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Ar. 283. 28. Zllhrgnz. Z. ßfildit to Jarairts" ßcrlhift KIKMM parte!- Hngelegenbeiten* Sonlfagaitg. Zu meinem 70. Geburtstage am 20. November �nb mit aus Partei« und Freundeskreisen von nah und fern so zahl« reiche Beweise treuer Freundschaft und Liebe dargebracht worden, batz es mir schwer fällt, jedem einzelnen persönlich zu danken. Und so bitte ich alle diejenigen, denen ich nicht persönlich meinen Dank abstatten kann, denselben aus diesem Wege entgegenehmen zu wollen. Berlin , den 4. Dezember 1911. Karl Anders. Petersburger Viertel.(Wahlkreis Niederbarnim. j Heute Mittwoch abend treffen sich die Parteimitglieder in den Zahlabendlokalen zur Flugblattverbreitung. Keiner fehle. Der Viertelssührer. Tempelhof . Heute Mittwoch, abend« 8 Uhr. im.Wilhelms« garten', Berliner Stratze 9: Bolksversammlung. Vonrag des Genossen Redakteur Mermuth über:»Die Sünden des fchwarzblauen Blocks'. Diskussion. Steglitz . Heute Mittwoch, den 6. Dezember, im Birkenwäldchen: Oeffenlliche Versammlung. Referent ist Genosie Zu beil. Mariendorf . Am Sonnabend, den 9. Dezember, abends 7�/, Uhr, findet bei Preuh, Kurfücstenstr. 44, der diesjährige Elternabend statt. Billetts hierzu sind in den Bezirkslokalen und der den Bezirksführern zu haben. Groß Lichterfelde . Freitag, den 8. Dezember, abends 8'/, Uhr, im.Kaiierhof': Oeffenlliche Versammlung. Referent Dr. Julius M o i e S. Donnerstag, den 7. Dezember, abends 7 Uhr: Handzettel« Verbreitung von den bekannten Stellen aus. Kaulsdorf . Der am Dienstag, den 12. Dezember, stattfindenden öffentlichen Versammlung wegen findet der Zahlabend schon an diesem Freitag, den 8. Dezember, abends 8l/2 Uhr. bei Bobey statt. Es ist die unbedingte Pflicht eines jeden Genossen zu diesem Zahl« abend, der sich mit der Vertreilung der Arbeiten zu den Reichstags- Wahlen beschäftigen wird, zu erscheinen. Die Bezirksleitung. Schmargendorf . Morgen Donnerstag, den 7. Dezember, abends 8 Uhr, im»Icviitzenhaus', Hundekehlestr. 20: Oeffentliche Ver­sammlung. Tagesordnung: Reichstagsschtuß und neue Hoffnungen. Referent Genosse Kliisi. v a Wannsee.«m Sonnabend, den 9. Dezember, pünktlich 8 Uhr abends: Versammlung des Wahlverein» im.Fürstenhof'. Wichtige Tagesordnung. berliner Nacbricbten. Das große Los. Zu den wunderlichsten Einrichtungen des borussischen Klassenstaates zählt männiglich die Königlich Preußische Klassenlotterie. Sie verursacht die großartigsten Wirkungen auf die menschliche Phantasie, die zu den kühnsten Jkarusslügen gesteigert wird. Der ärmste Proletarier, der nichts hat, um seine Blöße zu decken, bis hinan zum reichsten Bourgeois, der vor Geld und Schlemmer- leben nicht mehr aus noch ein weiß alle, alle sind sie den Lockungen dieses, die mammonistiscfje Begierde aufpeitschenden Instituts versallen. Der Habenichts geht hin, um oft die allerletzten Blutsgroschcn zu opfern und putzt sich hernach die Nase, und der Protz greift übermütig ins goldgespickte Portemonnaie, um aus Jux ein Dutzend Doppelkronen zu verspielen und gewinnt so mir nichts dir nichts oft eine Ricsenjumme, die, in kleineren Portionen, noch zehntausend Arbeiterfamilien glücklich machen würde. Spiel des Zufalls nennen's die einen, trauriges Schicksal die anderen. Mit der Staatslotterie unzertrennlich sind die preußischen Lotterie-Geheimräte. Sie können nicht sterben, gleich dem Juden Ahasver . Einstmals, als sie jung an Jahren waren, hatte das deutsche Pfahlbürgertum sie noch in dem Verdacht, daß sie scheinbar