praktisch bedeuten, dah die Rechtsfrage in diesem Reichstage über- Haupt nicht zur Entscheidung käme. Ledebour wies nach, wie die heutige Haltung des Zentrums im Widerspruch mit der Haltung im Plenum stehe. Die Abgg. Wremer, Müller- Meiningen und I u n ck sprachen im gleichen Sinne und betonten, wenn von der Kommission nicht zuerst die Versassungsfrage geregelt würde, dann müsse ini Volke dieselbe Ent- täuschung eintreten, wie im Jahre 1908 bei den Debatten über das persönliche Regiment.— Abg. Bebel kritisierte das merkwürdige Verfahren der Regierung, dafe sie erst nach den Verhandlungen im Plenum dem Reichstage wichtige Aktenstücke über das Marokko - abkommen vorgelegt habe. Das Hauptinteresse habe sich jetzt auf die die Verfassungsänderung fordernden Anträge zu konzentrieren.— Im Sinne dieser Ausführungen beschloß die Kommission auch zu verfahren. Staatssekretär Dr. Delbrück gab hierauf namenS der Re- gieruug folgende Erklärung ab: »Die Reichsleitung ist im Einvernehmen mit den Verbündeten Regierunge» auch nach erneuter Prüfung der Ueberzeugung, dah die deutsch -französischen Abkommen vo>n 4. November 1911 betreffend Marokko und Aequatorialafrika nicht unter Artikel 11 Abs. S der Neichsverfassung fallen, und daher zu ihrer Gültigkeit nicht der Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften bedürfen. Gegen diese Auffassung ist eingewendet worden, datz sowohl der Marokkovertrag als der Kongoverlrag Bestiminungen enthielten, die ohne eine Mitwirkung vom Bundesrat und Reichstag nicht staatsrechtlich gültig werden könnten. Von dem Marokkovertrag hat man behauptet, dag er einen verschleierten Handelsvertrag darstelle, dah er die vom Reichstag genehmigte AlgeciraSakte abändere, dah er endlich einen Eingriff in die deutsche K o n s ul a r g e r i ch t S- b a r k e i t in Marokko enthalte. Keine dieser Behauptungen trifft zu. Der deutsch -marokkanische Handelsvertrag vom 1. Juni 1899 wird durch daS Marokkoabkommen schon deshalb nicht berührt, weil eS nur mit Frankreich abgeschlossen ist. Die Staatsverträge Ma- rolkos würden auch dann nicht ohne weitere? aufgehoben sein, wenn das von Frankreich ins Auge gesagte Protektorat schon eingerichtet wäre. Frankreich aber übernimmt in dem Abkommen nur Verpflichtungen, die dem deutschen Handel gewisse Freiheiten ge- währleisten; in die deutsche Zoll- und Handelsgesetzgebung greift kein Artikel dcS Abkommens ein. Daß einzelne Bestimmungen der AlgeciraSakte abgeändert werden, ist richtig, nicht aber, daff jene Bestimmungen vom Bundesrat und Reichstag genehmigt worden wären. Der Bundesrat hat niemals, der Reichstag nur aus Ver- sehen in der zweiten Lesung, nicht aber in der dritten Lesung über die AlgeciraSakte selbst abgestimmt. DaS Aussührungsgesetz zur AlgeciraSakte wird durch das Abkommen überhaupt nicht betroffen. Auch die deutsche Konsulargerichtsbarkeit in Marokko wird nicht eingeschränkt. Artikel 9 nimmt nur in Aussicht, dag für den Fall der Einrichtung einer französischen, den europäischen Anforderungen entsprechenden Gerichtsbarkeit nach freier Verständi- gung mit den anderen Algecirasmächicn die Konsulargerichte ersetzt werden; eine völkerrechtliche Verpflichtung, sie abzuschaffen, liegt nicht vor. Sollte die ReichSrcgierung die Zeit für gekommen ballen, wo die Voraussetzungen für den Ersatz der deutschen Konsulargerichtsbarkeit vorliegen, so wird sie bei dem Bundesrat und Reichstag die erforderliche Genehmigung nachsuchen. Was das Abkommen über die Besitzungen in Aequatorialafrika anlangt, so ist der Kernpunkt der Frage der, ob bei der Erwerbung und Abtretung von Kolonialbesitz die Mitwirkung der gesetzgebenden Körperschaften erforderlich ist. Diese Frage muff