Nr. 280. 28. ZahrgW.1. ßeiliijf des„Wmiirls" Kerlim WsdlRNsssssMas, 50. NttMw M.Keickstag.212. Sitzung vom Mittwoch, den 2!). November,mittags 1 Uhr.Am BundeSratStisch: Delbrück.Diezweite Beratung des HausarbeitsgesetzeStvird fortgesetzt, und zwar über den sozialdemokratischen Antrag be-treffs Einrichtung von Lohnämtern und des Kompromiß-anlrages, der die Einrichtung von Fachausschüssen verlangt.Abg. Dr. Fleischer(Z.): Der Abg. G ö h r e hat gestern an-erkannt, daß das«entrum in der Kommission sich redlichste Mühegegeben hat, um die Einfügung von Lohnämtern in den Entwurf.Trotzdem haben wir den sozialdemokratischen Antrag abgelehnt,weil nach ihm irgend welchen mißvergnügten Arbeitern selbstin Industrien, in denen die Löhne gut sind, schon das Recht gegebenwird, eine Festsetzung der Löhne durch das Gewerbegericht zu ver-langen. Aber weiter hat sich gezeigt, daß die Regierung unterleinen Umständen irgend einer Bestimmung zustimmen würde, welchedie Rechtsverbindlichkeit der Löhne ausspricht. Deshalb stehen wirvor der Frage, ob daran der Gesetzentwurf scheitern soll. HerrNaumann hat für seinen Antrag noch nicht einmal die Hälfteseiner Freunde gewonnen; wie kann er also uns vorwerfen, daß wirfür Lohnämter hier keine Mehrheit finden. Deshalb dasGesetz zu verwerfen, kann Herr Naumann sich leisten, nicht aber einegroße, sich ihrer Verantwortung bewußte Partei wie das Z e n t r u m.In den Fachausschüssen, die der Kompromißantrag enthält, wird dasPrinzip des Arbeitskammergesetzes gerettet, waS angesichts deSScheiterns des Arbeitskammergesetzes sehr wertvoll ist. HerrG ö h r e stellte es gestern so dar, als ob die Fachausschüsse gar' nichts wert seien. DaS ist eine Uebertreibung, vor der man sichbei sozialpolitischen Maßnahme» hüten sollte. Die Fachausschüssewerden zur Klarlegung der Verhälmisse viel beitragen und durchsie werden wir dann auch mit Hilfe der Regierung zueiner Regelung der Lohnfrage kommen. Wie die Sozialdemokratendie Bestimmungen über die Fachausschüsse als absolut wertlos,geradezu als Null bezeichnen, verstehe ich nicht; wir betrachten sieals einen halben Erfolg auf dem Gebiete der Regelung derLohnfrage und werden für diesen Teilerfolg eintreten, da wir denvollen Erfolg jetzt noch nicht erreichen können.(Bravo I im Zentrum.)Abg. Graf v. Carmer-Zicserwiy(k.): Wir lehnen jedeobligatorische Festsetzung von Minde st löhnenoder Minde st preisen mit gesetzlicher Bindung ab.Es muß der freien Vereinbarung der Parteien überlasten werden,die Löhne festzusetzen. Die Regierung darf sich da nichthineinmischen, sie hätte ja sonst eine doppelte Verantwortungsowohl für die Arbeitgeber wie für die Arbeitnehmer, die manihr nicht zumuten kann. Wenn man auf den Vorgang beim Kali-gesetz verweist, so habe ich damals dagegen gestimmt, auch lagen dortimmerhin besondere Verhälmisse vor. Wenn serner ein ähnlichesExperiment in England gemacht worden ist, so wird man erst ab-warten müssen, wie eS ausfällt. Viele HauSarbeiter machendie Heimarbeit nur im Nebenberuf, andere als Invalide.Da liegt es nahe, daß die Arbeitgeber für diese Arbeiter niedrigereLöhne festsetzen würden, und das wäre eine schwere Schädigung derElendesten unter den Heimarbeitern, für die wir sehr wohl ein