im Sinne der Devise: Leben und leben lassen handelten. Ihr Lotterieziehungsplan hatte un- beschadet seiner höllischen Jmmoralitäten zunächst noch g e« w i n n e n d e Grundzüge. Heute weiß fast bereits jeder Säugling, daß man nur sicher gewinnt, wenn man das Geld im Beutel behält anstatt es in splendider Laune den preußischen Lotterie-Geheimrätchen für die staatliche Tetzel- kasse zu spendieren. Der Teufel müßte kein Beelzebub und die Lotterie kein Erzeugnis der Hölle sein, hätte sich aller Dinge Lauf ewig im gleichen Gleise bewegt. Es ist als ob ein Bosco, der Zauberer, nein, als ob auf Beschwörung der Geheimräte selbst die gottgewollte heilige Vorsehung rm Ziehungsrade ihr mysteriöses Wesen trieben. Der Hauptgewinn der preußischen Klasfenlottarie springt beinahe regelmäßig einen Tag vor einem kirchlichen Feste heraus. Die lotteriegeheimrätliche Rechenmaschine ist mit dem Altar, wenn auch nicht weiser, so doch spekulativer geworden. Der bisherige Ziehungsplan war etwas hinter dem Geiste des modern-kopitalistiscfyen Zeitalters zurückgeblieben; und deshalb empfahl sich dessen Umgestaltung. Seit Jahresfrist funktioniert nun diese Geburt aus Dreck und Feuer. Nicht schlechter, nein vorteilhafter sei die Gewinnchance durch dies neue System geworden, orakelten die Geheimräte nebst einer gewissen Sorte von Reklamereportern diverser Preß- organe, die um der lockenden Moneten willen ihren Abonnenten ein Loch in den Bauch reden. Natürlich ist der Ziehungs- modus weitbesser" geworden. Die meisten Spieler ge» Winnen rein gar nichts; wenige nur mit knapper Not die Einsätze. Und die Halbmillionengewinne-- Ach, soeben versetzt mir ein geheimrätlich kichernder Kobold einen sanften Nockenstoß:Pardon, Monsieur von so was spricht man nicht eininal unter Brüdern. Aber Sie sollen Ihr blaues Wunder bei der Schlußziehung der 223. Klasscnlotterie er- leben!" Sie hatte gerade begonnen; es war also anfangs November. Ich wartete nun der Dinge, die da kommen sollten. Laut amtlichen Kassibern, die usuell in den Spalten eines großen Lokalpapiers von Fall zu Fall aufziitauchcn pflegen, gleich den Schwimmvögeln, wenn sie, Kops unter Wasser, Steiß nach oben gerichtet. Fischfang betreiben, sollten ja stets Doppelgewinne beschert werden. Den Achtel- und Viertellosspielern allerdings nur die kleinen; den Ganz« und Halblosinhabern hingegen die großen und größten getreu dem Sinn einer Pfeffelschen Fabel, wonach der Große unter allen Umständen den Kleinen frißt... Woraus folgt: Bist du bereits Kapitalist, so kaufe dir ein Voll-, wenigstens Halblos, und du rückst in die Schar derer ein, für die Fünf- und Drei- hunderttauicndgewinne bestimmt sind. Ich wartete von Tag zu Tag. daß die angekündigte Bombe platze. Der preußische Bußtag schließlich der Totensonntag kamen, gingen; die Bombe platzte nicht. Beinah waren auch schon alle anderen namhafteren Gewinne gezogen noch inmier bruzzelte die besagte Extrawurst im Kessel. Nanu? Was war vorge- gangen? Nichts anderes als was früher stattgefunden. Wäh- rend die Lotterieplanmacher mit allen Fineffen eines schlauen Rechenhirns versicherten: eS gehe mit rechten Dingen zu, war Seine Eminenz, der Teufel wer anders auch ins Ziehungsrad gestiegen, um den Hauptgewinn nebst Prämie zu eskamotieren. Pfiffig, wie er schon als preußischer Staats- rat ist, legte er sie erst am Nachmittage des allerletzten Ziehungstages wieder in die Trommel zurück. Und siehe: sie kamen nun prompt hintereinander zum Vorschein. Göttliche Fügung! frohlocken die