fr. 267. 28. Jahrgang.3. Stildif im Jumätts" Kcrlim Jolblilnlt.Dikkstag. 14. Novetilbtt I91tparte!-?Znge!egenKeiten.Zur Lokallistr!Folgende Lokale stehen der Partei und den Gewerkschaften zuallen Veranstaltungen zur Verfügung:In Rehselde(N.-B.) an derOstbahn(Süd): DasLokal von Willi Voigt.In Pankow das Lokal.Türkisches Zelt'. Jnh. Emil Stark.Lreitestr. 14.In Lichtenberg das Lokal von Ernst Wolf, Gudrunstraste.Auf wiederholte Anfragen teilen wir mit, daß in Ahrens-selbe nur das Lokal von Wilhelm Schneider uns zur Verfügungsteht. Besonders bitten wir die Kirchhofsbesucher, auch bei Be-erdigungen sich streng nach der Lokalliste zu richten. DaS Lokal.welches auf dem Terrain der Friedhofsverwaltung gebaut ist, inwelchem sich gleichzeitig die BahnhofSräume befinden, bitten wirstreng zu meiden.In Karls Horst ist das Lokal„KönigS-Festsäle', an derBahn, streng zu meiden; alle anderen Lolale sind frei._ Die Lokalkommisfion.Marienfeldc. Am Mittwoch, den IS. d. Mts., abends 8>/z Uhr,bei Schuster, Kirchstr. 63: Mitgliederversammlung des Wahlvercins.Genosse Groger spricht über:.Die nächste Reichstagswahl".Der Vorstand.Biesdorf. Mittwoch, den 15. d. MS., abends 8>/z Uhr: Zahlabend bei Gustav Berlin. Marzahner Str. 24. Tagesordnung:l. Unsere Stellung zu den Reichstagswahlen. 2. Mitteilungen.Die Bezirksleitung.AdlerShof. Die Parteigenossen und Genossinnen, welche ausder Landeskirche austreten wollen, können sich bis zum 22. Novemberbei folgenden Genosten melden: Gnndel, Hackenbergstr. 29 II, undMeil, Genostenschaftsstr. 14 I. Eine Versammlung findet in diesemJahre des Wahlkampfes wegen nicht mehr statt. Die Kommission.Teltow. Des BufitagS wegen findet unsere regelmäfiige Mit-gliederversammlung des Wahlvereins schon am Mittwoch, den16. November, abends 8 Uhr, im Lokal von W. Bonow statt.Berliner JVachricbten.Aus der Armen-Direktion.In der letzten Sitzung der Direktion wurden 7 Kommissions-Vorsteher neu bestätigt; der Vorsitzende gab ihnen mit aus denWeg, daß sie in einsichtiger Weise ihres Amtes walten sollten, datzsie verpflichtet seien, hilfesuchende Personen, wenn Not vorhanden,sofort zu unterstützen und nicht erst auf den kommenden Ersten zuvertrösten. Wir können uns dieser Nkahnung nur voll und ganz an-schllefien.Des weiteren erstattete die Subkommisfion, welche sich mit demFortbestehen der Armenkreise beschäftigte, ihren Bericht.Gegen die Einrichtung der Kreise wurde geltend gemacht, daß vieleUnterstützungssachen und Beschwerden, welche dringend der Er-ledigung harrten, längere Zeit liegen bleiben, bevor die Kreise ihreBcschlüfle gefaßt haben. Hier müffe in Zukunft Remedur ge-schaffen werden. Die Vorteile dieses Erbes von Stadtrat Münster-berg seien aber doch überwiegend, namentlich lernten sich die Vor-steher der benachbarten Kommissionen näher kennen und könntenihre Erfahrungen über das Armenwesen mehr austauschen; auchsei die Arbeit der Kommission sachlicher und eingehender geworden.Es wurde denn auch beschlofien, die Kreise fortbestehen zu lassen.Um aber eine Entlastung der Kreise herbeizuführen, wurde weiterbeschlofien, die Unterstützungssätze, welche die Kommissionen ohneKreisbcschlutz gewähren können, zu erhöhen- Diese Sätze sollenbetragen: 1. Für nicht laufend unterstützte Personen 2S M.