Herzhaben. Gerade aus diesem Grunde wollen wir auch dieses Gesetzzum Schutze der Heimarbeiter nicht an dieser einen Bestimmungscheitern lassen und werden deshalb für den Kompromißantragstimmen. Wenn die geplanten Fachausschüsse die elendenLöhne gewisser Heimarbeiter publizieren. sowird schon da» zur Einschränkung solcher Schmutzkonkurrenzdienen, die durchaus im Interesse der Industrie selbst liegt.Wichtig ist, daß auch die Minderheit stet« das Recht hat, ihr ab-weichendes Votum dem Gutachten des Fachausschusses anzuhängen.Die Regierung sollte dafür sorgen, daß die Fachausschüsse sobaldwie möglich eingerichtet werden.(Bravo I rechts.)Abg. Evcrling(natl.): Die Arbeit aller bürgerlichen Parteienauf dem Gebiete des Heimarbeiterschutzes beweist, daß die Behaup-tung der Sozialdemokratie, sie allein trete wirklich tür Sozialreformein, zum mindesten eine große Selbsttäuschung, um nicht zu sagen,etne_ glatte G e s ch i ch t S f ä l s ch u n g ist. Die Bekämpfung derSchäden der Heimarbeit auf hygienischem Gebiet muß unterstütztwerden durch wirtschaftliche Förderung der Heimarbeiter. DaS ge-kleines feuiUeton.Der Bock als Gärtner. AuS London wird uns geschrieben:Eine skandalöse Ernennung des Lord Großkammerherrn(„LordChamberlain") hat das englische Schriftstellertum in große Auf-regung versetzt. Dieser Minister, der die Zensur über die inLondon aufgeführten Theaterstücke ausübt, hat eine Personzum Tbcaterzensor ernannt, die für diese» Amt ebenso gutoder schleckt patzt wie der Bock als Gärtner. Derneue Theaterzensor, der darüber wachen soll, daß inLondon kein Stück aufgeführt wird, das.gegen die guten Sittenund den Anstand verstößt', ist selbst als der Verfasser oder Be-arbeiter eines schlüpfrigen Machwerks bekannt, das vor einigenJahren hier aufgeführt wurde. DaS Stück trug den Titel.Da«liebe alte Karlchen' und der.Held' darin war ein Ehrenmann.dessen Hauptbeschäftigung darin bestand, mit den Frauen seiner intimenFreunde Beziehungen anzuknüpfen. Die anständige Londoner Presseließ den Verfasser damals ihren Unwillen deutlich merken. Und nochvor einem Jahre wies der bekannte dramatische Kritiker WilliamArcher, der englische Uebersetzer JbsenS, vor der Kommission, diedas herrschende Zcnsursystem untersuchen sollte, gerade auf dieses andas Zotenhafte grenzende Produkt unserer kapitalistischen Theater-industrie bin als ein Machiverk, vor dem der Zensor das Publikumschützen sollte.Aber diese Anregungen fielen auf steinigen Boden. Der LordChamberlain ist offenbar entschloffen, sein System, mit Hilfe dessenes ihm gelungen ist. Ibsen und andere große moderne Geisterjahrelang von der englischen Bühne auszuschließen, fortzusetzen.hierzu wäre der neue Zensor freilich der geeigneteMann. Denn in euicm Artikel, den er vor kurzem veröffentlichte,führte dieser Weise aus. daß die goldene Zeil des englischen Theatersdie Periode gewesen sei. in der Uebersetzungen der SardouschenStücke in London gegeben wurden. Moderne Stücke, die sich mitsittlichen Problemen befassen, meint er. seien für die Jugend ge-fährlich. Kein Wunder, wenn Bernhard Shaw auf die Nachricht vonder Ernennung des neuen Zensors hin ausrief:.DaS glaube ichnicht. Eher würde ich glauben, daß man den Erzbifchof von Canter-bury