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liberalen gewesen, der bekannte großindustrielle General- sekretär Dr. Beumer hat ihn lange Jahre im Reichs- tage vertreten. Den reichstreuen Arbeiter Jung soll jetzt der Nation alliberale Dr. Hugo Boettger ablösen. Dr. Boettger legte früher Wert darauf, als Linksliberaler zu gelten. Im Jahre 19l)3 verdrängte er mit Hilfe der Linksliberalen Diederich Hahn  . Dr. Boettger hat sich seitdem gewaltig nach rechts entwickelt. Die Großindustriellen dürf- ten darin nicht falsch kalkuliert haben, daß Dr. Boettger an sich heute ein durchaus ebenbürtiger Nachfolger des scharf- macherischen Dr. Beumer sein könnte. Viel Glück dürften die Nationalliberalen allerdings mit ihrem Kandidaten bei den Arbeitern nicht haben. Das Zentrum ist sich anscheinend über die Person seines Kandidaten noch nicht völlig einig. Im Jahre 1907 kandi« dierte in Duisburg   fiir das Zentrum der berüchtigte Arbeiter- sekretär. Landtagsabgeordneter Gronowski- Dortmund. Er soll auf eine Wiederaufstellung verzichtet haben. Als sein Nachfolger wurde zunächst der frühere Bochumer   Zentrums- kandidat Gewerkschaftssekretär K l o st- Assen genannt, in Wirklichkeit soll aber für das Zentrum der Oberpostsekretär Altekotte kandidieren. Diese Kandidatur wäre insofern bezeichnend, als mit Gronowski dann neben Efferts und Klost, der dritte Zentrums-Arbeiterkandidat im engeren Jndustriebezirk ausgeschaltet wäre. Damit auch das komische Moment im Wahlkampf in Duisburg   nicht fehle, haben die Konservativen, Deutschsozialen und Christlich  - sozialen den Feldmarschall Grafen Haeseler als Kandidaten aufgestellt, der sich für den Fall seiner Wahl vor- behalten hat, sich im Reichstag keiner politischen Partei anzu- schließen, sondernsein allen Deutschen   bekanntes nationales Programm" zu vertreten. Graf Haeseler   wird schiverlich in die Verlegenheit kommen, seinnationales Programm" im Reichstag   vertreten zu müssen: seine Kandidatur ist nichts anderes als eine glatte Durchfallskandidatur. Schließlich wird auch bei der diesmaligen Wahl der Kandidat der Hirsch-Dunckerschen nicht fehlen, denn als fünfter Bewerber um das Mandat kandidiert noch der Vorsitzende des Hirsch- Dunckerschen Gewerkvereins der Bergarbeiter, Friedrich Schmidt. Unsere Genossen werden im Wahlkreis Duisburg- Mülheim einen schweren Stand haben, aber sie werden alles aufbieten, um die gewonnene Position in Ehren zu behaupten. Die Kreise des weiteren rhcinisch-westfälischen Industrie- bezirks sollen im zweiten Artikel besprochen werden. Ikolsilo�li? als SamnKlIiandidat. Die reaktionären Parteien, die im Wahlkreise Bielefeld  - Wiedenbrück als ihren gemeinsamen Sammelkandidaten den Grafen Posadowskp aufgestellt haben, erleben an ihrem Kandi- baten wenig Freude: denn anstatt in der Rolle eines patenten Diplomaten über die Differenzen zwischen Konservativen, Klerikalen und Rechtsnationalliberalen hinwegzusehen und als Patriot reichsparteilicher Kouleur über den Schutz der so- genannten nationalen Interessen, die Einmischung des perfiden Albion in die ausländische Politik Deutschlands   und über die Notwendigkeit eines Zusammenschlusses der bürgerlichen Par- teien gegen den i n n e r e n Feind zu reden, kramt Gras Posa- dowsky alte Reminiszenzen aus seiner Amtszeit aus, und