(bisher20 M.), 2. Almosen für einzelne Personen bis 2S M.(Bisher20 M.>, 3. Almosen für kinderlose Familien bis 36 M.(bisher30 M.f, 4. Almosen für Familien mit Kindern bis 42 M.(bisher(36 M.f, 5. erhalten die Unterstützten eine Rente oder sonstigedauernde Bezüge aus Staats- oder Gemeindemitteln, so könnendie Höchstsätze für Almosen um weitere S resp. 6 M. erhöht werden.Daß diese Sätze, welche von unseren Genossen beantragt waren,nicht ohne scharfe Opposition angenommen werden würden, warvorauszusehen. Von der gegnerischen Seite wurde geltend ge-macht, daß die Kommissionen in Zukunft nur noch die Höchstsätzebewilligen würden, wodurch dem Armenctat jährlich mehrere Mil-lionen Mehrausgaben erwachsen würden. Diese Herren taten so,als ob sie nicht unsere Kommissionsvorsteher kennen; daß diesenoch immer Könige in ihrem Reiche sind und sich gewaltig als Be-schutzer des städtischen Säckels aufspielen. Nach langer Debattewurden obige Sätze mit großer Mehrheit angenommen.Wahrend früher die Kommissionen wegen zu starker Jnan-spruchnahme geteilt wurden, müssen jetzt im Innern der Stadtsolche zufammcngelegt werden. Durch den Abriß zahlreicher MietS-Häuser und Erbauung von Geschäftshäusern wird die ärmere Be-völkerung mehr und mehr aus dem Innern der Stadt verdrängt.Der eiserne Bestand einiger Kommissionen ist bis auf 600 bis700 M. zurückgegangen; ebenso gibt es Kommissionen mit 30 bis40 Almosenempsangern. Da nun die Vorsteber fast keine Arbeithaben, aber doch die jährliche Entschädigung von 300 M. beziehen,beschloß die Direktion, einige 40 Kommissionen zusammenzulegen.Ein weiterer Antrag unserer Genossen, der herrschenden Teue-rung dadurch Rechnung zu tragen, daß die Direktion ein Rund-schreiben an die Armenkommissionen richten möge, in welchem dieseauf die Teuerung hingewiesen und ausgefordext werden, diesenVerhältnissen durch Gewährung von Sonderunterstützungen oderdurch Erhöhung der Almosen, und Pflegegelder Rechnung zu tragen,wurde leider vertagt. Die Mehrheit hatte, da es mittlerweileM2 Uhr geworden war, für diesen wichtigen Antrag keine Zeitmehr. Es soll jedoch eine Extrasitzung stattfinden.Prof. Dr. Bernhard Frankel ist in der Nacht vom Sonnabendauf Sonntag sanft entschlafen, sechs Tage vor seinem 7b. Eeburts-tage. Als junger Privatdozcnt unterrichtete Bernhard Fränkelvornehmlich Kinderheilkunde, allmählich wandte er sich immer mehrder Laryngologie zu. Die ganze Ausbildung, die er auf diesen,Gebiete genossen, hatte in einem Kursus des Kehlkopfspiegelnsbestanden. Er gründete dann eine eigene Poliklinik für Hals- undNasenkranke. Nicht lange dauerte es, da stand auf Grund seinerwissenschaftlichen Arbeiten sein Name unter den �.aryngologen inhohem Ruf. Kennzeichnend für die Bedeutung eines Lehrers istdie Auffindung neuer Methoden und der Herstellung von �nitru-menten zu deren Anwendung. Ueber 25 Instrumente tMenFrankels Namen, zu ihm strömten Schüler aus der ganzen-aelt.Auf Grund seines Wirkens wurde dann 1887 die bisher von ihmgeleitete Privatpoliklinik zu einem Universitätsmstitut umge-wandelt, er selbst wurde außerordentlicher Professor; 1893 wurdeunter seiner Leitung eine