verneint werden. Nach Artikel 11, Absatz 1 der Neichsverfassung vertritt der Kaiser das Reich völkerrechtlich. Hierin liegt das Recht, Kolonien zu erwerben oder ab- zutreten. Ein RcichSgcsetz, nach welchem der Uinfang des Kolonial- besitzeS derart festgestellt wäre, dasi dieser ohne Aenderung der Gesetz- gebung nicht vermehrt oder vermindert werden könnte, besteht nicht. Die Vorschrift des Art. 11 Abf. 3 der Neichsverfassung findet daher keine Anwendung. Diese RechtSauffassung wird nicht nur von den namhaftesten Staatsrechlslehrern vertreten, sondern auch durch eine nahezu dreihigjährige Uebung bestätigt. Die Reichs- leitung hält es daher nicht für erforderlich, die Zu« stimmung der gesetzgebenden Körperschaften zu den beiden Verträgen vom 4. November 1911 nachträglich zu erbitten. Auf der anderen Seite ist nicht zu verkennen, daß die Betätigung des Reichs auf dem Gebiete der Kolonisation eine Ent- Wickelung und eine Richtung genommen hat, die bei der Schaffung des bestehenden RechtszustandeS niemand vorhersehen konnte. Insbesondere lassen die großen Aufwendungen, die für die Einrichlung und den Ausbau unserer Kolonien erforderlich geworden sind, eS gerechtfertigt erscheinen, daß durch eine Abänderung des bestehenden RechtSzustandeS die gesetzgeben den Körperschaften in weiterem Umfange als bisher zur Mitwirkung bei dem Erwerb und der Ab- tretung von Kolonialgebiet berufen werden. Von den Anträgen, die in dieser Beziehung gestellt worden sind, erscheint der des Abg. Frhrn. v. H e r t l i n g am zweckmäßigsten. Die Ver- bündeten Regierungen sind daher geneigt, unter Vor- ZWM näherer Erörterung über die Fassung der Vorschrift den ZW» s ch e n des Reichstags auf diesem Wege ent- g e g« n z u k o m m e n." Staatssekretär deS ReichSjustizamteS Dr. L i S c o gibt ein juristisches Gutachten ab, wonach nach der jetzigen staatsrechtlichen Lage der Kaiser allein berechtigt sei. Verträge wie das Marokko - Abkommen ohne Genehmigung deS Reichstages abzuschließen, asio auch Gebietsabtretungen in den Kolonien vorzunehmen und andere Gebietsteil« zu erwerben. Ter Vorsitzende v. Gamp teilte mit. daß die Gebrüder M a n n e s m a n n sich mit den französischen Bergwerksinteressenten in Marokko geeinigt haben. Damit sei auch hier eine zufrieden- st eilende Regelung erfolgt. Vom Zentrum und dem Freisinn ist folgender Antrag einge- bracht worden:.Den,§ la des EchutzgebictSgesetzes hinzuzufügen: Zur Ertvcrbung und zur Veräußerung eines Schutzgebietes oder von Teilen eines solchen bedarf es eines Reichsgesetzes.— Diese Vorschrift findet auf Grenzbcrcchtigungen keine Anwendung. Genosse Dr. Frank erklärte folgendes: Wenn die Regierungen auf dem Standpunkt stehen, daß in Zukunft solche Verträge und Ecbietsabtr«tungen nur auf dem Wege der Gesetzgebung abge- schloffen und geregelt lvcrden sollen, was hindert dann die Re- gierungen, schon für die vorliegenden Abkommen so zu verfahren? Will man etwa behaupten, daß der heutige ver- passungsrechtliche Zustand das hinderte? Eine solche Behauptung müßte genau bewiesen werden, was bisher aber trotz aller Er- klärungen der Regierung nicht geschehen ist. Mg. Gröber(Z.) erklärt, daß noch den Art, kein 4 und 11 der Verfassung der Abschluß eines Staaisvertrages der G e n e h- m i g u n g des Reichstages bedürfe. Die Erwerbung von Kolonial- gebiet kann man nicht unter den Begriff Kolonisationstätigkeit bringen, wie Staatssekretär L i S c o es darzustellen versucht habe. Auch der staatsrechtliche Professor H ä n e l betont, die Eouveräni- tat des Kaisers fei nur dann anzuerkennen, wenn sie auch im Reich anerkannt wäre. Ter Kaiser vollzieht aber Gesetzesakte im Ramen des Reiches, nicht im eigenen Namen. Die