Kr. 278. 28.|«|rg«g. 2. Ktilage des Jetinärts" Setlintt lolUlstt Kirnstag. 28. Kovembtt 1911 GewerkfchaftUchee. Berlin und llmgegend. Der Streik in der BerUner Damenkonfektion. Der nunmehr ausgebrochene Streik der Berliner Damen - konfektionsschneider und-Schneiderinnen hat wieder die Ge- danken an das Jahr 1896 und an die oft beklagten schlechten Lohnverhältnisse der Heimarbeiterinnen ausleben lassen. 1876 bis 1871 gelang es den Berliner Konfektionären, den Export nach Amerika , England, Belgien und der Schweiz an sich zu reißen, den früher Paris hatte, der aber von dort nicht besorgt werden konnte, weil Paris eingeschlossen war. Be- sonders der Export nach Amerika brachte bis zu Anfang der achtziger Jahre Umsätze von 1V bis 12 Millionen Dollar (46 bis 56 Millionen Mark). Die amerikanische Zollpolitik machte diesem glänzenden Geschäft ein Ende. Dafür wurden aber in den neunziger Jahren in England Jahresumsätze bis zu 66 Millionen Mark erzielt. Aber auch nach England hat der Export nachgelassen(1964 betrug er noch 41,2 Millionen Mark), dafür hat sich aber der Absatz nach Holland , Belgien , den skandinavischen Ländern, dem Orient und Kanada be- deutend vermehrt. Die Berliner Konfektion rechnet damit, daß, wenn im nächsten Jahre der amerikanische Zolltarif revidiert wird, sich auch der Export nach Amerika wieder hebt. Während die Berliner Konfektion bei dem Exportgeschäft mit anderen Ländern nicht die früheren Umsätze erzielen konnte, nahm das Jnlandgeschäft in überraschender und un- geahnter Weise zu. Vor 25 Jahren, 1886, erzielte die Ber - liner Damenkonfektion Jahresumsätze, die sich auf zirka 96 Millionen Mark beliesen. Berlin fabrizierte 1886 6� Millionpn Mäntel, von denen das Inland 2 Millionen, das Ausland 4� Millionen konsumierte. Im Jahre 1916 be- standen in Berlin zirka 256 Engrosgeschäste, die einen Umsatz von 226 Millionen Mark erzielten und 49 666 Arbeiter und Arbeiterinnen beschäftigten, wogegen im Jahre 1886 etwa 17 666 Arbeiter und Arbeiterinnen in dieser Industrie be- schäftigt wurden. Diese Zahlen beweisen, welchen enormen Aufschwung die Berliner Danienkonfektion, trotz Verlust des Exportgeschäfts, genommen hat. Im Bericht der Aeltesten der Kaufmannschaft klagen die Unternehmer, daß sich der infolge der Zollschranken zurück- gegangene Export nur noch aufrecht erhalten läßt, weil er „auf den billigen Arbeitslöhnen basiert". Somit stützt sich heute die Damenkonfektion in der Hauptsache auf den in- l ä n d i s ch e n Markt, da die Länder, wohin sie heute noch exportiert, nicht als vollwertiger Ersatz für England und Amerika in Rechnung gestellt werden können. Wenn die Berliner Damenkonfektion auf den Export nach dem Auslande fast ganz verzichten mußte, so kann sie doch den ungeahnten und überraschenden Aufschwung des in- ländischen Marktes gebührend in Rechnung stellen. Die Er- höhung des jährlichen Umsatzes von 96 auf 226 Millionen Mark im Zeitraum von 25 Jahren läßt wahrlich nicht auf „schlechte Geschäfte" schließen. Das ergibt sich auch aus einer Lohnstatistik im Vergleich zum Umsatz, welche die Unter- nehmer während dieser Lohnbewegung aufgenommen haben, womit sie aber offenbar nichts anfangen können. Bisher haben sie wenigstens der Oeffentlichkeit keine Kenntnis davon gegeben. Für die günstige Lage der Berliner Damenkonfektion spricht aber noch ein weiteres Moment. Alle großen Kon- � fektionshäuser befinden sich in einer der teuersten Gegenden � Berlins . Nach den Untersuchungen von Schmoller betrug der Kaufpreis für den Quadratmeter Boden am Hausvogteiplatz, � dem Konfektionsviertel, im Jahre 1865, als die Konfektion � sich zu entwickeln begann. 