besondere klinische Abteilung für Hals.und Nasenkranke in der Cbarite eröffnet, das erste derartige Uni.versitätSinstitut in Preußen.Das Tuberkuloseproblem' hat Fränkel schon seit Jahrzehntenbeschäftigt. Auf Grund seiner früheren Arbeiten, die er standigsortgesetzt hatte, war er einer der Begründer der Heilstatten-dewegung. Dauernd ist sein Name verknüpft mit der BclzigcrAnstalt des Berlin-Brandenburgischci, HcilstättenvcreinS. mtt den,Deutschen Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose, indessen Präsidium er eine der führenden Personen war. mit derInternationalen Vereinigung gegen die Tuberkulose, deren Ver-Handlungen mehrfach unter seiner Leitung stattfanden und in derenPerwaltungsrat er den Vorsitz führteBeschränkter Briefmarkenverkauf am Sonntag. Eine Leserinschreibt uns: Am vorigen Sonntag verlangte ich mittags kurz nach1 Uhr an dem einzigen geöffneten Schalter des Vollpostamtes 58in der Danziger Str. 3 für 1,20 M. Fünfpfennigmarken. Derdiensttuende, sehr jugendliche Beamte erwiderte:„Es gibt nur10 Marken" und fügte auf meine verwunderte Frage, wo mandenn sonst, wenn nicht direkt auf dem Postamt, ein beliebigesQuantum Marken kaufen könne, erläuternd hinzu:„Nur bis 1 Uhr... es ist doch lange genug auf!" Nachdem ich diese letztere Be-merkung als überflüssig zurückgewiesen und nur zehn Fünfpfennig-marken in Empfang genommen hatte, verlangte ich für eine halbeMark 15 Dreipfennigmarken, erhielt aber, obwohl die Markenmappedes Beamten reich gefüllt war, auch von dieser Sorte nur zehnMarken für 30 Pf. Ob der Sonntagsbeamte, der nach 1 Uhr inder Hauptsache für den Rohrpost- und Telegraphenverkehr Diensttut, verpflichtet ist oder nicht, überhaupt Marken zu verkaufen,ist mir nicht bekannt. Nehme ich an, daß er dazu nicht verpflichtetist, so hätte im vorliegenden Falle der Beamte ein erfreulichesEntgegenkommen gezeigt.Anderenfalls verstehe ich aber nicht denZopf der Verkaufsbestimmung. Wenn auch noch nach 1 Uhr Markenverkaust werden dürfen und müssen, so kann es doch einerlei sein,ob der Beamte aus seiner gefüllten Markenmappe von dem Marken-block zehn oder zwanzig oder fünfzig Zehn- oder Fünf- oder Drei-pfennigmarken abreißt und verabfolgt. Das eine macht genau soviel Arbeit wie das andere, und es bleibt in dem Käufer nicht daspeinliche Gefühl zurück, daß er unter einer höchst zopfigen Vorschriftzu leiden bat. Mehrere hinter mir stehende Herren hätte ich bittenkönnen, für mich je zehn Marken zu erstehen. Tann hätte höchst-wahrscheinlich die Zoxfmaschine prompt funktioniert. Das heißt,ich hätte noch mehr Marken bekommen, als ich von Anfang anhaben wollte, und der Beamte hatte dreifache Arbeit, um jedeneinzelnen zu bedienen. Ein Briefmarkenautomat ist in dem sehrstark besuchten Postamt 58 nicht vorhanden.Im Anschluß an die kleine Episode erzählte einer der er-wähnten Herren folgendes Stücklein: Er habe kürzlich einen saurenHering gegessen und gleich darauf am Schalter eines anderen Post-amts zu tun gehabt, wobei sich der Schalterbeamte über den—Heringsgeruch beschwerte. Wie mag es bei solchen zarten postali-schen Geruchsnerven erst einem von der Arbeit kommenden Käse-Händler ergehen? Man wird da erinnert an die alle