Nationallibe- ralen stellen folgenden Antrag: Die deutsck-französijchen Abkommen vom 4. November 1911 betreffend Marokko und Aequatorialgebiet bedürfen der Zustimmung des Bundesrats und der Genehmigung des Reichstages. Abg. Junck weist in längeren instruktiven Darlegungen nach, daß die Verträge der Genehmigung durch das Parlament bedürfen, aber selbst wenn das nicht der Fall wäre, schon die Klugheit die Regierungen bestimmen sollte, die Gesetzgebung mit entscheiden zu lassen. Abg. Junck gibt sodann die Erklärung ab, daß nach seiner Auffassung die Verhandlungen der Kommission vorläufig beendet werden müssen, falls der nationalliberale Antrag Annahme findet. Dann müsse erst das Plenum c n t s ch e i d e tt. ebenso die Re!- gierung, wie sie sich stellen will, falls auch das Plenum im Sinne des nationalliberalen Antrages sich entscheidet. Falls die Regie- rung eine ablehnende Haltung einnehmen würde, so wäre aller- dings der Konflikt zwischen Reichstag und Regierung da. Staatssekretär Dr. Delbrück erklärte noch einmal, der Bundesrat sei als solcher durchaus der Auffassung, daß nach dem geltenden Recht die Mitwirkung der gesetzgebenden Faktoren nicht erforderlich sei und daß die Reichsleitung korrekt gehandelt habe. Es stehe fest, daß der Vertrag auf alle Fälle nach außen hin gültig sei, auch ohne die Genehmigung des Reichstages. Der Konflikt, von dem der Vorredner gesprochen habe, sei ein inner- politisches Streitobjekt; aber wozu ein solcher Konflikt? Es sei unmöglich, daß die Regierung, welche staatsrechtlich ein- wandfrei, auf Grund 39jähriger Uebung und vollauf bona licke gehandelt habe, nachgeben könne. Es sei doch sehr zu überlegen, ob es ratsam sei, im gegenwärtigen Augenblick einem Antrag zu- zustimmen, der für die Vergangenheit und Gegenwart bedeutungS- los sei und für die Zukunft einen Konflikt mit unabsehbaren Folgen herbeiführen könne. Ein nationalliberaler Redner bemerkte zum Schluß, daß er mit seinen Freunden einen solchen Streit n i ch t w n n s ch e, sondern nur das Recht des Reichstages wahren wolle. Dann vertagte sich die Kommission auf Mittwoch Der Krieg. Die Kriegslage vor Tripolis ist unverändert, und die italienische Flotte hat sich bisher noch nicht im ägäischen Meere bemerkbar gemacht. Dafür laufen heute Meldungen ein, daß die Türkei geneigt sei, auf Friedensverhandlungen einzugehen und dabei die Unterstützung der Großmächte in Anspruch zu nehmen. Eine Bestätigung dieser Nachricht liegt allerdings nicht vor. Begründet wird die Behauptung von der Friedensbereitschaft der Türkei mit dem Hinweis auf die zerfahrene innerpolitische Situation bei den Türken, in der das jungtürkische Komitee immer mehr an Einfluß verliert; ferner soll auch der Wunsch, von Italien eine Abfindungssumme für den Verzicht auf Tripolis zu erlangen, die türkische Regierung zu Friedensverhandlungen veranlassen. Inzwischen ist die nationalistische Presse Italiens krampf- hast bemüht, die nicht wegzuleugnenden Grausamkeiten der Truppen in Tripolis zu beschönigen und zu entschul- digen. Es wird da gesagt, Italien führe nur mit den türkischen Truppen Krieg; die Araber aber, die ihnen mit den Waffen entgegentreten, seien nur Rebellen, die mit den schärfsten Mitteln zu züchtigen seien. Ja, der Korrespondent des„Corriere della Sera ", Luigi Barzini nennt sich der Edle, schreibt sogar. daß General Caneva noch viel zu milde vorgegangen sei, da die Araber noch immer auf Seiten der Türken kämpften. Derartige Ausführungen können nur von grenzenloser Dumm- heit oder von brutaler Frechheit diktiert sein. Man sollte doch voraussetzen, daß die Italiener, ehe sie ihren Raubzug unternahmen, sich etwas die Geschichte der früheren nord- afrikanischen