72 bis 436 M.: im Jahre 1895 war er schon auf 1296 M. gestiegen. 1966 wurde in dieser Gegend ein Haus zum Preise von 1 166 666 M. an eine Konfektions- firma verkaust, dessen Wert sich im Vergleich zum Miets- erträgnis auf nicht mehr als 656 666 bis 766 666 M. belief. Zurzeit werden in dieser Gegend allgemein 36 666 bis 46 666 Mark für die Ouadratrute bezahlt, während für Eckgrund-> stücke 76 666 und in letzter Zeit in einem Falle sogar 86 666 Mark pro Ouadratrute bezahlt wurden. Das„Jahrbuch für Handel und Industrie" sngt hierzu, daß Paris derartlge Preise sogar in bester Bonlevardlage kaum aufzuweisen habe. Die Gehälter der Konfektionäre, das sind die technischen Leiter der Firmen, werden auf 18 666 bis 75 666 M. pro Jahr angegeben. Eine Organisation haben dre Unternehmer dieser Branche schon lange. Es gehören ihr nahezu alle Firmen an. Wenn auch diese Organisation nicht gegründet wurde, um in das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein- zugreisen(der Verband ist schon vor dem Jahre 1896 zur Wahrung der Handelsinteressen gegründet worden), so hat sie doch stets zu den Lohnstagcn Stellung genommen. Während der Verhandlungen über das Hausarbeitsgesetz, sowohl im Reichstage als in der Oeffentlichkeit, haben sich die Konfektionäre gegen die Lohnämter gewehrt. Es ist daher durchaus begreiflich— wenn auch nicht verständig—, daß die Unternehmer erklären, daß ein Lohntarif in dieser Branche technisch unmöglich sei. Beinahe sechs Monate haben die Berliner Zwischenmeister und eine Kommission der Damenkonfektionsschneider und-Schneiderinnen an einem Tarif gearbeitet, der nun den Konfektionären vorgelegt ist. In diesem Tarif ist festgelegt, was der Zwischenmeister von feiner Firma zu verlangen und was er wieder an die Arbeiter- schaft zu zahlen hat. Diesen Sachverständigen gegenüber be- haupten die Unternehmer, daß ein Tarif unmöglich sei. Ware der gute Wille bei ihnen vorhanden, so bestände die Möglich- keit. einen Tarif abzuschließen. Um nicht das Odium auf sich zu laden, jede Lohn- erhöhung abgelehnt zu haben, erklärten sie, bereit zu sein. „die Löhne aufzubessern, soweit sich eine Aufbesserung als nötig herausstellt". Daß eine Lohnaufbesserung in diesem Sinne keine Sicherstcllung für die Beschäftigten bedeutet, wenn kein Tarif zustande kam, liegt auf der Hand. Dem bestimmten Ver- langen nach einem Tarif stand die bestimmte Ablehnung der Unternehmer gegenüber. So lange kein Tarif besteht, lvird es möglich sein, daß für einen Damenrock an die Heim- orbeiterinnen 12� Pf. bezahlt wird, während der Zwischen- tneister hierfür, wie neuerdings festgestellt wurde, 22�2 Pf- erhält. Diese Löhne sind eine Folge der jetzigen Preis- festsetzung mit dem einzelnen Zwischenmeister. Es darf als ausgeschlossen bezeichnet werden, daß derartige Löhne in einem Tarif Aufnahme finden, daher ist der Tarif„technisch unmöglich". Wie man in der Konfektion Löhne festsetzt, geht aus einem Artikel des„Confectionairs" im September 1966 hervor, in welchem zunächst geschildert wird, daß die Reisenden zu billig verkaufen. Der Verlust wird nach dem „Confectionair" folgendermaßen geteilt: Es ist selbstverständlick, daß der Konfektionär, vor der Tat- fach« billigerer Verkäufe stehend, nach Mitteln und Wegen suchen muß, um den Verlust zum Teil von seinen Schultern abzu- wälzen.... Es wird also zum so und sovieltenmale das Kalkulationsbuch zur Hand genommen und schließlich beschlossen, die Arbeitslöhne und, wenn