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Herr d. vethmann Hollweg s» lange ruhig den stallen Druck ertrug, den Herr v. Hehdebrand mit seinem überaus kräftigen Willen zur Macht auf die Regierung ausgeübt hat. Der.ungekrönte König von Preusjen" hat an der Spitze der mit dem Zentrum engverbündeten Konservativen auf die Regierung einen stärkeren Einfluß gehabt als selbst in der Blütezeit des Nationalliberalismus dessen Führer, und davon nach seiner Eigenart sicher einen für den leitenden Staatsmann manchmal recht unangenehmen Gebranch gemacht. Was der»Kleine* wohl dazu sagen würde, war eine Frage, der man nur zu ostbe- gegnete.*_ Zu den bayerischen Landtagswahlen. Wie bei den kommenden Reichstagswahlen scheint auch bei den infolge der bayerischen Landtagsauflösung nötig gewordenen bayerischen   Landtagswahlen das Zentrum sich'als Schützer von Thron und Altar gegen die.rote Flut' aufspielen zu wollen. So heißt es zum Beispiel in einer Zuschrift aus Bayern   an die ultramontane.Germania  *: .Jetzt handelt es sich um etwas andere«, und zwar einfach darum: Sollen in Bayern   die gleichen konservativen, staats- erhaltenden, den Bestand der monarchischen Staatsform schützenden Grundsätze gesichert werden oder soll der Zentrumshaß verant- wörtlicher und unverantwortlicher Mächtiger dazu führen, daß die politische Zukunft Bayern   den Eleinenten der Gärung, der Zersetzung und des Umsturzes ausgeliefert wird? Bei den Neuwahlen wird es heißen: Trotz denjenigen, denen die Abneigung gegen das Zentrum oberstes Prinzip ist, nun erst recht für das Zentrum und gegen die liberal- sozialdemokratischen Blockbrüder, die in diesem Wahl- kämpfe als Regierungsschutztruppen und mini sie- rielle Schoßkinder vor dem Forum des baye- rischen Lölkes keinen leichten Stand haben werden.* '.' Die Münchener  Korrespondenz Hoffmann' meldet: In der Preffe ist die Behauptung aufgestellt, die Nachricht über ein Allerhöchstes Handschreiben, das in den letzten Tagen ergangen sein soll, sei den Münchener  Neuesten Rachrichten* durch die Geheime Kanzlei, speziell durch Herrn Ministerialdirektor v. Dandl direkt übergeben worden. Diese Behauptung ist absolut unrichtig. Um einer Legendenbildung über den Inhalt des Aller- höchsten Handschreibens entgegenzutreten, sind wir ermächtigt, dessen Wortlaut nachstehend bekannt zu geben: Aus der Presse entnehme ich, daß vielfach die Auffassung herrscht, das Staatsministerium sei in seinen Maßnahmen mit- unter durch die Rücksichlnahme aus meine Person behindert. Ich wünsche, daß einer derartigen Auffassung auf daS bestimmteste entgegengetreten wird. Ich war und bin jederzeit bereit, Vorschläge, die daS Ministerium der Sachlage entsprechend erachtet, entgegenzunehmen und bean- spruche für meine Person keinerlei Schonung bei der Erledigung der Regierungsangelegenheiten. Ich ermächtige Sie. von diesem Schreiben jedermann gegenüber Gebrauch zu machen. München  , den 10. November ISlt. (gez.): Luitpold, Prinz von Bayern. An daS Gefamtministeriuin, zu Händen des Vorsitzenden im Ministerrat, StaatSminister Dr. Gras v. Podewils. Der Prinzregent hat dieses Handschreiben am 10. d. M. mittags dem Vorsitzenden im Ministerrat, Grasen v. Podewils, gelegentlich deS Vortrages persönlich übergeben. Die sozialdemokratische LandtagSfraktion wird am Donnerstag einen Aufruf an die Wähler veröffentlichen. DaS Zentrum verliert gerade jetzt den einzigen populären Führer, den einflußreichsten Mann in der Bauernbewegung, Dr. Heim. der