zum Scharfrichter ernannt hat.'Sckon ha» dieser empörende Vorfall zu öffentlichen Protest-kundgebuugen geführt. Im Savoy-Theater nahm daS Publikum aufAnregung des-rramcktikerS Barker eine Resolution an. in der dieErnennung des neuen Zensors als eine Schmach für die dramatischeKunst bezeichnet wurde.Vom Pariser Spiclzeugmarkt. Eine Veranstaltung, die inParis alljährlich beim Hcrannahei, der Weihnachtszeit abgehaltenwird und die Schaulust weiter Kreise auf sich zu lenken pflegt, istder.Concours Lepine", benannt nach dem Polizeipräsekten. Andieser Stelle finden sich alle Neuheiten des Spielzeugmorktes zu-fammcn, die darauf Anspruch machen, zum kommenden Fest beson-ders begehrt zu werden. Nach einer Zusammenstellung im„Kos-mos' ist die Fülle der Neuheiten in diesem Jahre besonders großgewesen. Auch die letzten Fortschritte der Technik sind dabei berüs-schieht wesentlich durch diese Vorlage. Die Mitarbeit an ihrwerden wir unS auch durch die draußen so hämische undhier so maßlos übertriebene Kritik der Sozialdemokraten nicht ver-drießen lassen. Die Einrichtung von Lohnämtern aber haltenwir nicht für zweckmäßig, Ihre llndnrchführbarkeit hat auchHerr V.Berlepsch anerkannt. Nur die vorübergehende ansnahms-weise Festsetzung von Mindestlöhnen hielt er für möglich. Wir treten'statt desse'i gleichfalls für die Einsetzung von Fachausschüssen ein.Herr G ö h r e nannte die Fachausschüsse taube Nüsse, Steine stattBrot, Worte, nichts als Worte. Dabei klammert er sich an ein Wort,an das Wort.Lohnamt'.£trr Göhre richtete auch einen Appellan die christliche Barmherzigkeit. Wie wird aber sonst die christlicheBarmherzigkeit von Ihren Blättern verspottet! Gerade zur Weih-n a ch t s z e i t, weun sich ein Strom christlicher Liebe und Barm-Herzigkeit über unser Volk ergießt, schreiben Ihre Blätter,.w i rwollen nicht Barmherzigkeit, sondern Gerechtig-keit'.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Mit diesem„Sehrrichtig!' verurteilen Sie das gestrige Auftreten GöhreS.(Lachenbei den Sozialdemokraten.) Hier handelt es sich um eine Fragedes Rechts und der Zweckmäßigkeit, und deshalb warder Appell Göhres ein Appell mit untauglichen Mitteln und amuntauglichen Ort.(Zuruf bei den Sozialdemokraten: am untaug-lichen Objekt I) DaS Gesetz wird eine schöne WeihnachtS-gäbe für das deutsche Volk sein.(Bravo I bei den Kompromiß-Parteien.)Abg. Manz(Vp.): Vor allem muß man die Beschäftigungs-Möglichkeit ins Auge fassen; was nutzt eine Erhöhung derLöhne, wenn dabei die Leute überhaupt nicht be-schäftigt werden. Herr Göhre hat unS das Lohnamt in jederWeise gepriesen! aber bewiesen ist damit gar nichts, ebensowenig mit seinem Appell an die christliche Barmherzigkeit.Bei solchen Fragen muß man nüchterne Geschäfts-l e u t e zu Rate ziehen. Mit Ihrem Antrage(zu denSozialdemokraten) ruinieren Sie die Hausindustrie. Und daswollen Sie ja auch.(Zuruf bei den Sozialdemokraten: N a u-mann.) Herr Schmidt sagte:„Eine solche Elendsindustrie sollman vernichten, ausmerzen.' Und was bieten Sie den Leuten dafür,daß die Hausindustrie vernichtet wird? Wenn Sie sagen, die Leutesollen in die Fabriken gehen, so klingt das wie Hohn; erst müßtenSie doch Fabriken errichten. Sie befürworten also eine geradezumörderifche Politik.