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Nr. 275. 28. Zahrgavg. 2. Keiltzt desUllMlirls" Serlilltt Nslkslilalt. 24 mi Vit Berliner Genoffen In der Sshfbemgiing. Der fünfte Wahlkreis hielt am DlcnSlag eine Mitgliederversammlung ab. die sich mit der ReichstagSmahl beschäftigte. Robert Schmidt zeichnete in keinem Vortrage, den die gut besuchte Versammlung mit regem Interesse und Beifall entgegennahm, die wesentlichsten Um-risse der gegenwärtigen Situation. Er zeigte, welche Stellung die Parteien zu den augenblicklich auf der Tagesordnung stehenden politischen Fragen einnehmen, und dab wir uns in einer ähnlichen Situation befinden, wie vor den Wahlen im Jahre l907. Wie damals, so stehen auch heut die Slolonialabenteuer mit ihren Kriegsgefahren im Vor- dergrund der Erörterungen. Alle bürgerlichen Parteien betonen, daß ei für sie gilt, die Sozialdemokratie zu bekämpfen. Nun, wir nehmen ihnen das nicht übel. Gilt doch auch für uns die Parole: Kampf gegen die bürgerlichen Parteien. Es gilt, dre Regierung�- Mehrheit zu stürzen durch Eroberung einer so großen Anzahl von sozialdemokratischen Mandaten, daß wir im Reichstage das Zünglein an der Wage bilden» dah ohne unS ein« Mehrheit nicht zustande kommen kann und wir einen größeren Einfluß auf die Politik des Reiches gewinnen, als wir jetzt haben. Wie sich die bürgerlichen Parteien im Wahlkampf zu uns stellen, das läßt uns kühl. Wir werden auS eigener Kraft schon im ersten Wahlgang« eine für uns günstige Entscheidung herbeizuführen suchen. Der Redner be- sprach die Kriegshetze, die furchtbaren Folgen, die ein Krieg unter den gegenwärtigen Verhältnissen mit sich bringt, und die ungeheuren Kosten, die dem Volke für die unausgesetzten Rüstungen aufgebürdet worden sind und nach in Aussicht stehen. Das ist bei den Wahlen von großem Interesse, daß diese unerträglichen Lasten in der �auvt- fache den ärmeren Volksschichten auferlegt werden, während die Be- sitzenden sich vor jedem Opfer zu drücken wissen. Wenn wir das alles den Wählern klar machen, wenn wir ihnen zeigen» wie uns die ReichStagSmehrtzpit auch durch die ReichSversickierungSordnung wertvolle Rechte genommen hat, dann werden die Wahlen so auS-- fallen, daß man. nicht, wie tSOT, sagen kann, wir seien die Nieder- gerittenen, sondern daß es heißt: die. Sozialdemokratie ist siegreich vorwärts geschritten. Nach dem Vortrage setzte die Versammlung auf Vorschlag des Vorstande» ein Wahlkomit« ein, bestehend auS den Genossen Friedländer. Timm, Hunschede, Hahnisch und Weise. Demokratie gegen Demagogie. Dieses Thema hatte der sechste Berliner   Reichstagswahlkreis für zwei öffentliche Volksversammlungen gewählt, die am Dienstag abend stattfanden. ImStadttheater M o a b i t", wo LondtagSabgeordneter S t r ö b e l referierte, war der Saal vor 8 Uhr schon überfüllt, Hunderte von Zuhörern drängten aber noch nach, so daß, als die Versammlung crösfnet wurde, der bekannte Apfel nicht mehr hätte zur Erde fallen können. Viele mußten festgekeilt stehen; besonders stark vertreten waren Frauen. Wir wissen alle, so führte der Redner ungefähr auS, daß dies­mal der Reichstagswahlkampf ein sehr schwerer sein wird, und daß von dem Ausgang