angeblich aus Gesundheitsrücksichten weder für den Reichs- tag noch für den Landtag mehr kandidieren und auch den Borsitz in dem christlichen Bauernverein niederlegen will. Dr. Heim zieht sich, wie eS heißt, einstweilen ganz und gar aus dem politischen Leben zurück. Für die Sache des Zentrums ist dieser Berlnst nur schwer zu verschmerzen, da Dr. Heim die demo- kratische. agitatorisch wirksamste Spielart deS Zentrums repräsentierte. Die Wahlen werden wahrscheinlich am 7., wie von anderer Seite behauptet wird, vielleicht sogar schon am 3. Januar statt- finden._ Eine Schwindelnachricht. Die Scherl- Presse verbreitete am Mittwochabend folgende Meldung: Die sozialdemokratische Mehrheit im Landtage deS Fürsten­tums Schwarzburg-Rudolstadt   wird voraussichtlich vorläufig noch nicht endgültig zustande kommen. Es sind nämlich zwei Sozial- demokcaten doppelt gewählt worden. Nach einem Beschluß des sozialdemokratischen LändeSporteivorstandeS will man nun einen oder beide Kreise ausgeben. Da in einem dieser Kreise, in Stadt- ilm, nur eine sozialdemokratische Mehrheit von S Stimmen vor­handen war und da der gewählte Vertreter nicht diesen, sondern «inen für ,bn weit günstigeren Kreis übernimmt, gilt ein Erfolg de» bürgerlichen KandiSäten, der Bürgermeister' von Stadtilm   ist. als sicher. Damit würde dann die sozialdemokratische Majorität fallen.* Daran ist auch nicht ein einziges Wort wahr. Bekanntlich sind zwei Genossen doppelt gewählt, jeder von ihnen muß in einem Wahl- kreis ablehnen, für den dann eine Nachwahl stattfinden muß. Diese Wahlkreise sind Frantenhausen und Königsee  , beides Wahlkreise. die schon seit vielen Jahren sicherer sozialdemolratischer Besitz sind. ES unterliegt daher auch gar keinem Zweisel. daß bei� den Nach­wahlen in dielen Kreisen wieder Sozialdemokraten gewählt werden. Die den Gegnern so unbequeme joziasdemokratische Majorität bleibt also aus alle Fälle bestehen. Tie blamierten Alldeutschen  . Der Herausgeber desGrenzboten", Herr C lein ow, gegen den bekanntlich alldeutsche Zeihtngen Klage erhoben haben, macht über diealldeutschePresse r o n f e r e n z, die bekanntlichdie Annexion Südmarokkos beschlossen hat, folgende pikante Mitteilungen:_........... Wie kam doch jene Versammlung im Schr'.ltitellerklub zu- stände? Ich wurde am Nachmittag des betreffenden Tages an- geklingelt, und es wurde mir folgendes im Austrage des Herrn R i p p l e r(Herausgeber derTäglichen Rundschau und Vor- sitzender de» Schrifistellerklubs) übermittelt: Abends fmde ,m Klub eine Besprechung über die politische Lage im Anschluß an die Marokkoaffäre statt. Die Besprechung erfreue sich des Jnter- csseS des Auswärtigen Amtes; einer der Herren ManneSmann werde wahrscheinlich an ihr teilnehmen. Abends fand ich denn auch«iwa 40 biS 60 Herren, messt Ange­hörige der Presse, im Klub vor. die daS interessante Programm gelockt hatte. Bald eröffnete Herr Rippler die Besprechung: Leider träte die Versammlung unter etwa? anderen Vor- auSsetzungen zusammen, als cs die Einladung angekündigt habe, aber daS Auswärtige Amt habe die Sache ver- darben, es habe sich zurückgezogen; erst wollte cS eine Rückenstärkung, dann wollte es überhaupt nichts wissen.Ra. meine Herren, wie da» so ist!