüssen gelegenen beiderseitigen Gebiete festgelegt. Nähere Bestimmungen über den Durch- fuhrverkehr bleiben vorbehalten. Es sind noch besondere auf Gegenseitigkeit beruhende Bestimmungen über Wechsel- ftitige Truppendurchmärsche getroffen. Es ist zum Schlutz noch der Fall vorgesehen, datz die territorialen Verhältnisse des in der Berliner Kongoakte festgelegten Kongobeckens in der Zukunft verändert werden könnten. Die beiden Regierungen werden in diesem Falle sowohl miteinander wie mit den übrigen Signatarmächten der Kongoalte ins Benehmen treten. iUnsere Karte ist, da sie noch nicht die Angaben des Abkommens in allen Einzelheiten verwerten konnte, in einigen Punkten ungenau. So ist das am Kongo liegende Terrain viel zu breit angegeben.) Das ist das Angebinde, das Herr Kiderlen- Waechter dem deutschen Volke von seinem Diplo- matenritt ins imperialistische Land zu präsentieren bat. Und allzeit hilfsbereite journalistische Re- gierungslakaien bemühen sich, aus diesem neuesten Edelstein in der deutschen Kaiserkrone das schönste Farbenspiel herauszuputzen. Aber es ist vergeb- liches Bemühen, der trübe Stein gibt keinen Glanz und macht niemand Freude. Wer Gebietserwerbungen nur mit der Elle mißt,. kann zwar einigermaßen zufrieden sein. Das überseeische Deutlchland wird um rund 300 000 Quadratkilometer vergrößert(unser deut- sches Vaterland hat deren 540 800). Aber die neuerworbenen Steppen- und Urwaldflächen sind nur ganz dünn bevölkert von degenerierten, aus- gebeuteten, dem Untergange geweihten Negerstämmen. Was uns über den wirtschaftlichen Wert der Neuerwerbung erzählt wird, ist im günstigsten Falle Zukunftmusik, und zwar die einer sehr, sehr fernen Zukunft, und was über die glänzenden Aussichten deutsch -afrikanischer Verkehrspolitik phantasiert wird, kann höchstens Lieferanten von Eisenbahnmaterial und Spekulanten in Kolonialwerten interessieren. Unsere Alldeutschen und Kolonialfanatiker wollten als Ersatz für ihre ungestillte Marokkosehnsucht wenigstens einen gewaltigen Fetzen Zentralafrikas haben. Sie hätten Herrn Kiderlen-Waechter alle Marokkosünden verziehen, wenn er ganz Mittelafrika zu einem deutschen Kolonialreich gemacht. wenn er Deutschostafrika mit Kamerun . Togo und Deutsch- südwestafrika und die letzteren wieder unter sich verbunden hätte. Und jetzt präsentiert er ihnen eine Kollektton von Zipfeln und Zipfelchen, die an die Süd- und Ostgrenze Kameruns angekleistert werden, und gibt sogar ein Stück Land im Norden Kameruns Preis. Wahrlich, der Schmerz unser Prozent- und Patent- Patrioten ist zu verstehen. DiePost" schreibt von einem schäbigen Trinkgeld" und höhnt über dielächerliche, un- natürliche und ungeheuerliche Grenze", die Kamerun durch den Neuerwerb erhalten hat. Offiziöse Schönfärber aber schildern die neuen Gebiets- teile alsbedeutende und wertvolle Ländereien". Wer hat nun recht? Wie sieht das Land, wo jetzt die Trikolore heruntergeholt und die deutsche Flagge gehißt wird, in Wirklichkeit aus? Und welchen Vorteil hat das deuttcke Volk, vor allem die deutsche Arbeiterschaft von diesem Land- Zuwachs im schwarzen Erdteil? lA�krigne frantzaise äquatoriale, zu dem die ab- getretenen Gebietsteile bisher gehört haben, ist ein Stück Afrika , das sich in der traurigsten Verfassung befindet. Es liegt vollständig in der heißen Zone, ist zum größten Teile Urwald- und Sumpfgebiet, das im Norden in meist ödes und kahles Steppenland übergebt. Hier und da mögen die Vor- bedingungen für Plantagenbau gegeben sein, aber es in seiner Gesamtheit als Pla�agenland zu bezeichnen, wie es einige Offiziöse tun. ist heller Schwindel. Natürlich ist es infolge seines ungesunden Tropenklimas für dauernde Ansiedelung Weißer ganz ungeeignet. Ja. sogar den Negern ist es der- hängnisvoll, hier hat die unheimliche, völkervernichtende Schlafkrankheit ihren Hauptsitz. Daher kommt es auch, daß diese großen Landflächen nur ganz dünn bevölkert sind. Wir werden bald das alte koloniale Klagelied über mangelnde Arbeitskräfte auch aus Neukamerun vernehmen. Aus diesem Lande, über dem Fieberdunst und Tropen- glut brütet, hat der französische Kolonialkapitalismus heraus- geholt, was herauszuholen war. Tie französische Regierung hat für die militärische Besatzung und die höchst mangelhafte Zivilverwaltung bisher 20 30 Millionen Frank