heit;■ ein Ausnahmsgesey. dem eine Partei ,u. stimmt, ist immer keine nnauslöschliche Schmach. iE? lvird diese Schmach wieder auf 5, mt Recht hat der„Vorwärts" in letzter Nummer ausgeführt, daß die Situation der Liberalen günstig sei, wenn sie männlich aufzutreten verstehen: aber die Liberalen sind alte Weiber, und ärger als das, sie sind die byzantinischsten Schweifwedler, welche Oesterreich kennt, und das will viel sagen. Die Linke wird dem Grasen Taaffe das verlangte Ausnahmegesetz mit Vergnügen apportiren und von ihn» mit dem verdienten Fußtritt belohnt werden � Eine geschichtliche Nemesis aber liegt darin, daß die heutige stiugczechische Partei eine ganze Reihe von Mitgliedern zählt, die seinerzeit dem gegen die Sozialisten gerichteten Wiener Ausnuhmezustand zugestimmt haben, allerdings, wie der Ab- geordnete A d a m e k erklärte,„mit blutendem Herzen". Wir sind nicht sentimental, unser Herz blutet nicht, aber wir verurtheilen jedes Ausnahmegesetz, auch wenn es gegen Gegner gerichtet ist, und noch mehr, wir machen es illu- sorisch. e Entwicklung der politischen Dinge in Oesterreich fnr die vächste Zeit läßt sich weniger als je voraussehen, denn in keinem anderen Laude sind die Schwaiiknngen so jah u>id unvermittelt außer in Rußland , weil sie hier wie dort nnteL dem direktesten persönlichen Einfluß des Mon- archen stehen. Eins ist zu hoffeil. Die czcchischen Feudalen werden gezwungen sein, für den Ausnahmezustand zu stimmen, möglicherweise auch„mit blutendem Herzen". Aber sie rrerden dadurch definitiv und für immer das Tuch zwischen sich und den Jungczcchen entzweigeschnitten haben. Diese mächtigste Gruppe in unserem parlamentarischen Leben wird immer mehr isolirt, und gerade dadurch eines der wesentlichsten Hindernisse für den Fortschritt zum Theil be- festigt. Daß die jungczechische Bewegung durch den Aus- nahmezustand nicht unigebracht werden wird, ist klar. Wenn das czechische Klcinbürgerthum auch durchaus nicht die Energie und den Muth des Proletariats hat, so ist es weit entfernt von der Feigheit und Knechtscligkeit der deut- schen Bourgeoisie und noch zu viel hussitische Traditionen sind in ihm lebendig. Es ivird stürmische Tage geben, zumal wenn der Ausnahmezustand vom Parlament angenommen und, wie voraussichtlich die jungczcchischen Abgeordneten den Reichsrath verlassen; übrigens ist es auch möglich, daß sie diese in der letzten Zeit oft wiederholte Drohung nicht wahr machen, sondern erklären, daß sie gerade zur Zeit des Ausnahmezustandes die letzte Tribüne, die ihnen offen bleibt, auch besetzt halten müssen. Was immer auch ge- schehen möge, die Stellung des Grasen Taaffe wird dadurch � nicht erschüttert werden. Hn Oesterreich tobtet weder die Dummheit noch die Lächerlichkeit, geschweige das politische Verbrechen. Ewig heiter lächelnd und ge- mütblich witzelnd tänzelt der Gras wie das Reich dem Ab- gründe zu. Volikifcho Ute&eifftrfjf. Berlin , den 16. September. Dem Bundesrath soll nack der„Kreuz-Zeitung " ein Antrag Preußens, betreffend Abänderung der Gewerbe-Ordnnng, vorgelegt werden, wobei es sich namentlich um die Abänderung des Z 35 handeln soll. § 35 bestimmt, daß die Ertheilnng von Tanz-, Turn- und Schwimmunterricht als Gewerbe, sowie der Betrieb von Badeanstalten zu untersagen ist, wenn Thatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in bezug aus diesen Gewerbebetrieb darthun. Denselben Bestimmungeil wird der Trödelhandel, der Handel mit Dynamit oder andern Sprengstoffen, sowie das Geschäft von Rechts- konsulenten, von gewerbsmäßigen Vermittelungsagenten für Immobiliarverträge, Darlehen und Heirathen, von Ge- sindevermiethern, Stellenvermittlern und Auktionatoren unter- worfen. Zugegangen ist dem Bundesrath ein Gesetzentwurf, durch den unter Abänderung der Gewerbe-Ordnung der an- geblich„bei vielen