Bäffchen- und Talarmänner. Blinder Zufall! mauscheln die Lotteriegeheimrüte, die es ja wissen können. Keine Hexereil hohnlacht Satan, dem alle Hofräte kannibalisches Höllenvergnügen bereiten. Als ob sie nicht wissend in seinen Diensten stehen! Es war ja nur ein neuer mephistophelischer Gaunertrick. Bis auf einen iO 000er nebst ein paar Dutzend 3- oder 3000er, nicht zu rechnen die schäbigen Einsätze, waren schon alle großen Gewinne jen- seits der Lotteriegrenzpfähle. Und da sollten die beiden Aller- größten noch gottverlassen im Ziehungsrade verblieben sein? Kompletter Schwindel! Geruhig, du genasführtes Spieler- Volk, werde nicht obstinat gegen das heilige preußische Mandarinentum. Geldgeschäft und Teufel ziehen an einem Strang und dieser Galgenstrick heißt Preußen. Sondern packe den preußischen Lotterieteufel derb beim silbergestickten Geheimratskragen und schmeiße ihn auf den Kehrichthaufen, wo er längst hingehört._ Kirchendienst und Kindeeschutz. Die Erwerbsarbeit schulpflichtiger Kinder ganz zu unierdrücken, war von vornherein nicht die Absicht des Kinder- schutzgesetzeS, das leider in Halbheit stecken geblieben ist. Nur eine Einschränkung wurde für nötig gehalten, ein Verbot der ärgsten Mißbräuche, die in der Ausbeutung der Arbeitskrast deS Kindes sich herausgebildet hatten. In welchem Umfang aber selbst die nur mäßig einschränkenden Vorschriften dieses unzulänglichen Kinder- schutzgesetzes noch übertreten werden, das hat für Groß-Berlin die Kinders chutzkommission in emsiger Arbeit durch mühe- volle Feststellungen gezeigt. Wohl im Hinblick auf t-ie Ergebnisse dieser Tätigkeit der Kinders cbutzkommission hat kürzlich auch die Polizeibehörde öffent- lich durch die Presse darauf hingewissen, daß die Bestimmun- gen deS KinderschutzgesetzeS noch immer nicht ge- nügend bekannt feien. Sie hat im besonderen die Gesetzes- Vorschriften über die Beschäftigung von Kindern mit Austragen von Zeitungen, Gebäck usw. den Gewerbetreibenden wie den Eltern in Erinnerung gebracht und gleichzeitig sich erboten, sie durch die Polizeibureaus über die wesentlichsten Bestimmungen des Kinder- schutzgesetzes zu belehren. Dieser Eifer der Polizei verdient allen Dank, sie sollte aber ihre Aufklärungsarbeit nicht nur an Gewerbe- treibenden und Eltern versuchen. Die Kinderschutzlommission hat neuestens festgestellt, daß auch unter dem Schutz der Kirche ein sehr weitgehender Gebrauch von der Arbeitskraft schulpflichtiger .Kinder gemacht wird. E» wird zu prüfen sein, ob die Tätigkeit, die die Kinder da ausüben, mit den Bestimmungen des Kinder- schutzgesetzes in Einklang zu bringen ist. Vor mehreren Wochen wurde vor der F o f e f S k i r ch e in der Müller st raße bemerkt, daß dort am Sonntag s ch u l p f l i ch- tige Knaben den Kirchgängern ein Blättchen der- kauften, das sichMärkisches Kirchenblatt' nennt und mit ö Pf. pro Exemplar bezahlt werden mußte. Auf Befragen gab einer der Knaben an, daß sie diesen Handel mit Wissen und Willen des Küsters trieben, auch erzählte er, ein A n t e i l a m Erlös werde ihnen als Vergütung gewährt. Als dem Küster in persönlicher Unterredung gesagt wurde, daß diese Beschäftigung der Kinder unzulässig sei, antwortete er, das habe er nicht gewußt. Auch das wußte er so schien es nicht, daß ein regelrechter Verkauf statt- fand und die Jungen ihre Prozente bekamen. Er erklärte schließ- lich, vor anderen Kirchen werde dasselbe getrieben, doch solle es künftig vor der Josefskirche unterbleiben. Inzwischen haben weitere Beobachtungen