* lHeiterkeit.) Herr ManneSmann halte eS unter diesen Umständen nicht für taktvoll, herzukommen. sDaF stakt deS Herrn MaNüesMSlln dessen Berliner   Verlrekek, Herr v. Reibnitz, erschienen war, davon sagte uns Herr Rippler nichts!) Aber der hervorragende Kenner Marokkos  , Herr General- leutnant v. Wr o ch e m, werde als Gast des Klubs entschädigen durch einen Vortrag, und Herr v. Wrochem begann seine höchst dürftigen Kenntnisse mit der Stimme eines Reiterführcrs aus- zupacken. Zum Schluß teilte er Marokko   unter die beteiligten Völker aus und vergaß auch Deutschland   nicht. Eine Resolution wurde nicht gefaßt, aber aus dem Schlußwort des Herrn Generals klang ein gewisses Programm heraus, das lautete: Keine Kompensationen außerhalb Marokkos  ! Auf dieses Programm wurden die Anwesenden fe st gelegt, indem Herr Rippler in die Versammlung rief: Es wird angenommen, daß niemand gegen das Programm schreibe.* Daraus ginge also hervor, daß das Auswärtige Amt   in der Tat mit der Versammlung nichts zu tun gehabt hat. Das hat aber die bösartigen Narren nicht abgehalten, so auszu­treten, als würden sie die Ansichten der Regierung vertreten. Unbegreiflich und unverzeihlich aber bleibt, daß die Regierung nicht rechtzeitig diesem nichtswürdi- gem Treiben entgegengetreten ist. Pestilenziale Sümpfe. Wie derVossischen Zeitvng" von ihrem Pariser   Korre- spondenten gemeldet wird, hat sich der katholische Bischof des Kongogebietes, Augouard, in höchst charakteristischer Weise über das von Herrn v. Kiderlen eingehandelte Kompensationsobjekt geäußert. Augouard, der 34 Jahre lang im Kongogebiet gelebt und gewirkt hat, also sicherlich der denkbar beste Kenner unseres neuerworbenen kolonialen Deorados ist, hat seine Meinung folgendermaßen zusammengefaßt: Was die Deutschen   im Kongogebiete finden werden? Steile Berge und unzugängliche Wälder. Sie wer- den dort auch Bevölkerungen vorfinden, die einen regen Appetit auf Menschenfleisch haben, denn man darf sich trotz der Anstrengungen unserer Mission'nicht einbilden, daß die Menschenfresserei dort verschwunden ist. Die Deutschen   werden wohl binnen kurzem wahrnehmen, daß die Gebietsteile in Ubanghi, die wir ihnen abgetreten haben, daß die 20 Kilo- meter, die an zwei Punkten den Zugang zum Strome geschaffen, beinahe dauernd überschwemmt und folglich für jeden Handelsverkehr unbenutzbar sind. Es würde ihnen jedoch nicht geziemen, unS die Bedeutungslosigkeit unserer Freigebigkeit vorzuwerfen, da auch sie es sich haben angelegen sein lassen, uns bei der Abtretung der Spitze ihres berühmten Enten schnabels nur pestilenziale Sümpfe anzu- bieten, was mir das Recht gibt, zu sagen, daß Deutschland  und Frankreich   lediglich Sümpfe ausgetauscht haben." Die ZukunftGroß-Kameruns", wie ja nun das durch die pestilenzialen Morastgebiete erweiterte Kamerun  offiziell getauft werden soll, scheint demnach wirklich i m Sumpfe zu liegen.__ Terrorismnsschwindel. lieberGewalttätigkeiten und Roheiten* der Sozialdemokratie. begangen bei der Sladtperordnetenwahl in Unna  , bringt die Reichs- verbaudspress« seilsame Schauermären. Die Nachricht entstammt der .Wahlzeitung der Kölner Zentrumspartei* und wird aus diesem Blatt von derKreuz-Zeitung  " und ähnlichen Zeitungen mit Bebagen abgedruckt. In der Notiz wird erzählt, daß an den beiden Wahltagen, besonder? am zweiten, das Wahllokal von den Sozialdemokraten dicht umlagert gewesen sei. Schnapsflaichen hätten unaufhörlich die Runde gemacht. Und am Nachmittag wäre eS schon vielfach zu Augrsfsen aus die Vertreter des bürgerlichen Kartells ge- komiuen. Die bürgerlichen Stimmzettelverteiler wären mißhandelt worden, so daß sie flüchten mußten. Auch wäre aus einer sozial- demokratische» Gruppe abends auf einen