Vierteljahredem Postpersonal vorzulegende generelle Verfügung des Rcichspost-amts, daß Schalterbeamte im Verkehr mit dem Publikum sich deräußersten Höflichkeit zu befleißigen haben.Die verschwundene Gräfin. Vor einigen Tagen hatte sich die20 Jahre alte Komtesse Else Fink v. Finkenstein, wie gemeldet.aus der Wohnung ihres Vaters in Hessenwinkel bei Erkner nachBerlin begeben, wo sie Einkäufe besorgen wollte. Seit dieser Zeitwar sie verschwunden. In der Sankt Hedwigs-Kirche wurde amgleichen Abend von einem Geistlichen ein schlecht gekleidetes jungesMädchen betend vorgefunden. Da es angab, es sei aus Nizza ausdem übel beleumdeten Hause ihrer Mutter entflohen, wurde es vondem Geistlichen in dem Bahnhofsmissionsheim in der Artillerie-stratze untergebracht. Von dort wurde es der Abteilung fürMädchenhandel der Kriminalpolizei überwiesen, die bald feststellte,daß das Mädchen mit der als vermißt gemeldeten Komtesse ElseFink v. Finkenstein identisch war. Das junge Mädchen sprichtaußer deutsch perfekt englisch und französisch, hat Neigung zurKunst und Literatur und einen Drang zur Freiheit und Selb-ständigkeit. Von ihren Verwandten wird sie für pathologisch ver-anlagt und für hysterisch erklärt.Sie scheint dem religiösen Wahnsinn verfallen zu sein, da sieangibt, als büßende Magdalena durchs Leben ziehen zu müssen.B-m dritten Stockwerk herabgestürzt. Ein schrecklicher Unglücks-fall hat sich gestern vormittag in der Seydelstraße zugetragen. Indem Haufe Seydelstraße 19 war das 19jährige Hausmädchen EmmaTrebisch bedienstet. Gestern vormittag in der 11. Stunde war dasjunge Mädchen damit beschäftigt, die Fenster zu putzen. Als sie aufdie nach der Straße zu belegene Fensterbrüstung trat, um die Scheibenvon außen zu reinigen, verlor sie plötzlich den Halt und stürzte, ausdem Gleichgewicht kommend, in die Tiefe. Die Bedauernswerteblieb mit zerschmetterten Gliedern aus dem Bürgersteig liegen. Siewurde, nachdem ihr auf der nahen Unfallstation Notverbände an-gelegt worden waren, nach dem Krankenhaus am Urban gebracht,wo sie sehr bedenklich daniederliegt.Dir Flucht der Opcrettendiva. Die bekannte OperettensängerinMizzi Wirth, die übrigens im bürgerlichen Leben Marie Rosen-wasser heißt, sollte auf Antrag eines ihrer Hauptgläubiger, einesBlusenfabrikanten, verhastet werden. Dem hat sie sich durch dieFlucht nach Rußland entzogen. Sie hat, um den Häschern zu eni-gehen, eine Verkleidungskomödie aufgeführt, indem sie ihre Zofe,die ihr einigermaßen gleicht, in ihre Kleider steckte und dann selbstunauffällig das Theater durch einen nach dem Zuschauerräumeführenden Ausgang verließ. Die mit der Verhaftung betrautenBeamten, die am Bühnenausgang auf die Sängerin harrten, gingendenn auch richtig auf den Leim. Sie nahmen die verkleidete Zofefest und merkten erst später, daß sie die Falsche erwischt hatten.Inzwischen war Frau Wirth in einem ihr zur Verfügung gestelltenAuto zum Bahnhof Friedrichstraße gefahren, wo sie gerade nocheinen D-Zug nach Alexandrowo erreichte. Bevor weitere Maß-regeln gegen sie ergriffen werden konnten, war sie längst über derGrenze in Sicherheit. Sie wird in Rußland zunächst in Moskaugastiren. Ihre enttäuschten Gläubiger in Berlin