(Zurufe bei den Sozialdemokraten.)Dr. Fleischer sprach von einem Zwiespalt in unsererPartei, von einer Fraktion Manz und einer FraktionNaumann. Spielarten gibt eS doch auch im Zentrum, Sie(zumZentrum) haben ja sogar Leute, die nicht mehr kandidieren wollen,weil sie es bei Ihnen nicht aushalten.(Heiterkeit.)�An den Fachausschüssen hätte Herr Göhre mit etwasmehr Liebe(Sehr gut! bei der Volkspartei.) wohl etwas Gutesfinden können. So haben sie den Abschluß von Lohnabkommen undTarifverträgen zu fördern. Das eröffnet doch ein weites Gebiet fürVerhandlungen; in diesen Rahmen kann man ein sehr schönesBild malen. Mit diesen kleinen Arbeitskammern koinmen wirwenigstens auf den Weg der Verhandlungen, und dabei kann auchdann die Frage geregelt werden, in welchem Zweige etwa die Löhnezu verbesfern find. Wenn Sie daS aber jetzt mit Gewalt machenwollen, so sägen Sie den Ast ab, auf dem die Hausarbeiter fitzen.(Bravo I bei den Kompromitzparteien.)Abg. Dr. Kolbe(Rp.): Herr Göhre erging fich gestern instarken Uebertreibungen. Warum wechfeln denn die Sozialdemo-kraten so sehr ihr Gesicht gegenüber ihrem Verhalten in den KomMissionen, wo sie ganz ruhige Mitarbeiter sind. Wo tragen siedenn nun eine Maske, hier oder in der Kommission? Der AppellGöhreS an die christliche Barmherzigkeit gegenüber Leuten, die mitgutem Willen einen anderen Weg gehen wollen, war ganz unan-gebracht und geradezu unfair, und unwürdig war die p h a r i s ä e r-hafte Ueberhebung, mit der Göhre die Sozialdemokratie alsden barmherzigen Samariter hinstellte und die anderen Parteien alssolche, die h a r t h e r z i g an dem Elend der Hausindustrie vorbeigehen. Solche leidenschaftlichen Ausbrüche des KlasfenhasseS findnicht angebracht.— Mit den Lohnämtern würde man inalte historische Rechteeingreifen, und die Regierung hat ganz recht, daß sie den Wegder Lohnfestsetzung mit rechtsverbindlicher Kraft nicht gehen will.Das Zentrum geht den klugen Weg des Erreichbaren.— DieSozialdemokraten weisen auf das Ausland, vor allem auf Englandhin. Aber bei unS liegen die Verhältnisse wesentlich anders undsichtigt worden, obgleich nicht in dem Grade, wie man eS nachden Sensationen namentlich der Flugschiffahrt hätte erwartenkönnen. Die einzige Konstruktion, die sich daran anlehnt, ist einsogenanntes Ailoplan, das eine Flugmaschine nach Art des Vogel-flugS vorführen fall. Der kleine Apparat fliegt durchaus wie einVogel, der sich auf feinen Flügeln erhebt und auf und ab steigt.Er durchmißt dabei eine Strecke, deren Länge von der Kraft desMotors abhängig ist, der einfach durch ein Bündel von Fäden ausgedrehtem Kautschuk gebildet wird. Dabei schlägt der künstlicheVogel ganz wie ein natürlicher mit den Flügeln.Außerdem war. eine große Zahl mechanischer Kleinigkeitenßu sehen. Da findet sich beispielsweise ein niedlicher Taucher, derin einer kleinen zylindrischen Büchse besteht, deren Oberseiteeine Reihe großer Ocfsnungen zeigt. In der Mitte ist ein Knopfangebracht. Wenn man diesen zwischen zwei Fingern dreht, sotaucht eine kleine Ente, die durch eins der Löcher an die Oberflächehinaufsieht, unter und kommt durch eine andere Oeffnung wiederzum Vorschein. Die Löcher sind mit Zahlen versehen, und eshandelt sich darum, die