gibt über einzelne damalige politische Handlungen derselben Par- teien, die ihn als ihren gemeinsamen Kandidaten aufgestellt haben, so abfällige Urteile ab, daß es den Führern dieser Parteien recht schioül werden muß. Schon in seiner ersten Rede hatte sich Graf Posadowsky   allerlei Abweichungen von dem Schema patriotischer Sammelkandidaten-Reden erlaubt, seine am Donnerstag in Gütersloh   gehaltene Rede ist jedoch in dieser Hinsicht noch weiteigenbrödlerischer" und origi- neller. So ist z. B. Graf Posadowsky mit der konservativ-zen- trumsparteilichen Schutzzollpolitik gar nicht einverstanden. sondern vertritt vielmehr die Anschauungen der Caprivi- schen Handelspolitik. Nach dem ausführlichen Be- richt der in Oelde   erscheinendenGlocke" erklärte er: Das Wichtigste, was den neuen Reichstag beschäftigen wird, sind die neuen Handelsverträge. Nachdem ich in Bielefeld   bereits über die Technik eines Handelsvertrages gesprochen habe, möchte ich hier noch zwei Gesichtspunkte hervorheben. Wir stehen vor dem Abschluß neuer Handelsverträge mit unseren beiden größten Konkurrenten, mit England und Amerika  , mit denen in ein gutes Handelsvertrags- Verhältnis zu gelangen, für unsere Industrie von außerordent- licher Wichtigkeit ist. Deutschland   kann heute ohne mächtige Industrie nicht mehr bestehen. Die deutsche Scholle ist nicht mehr imstande, unser Volk von 64 Millionen allein zu ernähren. Wir müssen vielmehr Lebensmittel einführen und die Einfuhr bezahlen mit den Waren, die wir an das Ausland verkaufen. Caprivi hat unsere Lage einmal sehr treffend gekennzeichnet mit den Worten:Wenn wir keine Waren ausführen, müssen wir Menschen ausführen." Also wenn wir nicht Waren ausführen und mit dem Gelde, das uns vom Ausland dafür gezahlt wird, unsere zuwachsende Bevölkerung ernähren, so müssen unsere Stammesbrüder scharenweise fremde Länder aufsuchen, um sich dort eine Existenz zu schaffen. Zeitweise sind schon 100 000 Deutsche   in einem Jahre ausgewandert. Bis jetzt aber ist der Mensch noch das Wertvollste, was die Nationen besitzen, und wir haben die Pflicht, den Bevölkerungsüberschuß u n s zu erhalten und deutsch   zu erhalten l(Lebhaftes Bravo!) Amerika hat den Toppcl- tarif. Wer diesem Lande nicht allgemein die Meistbegünstigung gewährt, der wird mit einemStrafzoll" belegt, der 25 Proz. und mehr vom Wert der Ware ausmacht. Der Zoll auf feine Damentuche beträgt sogar 80 Proz. des Wertes! Da wir Amerika  nicht allgemein die Meistbegünstigung gewähren konnten, haben wir mit ihm einen Bertrag abgeschlossen, auf Grund dessen Amerika   uns für eine Reihe von Artikeln den Mindestzoll ein- geräumt hat, wofür wir von verschiedenen amerikanischen   Ein- fuhrartikeln nur die ermäßigten Zollsätze erheben. Wir können Amerika   nicht leicht an die Nieren gehen, weil wir mehrere wichtig« Einfuhrartikel aus Amerika   notwendig gebrauchen: Tabak. Baumwolle uno Kupfer. Als ich damals die Verhandlungen mit Amerika   führte, wurde ich allzu großer Schwäche beschuldigt. Ich solle es ruhig auf einen Zollkrieg mit den Bereinigten Staaten ankommen lassen,' hieß es da in der Presse. Ja. meine Herren, einen Zoll- krieg anfangen daS kann mein ktanzlridiener auch. Schwieriger aber war es, die Verhandlungen so zu führen, daß wir mit Amerika   zolltariflich auf eine«, erträglichen Fuße blieben. Mit Freuden würden andere Länder, namentlich Eng- land, es gesehen haben, wenn es zwischen uns und Amerika   zu einem Zollkrieg gekommen wäre.