diese» Kampfes sehr viel abhängt. Wir wissen allerdings auch, daß der glänzende Ausgang einer Reichstagswahl keine..Weltwende" bedeutet, wohl aber die Möglichkeit bietet, ein gute» Stück vorwärts zu kommen. Unsere Stellung ist kein« leichte, da wir den Kampf gegen sämtliche bürgerliche Parteien, gegen die ganze kapitalistische Gesellschaft zu führen haben. Sie ist fernerhin schwer, weil die Schar der Indifferenten, die ihrer ganzen Klaflenlage nach zu uns gehört, noch außerhalb der Schlachtlinie steht. Unser Appell mutz sich an alle Wähler richten, die unter der Folgeerscheinung der heutigen Wirtschaftsweise leiden, er muß die abseits stehenden Proletarier aufrütteln, sie an die Pflicht erinnern, sich politisch und gewerkschaftlich zu organisieren. Aber auch aus daS Land hinaus soll unsere Aufklärung dringen. Jeder, der draußen Verwandte und Bekannte hat, kann hierbei Gute» wirken. Jeder gc- eignete Zeitungsartikel, jedes Flugblatt, jede Broschüre usw. muß mit einem entsprechenden Begleitschreiben hinausgesandt werden. Es ist die» um so dringender erforderlich, al» gerade wieder die letzte Zeit gezeigt hat. wie alle unsere Gegner sich zusammen- schließen, wenn, eS gilt, die Interessen des Kapitalismus zu ver- treten, di« Kriegshetze zu betreiben und die Arbeiter auf ein Schlachtfeld zu fuhren. Hat doch selbst Bernstein in diesen Tagen tmBerliner Tageblatt" einen Artikel erscheinen lassen, in dem er Protest gegen das Verhalten dieser Zeitung gegenüber den letzten weltpolitischen Ereignissen erhebt. Und doch tit da»B. T." noch da» einzige Blatt, da» den Standpunkt de» Liberalismus wenig- stens nach außen hin am schärfsten vertritt, das aber in den Tagen der Kriegshetze völlig versagte. Als die Junker ihre Kriegsfanfaren schmetterten und die Nationallibcralen und das Zentrum begeistert mit einstimmten, da waren e» mcht die freisinnigen Blätter, die Protest erhoben gegen diese» wahnwitzige Treiben. Nein, sie ver- hielten sich still oder zeterten über da» Ausland. Sin offenes» ehr- liche» entschiedenes Wort fanden sie nicht. Das Bürgertum ver- tritt keine Volksinteressen, ist nicht für Frieden und Wohlfahrt, nein, diese liberalen Bürgerlichen   und ihre Presse vertreten Cliquen- und Klasseninteresscn. Von ihnen trennt uns eine unüberbrückbare Kluft, darüber kann uns nichts hinwegtäuschen. Wir gehen ernsten Zeiten entgegen. Durch die Welt geht die Kriegsgefahr. Die Kolomalpolitit verschlingt Unsummen und bringt dem Arbeiter keinerlei Vorteil. Aber nicht nur auS ÄriegSlüsternheit,«in, auch um da» Volk von seinen Interessen abzulenken, um die Arbeiterbewegung zu zerstören, um die Sozial- Politik auf Jahre hinaus aufguhalten. will man die Kriegssackel entzünden. Wenn aber da» Volk bei dieser Wahl überall im Lande sein« Schuldigkeit tut, wenn die Proletarier sich fest zusammen- schließen, damu werden sie einen Feld bilden, an dem der Ansturm der Gegner kläglich zerschellen muß. sTosender Beifall.) In der Diskussion nahm die Genossin Reichert daS Wort und forderte in eindringlichen Worten die anwesenden Frauen auf, sich zu organisieren, soweit die» noch nicht geschehen ist, sich an den Leseabenden und an der Wahlarbeit zu beteiligen