Inhabern von Droguenhand- � l u n g e n bestehenden starken Neigung, den Vorschriften über den ihnen verbotenen Vertrieb von Arzneimitteln be- harrlich szuwidcrhandeln, entgegengetreten werde» soll." Ihnen jetzt zeigen, daß ich keine Memme bin, wenn ein paar der verruchten Kerle znrückkehrcn wollten. Empfangen Sie meinen Dank, verehrter Herr, sowie Sie, mein junger— aber, was seh' ich?" Jetzt wurde er erst gewahr, daß er mit dem Hut in der Hand höflichen Abschied nahm und noch die Schlafmütze auf dem Kopfe trug,— er riß diese beschämt herunter und steckte sie in die Tasche,—„das ist noch das Aergste von allem!" sagte er, im ganzen Gesichte roth,„da sieht man, wohin der vernünftige Mann in diesen verwirrten Zeiten kommen kann." Cr verbeugte sich noch einmal kurz und ging hinaus. „Wer war dieser Jüngling?" rief der Alte.—„Wohl einer von den Verruchten", sprach Edmund im heftigsten Zorn; ich hätte vielleicht Gott und dem Könige einen Dienst geleistet, ihm noch diese Kugel nachzusenden!"—„Vater", sagte das Kind,„glaube mir, der Engel Gabriel ist er gewesen,' und Bruder Edmund wird sich noch bekehren und ihn ebenso lieb gewinnen, wie ich ihn habe."— „Geh wieder schlafen, Kleine," sagte der Vater,„Du be- darfst der Ruhe, armes Kind."—„Das war keine gute Nacht," rief Eveline;„nun, guten Margen, Vater, sieh, es wird so schön hell." Sie ging mit den weiblichen Dienst- boten, und nur Edmund und der Vater blieben im Saale zurück. Lange waren sie stumm, endlich nahm Edmund sein Gewehr und sagte:„Was denken Sie von diesen allen und namentlich von diesem räthselhaften Burschen, der sich so unschuldig, so unbefangen anstellen kann?"—„Ich mag meine Gedanken nicht aussprechen," antwortete der Vater, „sie möchten vielleicht zu abenteuerlich klingen. Du willst uns wieder verlassen, mein Sohn? Und kommst auch wohl nicht zu Mittage zurück?" „Sie kennen," versetzte Edmund,„meine Leidenschaft zur Jagd, meine Freude an den Bergen und Wäldern, die Natur erhebt uns über alle Leiden, sie stärkt unsere Gefühle, sie begeistert und giebt uns jene herrliche Kraft, die im gewöhnlichen Leben und in der Gesellschaft nur zu oft er- lahmen will. Nach dem Gewitter bekommen wir heut' einen herrlichen Tag, ich will alles vergessen, was ich hier erlebt habe." „Bringen wir einen frommen, geläuterten Sinn," sagte der Vater,„der Natur entgegen, so wird sie uns der heiligste Offiziös wird geschrieben:„Diese Uebertretungen erstrecken sich namentlich auch auf die Anfertigung von R e- z e p t e n ohne Rücksicht darauf, ob diese Gifte enthalten oder nicht, so daß der Volksmund solche Droguenhandlungen bezeichnend mit dem Namen„wilde Apotheken" belegt. Er- höht wird die Gefährlichkeit dieses gesetzwidrigen Treibens dadurch, daß die Zubereitung der Medikamente meist durch ein unberufenes und ungeschultes Personal erfolgt, und daß die gebotene Sorgfalt dabei gänzlich außer Acht bleibt. Alle bis- herigen Bemühungen, diese Unzuträglichkeiten zu beseitigen, sind erfolglos geblieben. Man hat daher zur Aufstellung gesetz- licher Bestimmungen Zuflucht nehmen müssen. Um indeß Härten bei der Untersagung des Gewerbebetriebes des Droguen- und Chemikalienverkanss zu vermeiden, hat man die spätere Wicderausübung des untersagten Gewerbe- betriebs zugelassen, dabei jedoch, um einer allzu weit gehen- den Milde vorzubeugen und die Wirksamkeit des Mittels der Untersagung des Gewerbebetriebes nicht allzu sehr ab- zuschwächen, eine Mindestdauer der letzteren vorgeschrieben, für die diese unter allen Umständen in Kraft bleiben soll." Die bevorrechtete Zunft der Apotheker, die mit ihren Apotheken wie mit Baumwollballen spekulircn und un- geheure Profite einsäckeln, wird diese Maßregel, die die Monopolpreise der Apotheken schützen wird, mit Freuden begrüßen. Sind in der That erhebliche Mißstände durch die Thätigkeit der„wilden Apotheken" verursacht worden, so beseitige man sie, aber man gehe endlich an die Reform der viel schlimmeren Mißwirthschast des Apotheken- Wesens.