(Sehr richtig!) Die Politik ist die Kunst des Möglichen� nicht de» Idealen] Auch an den politischen Sitten der Negierenden in Deutschland   hatte Graf Posadowsky manches auszusetzen: vor allem an ihrer Intoleranz gegenüber dem politischen Gegner. Er sagte: Wir haben den Parlamentarismus erst seit 50 Jahren, England schon seit 600 Jahren. Wir vertiefen uns viel zu sehr in Kleinigkeiten und gehen an manchmal wichtigen, wenn auch trockenen Fragen der Handels- und Finanzpolitik achtlos vor- über. In England ist man in dieser Beziehung viel weiter. Während bei uns aus verschiedenen politischen Ansichten ein ge- sellschaftlicher Gegensatz entsteht, spielen die politischen Gegen- sätze in England gesellschaftlich gar keine Rolle. Ich kann Ihnen da eine lehrreiche Geschichte erzählen. Als in England der heftigste Wahlkampf tobte um die Reform des Oberhauses, wohnte der Führer der Konservativen, Lord Roseberh. als Gast im Hause des radikalen Ministerpräsidenten ASguith! Können Sie sich denken, daß etwa bei uns Eugen Richter   als Mini st erpräsident, wenn das Parlament wegen eines Zwistes der Liberalen mit den Konservativen aufgelöst worden wäre, die Zeit des Wahlkampfes im Hause des Herrn von O l d e n b u r g. Jan u s ch a u oder bei Herrn v. Heydebrand v-rbracht hätte?(Stürmische Heiterkeit.) In England ist man der Ansicht, daß jeder ehren- hafte Mann die Ansicht vertritt, die er hat, und daß das auf das gesellschaftliche Leben nicht abfärben darf. Der Ansicht bin ich auch. Ferner sprach Posadowsky   auch was dem Bund der Landwirte besondere Schmerzen bereiten dürfte gegen das Börsengesetz: Vor allem soll man nicht solche Gesetze machen wie das erste Börsengesetz. Dieses Gesetz war meines ErachtenS ein schwerer Fehler. Die Börse ist ein für unsere finanziellen Interessen und sogar für unsere finanzielle Mobilmachung un- geheuer wichtiges Institut. Darauf gebe ich Ihnen mein Wort. Die Regierung kann der Börse keine Fesseln anlegen, um die größten Toren vor Schaden zu bewahren. Leute, die von der Börse soviel verstehen wie die Kuh von der Muskatnuß, sollten ihre Finger herunterlassen von der Börsenspekulation! Solche Leute kann man durch Gesetze nicht schützen. Wir haben allmählich über- Haupt zu viel Gesetze. Ein Verwaltungsbeamter, der sich heute die Kenntnis von allen Gesetzen und ihren AuZführungs- bestimmungen verschaffen wollte, müßte verkommen am Schreib- tisch wie jener Förster, der soviel Tabellen machen mußte, daß ihm währenddes der Wald gestohlen wurde. Besonders aber dürften die Ansichten des Grasen Posa- dowsky über die Sozialdemokratie und über die Zuchthausvorlage interessieren: Von der Sozialdemokratie, die ich in 14jährigem Kampfe kennen gelernt habe, halte ich eS nicht für sehr ge- schmackvoll. daß ihre Presse jetzt zur Bekämpfung meiner Kan- didawr auf Ereignisse zurückkommt, die 14 Jahre zurückliegen und außerdem vollständig verschoben dargestellt werden. Ich komme darauf noch zurück. Die sozial- demokratische Partei hat unzweifelhaft viele, durch eine Art Zuchtwahl aus der großen Masse geholte gescheite Köpfe und gute Redner, die mit so gewaltigem