ergeben, daß hier da» Blättchen zwar immer noch den Kirchgängern verkauft wird, aber jetzt nicht mehr von Kindern, sondern von einem Erwachsenen. Festgestellt ist aber auch, daß tatsächlich vor anderen Kirchen noch jetzt Kinder das Blättchen verkaufen. Vor der Liebfrauen- kirche in der Wrangelstraße standen am letzten Sonntag in der den Vorhof umgebenden offenen Halle zwei noch schul­pflichtige Knaben und verkauften da»Märkische Kirchen- blatt' für S Pf., sowie dieSonnwgsglocken' für 10 Pf. Die frierenden Jungen erzählten, schon seit 8 Uhr morgen» seien ste hier und bis 12 Uhr- mittag» hätten sie zu bleiben, dafür bekämen sie aber von jedem verkauften Blatt 1 Pf. ab. Auch in der polizeilich vorgeschriebenen Lodenschluß- zeit boten sie mit unvermindertem Eifer ihre Ware an und be- trieben weiter ihren Zeiwngshandel in aller Unschuld. Aehnliches konnte an demselben Sonntag bei der Sebastian- kirche auf dem Gortenplatz beobachtet werden. In den Vor- mittagstunden wurde hier mit demMärkischen Kirchenblatt" vor Beginn des Gottesdienstes und nach feinem Schluß gehandelt, und zwar teilweise gleichfalls noch innerhalb der Laden- schlußzeit. AIS nach%12 Uhr der Gottesdienst endete, stellten im Innern der Kirche an den Portalen sich Knaben auf. um heimgehenden Kirchenbesuchern da? Blättchen zu verkaufen. Daß das noch vor 12 Uhr geschah, wurde am Hanptportal einwandfrei durch einen Vorgong festgestellt, den wir besonders erwähnen wollen. Hier stand im Vorraum ein Kirchendiener, der mit einer Sammelbüchse milde Gaben einkassierte, und ein anscheinend noch schulpflichtiger Knabe, der das Blättchen verkaufte. Ein Käufer sagte, indem er dem Knaben seine S Pf. zahlte, zu dem dicht dabei stehenden Kirchendiener:..Es ist noch nicht 12 Uhr,"Nein, in sieben Minuienl" aniwortcte dieser, und eine sogleich danach vor- genommene Vergleichung mit der Uhr deS Kirchturms bestätigte diese Angabe. Es ist zweifellos, daß dieser ganze Handel, der in Vorräumen und auf Vorplätzen der Kirchen, auf kirchlichem Grund und Boden betrieben wird, die Billigung und Unterstützung kirch- licher Organe hat. Die Frage nach seinem Zweck wird wahr­scheinlich dahin beantwortet werden, daß man durch die Verbrei- tung der Blättchen die Religiosität fördern und somit den Jnter- essen der Kirche dienen wolle. Hat doch auch ein Polizeibeamter, der von dem Handel vor der Josefskirche in Kenntnis gesetzt wurde, beschwichtigend geantwortet:Das sind doch religiöse Blätterl" Der Verkauf spielt sich aber ganz in den Formen eines gewöhn» lichen Zeitungshandels ab. Ob der klingende Profit, der neben der Förderung der kirchlichen Interessen dabei noch abfällt, in die Tasche des Verlegers fließt oder teilweise auch der Kirche zugute kommt, das entzieht sich unserer Kenntnis und ist am Ende auch gleichgültig. Die Jungen, denen durch Vcrmitielung kirch­licher Organe ein Anteil am Profit gewährt wird, treiben Er- werbsarbeit, für die die Beachtung der gesetzlichen und polizeilichen Porschristen gefordert werden mutz. Viefleicht überlegt man sich mal an den zuständigen Stellen alle die Vorschriften, die für die Kinderarbeit, für den Zeitungs- Handel, für die Sonntagsruhe bestehen, und sucht sich über deren Tragweite klar zu werden. Kann ein Zeitungshandel, den Kinder am Sonntag in oder vor einer Kirche in vierstündigem Umher- stehen und auch während der Ladenschlußzeit betreiben, als zu- lässig angesehen werden? DaS Offenhalten der Geschäfte a« Heiligabend sollte naH Anordnung deS Polizeipräsidenten bis 4 