möglich, auch die Einrichtung des betreffenden Artikels herabzusetzen, zu„verschlimmbessern". Man glaube nicht, daß unsere Fabrikanten mit leichtem t erzen dazu übergehen, insbesondere widerstrebt eS ihnen, einen ruck auf die Schneider auszuüben. Was bleibt ihnen aber schließlich übrig? In einer hochnotpeinlichen Konserenz mit dem Kon- fektionär werden die Einzelheiten festgestellt; mag sich dieser auch noch so sehr gegen die geplanten Maßnahmen sträuben, das„G e- schäftsinteresse" wird und muß schließlich Sieger in diesem ungleichen Kampfe bleiben. Dem Konfektionär aber bleibt die traurige Pflicht, seinen Schneidern gegenüber die Preisreduktion, so gut es geht, plau- sibel zu machm D i e Anforderungen, die an die fertigePiecege st eilt w erden, bleibendiese Iben, der Schneider verdient eben weniger und muß sich noch mehr einschränken als bisher, eine Forderung, die in Anbetracht der täglich steigenden Preise für Lebensmittel und Mieten schier unerfüllbar i st." Unter diesen Umständen ist es begreiflich, daß die Ar- beiterschaft unbedingt einen Lohntarif verlangt. Soweit sich bisher übersehen läßt, steht die Sache der Arbeiterschaft durchaus günstig. Auch ist der Zeitpunkt für den Streik gut gewählt. Es kommt darauf an, die Herstellung der Muster für die Reise zu verhindern, und das gelingt bei der großen Ausdehnung des Streiks vollkommen. Die Zahl der streikenden Zwischenmesster betrug Sonnabendmittag 2866. Das heißt, daß vier Fünftel aller in der Damen- konfektion Beschäftigten am Streik beteiligt sind. Das„B. T." bringt in seinem Handelsteil eine Notiz, die an- scheinend dem Zwecke des Starkmachens der Großkonfektionäre dient. Es wird da ausgeführt, daß die jetzige Zeit für einen Streik die allergünstigste für die Unternehmer sei, weil bis nach Weih- nachten niemand cm Interesse daran habe, seine Läger zu kom- plettieven. Wie die Verhältnisse liegen, wissen die Arbeiter und Meister sowie ihre Organisationsvcrtretungen natürlich ganz genau. Ihre Taktik ist die beste, die sich denken läßt. Gewiß herrscht jetzt Arbeitslosigkeit, aber indem die Streikenden nun das Herausbringen von Mustern unterbinden, legen sie das ganze Geschäft für die nächste Saison lahm. Das bringt die Konfektionäre in die aller- ungünstigste Situation. Das ahnt auch der Artiklcr im„Tageblatt", er meint, wenn der Streik sich allerdings bis Ende Januar aus- dehnen sollte, dann würde es viele Zahlungsschwierigkeiten und Zusammenbrüche geben. Aber er tröstet sich: die Organisation der Heimorbeiter umfaßte höchstens ein Drittel der Branche, einem Ansturm von Zehntausenden würden die Kassen aus die Dauer nicht gewachsen sein.— Hier spricht wohl der Wunsch als Vater des Ge- dankens. Aber die Rechnung hat ein Loch. Hinter den Streikenden steht mit dem ganzen Gewicht seiner Macht der Zentralverband der Schneider und Schneiderinnen Deutschlands . Das zu übersehen, bedeutet einen gewaltigen Fehler in der Unternehmerrechnung. Die Herren können allen Unannehmlichkeiten leicht aus dem Wege gehen, sie brauchen sich ja nur mit den Arbeitern durch tarifliche Regelung der Arbeitsverhältnisse zu verständigen.