— Der Ruin der kleinbäuerliche» Wirthschasten gehört zu den unvermeidlichen Konsequenzen unserer Wirth- schaftsordnung und tritt in der ungeheueren Zahl der Zwangsversteigerungen immer deutlicher zu Tage. Diesen Prozeß aufhalten zu wollen, wäre eine Utopie, aber es ver- trägt sich mit dieser Erkenntniß durchaus, gewisse unnöthige Schärfen der Entwickelung im Interesse der untergehenden Bauernschaft zu mildern. Dahin zielt ein Gesetzesvorschlag, den Dr. Leo A r o n s in der neuesten Nummer des „S o z i a l p o l i t i s ch e n Z e u t r a l b l a t t s" in betreff der Zwangsversteigerungen bäuerlicher Güter macht, und von dem wir hier Notiz nehmen, weil wir ihn für sehr beachtenswerth und diskutabel halten. Mit Recht erscheint die von Arons festgestellte Thatsache, daß ein Bauer, wenn seine Schuldenlast ihn zur Zwangs- Versteigerung zwingt, sein Gütchen in vielen Fällen nur darum um einen Spottpreis an seine Gläubiger fallen sieht, iveil es an einem kaufkräftigen Bieter fehlt, als ein Miß- stand der schlimmsten Art. Würde ein reelles Gebot er- folgen, so bliebe dem Bauer in manchen Fällen noch eine kleine Summe, die ihm zur Begründung einer neuen Existenz verhelfen könnte. Um hier Hilfe zu versuchen, macht Arons den Vorschlag, daß die Gemeinden, in denen die zur Zwangs- Versteigerung gelangenden Grundstücke liegen, bis zu einer gewissen Preishöhe als Bieter auftreten mögen. Er fordert ein Reichs- oder Landesgesetz, das er seinen Grnndzügen nach folgendermaßen formnlirt: „Bei jeder in ihrer Gemarkung stattfindenden Zwangsver- fleigerung eines Grundbesitzes bis zu Sil Hektar tritt die Ge- meinde als Bieter bis zur Höhe eines bestimmten Vielfachen des Katastral-Reinertrages auf. Im Fall des Zuschlages erhält sie vom Staat die Baarmittel zu 8>/e(oder 3�») pCt. als Darlehen. Für dieses Darlehen haftet k. das erworbene Grundstück, welches bis zur völligen Rückzahlung im Gemeinde- besitz bleiben muß, 2. die Gemeinde selbst." In betreff der Einzelheiten verweisen wir aus den Aufsatz von Arons selbst.— Die Muckerei gedeiht in Preußen. Der preußische Staatshaushalt hat zivar kein Geld für die Fort- bildungsschulen übrig, aber es finden zur Zeit zwischen dem Kultusminister und dem Oberkirchenrath Verhandlungen darüber statt, ob in den Fort- bildungss�>ulen der— Religionsunterricht zur Einführung gelangen soll. Selbstverständlich könnte diese Einführung nur unter Schädigung der übrigen Fächer, für welche die Stundenzahl gekürzt iverden müßte, erfolgen. „Die Religion muß dem Volke erhalten bleiben"!— Ueber Demagogie im konservativen Lager leit- artikelt das Caprivi'sche Organ, die„Norddeutsche Allgemeine Zeitung". Sie geht aus von dem in der„Konservativen Tempel, Psalmen und Lobgesänge tönen dann unserer frommen Begeisterung. Aber ihre dunkeln Felsen und Wasser- fälle, ihre wüste Einsamkeit, niit den schwarzen Wolkenmassen drüber brütend, ihr wildes Echo kann auch verstörte Sinne noch unruhiger aufregen, den tobenden Geist noch mehr reizen, denn sie antwortet nur in der Weise, wie man sie fragt." „Ich werde sie also auf meine Art zur Rede stellen," antwortete Edmund halb trotzig,„Wald und Berge werden mich doch vielleicht eher als die Menschen verstehen." Er verbeugte sich und ging durch den Garten, indem schon das Morgcnroth hinter den Weinreben herabfunkelte.