Uhr nachmittags gestattet sein; es ist aber der Agitation einer Anzahl Gewerbetreibender ge- lungen, die Ladenschlußzeit zu verlängern; fie ist jetzt aus ö Uhr festgesetzt. Ein schwerer PootSunfall hat sich am Montag in der Nähe von Ober-Schöneweide abgespielt. Der 29jährige Bootsmann August Kergel, der einen Lastkahn von Erkner nach Berlin steuern sollte, wollte während der Fahrt das Segel herunterlassen. Das Haltetcm entglitt ihm jedoch und die Rahe sauste dem Schiffer auf den Kopf, so daß er besinnungslos zu Boden stürzte. Der Ver- unglückte, der einen Schädelbruch und Gehirnerschütterung davon- getragen hatte, wurde nach dem Augusta-Vikioria-KrankenhauS geschafft. Beim Rangieren schwer verunglückt ist am Moniagnachmiitag der Bahnarbeiter Mehls auf dem Güterbahnhof Wustermark . M. sollte an einen Güterzug noch einen Wagen anhängen und wollte, wahrend die Lokomotive mit den übrigen Wagen herannahte, zwischen die Puffer des anzukoppelnden Waggons treten. Er geriet jedoch zwischen die Puffer und erlitt furchtbare Verletzungen an der Bnist und am Kopf. M wurde sterbend nach dem Span- dauer Krankenhaus gesck>afft. Tödlich verunglückt ist in der vorletzten Nacht der Merfahrer Ernst Lehmann vom Böhmischen Brauhause zwischen Wilmersdorf und Faltenberg. Der Kutscher hatte mit einem Bierwagen eine Tour aufs Land angetreten und befand sich nachts auf dem Heim­weg. Kurz vor Falkenberg bog das Gefährt in einen Waldweg ein. Nachdem L. bemerkt hatte, daß er irregefahren sei, wollte er um- kehren. Dabei gerieten die Pferde in den Chausseegraben und der Wagen legte sich auf die Seite. Lehmann wollte absteigen, um vermutlich die Tiere am Zügel weiterzuführen. Dabei betrat er beim Absteigen das Vorderrad, wodurch der Wagen auf der schon in der Schwebe befindlichen Seite noch mehr belastet wurde und umstürzte, den Kutscher unter sich begrabend. Besinnungs- und hilflos blieb L. unter dem Gefährt liegen, und erst morgens um 7 Uhr fanden ihn Waldarbeiter leblos vor. Ein sofort herbei- geholter Arzt konnte nur feststellen, daß die schwere Last den Brust- lasten des Merfahrers eingedrückt habe und daß er Stunden hin- durch entsetzliche Qualen gelitten haben müsse. Die Leiche wurde nach Berlin geschafft. Der Druckfehlerteufel hat in der gestrigen Notiz über die Verhaftung derUnternehmer" der Dianawerke einen bösen Streich gespielt. Er hat das Wortpolizeioffiziös" in parteioffiziös um- gefälscht. Weil diese Fälschung allzu grob ist, müssen wir den Druckfehlerkobold zurechttveisen. Im Wintergarten gelangte am Montag da« Dezember- Programm zur Aufführung. Im Gegensatz zu früher enthält das neue Programm nicht allzuviel Neues und besonders Bemerkens- werte". Handstandkünstler, Exzentriker, die allerlei Allotria treiben und Springer sind allzureichlich im Programm vertreten: auch den uns von früher her bekannte Mimiker und Charakierdarstcller Amann ist ins neue Programm übernommen. Beifall sindcn iatttur wieder die wundervollen plastischen Darstellungen der Angel??. die im Wintergarten auch nicht mehr unbekannt sind. DaS gleiche gilt von Schichtts Marionettentheater, dessen Puppen mit einer Eleganz auf der Marionettenbühne erscheinen, als ob ste lebende Menschen wären. Neu waren die Tauchkünste Bert SwanS und der Ringkampf mit einem Alligator im Wasser. Swan» bleibt un- gewöhnlich lange Zeit unter Wasser, wo er ißt und trinkt und mit dem Munde Geldstücke vom Boden des WasserbassinS aufhebt. Der französischen Sängerin Bremouval fehlt es an manchem, mit ihrem Gesang