und ihre Kinder im Geiste der sozialistischen   Weltanschauung zu erziehen, ein Appell, der mit begeisterter Zustimmung aufgenommen wurde. Nach einem kurzen Schlußwort de» Vorsitzendev und einem Hoch aus die Sozialdemokratie war die imposant« Versammlung beendet. In denP h a r u» s ä l e n hielt Eduard Bernstein   seinen Vortrag vor einer Zuhörer- schast von etwa LOOO Personen. Der große Saal, die Galerie und die Bühne waren dicht beseht; einmal mußte ein Samariter Hilfe leisten, weil in dem Gedränge und der schwülen Atmosphäre jemand unwohl geworden war, wodurch der Vortrag eine kurze Unterbrechung erlitt. Mit größer Ruh« und Aufmerksamkeit folgte die Versammlung der and«rthalbstündig«n Rede, in der Bern- stein die Demagogie der herrschenden Klaffe in bezng auf die Vor- gäng« der jüngsten Zeit bloßlegt«. Auf keinem Gebiete sei«in Volk leichter zu täuschen, al» auf dem der nationalen Fragen; die eine Nation verstehe und kenn« die andere nicht, und leicht seien die nationalen Leidenschaften aufgewühlt. Wir sahen die Demagogen eifrig am Wem. da» Kriegsfeuer zu schüren, aber e» gelang ihnen nicht, da» Volk irre zu führen, denn die Sozialdemokratie war un- ausgesetzt am Aufklarungswerk tätig. Die Demagogie müßte heute mit der Demorratie, mit der Sozialdemokratie rechnen. Der Redner besprach dann hauptsächlich die MarokkokrisiS und forderte zum Schluß die Versammelt«» zur Unterstützung der das Volkswohl fördernd«» Bestrebungen der Sozialdemokrarie auf. �Stürmischer Beifall.) Der Vorsitzende ersuchte die anwesenden Gegner, zur Diskussion das Wort zu nehmen, aber niemand meldete sich. Ein Genosse rich- tete dann die dringende Mahnung an die Versammelten, die Or» gamsation im sechsten Kreise zu stärken und dem Wahlverein bei- zutreten; besonders bat er noch um die Mitarbeit der Frauen. In gleicher Weis« ermahnte der Vorsitzende in seinem Schlußwort, die Zeit bis zur ReichStagswahl mit rühriger Agitation auszufüllen. Die Hochrufe aus unsere Partei, womit die Versammlung schloß, wurden mit Begeisterung aufgenommen. Partei- �lngelegenkeiten. Zur Lokalliste! Im fünften Kreise steht uns da? LokalZentral-Festsäle", Anguststr. 24/26 sJnh. H. Gnaß), zu allen Veranstaltungen zur Ver- sügung. In Drewitz   bei Potsdam   ist das Lokal von Roßbach, Potsdamer Str. IS, von der Lokalliste zu streichen. Dafür ist das RestaurantZur freien Aussicht" von W i l h. S ch u l z, am Bahnhof Drewitz, sür die Partei und Gewerkschaften frei. Ferner weisen wir darauf hin. daß in T e m p e l h o s der Besitzer des LokalsTempelhofer Tivoli" jetzt Theatervorstellungen ver- anstaltet. Es wird darauf hingewiesen, daß das Lokal der organi- sierten Arbeiterschaft nach wie vor verweigert wird, mithin alle Ver- anstaltungen dort zu meide» sind. _ Die Lokalkommission. Fünfter Kreis. 2. Abteilung. Zwecks Verrichtung wichtiger Parteiarbeit werden die Genossen gebeten, am Sonntag, den 20. November, früh 8 Uhr, sich in den Zahlabendlokalen einzufinden. Der Abtellungsführer. Sechst« Wahlkreis. Zu der am Sonntag, den 20. November, vormittags 10 Uhr, stattfindenden Urania  -Vorstellung sind noch Billetts zu haben im Bureau des Wahlvereiiis, Neue Hochstr. 