— „Er geht doch ivieder nach Mais hinüber," seufzte der Alte, „und die wilde Begeisterung für Natur endet dann bei Lichtern im Saal, unter Kartenspiel und frivolem Gespräch und Witz. Wehe mir, daß ich so in ihm die Züge meiner Jugend entstellt und übertrieben verzeichnet wieder- erkennen muß!" **' Die Lichter brannten schon, als Edmund vor einem großen Hanse stand, unschlüssig, ob er hineingehen sollte. „Sie hat wieder Gesellschaft, ivie immer," sagte er zu sich selbst,„und wie werde ich mich unter den geputzten Damen mit meinem bestäubten Jagdanzuge alisnehmcn? Indessen sie ist gütig und nachsichtig, mein Weg ist weit, die Fremden sind es auch schon an mir gewohnt." Er stieg hinauf und legte im Vorsaal Büchse und Jagd- lasche ab. Der Diener eröffnete ihm das Zimmer, und er fand nur wenige Gesellschaft, die beiden alten Tanten des Fräuleins und einige jüngere Damen der Stadt, an zivei Spieltischen festgehalten, und auf ihre gewöhnliche Weise von einem alten Kapitän unterhalten. Man erzählte sich von der gestrigen Niederlage der Kamisards, und wie sie sich doch wieder gesammelt hätten und ihre Hauptansührer entronnen seien.—„Wo ist das Fräulein?" fragte Edmund die Frau von Courtcnai.—„Aleine Nichte," erwiderte diese,„ist drinnen, nicht wohl, wie sie sagt; sie hat einmal wieder ihre Launen, und kein Mensch kann mit ihr fertig werden; vielleicht können Sie sie erheitern, oder vielleicht ist sie auch verdrießlich, daß der Herr Marschall nicht ge- kommen ist."(Fortsetzung folgt.) Korrespondenz" zitirten Satz der G ö h r e' schen Schrift: Drei Monate Fabrikarbeiter:„Wenn in ferner oder iiaher Zukunft selbst der radikalste sozialistische Staat heraufziehen würde... was thut das uns?" jammert gleich dem„Reichs- boten" und unter dem dröhnenden Beifall der„Kreuz- Zeitung " darüber, daß die Sozialdemokratie abfärbe und redet von der„Scham" und dem„heiligen Zorn", der jedem Konservativen über solche Aussprüche in die Wangen steigen müsse. Die„Norddeutsche Allgem. Zeitung" von„Scham" und„heiligem Zorn" reden hören, ist gerade so erbaulich, wie eine Sittenpredigt etwa von Frau Hurtig oder Dort- chen Lakenreißcr zu hören. Daß ihr und den Junkern jede anständige Kritik des Sozialismus und jeder Versuch, die Arbeiterbewegung ernsthaft zu erfassen, ein Greuel ist, leuchtet ein. Wir haben über den Sekretär des evangelisch- sozialen Kongresses schon vor Jahresfrist geschrieben, daß es für ihn nur ein Entweder— Oder gebe, daß er folge- richtig demokratischer Sozialist werden oder als ideologischer Utopist scheitern müffe. Nun die Gebärdenspäher der ReptftieiiprestX das Kesseltreiben gegen ihn eröffnen Und ihn als Demagogen brandmarken, der den Dolch im Gewände die bürgerliche Gesellschaft beschleiche, geht ihm vielleicht die Erkenntniß auf, daß hier kein Mundspitzen mehr hilft, daß gepfiffen werden muß. Er gilt als„Aufwiegler", der große Kirchenbann ist gegen ihn geschleudert. „Es thut mir in der Seele weh, Das ich Dich in der Gesellschaft seh."-- Wie der Zensus wirkt. Die„Frankfurter Zeitimg" schreibt: „Berichte, die aus den verschiedenen Provinzen vorliegen, stimmen darin überein, daß ein Bewegung für die Landtags- Wahlen nicht recht in Fluß kommen will. Es herrscht eine kaum besiegbare Gleichgiltigkeit und weitgehende Unlust, von einem Wahlrecht Gebrauch zu machen, bei dem die große Mehrheit d?r Wähler von einer wohlhabenden Minderheil mit Sicherheit überstimmt wird. Dabei hat das allgemeine politische Interesse. wie sich an den Zentralstellen der einzelnen Parteien konstatiren läßt, nicht etwa abgenommen. Es herrscht sogar, trotz der Niederlage bei den Reichstags-Wahlen, inner- halb der freisinnigen Partei ein reger Eifer, der bei den Vor- bereitungen zu den provinziellen Parteitagen zum Ausdruck kommt." Die große Maffe der preußischen Bevölkerung hat eben nichts zu schaffen mit dem an den Geldsack geknüpften Dreiklassen-Wahlrecht.