christliche» Gewerkschafls- sekretär aus Köln   geschossen worden. Die Kugel hätte dicht neben dem Sekretär in die Haustür des Restaurants, in welchem das bürger- liche Kartell sei» Wahlbureau batle, eingeschlagen usw. usw. r Auf dieses Produkt krankhafter Phantasie antwortet die«Ar» b e i t e r z e i t» u g  " in Dortmund  , die sich bemüht hat, allen Be- hauptungen nachzugehen und genau festzustellen, waS Wahres daran ist, mit folgenden Feststellmigen: Es ist unwahr, daß die Sozialdemokratie den Eingang zum Wahllokal unsicher gemacht haben solle. Wäre eS so gewesen, wie das Kölner   Zentrumsblatt behauptet, so würde der Bürger- meister von Unna  , der sich im Wahllokal aufhielt, unzweifelhaft eingegriffen haben. ES ist ferner unwahr, daß die Schnapsflaschen bei den Sozialdemokraten unaukhörlich die Runde machten. Da- gegen ist Tatsache, daß der bürgerliche Sssmmzettelverteiler G r ä w e derart betrunken war, daß er sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte und infolge seiner Betrunkenheit abgelöst werden mußte. Weiter wird in dem Artikel behauptet, daß auf den christlichen Gewerkschastssekretär geschossen worden sei und die Kugel in die Tür eingeschlagen wäre. Nun ist in einer Glas- scheide der Tür an der Wirtschaft von Schürmann, wo das bürgerliche Kartell sein Wahlbureau hatte, wirklich ein kleine« rundes Loch zu sehen, aber der Besitzer des Lokal« teilte auf Befragen mit, daß er selb st nicht wüßte, wann und wie eS hineingekommen fei... Dann wird noch behauptet, daß bei Bekanntgabe des Wahl- restiltats eine Horde Sozialaldemokraten das bürgerliche Wahl- lokal gestürmt hatten. Auch dieses ist unwahr. Da unsere Ge- nosien durch Listen die Kontrolle der Wahl ausgeübt hatten, wußten sie schon bei Schluß des Wahlaktes, daß sie unterlegen waren; sie brauchten folglich nicht erst die Bekanntgabe abzu­warten.< Die Schlägerei im bürgerlichen Wahllokale aber bestand darin, daß ein bekannter Zentrumsmann einer anderen Zentrumsgröße die Grundsätze der christlichen Liebe mit einem Ochse nzieni er einbläute. Die Namen sind festgestellt. Während der Nacht soll dann noch eine Schutzmaunspatrouille angegriffen worden sein. Die Sache vcr- hält sich so: Am 4. November war auf Zeche Köuigsborn Lohntag, insolgedesseit hatten einige Anlvohuer der Grabenstraße wohl über den Durst getrunken und waren in Streit geraten, zu dessen Schlichtung Schutzleute herbeigeholt wurden. DaS Vorkommnis hat nicht das geringste mit der Wahl zu tun.* Die Dortmunder  Ärbeiterztg." konnte überdies feststellen, daß. wenn vonGewalttätigkeiten" zu reden ist, diese aus der anderen Seite zu suchen sind: Der Meister einer Fabrik, der sozialdemokratisch wählte und einige akiwesende Patrioten verulkte, die singend schon im Vo» gesnhl deS künftigen Siege« schwelgten, wurde von den in ihren heiligsten Gefühlen gekränkten Patrioten aus dem Wahllokal ge- warfen und derart tätlich angegriffen, daß er sich von Schutzleuten nach Hause begleiten lasse» mußte." Trotz dieser Feststellungen wird derUnnaer TerroriSmuS'-Fall sicher bei der Wahlagitation den Wählern vorgesetzt werden. Snghnd. Balfours Abzug. London  , 14. November 1911.