beklagen den Ver-lust von etwa 30 000 M. Ueber die Vorgeschichte der Affäre, diebesonders in Theaterkreisen lebhaft besprochen wird, erfährt die„Vossische Zeitung" folgendes:Mizzi Wirth hat einen ganzen Stamm von Lieferanten— zurVerzweiflung gebracht. Sie war EngroS-Konsumentin in Toiletten-artikeln und feinster Damenwäsche, ihre Spezialität aber waren dieBlusen. Blulen kaufte sie immer gleich dutzendweise— d. h. ge-zahlt hat sie sie nie. Die Lieferanten mahnten und drohten, schließ-lich klagten sie; aber es war nichts zu machen. Die schöne Mizziwußte sich durch alle Fährlichkeiten hindurchzusch— ieben. Diemeisten Lieferanten gaben resigniert das Rennen auf. Ihr hart-näckigster Gläubiger aber, der Fabrikant, der ihr aus seinem Ge-schüft Unter den Linden die letzten Blusenneuhciten gesandt hatte,läßt nicht locker: Eine Blusenrechnung von viertausend Emmchenist ja auch kein Pappenstiel.Dom Miguel am„Schwarzen Brett". In dem Metternich-Prozeß spielte eine Gclcgenheits- und Nebenrolle Prinz Miguelvon Braganza, der älteste Sohn des portugiesischen Thronprätcn-Kenten. Einer der Herren Verteidiger malte ihn sehr schwarz.Hinterher freilich erklärte er mit Bedauern, daß seine Zeichnungauf einer Verwechselung beruhe. Da schien also Dom Miguelwieder ganz weiß zu sein. Auch Frau Gertrud Wertheim sprangdem Prinzen bei. Sie verwies auf die 40 Millionen Mark, dieMiß Anita-Stewart ihrem prinzlichen Gemahl in die Ehe mit-gebracht habe. Möglich, meinte sie, daß der junge Prinz Schuldengehabt habe, und gewiß, daß nach seiner Vermählung sich der Mobvon Geldwechslern und Schwindlern auf ihn losstürzte. Das magsein. Gewiß ist aber auch, daß Dom Miguel auch bei anderenLeuten noch Schulden hat, und daß diese froh wären, wenn er sieendlich aus den amerikanischen Millionen bezahlte, wenn frühervielleicht das„Pariser" Geld dazu nicht gereicht haben sollt«. Dassind Berliner.Handwerker, die sich nun schon seit Jahr und Tagvergeblich um ihre Löhne mühen. Dom Miguel ist Berliner Haus-beptzer, Eigentümer des Grundstücks Kurfürstendamm 173, dasallerdings nach dem Erwerb mit Hypotheken bis zum Schornsteinbelastet wurde.Der Prinz verdiente an dem HauSgeschäft 200 000 M., die einanderer verlor. Der mag den Verlust noch verschmerzen können,Handwerker empfinden es oft schon recht bitter, wenn sie auch nureinen Bruchteil dieser großen Summe einbüßen sollen. So geht esober einigen mit Dom Miguel, dessen Vater jetzt um den portu-giesischen Thron kämpft, der also selbst wohl auch noch Anwart»schaft darauf zu haben glaubt. Man sollte nun meinen, ein prä-sumtiver Thronanwärter müsse leicht zu sinden sein. Die Hand-werker aber erfahren zu ihrem Leidwesen das Gegenteil. Schonvor Jahresfrist erschien Dom Miguel am„Schwarzen Brett", alsunauffindbar an der Tafel des Königlichen Landgerichts III amTegeler Weg. Dort lasen alle, Richter, Anwälte und Publikum, zuihrer nicht geringen Verwunderung:„Im Namen des Königs. InSachen des usw. gegen Seine königliche Hoheit den Prinzen Miguelvon Braganza, früher in Wien IV, Brahmsplatz 1, jetzt unbekanntenAufenthalts, hat die siebente Zivilkammer des Königlichen Land-gerichts III in Berlin auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juli1910 für Recht erkannt: Der Beklagte wird verurteilt, an denKläger 3703,95 M. nebst 4 Proz. Zinsen seit dem 15. Oktober 1909zu zahlen."