23, sowie am Sonntag vor der Vorstellung in der Urania  . Zur Auf- führung gelangt: Von Meran   zum Ortler. Der Vorstand. Charlottenburg  . Heute 8'/, Uhr im großen Saale des Volks- Hauses, Rosinenstr. 3: Oefientliche Wählerversammlung. Vortrag des Genossen Fritz Zubeil  . Genossen, agitiert für einen Massen- besuch I Rixdorf. Freitag, den 24. November, bleibt die Bibliothek ge- schlössen. Die Bibliothekkommisfion. Rcinickrndorf-West. Sonntag früh 8 Uhr, Flugblattverbreitung von den Zahlabendlokalen aus. Die Bezirksleitung. Wilhelmsruh  . Am Totensonntag, den 20. d. Mts., abends 7 Uhr, veranstaltet der Bildiingsansschuß im Lokale von Milbrot, Krön- prinzenstraße, einen Lichtbildervortrag verbunden mit Familien- kränzchen. Vortrag des Herrn Graf über: Ein Gang durch die Zeit- alter der Erdgeschichte. Eintritt 30 Pf. ohne Nachzahlung. Billetts sind in allen Parteilokalen zu haben. Bernau  . Sonnabend, den 25. d. MtS., abends S'/g Uhr: Mit­gliederversammlung beim Genossen Salzmann. Tagesordnung: 1. Die kommenden Reichstagswahlen. Referent: G. Bühl er. 2. Parteiangrlegenheiten. Sonntag, den LS. d. Mt«., nachmittag« 8 Uhr: Oeffentliche Ver- sammlung in Schönow   im Saale des Herrn Schulze. Tages­ordnung: Die ReichStagSwahlen und die politischen Parteien. Ref.: ReichSiogSabgeordneter' Artur Stadthagen. Schcnkendorf. Sonnabend, den 25. November, abends 8 Uhr, findet bei Otto Paetsch unsere Mitgliederversammlung mit äußerst wichtiger Tagesordnung statt. LerUner I>lacdricl)ten. Schule und Hau«. Da« Verhältnis zwischen Schule und Hau« ist in vielen Fällen leider nicht so, wie es wünschenswert wäre. Die Gründe sind ver- schieden« Art. Viel Schuld�an dem unerfrenlichen'Verhältnis tragen die Lehrer, die sich besonders als Prügelpädagogen auszeichnen. Es ist gar kein Geheimnis, daß gerade diese prügelnden Lehrer nicht die besten sind und daß ihre eigenen Leistungen sich kaum über den Durchschnitt erheben. Dazu kommt, daß Beschwerden von Eltern über Lehrer bei den vorgesetzten Behörden nicht die Erledigung finden, die verlangt werden muß. Diese Stimmung kommt jetzt öffentlich zum Ausdruck anläßlich der Erörterung des Protestes von Eltern gegen den Direktor Schjerning vom Kaiser- Wilhelm Realgymnasium. Der Herr Schjerning hat dieser Tage Veranlaffung genommen, in einer Ansprache an Schüler des Gymnasiums die Veröffentlichung der Beschwerde in der Prcffe als ungehörig zu bc- zeichnen und damit die protestierenden Eltern vor den Schülern, also vor den eigenen Kindern, zu tadeln. Das gibt derTäglichen Rundschau' Veranlassung, sich über das Verhältnis der Schule und der Schulbehörden zu den Eltern wie folgt zu äußern: Wenn übrigens Herr Direktor Schjerning den Eltern den Vorwurf macht, daß sie sich mit ihrer Beschwerde an die Presie statt an die vorgesetzte Behörde gewandt haben, so mutz zugegeben werden, daß dieser Weg nicht der ordnungsgemäße ist und unter normalen Verhältnissen al« nicht statthast bezeichnet werden mußte. Nun herrscht aber unter den Elternkretsen nicht nur des Kaiser-Wilhelm-Realgyinnasiums, sondern(janz a.l l g e m e i n die Meinung, daß eine Beschwerde beim Provinzial« schulkollcgium in den meisten Fällen nutzlos ist, und nur