— Oder spekulieren die Großkonfektionäre darauf, daß eine größere Anzahl der kleineren Konkurrenten bei dem Kampf über die Klinge springen muß und sie dann Ernte halten können? Sie behaupten allerdings, die Forderung der Arbeiter fei unerfüllbar, dazu wird aber im„83. T." bemerkt, daß die Berechtigung dieser Behauptung in manchen Kreisen der Branche nicht anerkannt werde. DaS läßt auf Mei- nungsverschiedenheiten schließen. Um so größer mag der Wunsch sein, die Arbeiter irre zu führen. Das bereits in unserer SonntagSnummer erwähnte Antwort- schreiben der Kommissionen der Meister und Arbeitnehmer an den Verband der Damenmäntelfabrikanten gibt Aufklärung üKr die Entwicklung der Lage und zeigt mit aller Deutlichkeit, wie unzu- treffend die Behauptungen der Konfektionäre sind. Es lautet wie folgt: „Indem wir das gefällige Schreiben vom LS. November bestätigen, beehren wir uns Ihnen folgendes zu erwidern: Der in Ihrem Schreiben erhobene Vorwurf, daß wir unsere Auftraggeber einseitig und nicht im Sinne der Verhandlungen unterrichtet haben, ist falsch. Sie können dies auS der Tatsache ersehen, daß wir Ihr Schreiben vom 19. November der erwähnten Versammlung unterbreitet haben und Ihre Darlegungen in unserer Resolution eingehend erörterten. In der gemeinsamen Sitzung haben wir nicht erklärt, daß wir uns ein anderes Mandat auSbitten wollten, sondern, daß wir Bericht erstatten und eventuell wieder weitere Verhandlungen nachsuchen würden. DaS können Sie aus dem Protokoll ersehen. Wenn Sie uns Vorhaltungen machen, daß wir Ihre Vor- schlüge nicht abgewartet haben, so gestatten wir uns, Sic daran zu erinnern, daß Serr Kommerzienrat Bamberg ausdrücklich in der gemeinsamen Sibung erklärte, daß Sie keine anderen Vor- schlage zu machen hätten; das sei vielmehr Sache der Arbeiter. Hiernach konnten wir doch nicht annehmen, daß Sie doch bereit seien, andere Vorschläge zu machen. Wir hatten also keine Aus- ficht, aus Vorschläge von Ihnen zu rechnen. Der Umstand, daß wir nur über den Tarif zu verhandeln beauftragt waren, konnte Sie an anderen Vorschlägen schon deshalb nicht hindern, weil wir Sie chierum ersucht haben und Sie es ablehnten, Vorschläge zu machen. Daß wir unserer Versammlung Vorschläge unterbreiteten, die auf den ferneren Gang der Tinge Einfluß ausüben sollten, ist doch kein Novum. Unsere Mitglifder sind daran gewöhnt, und er- folgt auch in anderen Verbänden die Vorbereitung von Beschlüssen in gleicher Weise. ES dürfte Ihnen dies auch bekannt sein. Ihre Klage darüber, daß wir Fabrikanten in unserer Ver- sammlung nicht geduldet haben, erledigen wir wohl am besten damit, indem wir Sie auf die von Ihnen abgehaltenen Versamm- lungen aufmerksam machen, wozu wir ja auch keinen Zutritt haben, um eine aufklärende Aussprache herbeizuführen. Es ist uns auch zum ersten Male vorgekommen, daß ein derartiges An- sinnen an uns gerichtet wurde. Wenn Sie aus dem Umstände, daß niemand gegen den Streik gesprochen hat, schließen, daß Gegner nicht zu Worte kamen, so bitten wir zu berücksichtigen, daß die Beschlußfassung einstimmig erfolgte. Hiernach sind wir bereit, die Verantwortung für unsere Hand- lungen zu tragen. Andere Vorschläge, als die von uns gemachten, können wir der Form nach nicht machen. Da Sie aber erklären, andere Vor- schläge mackien zu können, so ersuchen wir Sie» dieselben zu unserer Kenntnis zu bringen. Wir werden sie alsdann prüfen und Ihnen Nachricht von unserer weiteren Stellungnahme zukommen lassen. Ihrer gefälligen Rückantwort sehen wir entgegen.' So weit unS bekannt ist, haben die Konfektionär« bis jetzt n i ch f geantwortet. » Die Konfektionsschneider und-Schneiderinnen in Erf u r t er« klärten sich mit der Einführung eines Minimal-PreiL- und Lohn- tarifs für die gesamte Damenkonfektion einverstanden. Sie be, schlössen, keinerlei Streilarbeit für Berliner Firmen anzufertigen. Im PharuS-Berlag, einer Firma, die der Allgemeinheit durch Pläne und Wanderkarten bekannt ist, baben die