Kriege angesehen hätten. Sie hätten da ge- funden, daß die Berber und Araber aller nordafrikanischen Länder sich dem Eindringen europäischer Eroberer widersetzt haben. Diese freiheitsliebenden Völker haben natürlich keine Ahnung von den am grünen Tisch ausgetüftelten Be- stimmungen des sogenannten Völkerrechtes der„Kultur- Nationen". Sie glauben einfach ihre Pflicht zu tun, wenn sie ihren Grund und Boden gegen fremde Räuber und ihre Religion gegen die Ungläubigen verteidigen. Sie tuen im Grunde nichts anderes, als was die Italiener früher im Kampfe gegen die österreichische Fremdherrschaft in ihrem eigenen Lande getan haben. Diese feiern ihr risorximento, ihre nationale Erhebung, die natürlich auch nicht allein von regulären Truppen durchgeführt, sondern in erster Linie von revolutionären Volksmassen getragen wurde, als eine große Heldentat. Den Freiheitskampf der Tripolitaner aber glauben sie als„christliches" Volk mit bestialischen Grausamkeiten und Massenabschlachtungen unterdrücken zu müssen. Doch daS ist eben christlich-kapitalistische Moral. Im übrigen werden, wie wir schon zu Anfang des italienischen Korsarenzuges betonten, die Kämpfe in Tripolis selbst nach einem Friedensschluß mit der Türkei nicht zu Ende sein. Der Kleinkrieg mit den Eingeborenen wird dann erst recht losgehen; die italienischen Menschenschlächter werden also noch reiche Arbeit haben. Die Scharmützel vor Tripolis . Tripotis, 14. November. (Meldung der„Agenzia Stefani".) In der Nacht zum 13. d. M. gab die feindliche Artillerie einige Schüsse gegen Sidi Messri ab. denen Kleingewehrfeuer folgte. Die Italiener erwiderten daS Feuer. Einige Zeit später sah man bald hier bald dort Gruppen von Arabern sich nähern; dies ließ auf Vorbereitung eine? nächtlichen Angriffs schließen, der indes ausblieb. Der Feind ist stets überwiegend auf der Seite von Sidi Messri tätig, wie wenn er beabsichtige, die italienische linke Flanke zu umzingeln. Am 13. d. M. kurz nach Mittag kam es zwischen feindlicher Artillerie, die bei dem kleinen Fort Messri stand, und der italienischen Stellung bei Sidi Messri zu einem Feucrgcfecht. Eine Kompagnie Infanterie, die zum Schutze von Aufräumungsarbeiten im Schußfelde vor Sidi Messri auseinandergezogen war, wurde unter em lebhaftes Feuer genommen, das aus einem der italienischen Stellung gegenüberliegenden Gebäude kam. Dieses Gebäude wurde alSbald von der italienischen Artillerie zerstört. Auf italienischer Seite gab es zwei Verwundete. Trotz der unauf- hörlichen Regengüsse hält der gute Gesundheitszustand der Truppen an.(?) In Bcnghasi, Derna. Tobruk und HomS ist die Lage un- verändert_ Die Revolution In Cl))na. Die deutsche Regierung für die chinesische Revolution. Köln , 14. November. Der«Kölnischen Zeitung " wird aus Berlin telegraphiert: In der japanischen Presse werden Mit- teilungen verbreitet, denen zufolge Deutschland beabsichtigen soll, sich in die chinesischen Wirren einzumischen. Diese Anschuldigungen entbehren jeder Begründung. Deutschland hat nur ein Interesse daran, daß die Ordnung in China sobald als möglich wieder her- gestellt wird. Wenn eS jetzt gelingt, China eine neue Organ i- s a t i o n zu geben, die den Interessen der Chinesen entspricht und den von China dem Auslände gegenüber ein- gegangenen Verpflichtungen gerecht wird, so kann uns dieses Resultat nur wünschenswert sein. Ein solche« Resultat läßt sich umsomehr erhoffen, als sich die revolutionäre Bewegung in China bisher von allen Feindseligkeiten gegen die Ausländer ferngehalten hat, und an der Spitze der neuen Organisation wahrscheinlich eine so machtvolle Persönlichkeit wie Juanschikai es ist, stehen wird. Unabhängigkeitserklärung der