(Eig. Ber.) Die Zauber- formet B. M. G. bat ihre Wirkung getan. Der Halsbury- Klub hat ihm sein Vertrauen ausgesprochen, aber Herr Balfour geht dennoch, wie der Chinese Juanschikai ging wegenRheumatismus   im ehrenwerten Bein." Der Ab- schied des Führers der Opposition ist in England von kaum geringerer Bedeutung als die Demission des Ministerpräsi- denken selbst. Denn der jeweilige«Leader of tsse Opposition* ist der künftige Ministerpräsident und genießt auch in dieser Rolle offizielle Anerkennung. Aber außer diesem ist er auch meistens eine Person von ganz hervorragender Begabung, ganz verschieden von den Bureaukraten, die in Ländern mit Scheinparlamentarismus ähnliche Posten füllen. Englische Ministerpräsidenten und Führer der Opposition gelangen zu ihrer Stellung nicht etwa weil sie mit Majestät gut Skat spielen können oder als Mittelmäßigkeiten nirgend Anstoß erregen, sondern weil sie Männer mit Initiative, Geist und Originalität sind, die am besten die Gedanken und Wünsche ihrer Partei vor der Oeffentlichkeit vertreten können. Man denke nur Gladstone, Disraeli  , Roseberry, Asquith  . Sie ver- körpern eine bestimmte Politik. Wenn daher Herr Balfour seinen Posten als Führer der konservativen Partei nieder- legt, so bedeutet dies mehr als ein Personenwechsel. M i t Balfour fällt die letzte Hoffnung der konser  - vativen Freihändler. Lange hat er sich gewehrt; ein Mann mit geringerer Begabung hätte den Kampf gegen die ungestümen Chamberlainiten nicht so lange aushalten können. Herr Balfour   ist ein äußerst gewandter und gefürchteter Dialektiker, der in der parlamentarischen Debatte keinen Gegner zu fürchten braucht. Darin liegt das Geheimnis der langen Krise, die die konservative Partei durchgemacht hat. Man kann sicher sein, daß unter dem neuen Führer, Herrn B o n a r L a w, die konservative Partei mit einer energischen Tarifreformpropaganda einsetzen wird, die die Arbeiterschaft zum Schutzzoll bekehren soll. Persönlich war Herr Balfour   ein Gegner, dm man schätzen kann. Mit seiner Stärke in der Debatte vereinigt er ein Wissen, das ihm auch außerhalb des Parlaments eine hervorragende Stellung gesichert hätte. Den Arbeiterver- tretern im Parlament kam er stets höflich entgegen und schenkte ihren Ausführungen die größte Aufmerksamkeit. Den Sozialismus hat er offenbar gründlich studiert. Er weiß sehr wohl, daß ein Entscheidungskanipf zwischen den besitzenden Klassen und der Arbeiterklasse bevorsteht. Er glaubt, seine Klasse durch das Heranzüchten eines konservativen Klein- bauernstandes retten zu können: aber diese Idee findet bei den Großgrundbesitzern seiner Partei nur lauwarme Anhänger. Wenn in unserer Gesellschaft die persönlichen Faktoren mehr und die allgemeinen wirtschaftlichen Faktoren weniger die Richtung der Entwicklung bestimmten, so wäre Artur Balfour   der Mann, der dem Sozialismus in England große Schwierigkeiten bereiten könnte. Er hat uns in allen Dingen mit klaren Bewußtsein entgegengearbeitet, ohne uns jedoch wie viele andere Gegner durch Worte zu verletzen. Auf nichts soll er stolzer sein als auf sein Schulgesetz, das denSchool- böards" den Garaus machte, die so viele für die Arbeiter- demokratie nützliche Arbeiten verrichteten- Er war uns ein gefährlicher Gegner und von diesem Standpunkt aus kann der englischen Arbeiterschaft ein beschränkterer konser- vativer Führer nur willkommen sein. Daß der neue Führer der Opposition dem letzten nicht gewachsen sein wird, steht fest. Die konservative Partei befindet sich in einer verzweifel- ten Lage. Zuerst drohte es nach dem Rücktritt Balfours zu einer Spaltung zu kommen. Die Unionisten, die jetzt die schutzzöllnerischen Schlotjunker vertreten, schlugen den Sohn Chamberlaims als Führer vor, während die Tory- elemente, die hauptsächlich die Interessen der Landjunker, des