Ente nach dem Untertauchen an einerStelle wieder in die Höhe zu bringen, die mit einer befonders hohenZiffer ausgezeichnet ist. Hübsch ist auch ein kleiner Selbstfahrer,der auf einem Karren sitzt und sich weitcrbrwegt, indem er mit denHänden die Räder dreht. Noch ansehnlicher in seinen Leistungenist ein Junge, der mit der einen Hand einen Reifen schlägt,während er mit der anderen einen Spazierstock regiert, der dazubestimmt ist. ihn im, Gleichgewicht zu erhalten. Der Reifen istselbstverständlich an der Figur befestigt, dreht sich aber scheinbarunter ihren Schlägen. Eine ganze Arbcitergruppe führt ein drittesSpielzeug vor. Eine Person hackt den Boden auf, die zweiteschaufelt ihn auf eine Plattform, und die dritte schleudert denSand durch ein Sieb. In verbesserter Auflage zeigt sich einGymnastikcr. Daß Automobile in verschiedener Form, aus Equi-pogen sowie aus Lastwagen, nicht gefehlt haben, versteht sich bei-nahe von selbst. Außer den mechanischen Spielzeugen sind nochverschiedene Neuheiten aufgetaucht, die nur als Geduldsspiel zudienen bestimmt sind. Da ist beispielsweise ein neues Damespiel,das sich eines vergrößerten Bretts mit 80 Feldern bedient und vierSpieler gleichzeitig zuläßt. Die Felder find Mit vier verschiedenenFarben ausgezeichnet.Theater.Schiller-Theater O.:. Ma Skerade'. Schauspiel vonLfi d w i g Fulda. Das Stück, daS unter Paul Lindaus Direktion imDeutschen Theater aufgeführt wurde, richtet sich satirisch gegen dieheuchlerische zum guten Ton der sogenannten guten Gesellschaft gehörige Ehrbarkeitsmaskerade. Am Sprößling einer oberregierungs-rätlichen, kriecherisch brutalen, von SittlichkeitSphrasen triefendenStaatsstütze wird etwas theatralisch ein Exeinpel statuiert. Diearme Lehrerin, die den Licbesbeteuerungen des BürschchenS ein allzuwilliges Ohr lieh, findet in ihrem unehelichen, sich spät aus feinePflichten besinnenden gräflichen Vater einen wellkundigen Beschützer.Er bittet den ihm von früher bekannten Regierungsrat und Sohnzum Besuch. Sein Fräulein Tochter, die Komtesse, sei dem Assessorauf Gesellschaften begegnet und würde sich freuen, ihn wieder zu sehenRegierungsrats wittern vorteilhafte Heiratschancen, und auf Orderbesser, bei uns besteht daher nicht der Wunsch, die Hausindustriedurch Lohnämter zu beseitigen, und wir wollen alles tun, um siezu einem gesunden Glieds unserer Volkswirtschaft zu gestalten.(Bravo I rechts.)Abg. Behrens(Wirtsch. Vg.): Lohnämter halten wir für diegeeignetste Maßnahme, um eine wirksame Verbesserung derVerhältnisse, wo sie notwendig ist. durchzuführen. Aber inder Kommission sind wir damit nicht durchgedrungen. Wirhaben uns daher auf die Fachausschüsse zurückgezogen. Wir sindnicht schuld daran, daß die Lohnämter gefallen sind. Nach dembündigen Unannehmbar der Regierung ist es aber ausfichtsloS, siewieder hineinzubringen. Wollte man den Hausarbeitern wirklichhelfen, war es nach diesem Unannehmbar notwendig, sich mit dengrundsätzlichen Gegnern der Lohnämter zu verständigen. Dieherzlose Politik deS Alles oder Nichts derSozialdemokratie machen wir nicht mit. Die Fach-ausschüsse find auch keineswegs wertlos! sollten sie nicht ausreichen,so werden wir an ihrer Ansgestaltung mitarbeiten. Die Schwierig-leiten für die Lohnämter lagen hauptsächlich bei den zulünftigenVerbündeten der Sozialdemokraten, bei den Freisinnigen.Mögen die Sozialdemokraten im zukünftigen Großblockder Linken auf die Liberalen einwirken, daß sie mehr von dersozialen Gesinnung, die im Zentrum vorhanden ist, annehmen.