zu Unannehmlichkeiten führt, da dort auf die Aussagen der Eltern wenig Wert gelegt zu werden scheint. Nach unseren eigenen Erfahrungen und Kenntnissen ist dieses Mißtrauen völlig b«echtigt. Wir kennen«inen Fall, in dem da? angebotene eidliche Zeugnis einer Dame über die ihr als Mutter eines Schülers widerfahrene ungebührliche Be- Handlung einfach höhnisch beiseite geschoben und der Borfall durch die Aussage des Direktors als erledigt erklärt wurde. Nicht einmal ein« Untersuchung durch Zeugenvernehmung oder Anhören des Beschwerdeführers in einer Aussprache wurde der Vorfall, der einen politischen Beigeschmack hatte, für wert erachtet. Wer eine solche Beschwerde einmal durchgeführt und dabei die überhebende, unfreundliche und un- sächliwe Art des Provinzialschulkollegilims kennen gelernt hat. hat keine Lust nach einer Wiederholung und wird sich je nach Lage des Fall? an die Presse oder die ordent- lichen Gerichte wenden. Wenn die Beschwerden der Eltern der Schüler des Kaiser-Wilhelm-RealgymnasiumS berechtigt sind, so werden sie mit ihrem öffentlichen Proteste eher eine Abhilfe der Uebelstände erreichen, als es ihnen je mit einer Beschwerde an da» Provinzialschulkollegium gelungen wäre." Di« Darlegungen derTäglichen Mundschau" sind recht be- merkenswert. Bezeichnend ist ab«, daß die bürgerliche Presse viel' fach versagt, wenn es sich um Schüler d« Gemeindeschule handelt die ganz ander» behandelt werden, al» die Schüler der höheren Schulen. Da bleibt eS fast ausschließlich demVorwärts" über lassen, sich gegen die Nebergriffe von Lehrpersonen gegen Gemeinde� schul« öffentlich zu wenden. Immerhin aber ist die von derTäglichen Rundschau" an den Provinzialschulbehörden geübte Kritik recht bezeichnend dafür, wie diese Schulbehörden ihr Amt auffassen und ausüben. Ein gutes Verhältnis zwischen Schule und Hau» kann durch ein derartiges Verhalten der Schulbehörden nicht herbeigeführt werden. Der Bußtag war einfachbildschön". So grau und regenschwer lebt er im Geiste der Mucker und Konsorten. Wer Buße tun wollte, dem fehlte nur noch Sack und Asche. Der trostlose Himmel tat sein übriges und zeigte, wie es so nett heißt, daß er über diesündige" Menschheit trauerte. Aber die Berliner   Welt ist ein eigenes Gewächs. Man achtet hier nicht der Kirchenglocken und Bußprediger, weiß nur zu gut, daß die Kirche im Sterben liegt. Polizeikastetungen. die alles Laute, Lustige in Fesseln schlagen möchten, können die Stimmung äußerlich beeinträchtigen. Den inneren modernen Menschen werden sie von der Kirche nur noch mehr abwendig machen. Wem es darum zu tun ist, in sich zu gehen und sich vorzuhalten, daß wir allzumal Sünder sind, der braucht dazu nicht Pfasfengeiväsch. Der wandert durch den buntgetupften Herbstwald, rüttelt sein Innerstes auf im Anblick der zu jeder Jahreszeit all- gewaltigen, ungebundenen Natur, gelobt sich von neuem, zu jeder Zeit seine Schuldigkeit zu tun. Aus der ewig schönen Waldsinfonie wurde nun freilich am diesjährigen Bußtage nicht viel. Ueber die Kirchhofsgrenzen der Vororte, die schon stark die Signatur deS Totensonntags trotz des greulichen Schwindsuchtswetters zur Schau trugen, kam man nicht hinaus. Der Rest spielte