Adels und der anglikanischen Geistlichkeit vertreten, den Herrn Long wünschten. Schließlich nahm der Außenseiter Bonar Law   beiden Kandidaten den Ämd aus den Segeln und wurde als Einigungskandidat einstimmig gewählt. Was den neuen Führer der Opposition vor allem auszeichnet, ist seine Eigenschaft als Diskussionsredner; er ist vielleicht der sähigste Vertreter der unentwegten Tarif» r e forme r. die große Hoffnungen aus ihn setzen. Den Abzug Balfours empfinden die Tarifreformer offenbar als eine Erlösung. Das kam sehr deutlich in der Versamm- lung, in der der neue Führer gestern gewählt wurde, zutage. Man beobachtete nicht einmal die sonst stets übliche Höflichkeit, den scheidenden Führer zu bitten, seinen Entschluß noch einmal zu erwägen. Bezeichnend für die Situation ist es auch, daß in derselben Versammlung bekannt gemacht wurde, daß ein reicher Schnapsfabrikant der Tarifreformliga 19 999 Pfund Sterling versprochen habe. Der Rücktritt Balfours ist mithin das Signal zu einer neuen Entfaltung der schutzzöllnerischen Propaganda, die im letzten Jahre etwas flau geworden ist, Die Beziehungen zn Deutschland  . London  , 16. November. Unterhaus. Abgeordneter Gold» man<Unionist) wünschte von dem Premierminister ASguith zu wisien, ob seine Aufmerksamkeit auf die Erklärung deS Reichs» k a n z l e r S in der Sitzung des Deutschen Reichstags vom 0. November gelenkt worden sei bezüglich der mit der Ent- sendung deSPanther" nach Agadir   in Verbindung stehenden Um- stände und bezüglich des Vorgehens der deutschen   Giegierung nach der Rede, die der Schatzkanzler Lloyd George   am 21. Juli ge- halten habe. Goldman fragte serner, ob die britische   Regierung in an- betracht dieser amtlichen Erklärungen auseinandersetzen wolle, ob Lloyd George   die Rede mit voller Zustimmung der Regierung gehalten habe, welches die Beweggründe für die Rede gewesen seien und warum auf die Vorstellung der deutschen  Regierung über die Rede keine Antwort erfolgt sei. Premierminister Asquith   erwiderte: Die Frage betrifft eine Reihe von ernsten und delikaten Angelegenheiten (Beifall), die man unmöglich in angemessener Weise durch die Be« antwortung einer Anfrage erledigen kann. Der Staats- sekretär des Auswärtigen wird über die ganze An- gelegenheit in der in kurzer Zeit, wie ich hoffe in der nächsten Woche, stattfindenden Debatte eine volle Erklärung abgeben. Der frühere Generalgouberneur von Südafrika  , Lord Sek» borne, nahm in einer Rede in Newcastle   Bezug auf die englandfeindlichen Aeußerungen im Reichstage und den Wunsch nach einem Kriege, der darin zutage ge- treten sei. Engkand habe daS Recht, eine Erklärung zu fordern. Es sei entweder zu viel oder zu wenig gesagt worden und man müsse wissen, welches das berechtigte Streben des deut­ schen   Volkes sei, dem England angeblich ständig und hartnäckig Widerstand entgegensetze. Im New Reform Club sprach gestern der radikale Abgeordnete A. H. Ponsonby über das Fehlen jeglicher demo- kratifchen Kontrolle über die auswärtigen An- gelegen Helten und gab bezüglich der deutsch  -englischen Be- ziehimgen folgende bemerkenswerte Erklärung ab: Es wurde mir erst heute aus einer Quelle, die ich für zuverlässig halte, versichert. daß im Sommer England am Vortage eines Krieges mit Deutsch  - laud stand. Die Nordseeflotte hatte bereits für eine Aktion klargemacht, und die Torpedonetze waren bereits im Hinblick auf einen etwaigen Angriff deutscher   Torpedoboote an den Kriegsschiffen ausgelegt worden.