— Auch eine Sicherungshypothek in dieser Höhe wurdedem Kläger bewilligt. Nach dem Tatbestand und den Entscheidungs-gründen hatte er von Januar bis Mai 1909 für den PrinzenMiguel auf dessen Bestellung an seinem Hause Knrfürstendamm 178Handwerkerarbeiten ausgeführt und dafür noch einen Restlohnvon 3703.95 M. zu fordern. Die Einspruchsfrist verstrich, das Urteilwurde rechtskräftig, aber der Handwerker hat noch immer keinGeld, weil Dom Miguel nicht zu sinden und zu fassen ist. Alle Be-mühungen nach dieser Richtung waren auch bis heute noch umsonst.Sollte der Prinz in die Lage kommen, einen neuen Thron zubrauchen, Berliner Handwerker werden schwerlich geneigt sein, ihmeinen zu bauen.>Tragischer Tod. An der Seite seiner Frau auf der Straße vomSchlage gerührt wurde am Sonnabendabend um 8 Uhr der 44 Jahrealte Arbeiter Paul Kochmann aus der Schwedter Str. 32. FrauKochmann holte ihren Mann abends von seiner Arbeitsstelle ab. Aufdem Heimwege erzählte er ihr, daß der Neubau, auf dem er bis jetztgearbeitet hatte, nun fertig geworden sei. Er sprach dann darüber.daß er nun vorläufig wohl keine Arbeit mehr finden werde und daßer sich Sorge um die Zukunft mache. Dabei wurde er immer er-regier. Plötzlich fiel er besinnungslos um. Die entsetzt- Fraubrachte ihn mit einer Droschke nach der Rettungswache in derGaudystraße. Als sie aber dort mit ihm ankam, war er schon tot.Der Arzt konnte die Todesursache zwar nicht bestimmt feststellen,vermutet aber, daß den Manne ein Herzschlag getroffen hat.Arbeits- und Mittellosigkeit haben den 21 Jahre alten SchlofferGeorg Hußmann, der in der Joachimstraße als Junggeselle inSchlafstelle wohnte, in den Tod getrieben. Der Mann hatte früherlohnende Beschäftigung in einer Maschinenfabrik, gab sie aber aufweil er glaubte, sich noch verbesiern zu können. In dieser Hoffnungaber sah er sich bitter getäuscht. Nachdem er sich in Berlin ver-geblich um neue Arbeit bemüht hatte, suchte er solche in der ver-gangenen Woche vier Tage lang auswärts, aber ebenso erfolglos.Niedergeschlagen kehrte er zurück. Als ihn nun seine Wirtin an dieMietsschuld erinnerte und ihm sagte, daß er ausziehen müffe, wenner nicht bezahlen könne, schoß er sich Sonntagnachmittag, nachdemdie Wirtin ausgegangen war, im Bette liegend eine Revolverkugelin die rechte Schläfe und war sofort tot.Im Gerichtssaal verhaftet wurde am Sonnabend, der Athlet undGelegenheitsarbeiter Robert Philipp, der sich ohne Wohnung inBerlin aufhielt. Vor ungefähr acht Wochen plünderten Einbrecherdas Leutehaus des Rittergutes Ferbitz aus. Die Täter waren dieArbeiter Otto Radicke und Robert Lehmann, die früher auf demGute gearbeitet hatten und deshalb mit den Räumen und den Ge-pflogenheiten genau Bescheid wußten und ein dritter Mann, denman nur der Beschreibung nach kannte. Radicke und Lehmannwurden verhaftet, als sie sich in einer Kneipe um die Beute stritten.Am Sonnabend wurde gegen sie vor dem Amtsgericht III verhandelt.Einem Kriminalbeamten, der als Zeuge vernommen wurde, fiel eSauf, daß sich die Angeklagten mit einem Manne im