Mandschurei . Mukden, 14. November. (Meldung der Petersburger Tele- zraphen-Agentur.) Die M a n d s ch u r e i hat sich a u t o n o m er- klärt. In Mukden . Kirin und Zizikar ist die Gewalt tatsächlich an die beratenden Komitees übergegangen. Zur Ausrechterhaltung der Ordnung sind sirenge Maßnahmen ergrissen worden. DaS hiesige Komitee erhält von verschiedenen Organisationen und einzelnen Personen zahlreiche Glückwünsche zu dem Umschwung. Der Bor- kämpfer der Konstitution, Liantsitschao, ist hier eingetroffen. Unter seinem Vorsitz finden Beratungen der Delegierten der KonstitutionS- Partei über Maßnahmen zur Aufhebung der Revolution ohne Blut- vergießen und zum Schutze der Dynastie statt. Man nimmt an, daß Liantsitschao schließlich an die Spitze der Regierung treten und Juanschikai ersetzen werde._ poUtilchc Geberficfot. Berlin , den 14. November 1911,' Zur mecklenburgischen Verfassungskomödie. Die mecklenburgische Regierung hupft vor der starren Konsequenz der mecklenburgischen Junker weiter zurück. Nachdem ihre ver« schiedenen Verfassnngsvorschläge, trotzdem fie darin den Forderungen der sogenannten Ritterschaft immer größere Zugeständnisse machte, sämtlich kurzweg abgelehnt sind, kommt sie jetzt mit einem neuen, noch reaktionäreren Vorschlag. Sie hat, wie telegraphisch aus Schwerin gemeldet wird, dem Landtag Grundzllge für eine Vorlage betreffend eine Aenderung der bisherigen Verfaffungsentwürfe zu- gehen laffen. Die Regierung ist zu dem Ergebnis gekommen, daß als ein möglicher Weg, weite Kreise der Bevölkerung unter Vermeidung allgemeiner Wahlen an der Landesvertretung zu beteiligen, der bleibe, an Stelle der Wahlen der Gesamtbevölkerung Wahlen der Landgemeinden und der städtischen Bürgerschaften treten zu lassen. Wenn auf Grund dieses Vorschlags eine Einigung über die Verfaffungsfrage mit beiden Ständen zu erreichen sei, so würde die Regierung gegenüber dem Erfolge, die weiter nicht aufschiebbare BerfassungSreform im Einvernehmen mit den beiden Ständen durch- führen zu können, sich auch mit einer weniger vollkommenen Er« ledigung dieser Frage zufrieden geben. Der Landtag soll für Mecklenburg-Schwerin au« 89 Abgeordneten bestehen. Ein Entwurf für Mecklenburg-Strelitz ist noch nicht eingegangen. Der Schacher beginnt. Die Mannesmann-Gruppc ist mit der„Union de» Mine» Ma- rocccrincs", welch letzterer auch die deutschen Firmen Krupp und Thyssen angehören, in Verhandlungen eingetreten über die Ab- grenzuna einer beiderseitigen Interessensphäre in Marokko . Eine solche Abgrenzung ist bereits vor geraumer Zeit durch das deutsche Auswärtige Amt und durch den deutschen Botschafter in Paris ver- sucht worden, scheiterte aber daran, daß die Gebrüder Mannesmann nicht genug kriegen konnten. Nachdem jetzt jede Hoffnung gc- schtvunden ist, daß Deutschland in Marokko Land annektieren wird, sind die ManneSmann zu Verhandlungen geneigt geworden, die nun wohl auch zum Ziele fuhren tvcrdcn. Jnng-Deutschland-Bund. Ein Zentralbund zum nationalistisch-reaktionären Jugendssang ist am Sonntag im Herreuhause gegründet worden. Bei der Taufe waren zahlreiche hohe Militärpersonen, darunter General von Keim, Vertreter des Kultusministeriums, der Marine, zahlreicher Bundesstaaten sowie der bürgerlichen Jugendorganisationen an- wesend. Nach den Ausführungen der Hauptgründer des neuen Bundes soll es sich insbesondere um den einen Teil der Jugend- pflege, die körperliche„Ertüchtigung" zur Hebung der Volks- und Wehrkraft handeln. Schon bestehenden Organisationen soll keine Konkurrenz gemacht werden, vielmehr soll der neue Bund eine Zusammenfassung der im„nationalen" Sinne wir- kenden Vereine darstellen. Von den Vertretern der k o n f c s s i