Fleiß und solchem Verständ- nis einzelne Fragen studiert haben wie ich es mir nur wünschen möchte bei Rednern, die meiner politischen Auffassung näher stehen. Aber eins fehlt den Sozialdemokraten: Die geschichtliche An- schauung der Dinge. Man kann nicht einen Staat wie aus einer Spielschachtel aufbauen, man kann ihn nicht theoretisch kon- struieren. Eine heilsame Wirkung übt nach meiner Erfahrung die Betätigung in öffentlichen Aemtern auf die Sozialdemokraten aus. Da sehen sie mit der Zeit ein, daß mit allerlei Schwierig- leiten, mit vorhandenen Verhältnissen gerechnet werden mutz, und schließlich machen sie dasselbe wie wir: Sie kochen auch Kartoffeln mit Wasser!(Stürmische Heiterkeit.! Welcher Unterschied zwischen sozialdemokratischer Theorie und Praxis besteht, haben uns in Frankreich   die sozialistischen  Minister Millerand   und Briand   gezeigt, die. als ihre Gesin- nungSgenossen bei den großen Ausständen Leben und Eigentum ihrer Mitbürger bedrohten, mit energischen Maßregeln gegen sie vorgingen. In Bielefeld   wurde mir vorgestern abend zugerufen: Zucht- hauSvorlag«! und in den sozialdemokratischen Zeitungen nennt man mich den Bater des Zuchtbausgesetzes. Diese Vorwürfe sind absolut und tatsächlich unrichtig! Fürst Hohenlohe hat bekanntlich Memoiren hinterlassen. Ich bedaure, daß er über den Abschnitt seines Zwsammenarbeitens mit mir. alS jener Gesetzentwurf entstand, keine Aufzeichnungen gemacht hat, sonst würde vielleicht heute Klarheit darüber herrschen. Als ehemaliger Beamter halte ich mich noch immer an die Ehren- Pflicht der Amtsverschwiegenheit gebunden, aber soviel kann ich sagen, daß der Gesetzentwurf zum Schutze der Arbeitswilligen, das Zuchthausstrafe vorsah für den Fall, daß durch absichtliche Streiks und durch Gewalt die äußere Sicherheit von Eigentum und Personen bedroht würde, durch die Hand deS Reichskanzlers, 10 preußischer Minister und der Vertreter von 26 deutschen  Staaten im Bundesrat gegangen ist. ehe es von mir ressort- mäßig vertreten wurde. Mich, der ich zufällig das Ressort hatte, denVater der Zuchthausvorlage" zu nennen, ist also nicht an- gängig. Inzwischen bin ich zu der Ansicht gekommen, daß alle Ausnahmegesetze vom Nebel find. Ich würde deshalb den Gesetzentwurf heute nicht mehr vertreten. Die reaktionären Parteien des Wahlkreises Bielefeld  haben sich nach diesen Redeproben einen ihnen recht unbe- quemen Sammelkandidaten ausgesucht. Vielleicht wünschen sie jetzt selbst, daß er nicht in den Reichstag   gewählt wird; denn wenn er dort ebenso undiplomatisch von der Leber weg redet, könnte das nicht nur den Reichsparteilern und Konservativen, andern auch den Herren Ministern, die heute die Geschäfte sichren, manche Verdauungsstörungen bereiten. ver Krieg. Die italienische   Offensive in Tripolis  Tripolis, 2. Dezember.  (Meldung der Agenzia Stefani.) Gestern vormittag gingen ein Bataillon des B2. Infanterieregi­ments, ein Alpenjägerbataillon, das IS. und 33. Bataillon der Bcrfaglieri und die 2. Pionierkonrpagme vom rechten Flügel der italienischen   Ostfront aus vor, um die Frontlinie in der Richtung auf daS kleine Fort Mcssri vorzuschieben. Gegenüber standen be» trächtliche Abteilungen türkischer Linientruppen und Araber. Nach hinreichender Beschießung der feindlichen Stellung durch Jnfan- terie und Gebirgsbatterien rückten die Truppen zum Angriff vor und nahmen die bezeichnete Stellung mit dem Bajonett. Die Artillerie verfolgte den in Unordnung sich zurückziehenden Feind mit ihrem Feuer. Nach Besetzung der bezeichneten Stellung bei Messri begannen Jnfanterieabteilungen und Pioniere sofort, sie zu verstärken und das Schußfeld freizumachen. Die Verluste der Italiener betrugen acht Tote und siebzehn Verwundete; die der Gegner konnten nicht genau festgestellt werden, müssen aber sehr erheblich gewesen sein. Am frühen Nachmittag verfeuerte derCarlo Alberto  " auf eine Abteilung von etwa hundert Arabern, die auf dem äußerst�» linken Flügel gedeckt hinter einer Mauer standen, zwei Granaten mit großer Sprengladung. Beide Geschosse trafen so genau, daß die Mauer und die Araber in einer Staubwolke verschwanden. Gegen 3 Uhr nachmittag feuerte derCarlo Alberto  " auf Zeichen des Drachenballons gegen Fornaci. Nach wenigen wirkungsvollen Schüssen beobachtete man vom Drachenballon, wie sich zwei türkische Kolonnen in Hast nach dem Innern der Oase zurückzogen. Durch Flieger wurde am Vormittag festgestellt, daß die Gegend bei Zanzur fast und die Straße nach Azizie gänzlich frei vom Feinde war. Attentat ans einen französischen   Kriegsberichterstatter. Tripolis  , 2. Dezember.  (Meldung der Agenzia Stefani.) Als der Be r i ch t e r st a i t e r desT e m p s", Jean C a r r e r e. gestern nacht nach Hause zurückkehrte, wurde er verräterisch an- gefallen und in der Schulter, dicht am Halse, von einem Dolchstich verwundet; edlere Organe wurden von der Wasfe nicht berührt. Der Täter entfloh. Die Ermittelungen gestalten sich schwierig, da Carrere keine Personalbeschreibung geben kann. Es wird ver- mutet, daß der Mörder in den Reihen der Jungtürken  (?) zu suchen ist. Carrere(der sich fast als einziger der fremden Kriegs- berichterstattcr mit dem italienischen   Oberkommando sehr gut stand. D. Red. d.V.") und der französische   51onsul hatten bereits Drohbriefe in französischer Sprache erhalten, bedauerlicherweise aber die Behörden nicht benachrichtigt. Heute morgen um 6 Uhr war der Zustand des Verletzten gut und ohne Fieber. Eine türkische Anleihe. Konstantinopel  , 2. Dezember.  (Meldung des Wiener K. K. Telegr.-Korresp.-Bureaus.) Dem Vernehmen nach hat der Finanz- minister auf Beschluß des Ministerrates Verhandlungen mit der Banque Ottomane   wegen Vorschusses von zwei Mil- lionen Pfund gegen Schatzbonds eingeleitet. Die Summe soll zur Deckung des Defizits des laufenden Finanzjahres dienen. Da die von der Bank gestellten Bedingungen nicht angenommen wur- den, ist Direktor Rcvoil nach Paris   gereift, um andere Bedingungen festzustellen. Sie Revolution in Clssna. Ranking in den Händen der Revolutionäre Schanghai, 2. Dezember.  (Meldung des Reutcrschen Bureaus.) Nanking ist gefallen und von den Revolutionären besetzt worden. Russische   Mastnahmen. Petersburg, 2. Dezember. Wie Rietsch meldet, werden die russischen ausgedienten Mannschaften im fernen Osten wegen der Wirren in China   nach Ablauf ihrer Dienstzeit noch bei den Fahnen zurückgehalten. Die Revolution und die europäische   Textilindustrie. New D-rk. 2. Dezember.New Dork Herald" meldet ans Hongkong  : Die Firma Alexander Roß u. Co. sowie bedeutende .Importeure von Wollstoffen warnen