Zuhörerraumdurch Gebärden und„Zinken" unterhielten. Er sah sich diesen Mannnäher an und erkannte in ihm den dritten Einbrecher, der damalsentkommen war. Er wurde aus der Stelle verhaftet und als derAthlet und Gelegenheitsarbeiter Robert Philipp festgestellt.Belm Tanzvergnügen verhaftet wurden Sonntag abend in den„Brunnensälen" in der Bruniienstraße entwichene Fürsorgezöglinge.Fünf Burschen und drei Mächen, die au? den Anstalten entkommenwaren, wurden festgenommen und in die Fürsorgeerziehung zurück»gebracht.Gegen den religiSsen Gewissenszwang der Dissidentcnkinder.Dem Schutz der Dissidentenkinder vor religiöser Vergewaltigungdurch Teilnahme am konfessionellen Unterricht galt eine am Sonn-tagvormittag vom Vorsitzenden des Kulturkartells Groß-Berlin,Stadtrat Dr. Penzig-Charlottenburg, einberufene öffentliche Ver-sammlung von Männern und Frauen, die den großen Saal derÄiktoriabrauerei in der Lützowstraße bis auf den letzten Platz ge-füllt hatte. Der Vorsitzende legte zunächst als das Endziel, zu demsich die Deutsche Gesellschaft für ethische Kultur, der Monisten-lmnd, der Deutsche Bund für weltlichen Schul- und Moralunter-richt und verschiedene andere Korporationen vereinigt hätten, dieBefreiung der Religion auö den Fesseln des BekenntniszwangeSdar. Hierzu müsse auch die Befreiung der Schule vom Religions-Unterricht und damit auch die der Dissidentenkinder treten, die zuUnrecht gezwungen würden, an diesem Unterricht teilzunehmen.337 000 Personen seien in Deutschland und 19 900 allein in Berlinaus det Landeskirche ausgetreten. DaS zeige, daß es so nicht mehrweitergehe. Als erster Referent nahm Pfarrer Dr. Runze dasWort. Er erklärt sich für einen Religionsunterricht, der im Gegen-satz zu dem jetzigen konfessionellen ein rein vergleichend historischerwerden müsse, und glaubt, daß die Kinder dabei mehr für dasLeben profitieren würden, als bei dem jetzigen Bckenntnisunter-richt. Lehrer Tews erklärt den Religionsunterricht, sofern er nurden modernen Erfordernissen angepaßt und den Kindern in ver-ständlicher Form beigebracht werden würde, auf Grund seinerzwanzigjährigen Erfahrungen für sehr wohl akzeptabel. Im Gegen-satz dazu sprachen sich Pfarrer D. Franc! und der EinbcruferDr. Penzig für volle Trennung des Religionsunterrichtes von derSchule und damit für eine völlige Befreiung auch des Gemütes derKinder von jedwedem Bekenntniszwang aus. Was den anderenKindern recht sei, sei denen der Dissidenten mindestens billig.Eine in diesem Sinne gehaltene Resolution gelangte zur cinstiimm-gen Annahme..In der Versammlung im GewerkschaftShause am Sonnlag istein Regenschirm stehengeblieben und bei Pohl, Naunynstraßc 30.abzuholen.'___Vorort- JVadmebtemSchöneberg.Die Stadtverorbnetenwahlen am Sonntag zeitiglen für dieSozialdemokratie ein gutes Resultat. Von den sechs Stadtverord.neten. die in fünf Bezirken zur Wahl standen, hatte die Sozial,demokratie zwei Hausbesitzer- und ein Mietcrmandat zu verteidi»gen. Diesen Bestand gelaug es zu erhalten und außerdem noch einMandat zu gewinnen. Die Zahl der eingeschriebenen Wähler be»trug in den fünf Wahlbezirken 10 432. während bei der letzten Wahlinsgesamt gegen 8000 eingeschrieben waren. Hiervon entfielen auf