(Bravo I rechts.)Abg. Enders(Vp.): Es ist nicht richtig, daß in der Heim-industrie Tarifverträge nicht abgeschloffen werden können, weil eineOrganisation nicht möglich ist bei der Heimindustrie. Tatsächlich gibtes auch in der Heimindustrie eine ganze Reihe Tarife. Die.Rechtsverbindlichkeil' hat in der unorganisierten Heimindustrie sehrwenig praktische Bedeutung. Es müßten dann hoheStrafen und eine scharfe Kontrolle eingeführt werden.Damit würden Sie freilich die Heimarbeit allen Beteiligten gründ-lich verekeln. Es kommen eine solche Unmenge von Artikeln jedesJahr neu in der Heimarbeit in Betracht, daß eine Preisfestsetzungg a n z u n m ö g l i ch ist. Die L o h n ä m t e r in A u st r a l i e nsind nicht für die Heimarbeit, die dort kaum existiert, sondern fürdie Fabrikbetriebe bestimmt. Für mich ist klar, daß daS ollmählicheVerschwinden der Heimarbeit in Australien eine Folge der Lohn-ämter ist; umsomehr bin ich gegen die Lohnämter. Die Er-fahrungen in England reichen noch nicht auS. Nur daseine steht fest, daß die Gewerkschaften in England w e s e n t-lich gefördert sind durch die Lohnämter.(Hört I hört I bei den Sozialdemokraten.) Es ist Leben gekommenin die toten Gebilde. Aber dasselbe wollen wir auch durch dieFachausschüsse: in eine unorganisierte Masse Ordnung bringen.(Bravo! bei den Freisinnigen.)Abg. Naumann(Vp.): Wir wollen mit unserem Antrag in denKompromißantrag den Gedanken der Lohnregulierung in der HauS-arbeit einfügen. Ohne diese Einfügung ist der Kompromißantragin der Tat weiße Salbe, praktisch unwirksam. In Fabrik-betriebSumgebung könnte das, was in diesem Antrag dem Arbeits-kammergesetz entnommen ist, wirksam sein, in der Heimindustriewerden sie daS nicht fein. Sie sind völlig kompetcnzlos, könnennur anregen und sind deshalb ebenso bedeutungslos wie dieArbeiterausschüffe großer Betriebe, die eben auch, weil sie keinensachlichen Lebenszweck haben, tote Gebilde bleiben. Erst von demTage an, wo die Fachausschüsse eine wirkliche Aufgabe wie die derLohnregulierung erhalten, wird das Interesse auf beidenSeiten für sie wach werden. Wenn wir auf dem Wege der Lohn-regulierung die Bezahlung steigern, so wird damit auch dieIntensität und Qualität der Arbeit st eigen. Esist viel schwieriger, für eine auf der untersten Stufe der LeistungS-fähigkeit stehende verarmte Industrie Arbeit zu schaffen! das wissenalle Beteiligten. Haben doch die Unternehmer vielfach selbst dieUnter st ützung der Gewerkschaften aufgerufen zurBekämpfung der Schmutzkonkurrenz. Wir fürchten ja auch die Kon-kurrenz der Länder mit höheren Löhnen viel mehr als die andererLänder. In dem praktischen England sind die Lohnämtermit allen gegen 2 Stimmen angenommen, dagegen haben nur ge-stimmt zwei Theoretiker, ein liberaler Freihändler und ein Sozialist.Ebenso haben sich in dem alten Zöllnerland Oesterreich die Lohn-ämter als durchführbar erwiesen. Nur in Deutschland ist die Re-gierung auS Prinzip dagegen. Dabei soll