sich ab in der Familie, die tm Not- standszeichen der Zeit mit Bangen erörterte, wie wohl auch das nahe Weihnachtsfest kaum etwas anderes werden wird als ein Büßen der Getretenen, Verachteten für die Sünden jener Welt, die auch am Bußtage in eitel Wollust lebt. Die Elcktromobil-Straßcnwaschmaschinen haben sich seit ihrer Einführung in dem Betriebe der städtischen Straßenreinigung in Berlin   außerordentlich beivährt. Die erste, mit elektrisch« Kraft gefahrene Straßenwaschmaschine wurde von der Berliner   Maschinen- fabrik Hentschel u. Co. nach den Anregungen des Magistratsbaurats Szalle im Jahre 1907 erbaut. Seitdem find 18 solcher Maschinen eingestellt und weitere sechs in Bestellung gegeben worden. Die neue Maschine hat gegen die alte, mit Pferden bespannte, zunächst den Vorteil, daß sie infolge ihrer gedrungenen Form ohne merkliche Hinderung selbst in den belebtesten Straßen der tnnenstadt während der Tageszeit arbeiten kann, während die ätigkeit der alten Maschine wegen ihrer Länge und der damit ver- bundenen Schiverfälligkeit beim Wenden während des Tages nur auf die Nebenstraßen beschränkt blieb. Die Tagesleistung(3 Stunden) der Elcktromobilstraßenlvaschmaschine beträgt 40 400 Ouadratmeter Straßenfläche, die der alten, pferdebespannten Maschine nur 80 800 Ouadratmeter. Dabei sind die Betriebskosten bei der neuen Maschine trotz der erhöhten Arbeitsleistung erheblich geringer, so daß durch >de Straßenwaschmaschine, welche elektromobil eingerichtet wurde. ür das Arbeitsj'hr(300 Tage) eine Minderausgabe von 1080 M. erreicht worden m. Die Verpflichtung der Berliner   Grundbesitzer, bei WiuterglStte zu streuen und Eis und Schnee vom Bürgersteige zu beseitigen, ist endgültig gest«n vom Kommergericht ausgesprochen worden. In Frage kommen die ZA 98 und 127 der Berliner   Straßenpolizei- verordnung. Danach haben die Grundstückbesitz« von 7 Uhr früh bis 8 Uhr abends die Bllrgersteige vor ihren Grundstücken von Schnee und Eis zu befreien und bei eintretend« Winterglätte  sollen sie ferner die Bürgersteige in der Zeit von 7 Uhr früh bis 10 Uhr abends mit Asche, Sand od« anderem abstumpfenden Material bestreuen, in der Weise. daß jede gefahrbringende Glätte vollständig vermieden wird. Die Gültigkeit derartiger Vorschriften hängt nach der Judikatur der der höchsten Gerichte davon ab, ob die näher geregelte Ver- pflichtung bereit« vorher auf Grund eines Ortsstatuts, besondere!» Gesetzes od« ein« Observanz(Gewohnheitsrecht) an sich zu- miauusten der Grundbesitzer besteht. Dieser Frage hatten dah« die Gerichte näh  « zu treten, als der Grundbesitzer Görig in der Cadinerstraße bewußt die zitierten Vorschriften übertrat, um eine prinzipielle Entscheidung für Berlin   h«bei- zuführen. Zweimal bereits hat daS Kammergericht sich mit der Sache beschäftigt. Es wie« sie jedesinal an das Land- gericht zurück. Nun sprach daS Landgericht Herrn Görig nach ver- nehmung von 25 Zeugen frei, indem eS das hier nur in Frage kommende Vorliegen einer Observanz verneinte und somit die an« gezogenen Bestimmungen der Berliner   Straßenpolizeiverordnung sür ungültig erachtete. Das Kammergericht, bei dem die Staatsanwaltschaft Revision einlegte, holte