Steindrucker die Arbeit eingestellt, da die Firma darauf bestand, Streikarbeit der Firma Schwenfegcr u. Co. drucken zu wollen. Die Lithographen in der Kartographie reichten ihre Kündigung ein. Die Firma ist für Lithographen und Steindrucker gesperrt. Verband der Lithographen und Steindrucker. Achtung, Tapezierer! Der Tarifkampf bei der Firma Rudolph H e r tz o g. Breitestraße, dauert unverändert fort. Da Angestellte der Firma über die Ursachen der Differenzen Unwahrheiten in die Welt setzen, um die Oeffentlichkeit zu täuschen, müffen auch wir die Oeffentlichkeit aufsuchen, um den wahren Sachverhalt festzustellen. Bei der allgemeinen Lohnbewegung im Frühjahr traten auch die Kollegen bei Hertzog mit Forderungen an die Firma, die— nach- dem dort die Kollegen kurze Zeit im Ausstand waren— zum Teil bewilligt wurden. Später kam dann zwischen den Unternehmern (Innung und Arbeitgeberschutzverband) einerseits und dem Verband der Tapezierer andererseits ein vierjähriger Tarifvertrag zu stände. Die in dem Vertrage festgelegten Bestimmungen waren und wurden bei Hertzog nicht erfüllt, so daß es langwieriger Verhandlungen in der Schlichtungskommission bedurfte, um die Tarifbestimmungen über Lohn, Akkorde und Spesen Geltung zu verschaffen. Als das noch nicht einmal erledigt war, lief bei der SchlichtungSkommission ein Schreiben— unterzeichnet von Herrn Rudolph Hertzog — ein, daß sein Vertreter den Auftrag habe, über die strittigen Lohn-, Spesen- und Akkordsätze weiter zu verhandeln, im übrigen aber der allgemeine Tarif von der Firma nicht an- erkannt werden könne. Da nun die Schlichtungskommission die Ueberzeugung hatte, daß es dieser Firma nicht um den Frieden zu tun war, sondern daß sie den krassen Herreiistandpunkt vertrat und für sich Sonderrechte in Anspruch nehmen wollte, beschloß die Koin- Mission— Unternehmer und Gehilfen— einstimmig, den Tapezierbetrieb der Firma Hertzog zu sperren. Als alle Mittel zum Frieden erschöpft waren, traten die Gehilfen in den Ausstand, s Die Firma erklärte am folgenden Sonnabend alle Kollegen für entlassen und ließ erklären, daß die eigene Werkstatt aufgelöst werden solle; selbst Gehilfen, die krank waren, wurden für entlassen erklärt. Zunächst übertrug nun die Firma anderen Unternehmern. die teils auch sonst für sie Arbeiten lieferten, die Arbeiten und suchte neue Unternehmer für sich zu gewinnen, so daß die SchlichtungSkonimisston beschloß, alle Firmen, die für Hertzog arbeiten, zu sperren. Mit dem Auflösen der eigenen Werkstatt war eS auch nichts; denn nun wurde versucht, durch Schreiben an einzelne Ausständige diese mit dem Köder eines AnstellungS- Vertrages zu fangen und sie zu Verrätern an den eigenen Kollegen zu mawen. Leider haben sich auch einige gefunden, die darauf eingingen. DaS Verhalten der Firnia ist um so merkwürdiger, als diese mit ihrem sozialen Empfinden nach außen prunkt. Hier, wo sie praktisch durch Anerkennung eine» Tarifvertrages dem sozialen Frieden dienen kann, versagen diese Grundsätze. Wenn zwei Kontrahenten einen Vertrag schließen, der dem sozialen Frieden diene» soll, haben auch beide Parteien sich den Vertragsbestimmungen zu fügen. Verbandsleitung der Tapezierer. Achtung, Töpfer! Wie wir auS der„Einigkeit" vom LS. November ersehen, hat sich der Töpfermeister Louis Müller dem Verein der Töpfer gegenüber verpflichtet, von nun ab den Tarif wieder zu be- zahlen und modern Organinerte zu beschäftigen. Somit ist auch für unS die Sperre gegenstandslos geworden. Gleichzeitig weisen wir darauf hin, daß die Firma Her» mann H a a s e wegen