die e u r o p ä i s ch e n F a b r ,-» kanten und Exporteure in einem Bericht, der heute ver» vffentlicht wird, zur größte» Vorsicht bei der Herstellung von Waren und Mustern für den chinesische» Markt. Die chinesischen Händler hätten ihre Ansichten in bezug auf die bisher gebräuchlichen Qualitäten vollständig verändert. Als Resultat der' außergewöhnlichen Nachfrage für ausländische K 1 e i d u n g s» stücke, welche sich zweifellos infolge der Abschaffung der alten chinesischen Sitten eingestellt hat. wird sich der chinesische Markt für gesponnene Baumwollwaren und Fantasieartikel innerhalb sechs Monaten einer vollständigen Acnderung unierziehen. Dies bedeute, daß die herrlichsten gestickten Muster, welche so bekannt in China  waren, vollständig verschwinden und einfachen europäischen   Kleidungs- stücken Platz machen werden. Der hiesige Markt ist jetzt besonders lebhaft in Meton- und gesponnene Baumwollwaren. politische(leb er ficht. Berlin  , den 2. Dezember 1911. Auslegung der Wählerlisten für die Reichstagstvahl. DerReichsanzeiger" enthält folgende Bekanntmachung: Auf Grund des§ 8 des Wahlgesetzes für den Reichstag vom 31. Mai 1369 und deS§ 2 des Wahlreglements vom 28. Mai 1870, 28. April 1903 setze ich den Tag, an dem die Auslegung der Wählerlisten für die bevorstehenden ReichstagSneuwahlen zu beginnen hat, auf Donnerstag, den 14. Dezember d. I., hierdurch fest. Berlin  , den 30. November 1911. Ter Minister deS Innern. Von Dallwitz. Nach dein angezogenen§ 8 des Reichswahkgesetzes sind bekanntlich die Wählerlistenspätestens vier Wochen vor dem zur Wahl bestimmten Tage zu jedermanns Einsicht aus­zulegen". Da die Reichstagswahlen am 12. Januar statt- Inden   sollen, ist der 14. Dezember der äußerste Termin für den Beginn der Listenauslageu. Die Listen müssen mindestens acht Tage ansliegen. Einsprachen gegen die Listen sindbinnen acht Tagen nach Beginn der Auslegung" anzubringen. Tie Versicherung der Privntangestellten. Im Reichstag   wurde am Sonnabend zunächst das Gesetz über die Ausgabe kleiner Aktien in den Kon- ulargerichtsbezirken und in Kiautschou ohne wesentliche Debatte in dritter Lesung gegen die Sozialdemo- kratn und inigc andere Abgeordnete angenommen. Dann wurde die zweite Lesung des Gesetzes über die Ver- icherung für Privatangestellte fortgesetzt und ver- hältuismäßig rasch zu Ende geführt. Zunächst handelt es sich um die Frage, wie der Versicherungsträger gestaltet werden solle. Es ist dazu bestimmt, die in Berlin   zu errichtende Reichsversiche- rungSanstalt für Angestellte. Ihre Organe sind: 1. daS Direktorium, 2. der Verwaltungsrat, 3. die RentenauS- 'chüsse, 4. die Vertrauensmänner. Um die W a h l f r e i h e i t bei der Wahl der Vertreter zu sichern, verlangte die Sozialdemokratie geheime Abstimmung, doch wurde der Antrag abgelehnt. Ein anderer sozialdemokratischer Antrag verlangt, daß die Wähl- barkeit der Vertreter nicht auf die Männer be- ch r ä n k t wird. Molkenbuhr begründete diele Forderung mit dem Hinweis darauf, daß unter den Angestellten sich zahl- reiche Frauen befänden, und sie deshalb doch auch das Recht der Vertretung haben müßten. Auch der Einwand, daß man Frauen doch nicht richterliche Funktionen übertragen könnte, fei hinfällig, er fei schon in den Aerztekammern durchbrochen. Auch diese Be-