noch die Akten des Magistrats ein und entschied Sestern dahin, daß die Vorentscheidung aufzuheben und >. gleich zu der zulässig niedrigsten Strafe zu verurteilen sei, die als angemessen erscheint. weil eS sich nur um einen Prinzipienstreit handele. Der Senat führte auS: Die Zeugenaussagen widersprachen sich. AuS ihnen lasse sich weder nach der einen noch nach der andern Seite ein Schluß ziehen. Dagegen sei aus den Akten des Magistrats als ganz zweifellos zu ersehen, daß die Grundbesitzer seit Anfang deS vorigen Jahrhunderts Eis und Schnee von den Bürgersteigen beseitigt hätten. Bedeutungsvoll seien in der Beziehung auch die Verhandlungen der Stadtverordnetenversammlung. Eine Voraus- setzung einer Observanz sei nur die. daß die gewohnheitsmäßige Uebung in der Ueberzeugung einer rechtlichen Verpflichtung dazu erfolge. Habe aber die Uebung seit 100 Jahren bestanden, dam» wäre, unter Berücksichtigung der Verhandlungen in der Stadt- verordnetenversammlung. auch anzunehmen, daß die Grund- besitzer in der Ueberzeugung einer rechtlichen Ver- pslichtung handelten. Die Observanz sei dargetan und die Straßcnpolizeivorschriften rechtsgültig. Aus d« städtischen JrrendepntatI»«. In der Sitzung der De« putation für die städtische Jrrenpflege am 21. Ro- vember gelangten endlich die Anträge des Pflege- und Dienstpersonais auf Abänderung der für das Personal geltenden Bestimmungen zur Beratung. Nur zum geringeren Teil fanden sie Annahme. Abgelehnt wurden bei dem Kapitel Anstellung und Eni« lassung die Plinkte c und d zu streichen, so daß sofortige Entlassung eintritt,wenn wesentlich falsche Angaben über das Vorleben nach- gewiesen werden, insbesondere wegen Vergehen und Verbrechen" undwenn daS Personal auö einer anderen Stellung der Stadtgemeinde wegen ordnungswidrigen Verhaltens ein- lassen worden ist"; angenommen wurde die Streichung des Worte»mindestens" vor der Kündigungsfrist von vi« Wochen nach Beginn einer Krankheit; abgelehnt ein Zusatz: Soweit in Krankheitsfällen die formelle Entlassung ausgesprochen wird, steht der Wiedereinstellung nach erlangter Arbeitsfähigkeit nichts im Wege"; angenommen die Entschädigung für gewährte Emolumente bei Erholungsurlaub sowie die Aushändigung der ae- druckten Bestimmungen an jeden Beschäftigten. Bezüglich der bereits vor länger als einem Jahre von der Deputation belchlossenen Kür- zuna der Dienstzeit für die Wählbarkeit zum Ausschuß von drei auf zwei Jahre wurde beschlossen, nochmals beim Magistrat anzufragen, ob derselbe noch nicht seine Zustimmung zu dem Beschluß gebe. Abgelehnt wurde es, zu streichen, daß Wünsche von all- gemeinem Interesse usw. an den Ausschuß zu richten sind, sowie daß die Anstaltsdirktoren die Sitzungen de? ArbeiterauSschusseS per­sönlich leiten. Angenommen wurden bezüglich Ausgangs und Urlaubs die Wünsche um Verlängerung bis 1 Uhr nachts, auch bezüglich der Ver- beirateten sowie der Nachtdiensttuenden sollen diese Wünsche tunlichst Berücksichtigung finden, wie eS jetzt schon in der Anstalt Herzberge der Fall ist. Bezüglich des KllchenperfonalS soll zunächst durch Um- frage festgestellt werden, ob d« Wunsch, jeden achten Sonntag voll- ständig freizugeben, durchführbar ist.