restierender Löhne gesperrt ist. Die VerbandSleiwng. Achtung, Metallarbeiter! Bei der am Sonntag stattgefundenen Wahl von sechs Angestellten sind die Kollegen Völkel, PeterS« dorf, Blanke, Jakob. Vollmer und Scharf gewählt. Deutscher Metallarbeilerverband. OrtSverwaltung Berlin . Dcutfdus Reick). Polizeiliche Streikbeendignng. In der Hafenmühle(I. F. Hildcbrandt) in Magdeburg stehen 197 Arbeiter seit dem Lv. November in Streik. Der Betrieb ist von tauglichen Arbeitskräften entblößt. Als Ersatz hat nun die Firma öS Hintzebrüder aus Hamburg erhalten, die unter starker polizeilicher Bedeckung ihrem Bestimmungsort zugeführt wurden. Da der Betriebsleitung das Strcikpostenstehdn nicht gefiel, kam sie auf den schlauen Gedanken, die Polizei davon zu überzeugen, daß ein Streik überhaupt nicht mehr besteht, dieser dann das weiter„Er- forderliche" überlassend. Und die Polizei machte sich wirklich diese Ansicht zueigen. Die Streikposten wurden fortgewiesen, und der Polizcikommiffar erklärte der Streikleitung:„Die Leute hätten ihre Entlassung bekommen und bestände für sie kein Streik mehr!" Auf eine Beschwerde an das Polizeipräsidium gab Polizeiinspektor Schmidt die gleiche Erklärung ab.— Einfach grandios für die Unternehmer, wenn es von ihnen und von der Polizei abhängen würde, einen Streik für beendigt zu erklären und jede Mitteilung über das Bestehen eines Streiks zu verhindern. Soweit sind wir denn doch noch nicht, und auch der Streik in der Hafenmühle in Magdeburg besteht weiter, trotz Polizei, bis die Firma zur Ein- ficht kommt. Aber hier zeigte sich auch noch weiter, daß die„nachgeordneten" Behörden von dem Bestehen des Reichsvereinsgesetzes noch keine Kenntnis zu haben scheinen, denn der Polizeiinspektor berief sich auch auf das alte preußische Vereinsgesetz vom 11. März 1859. Nach diesem Gesetz sei es unzulässig, die freie Willensbestimmung anderer, die arbeitswillig fein möchten, zu beeinflussen. Und eine Beeinflussung sei schon darin gelegen, wenn ein Streikposten auch nur zu jemand sage:„Hier besteht Streik." Achtung, Sckiiffßzimmerer! Auf der Schiffswerft des Kohlen- Magnaten und Reeders Friedländer in Glogau sind Diffe- renzen der Werftleitung mit den dort beschäftigten SchiffSziinmc- rern entstanden. Schlechte Behandlung und der Versuch, durch ungerechte Einteilung der Arbeitszeit und die damit verbundene Bevorzugung eines Teiles der Arbeiter eine Zersplitterung hervor- zurufen, hatten schon seit längerer Zeit Unzufriedenheit erzeugt. Als nun an fünf Arbeiter das Ansinnen gestellt wurde, für 28 Pf. Stundenlohn im Eisenschiffbau Lohndrücker zu spielen, und als dieses abgelehnt wuroe, wurden die Arbeiter entlassen. Nach Rück- spräche mit dem Ingenieur, der die Entlassung nicht rückgängig machte, erklärten sich sämtliche Arbeiter solidarisch und legten ein- mutig die Arbeit nieder. Vor Zuzug nach Glogau wird deshalb gewarnt. Die Differenzen in NuraS, Gr.-Döbern, Genthin und Ketzin sind ebenfalls noch nicht beigelegt. Eine Schadenersatzklage wegen einer Arbeitseinstellung. Am L8. September d. I. stellten die in ihrer Mehrzahl chriit» lich organisierten Straßenbahner in Saarbrücken die Arbeit ein. Der Streik verlief nach fünftägiger Dauer ergebnislos. Dieser Streik wird nun noch ein gerichtliches Nachspiel haben. Am 13. De- zember wird vor dem Landgericht Saarbrücken eine Schadenersatz- klage der Straßenbahngesellschaft für da» Saartal gegen 43 Straßen» bahner, die von t»er Gesellschaft nicht mehr eingestellt wurden, zur
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