ist es nicht zum besten bestellt. DaS Passagetbeater bringt in seinem Dezemberprvgramm wieder eine ganze Reihe zugkräftiger Scklager. Hier und da hat man vom November Nummern übernommen, die dem Publikum besonders gefielen, so z. B. die beliebten und vielbelachlen Vorträge Claire Waldoffs; auch Paul R o ch a l l h ist den Be- suchern der Baliner VarietäS mit seinen drolligen ventriloquisti- sckien Leistungen kein Unbekannter. Von den Programmnovitäten fesselten besonders die graziösen und schmiegsamen Tänze der Rumäneniruppe DumiireSko und Dutresko; eine volks­tümliche Kunst wurde hier von wirksamen Darstellern in einer anerkennenswerten Vollendung vorgeführt. Großartig waren mich Brothers BurchardS als Reckturner. Wahre Wunder der Tierdressur führte Kapitän FrobuS mit feinen vier Seelöwen vor, die sich als geschickte Jongleure und spaßige Musikanten zeigten. Allgemeines Lacken erregte schließlich der burleske Akt Der tapfere Herr A eng st lich". in welchem besonders Werner Gold mann in einer virtuos durchgeführten Land- streicherrolle brillierte. Wer sind die Toten und Verunglückten? Erschossen und er- tränkt hat sich in der vergangenen Nacht ein Mann, dessen Per- sönlichkeii noch nicht feststeht. Auf dem Geländer der Moabiter Brücke stehend schoß er sich gegen 12 Uhr eine Revolverkuyel in den Mund, so daß er rücklings in die Spree fallen mutzte. Leute, die den Vorfall sahen, machten sich gleich an die Rettung. Einem Straßenreinigcr gelang es auch, den Mann mit dem RetiungS- kahn aus dem Wasser wieder herauszuholen; er war aber schon tot. In den Taschen des Selbstmörders fand man Papiere auf den Namen eines 33 Fahre alten Kellners Friedrich Jeschke. Wo der aber gewohnt bat, weiß man noch nicht. Hilflos aufgefunden wurde ebenfalls gegen Mitternacht vor dem Hause Jüdenstr. 22 ein ungefähr 60 Jahre alier Mann, der sckwn auf dem Wege zur Hilfswache starb. Der Verstorbene hat anscheinend dem Arbeiter- stände angehört. Er ist 1,70 Meter groß, hat graumeliertes Haar. etwas Glatze, einen starken Schnurrbart und eine große Nase und trug einen schwarzen Chcviotanzug, eine braune Weste und einen schwarzen, steifen Hui. Von einem Straßenbahnwagen an- gefahren wurde Montagmiiiag am Königsior eine bisher un- bekannt geblieben« Frau. Sie stürzte so heftig mit dem Kopf mif die Straße auf, daß sie einen Schädelbruch erlitt und nach dem Krankenhaus Am Friedrichhain gebracht werden mußte. Hier liegt sie schwer darnieder. Die Unbekannte war mit einem sck, Warzen Rock, einer blauen Bluse, einer schwarzen, wollenen Wxste, und ebensolcher Schürze und Kopftuch bekleidet Erkannt ist jetzt die Frau, die an der Ecke der Bürknerstraße und des KottbuserdammeS von einer Kraftdroschke überfahren worden ist. Es ist eine Witwe Luise Pieper, die aus Friedrichsfelde stammt und bei einer Familie in Johannisthal auf Besuch war. Arbeiter-Bildnugsschule Berlin . Die Mitglieder wollen beachten, daß nach Beendigung der Kurse die Bibliothek jeden Donnerstag von 8 9 Uhr geöffnet ist. Ein ausgedehnter Dachsiuhlbrand kam in der letzten Nacht aus noch nicht ermittelter Ursache in der Malmöer Straße 3 an der Dänenstratze, im sogenanntenNordischen Viertel", zum Ausbruch. Die zahlreichen Mieter waren in der größten Aufregung. Mächtige Flammen loderten aus dem Dachgeschoß empor. Die Wehr konnte es nicht verhindern, daß der Dachstuhl des Vorderhauses total und der vom Seitenflügel in halber Ausdehnung mit dem Inhalt an Brennmaterialien usw. i«rt>eir Bodenverjchlägea nieder­brannte.