ja gar nicht der Staatdie Löhne festsetzen, sondern das soll durch eine Ver-einbarung der beteiligten Parteien geschehen.Der staatliche Einfluß liefert nur den Rahmen derdeS alten Strebers muß der junge seinem Verhältnis sofort denAbschiedsbrief schreiben. Tableau, als die Gekündigte ihm alsKomtesse gegenübertritt. Sie jagt ihn fort. Doch er kommtwieder, macht mit großem Pathos seinen Heiratsantrag und ver-schwindet erst, als sie ihm mitteilt, daß sie die ihr versprocheneAdoption und das väterliche Vermögen nicht anzunehmen denke.Die Aufnahme war bei temperamentvoll frischer Darstellung(ElseW a s a spielte daS aufrechte Mädchen, N o a ck den verlogen,korrekten RegierungSrat, K ö st l i n den hoffnungsvollen Sohn) sehrfreundlich._ dt.Notizen.---»Die Schule der Zukunft' ist das Thema, daS derBerliner Goethebund Sonntag, mittags 12 Uhr, imBlüthnersaal durch Wilhelm Ostwald. Wilhelm Bölsche, JosephPetzold, Georg Wyneken, Johannes TewS und Alfred Klaar behandelnläßt. Die Versammlung ist öffentlich.— Die L e i b l- S a m m l u n g in Köln. Die Stadtver«ordneten von Köln beschlossen den Erwerb der Seegerschen SammlungLeiblscher Bilder für den KauftneiS von 1050 000 M. Eine Privatsammlung hat bereits 332 000 M. davon aufgebracht. Die Samin-lung soll im Wallraf-Richartz-Museum untergebracht werden.— Diewunderbare Sammlung wird also Berlin verlassen. Ihr bisherigerBesitzer, der in Leibis letzten Jahren viele seiner Bilder(im Vor-kaussrecht) erwarb, hat eine glückliche Spekulation damit betrieben.Das sogenannte Mäcenatcntum ist heutzutage zumeist kühle Be-rechnung und oft ein glänzendes Geschäft.— H e r i n g S s e g e n. Die englische Heringsfischerei an derOstküste Englands hat trotz deS Rückganges der Heringsindustrie indiesem Herbste einen einzigartigen Rekord aufgestellt. In Aarmouthund in Lowestoft sind seit der Eröffnung der Heringssaison imSeptember insgesamt nicht weniger als 854 Millionen Heringe ansLand gebracht worden. Die höchste Zahl, die bisher erreichtworden war, betrug im Jahre 1907 für die ganze Saison, die biszu Weihnachten dauert, 620 Millionen. In diesem Jahre sind bisjetzt allein in Uarmouth 530 Millionen eingebracht worden und da-mit bleibt Darmouth der größte Heringshafen der Welt.— Drei unfehlbareMittel gegen dieCholera.DaS ottomanische Volk ist vielleicht das nnwissendste der Welt, dieungebildeten Türken haben, wenn sie krank sind, nicht das geringsteVertrauen zu ihren Aerzten und nehmen ihre Zuflucht lieber zu ihrenPriestern. DaS Schlimme ist nun. daß diese Priester alles Erdenk-liche tun, um da« Volk in seiner fanatischen Unwissenheit zu be-stärken. Ein Konstantmopeler Mitarbeiter des„Lancet' berichtet,daß während der letzten� türkischen Choleraepidemie die Ulemas inden Moscheen ein merkwürdiges Manifest aushängen ließen. Eszählte drei unfehlbare Mittel gegen die schreckliche Krankheit auf,und zwar: 1. man trage am Halse ein Achatsteinchen und auf derBrust ein Stückchen Koralle; 2.»ian trage in der Tasche einenKnochen vom Leichnam eines unschuldigen Kindes; 3. da die Choleravom Monde zu uns kommt, trinke man, wenn der Planet Mars sichin aufsteigender Phase befindet, Lorbeerabkochungen, alldieweil Marsder erbittertste Femd des Mondes ist.