o- nellen, namentlich der katholischen Jugendvcreine wurden Bedenken erhoben, daß durch diese Organisation möglicherweise eine Zersplitterung der mehr auf.erziehliche" Tätigkeit gc- richteten Vereine befürchtet werden könne. Ihnen wurde jedoch die beruhigende Erklärung gegeben, daß in der Jugendpflege selbswer- ständlich auch die konfessionellen Vereine und insbesondere die Gei stlichen unentbehrlich seien. Die Zentrumspresse erklärt deshalb, daß sie einstweilen der Ncugründung abwartend gegenüberstehe und darüber wachen werde, daß der„rcligiöZ-sitt- lichen Erziehung kein Abbruch" geschähe. Die beiderseitige Tätigkeit soll also darauf hinauslaufen, daß der Jung-Deutschland-Bund der Jugend in erster Linie milita- ristisch-nationalischerr Geist einzuimpfen sucht, während die Herren Geistlichen durch ihre konfessionelle Vereinstätigkeit diesem Geist deS Nationalismus und Chauvinismus die höhere religiöse Weihe zu geben suchen werden. Wilhelm II. hat die Gründung durch ein Glückwunschtelegramm begrüßt. Da dem Jung-Deutschland --Bund auch ein erklecklicher Teil auS dem Millionenkorruptionsfonds zur Jugend verblödung zufließen wird, wird es des verdoppelten Eifers der klassenbewußten Arbeiterschaft bedürfen, durch ihre Organisations- und Aufklärungsarbeit den Verhetzungs- und Ver- blödungsbestrebungen unserer-StaatScrhaltenden" cntgegenzu- treten. Neun Millionen für den Luftmilitarismus? Eine Korrespondenz meldet: „Wie verlautet, soll Anfang nächsten Jahres die seit einiger Zeit geplante Dezentralisation des preußischen Fliegerkorps durch- geführt werden. Es sollen nach dieser Meldung mehrere bereits genau bezeichnete Festungen an der Ost- und West grenze Fliegerabteilungen zuerteilt bekommen, die je nach der Größe und Wichtigkeit d«S FestungsplatzeS zum ständigen Aufenthalt für sechs biszwölf Flieger dienen werden. Ebenso werden auch in der Nähe der Kriegshäfen und größeren Seestädte derartige Flugplätze angelegt werden. D ö b e r i tz, daS gegenwärtig schon etwa siebzig Offiziere ausgebildet hat, soll die Zentral- station bleiben, von der aus sowohl Flugzeuge, als auch Offiziere nach den einzelnen Festungsplätzen dirigiert werden. Das Döberitzer Feld wird künftighin lediglich als Ausbildungsstation für Fliegeroffiziere und als Prüfungsamt für bestellte und ab- gelieferte Maschinen dienen. Da es jedoch nicht möglich ist, bis zum nächsten April die genügende Anzahl von Militärfliegern in Döberitz auszubilden, sind jetzt wieder zahlreiche Offiziere nach Johannisthal abkommandiert worden, die bei den dortigen Flugzeugfirmen ausgebildet werden. Bis zum Oktober nach- sten Jahres dürfte die Dezentralisation durch- geführt sein. Die hierfür erforderlichen Summen sollen sich auf etwa neun Millionen Mark belaufen, ein Posten, der den kommenden Reichstag beim Militärbudget beschäftigen dürfte." Die neun Millionen für das Flugwesen, das ja nur den einen Teil unseres Luftmilitansmus darstellt, da ja auch fortwährend neue„L u f t k r e u z e r" angekauft werden, die gleichfalls Millionen verschlingen, werden natürlich nur eine bescheidene Abschlagszahlung sein. Denn je weiter die technische Entwicklung des Flugwesens fortschreitet, je größere Möglichkeiten die Flugmaschine für den Auf- klärungsdienst und vielleicht auch für eine direkte Bekämpfung des Gegners bietet, desto größere Dimensionen wird das militärische Flugwesen annehnien, so daß es sich vielleicht bald um Jahresausgaben für diesen neuesten Zweig unseres Mili- tarismus in Höhe von Dutzenden von Millionen handeln wirdl Dabei ist an anderweitige Ersparnisse, etwa durch eine Verminderung der Kavallerie, gar nicht zu denkenl
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