jährlich verausgabt. Tie wirtschaftliche Ausbeutung hat sie aber voll- ständig sogenannten Konzessionsgesellschaften überlasten, die aus Land und Leuten raschen Gewinn herausholen wollten. Und so ist denn mit Kautschuk, mit Nutzholz usw. ein wüster Raubbau getrieben worden, dessen Folgen der deutsche Ge- schäftsnachfolger bitler spüren wird. Diese Gesellschaften. wohl acht an der Zahl, müssen von Teutschland mit all ihren Vorrechten. mit jib�rnommen od.er.gler durch.sicher nicht klein? Abfindungssummen entschädigt werden. Das Geld der deut­ schen Steuerzahler soll also unter Umständen diesen unersätt- lichen Kolonialhyänen für nichts und wieder nichts in den unersättlichen Rackeit geworfen werden. Die Neger sind von den Angestellten und Agenten der Konzessionsgesellschaften ausgebeutet und brutalisiert worden, wie es schlimmer in den schlimmsten Zeiten der belgischen Kongogreuel nicht geschehen ist. Das Prinzip der Direktoren der Ausbeutergesellschaften war: Kautschuk um jeden Preis zu produzieren, selbst um den Preis des Verbrechens. So ist es nämlich in dem Bericht der französischen Budgetkommissiou von 1911 an die Kammer zu lesen, wo es auch heißt,daß die Fruktifizierung des Kongos in einem Meer von Blut voll- bracht wurde". Tie deutschen Ausbeuter, die sich jetzt auf das neu- erworbene Land stürzen werden, wollen natürlich auch Profit herausschinden. Mit welchem Mißtrauen werden sie von den ausgesogenen, brutalisierten Eingeborenen empfangen werden! Welch traurige Aussichten auf Revolten und Strafcxpeditionen drohen uns da! Die wirtschaftlichen Aussichten in diesem Neukamerun sind alles andere als glänzend. Die wildwachsenden, Kaut- schu! liefernden Bäume sind infolge des sinnlosen Raubbaues vernichtet, ihr kostbarer Sast ist versiegt. Rationelle An- Pflanzungen können ini günstigsten Falle erst in Jahrzehnten Ertrag geben. Was uns von guten Vorbedingungen für den Baumwollbau erzählt wird, beruht auf bloßen Ler- muttingen. Auch hier werden Jahrzehnte vergehen, ehe von einem nennenswerten Baumwollertrag geredet werden könnte. Das Elfenbein, dessen Bedeutung für den Handel in dem neuerworbenen Gebiete so herausgestrichen wird, wird von Jahr zu Jahr weniger infolge des wahnsinnigen Massen- mordes. der an den Elefantenherdeu Afrikas verübt wird. Es bleiben somit nur die Aussichten aus den Ausbau der afrikanischen Eisenbahnlinien. Aber hier hätte auch nur eine kleine Gruppe von Plantagcnbesitzern oder Gesellschaften sowie einige Bahnbaugesellschaften den Vorteil. Die Kosten müßten auf Jahrzehnte hinaus die deutschen Steuerzahler ttagen. Das Privatkapital hütet sich ja bekanntlich, das Risiko kolonialer Bahnbnuten auf sich zu nehmen. Dazu kommt, daß die militärische Besetzung des neuen Gebietes und die Sicherung der zerfetzten Grenze eine be- deutende Verstärkung der Kameruner Schutztruppe erfordern wird. Wir halten sie mit 2 3000 Mann nicht für zu hoch veranschlagt. Wenn die Mannschaften naturgemäß auch nur Neger sein können, so bedeutet das immerhin eine erhebliche Mehrbelastung des Kolonialetats, um so mehr, da ja auch Neuformationcn im Ovambolande bevorstehen. Den ewigen Avancementsklagen im deutschen Offizierkorps würde dadurch freilich in etwas Rechnung getragen. Wir wollen hier nicht von den Kosten reden, die Deutsch- land aufbringen muß, um die allernotwendigste Kulturarbeit zu leisten, um im eigenen Interesse.die Sanitäts- und hygienischen Verhältnisse der Eingeborenen zu bessern; auch die notwendig werdenden Verwaltungskosten werden nicht gering sein. Das deutsche Volk mag schon jetzt bei den Wahlen an die in Aussicht stehenden kolonialen Rechnungen denken, die ihm in den nächsten Jahren präsenttert werden. Aber auf eins muß noch hingewiesen werden: Im Kongohandel ist das letzte Wort nicht gesprochen. Die neue zerstückelte Grenze mit ihren dünnen Fühlhörnern nach dem Kongo - und Ubanghi-Flusse schreit nach weitererRegu- liming". Unsere Kolonialtreiber werden sich nicht begnügen. nur.«ne.n..Fingx.r. in dem Wasser dieser Flüsse zu netzey. Der alte Traum von einem großen mittelafrikanischen Kolonialreich wird weiter spuken. Und da durch das Kongo abkommen"gemig'ReibnngsmSgljchkeiten'zwischen Dentschlantz und Frankreich gegeben sind, werden wir aus den afrikanischen Verwickelungen nicht herauskommen.