— Agrarisches. Der Bund der Landwirthe hat Geldnoth. Der Vorstand des Bundes erläßt deshalb ein Mahnschreiben, worin er mittheilt, daß die bei Begrün- dung des Bundes„in gewaltiger Begeisterung gezeichneten beträchtlichen Summen" von einmaligen Beiträgen zum großen Theil noch nicht gezahlt worden seien. Man möge deshalb die Beiträge möglichst sofort im Interesse einer geregelten Kasseiiführung an die Bundeskasse abführen. Die offiziöse„Norddeutsche Allgemeine Zeitung" ver- öffentlicht im Interesse des Bundes den Mahnruf. Vielleicht wird in den Reichshaushalt ein Posten eingesetzt, der für die nothleidenden Großgrundbesitzer zur Unterstützung ihres Brotvertheurcr-Bundes ausgeworfen wird. Der Wohlthätig- keit sind keine Schranken gesetzt. Wie weit die Frechheit der Agrarier, die die Feigheit des Bürgerthums richtig berechnen, geht, beweist folgendes Geschichtchen. In dem erzgebirgischen Städtchen Berg- gieß h übel, das etwa 1500 zumeist wenig bemittelte Einwohner zählt, wurde dieser Tage in der Genieinderaths- Sitzung eine Vorlage eingebracht, die es ermöglichen sollte, dem Majoratsherrn Baron von Friesen- Le isen„der herrschenden Futter n oth wegen" ge- wisse Steuern zu erlassen. Diese merkwürdige Vor- läge wurde nun zwar mit 7 gegen 5 Stimmen abgelehnt, doch war, wie die„Sächsische Arbeiter-Zeitung" meldet, die Sache damit noch nicht erledigt. Dem schwer reichen Herrn Baron wurden trotzdem 155 M. Steuern erlassen. Noch interessanter wird dies Geschichtchen, wenn man erfährt, daß vorher beschlossen worden war, einige arme Steuer- r e st a n l e n pfänden zu lassen.— Zu der Neisser Maftregelungsgeschichte, die der „Vorwärts" als einen Beitrag zur Sozialpolitik des Herrn Thielen verzeichnet hat, bemerkt die„Breslauer Morgen-Zeitung":„Was erreicht die Eisenbahnbehörde durch solche Maßregelungen? Daß nun die Werkstatt von sozial- demokratischen Elementen gereinigt sei, glaubt sie doch selbst nicht, wohl aber darf sie versichert sein, daß sie aus einem vielleicht ganz harmlosen Arbeiter einen unver- söhnlichen Sozialisten gemacht hat. Wollte die Behörde alle Anhänger Bebel» ans ihren Werkstätten verbannen, sie würde— fürchten wir— nicht viel Leute zurück- behalten. Die Leute brotlos machen, ist nicht der richtige Weg, sie dem Glauben an den Zukunftsstaat abzugewinnen." Die Eisenbahnarbeiter wissen, weshalb sie sich der Arbeiter- partei anschließen, mag dies auch für den Liberalismus schmerzlich sein. Daß das Regieme Thielen Sozialdemo- krateu züchtet, ist nicht zu bestreiten.— Ter Fall Hofmeister gestaltet sich immer seltsamer. Ans W ü r z b n r g wird/ gemeldet, daß Lieutenant Hof- meister der Würzburger Universitäts-Jrreiianstalt„zur Be- obachtung" übergeben worden ist. Als wir vorgestern die Hoffnung aussprachen, daß der Verhandlungstermin nun endlich ein endgiltiger sein-verde, wußten ivir, weshalb wir mit einigem Zweifel die Nachricht buchten. Daß aber die Sache nach halbjähriger Untersuchung anscheinend wieder verschleppt werden wird, das erscheint unerhört. Hat man nicht vorher Zeit gehabt, eine solche Untersuchung anzn- ordnen?— Der Taaffe brntalisirt weiter. In der Provinz Böhmen werden sozialdemokratische Arbeitervereine und jungczechische Klubs aufgelöst, in Prag haut � die Polizei mit blanker Klinge ein, wenn Arbeiter sich vor einer Fabrik ansammeln, kurz die österreichische Regierung, applaudirt von der verkommenen liberalen Bourgeoisie, wirthschaftet mit allen Mitteln der schäbigsten Reaktion. Die Regierung kann auf diese Weise der Wahlrechts- bewegung Schwierigkeiten bereiten und die verhaßte Sozial- dcmokratie— denn diese ist der Feind, den Taaffe in erster Reihe treffen will— durch Zwangsmaßrcgcln chikaniren.— Gegen die Soldatenmiffhandluugett in der ö st e r- reichisch-nn garischen A r m e e hat der Leiter des Kriegsmiuisteriums, Frhr. v. Merkt, einen Rcservatbesehl an die Korpskommandanten erlassen, in dem es u. a. heißt: „Die Klagen über Mißhandlungen der Mannschaften mehren
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten