ßefleifen Trikolore Fei Imperialismus gilt unser Hoch, sonFern dem Vaierlande al» Kulwreinheit, als gemeinsames Streben im Ditnste der Menschheit. In Mailand hatte die Demonstration insofern einen wesentlich anderen Verlauf, als es der Arbeiterschaft gelungen war, rechtzeitig einen Teil der Bänke zu besetzen. Als sich dann der Bürgermeister in einer plumpen Verherrlichung des Krieges erging und sagte, daß die Soldaten vom Volke als die Eroberer neuen Reichtums angesehen würden, brach ein furchtbarer Tumult auf den Tribünen aus. Die Unterbrechung dauerte 20 Minuten. Als im weiteren Verlarif der Rede die Mehrheit der Stadtver- ordneten dem Bürgermeister Beifall spendeten, riefen die Sozia» listen:„Nieder der Krieg!" Das Publikum stimmte die Arbeiter- Hymne an. Unter beständigen Unterbrechungen brachte dann der Bürgermeister seine Rede zu Ende, indem er 35 000 Lire Unter. stützung aus der Stadtkasse für die Opfer des Krieges beantragte. Für die sozialistische Fraktion nahm darauf Genosse Bo- nardi das Wort, der die Pflicht der Sozialisten betonte, im Namen ihrer Ideale gegen den heutigen Krieg Einspruch zu ev- heben. Was. Italien heute tut,'das steht im Widerspruch zu den Idealen der Freiheit und nationalen Selbständigkeit, die das kost- barste Erbteil des dritten Italien sind. Auf den Zwischenruf „Vaterlandsfeinde" fährt der Redner fort:„Nicht zur Verteidigung des Vaterlandes nehmt Ihr heute den italienischen Müttern ihre Söhne, sondern um den schmutzigen Interessen einer Handvoll Kapitalisten' zu dienen(Beifall). Wenn es sich darum handelte. unseren Boden gegen fremd« Angriffe zu verteidigen, so würden alle Italiener ohne Unterschied der Partei ihre Pflicht zu tun verstehen." Bonardi wies dann auf die UnHaltbarkeit der imperia- listischen Vorstellungen hin. betonte das Bedürfnis, im eigenen Lande Kulturarbeit zu leisten und wendete sich mit schärfsten Worten gegen alle, die für das heutige Abenteuer verantwortlich sind. Mit dem Wunsche, daß die Metzeleien in Nordafrika bald ein Ende finden mögen, auf daß Sardinien und Calabrien , Apulien und die Basilikata endlich jener Kultur teilhaftig werden mögen, durch sie sie erst zu einem lebendigen Teil des Vaterlandes werden, schloß der Redner seine mit anhaltendem Beifall auf- genommene Rede. Die Proteste der Mehrheit der Stadtverordneten dauerten noch eine gute Weile. Dann geben die Sozialisten durch den Genossen Ricchieri die Erklärung ab, daß sie in der Absicht gekommen feien für die Unterstützung der Opfer des Krieges zu stimmen. Nachdem aber der Bürgermeister und seine Mehrheit den Krieg um des Krieges willen und als ein Mittel zur wirtschaftlichen Be- reicherung verherrlicht hätten, müsse die sozialistische Fraktion gegen die Bewilligung der Unter st ützung st im in en. Nach dieser Erklärung erreichte der Tumult den äußersten Höhe- Punkt, und es dauerte lange, bis die Stadtverordneten ihre eigent- lichen Beratungen aufnehmen konnten. Sie Revolution in China . Abdankung des Prinzregenten. Peking , 6. Dezember. (Meldung des Reuterschen BureauS .) Prinz Ts ch un hat die Regentschaft niedergelegt. Die bisherigen Großsekretäre Hsü-Shi-chang und Shih-hsü sind zu Bormündern des Kaisers ernannt worden. Die Regentschaft fällt fort. Die Regierung geht in die Hände des Ministerpräsidenten über, während die Kaiserin-Witwe und der Kaiser Audienzen ab- halten und zeremonielle Funktionen ausüben. Die Pläne der Revolutionäre. London , 6. Dezember. Die.„Morning Post' meldet aus Schanghai : Die Versammlung der Delegierten von 14 Pro- vinzen hat sich für eine vorläufige Militärregierung mit Nanking als Hauptstadt entschieden. Huangshin ist zum Generalissimus und Liynanheng zum zweiten Befehlshaber bestimmt worden. Aus dem Hauptquartier von Wutschang wird gemeldet. daß die Revolutionäre von Kiukiang, die im Bormarsch begriffen sind, um die Bahnlinie von Peki-g nach Hankau zu unterbrechen, einen 12 Meilen von der Bahnlinie entfernten Punkt erreicht haben. Rußlands Absichten auf die Mongolei . Petersburg, 6. Dezember. Auf Grund eingehender Rücksprache mit maßgebenden russischen Diplomaten tritt die. N o w o j e 28 rem ja" in einem Entrefilet für Entwirrung der Lage d u r ch Erklärung der S ch u tz h err sch aft über die Man- golei ein. Petersburg, 6. Dezember. Die Unabhangigkeitserklärung der Mongolei ist den hiesigen politischen Kreisen al« sehnlichst erwartetes Ereignis sehr willkommen. In diplomatischen Kreisen verschweigt man keineswegs, daß sowohl der auf der Rückreise von Peking nach Lhasia begriffene D a l a i Lama als auch sein Vertreter in der Mongolei , Chutuchta von Urga, treue, ergebene Freunde Rußlands sind. Man erwartet hier, daß an die Spitze der Mongolen sich ein weltlicher Herrscher stellen wird, der gleichfalls bei Rußland Schutz suchen werde, da die vor kurzem in Petersburg weilende mongolische Deputation den hiesigen Regierungskreisen die Versicherung gegeben habe, daß Mongolen nur unter russischem Schutze sich friedlich entwickeln und Handelsinteressen pflegen können. In Kreisen, die in der ostasiatischen Politik Rußlands gut versiert sind, herrscht ausgesprochene Neigung, den günstigen Augenblick zu erfassen und die Unabhängigkeitserklärung der Mongolei anzuerkennen. cehrerdeleiiligung -wurFe dem Genossen Otto Pinseler aus Friedrichsfelbe zur Last gelegt, der sich am Dienstag vor dem, Landgericht Berlin III ver- antworten mußte. Vom Amtsgericht Lichtenberg war er zu 200 M. Geldstrafe verurteilt worden wegen Acußerungen. die er im De- zember vorigen Jahres in einer vom sozialdemokratischen Wahl- verein einberufenen öffentlichen Versammlung für Friedrichsselde äiber die dortigen Schulverhältnisse getan hatte. Auf die von Pin- ffeler eingelegte Berufung, wurde vor dem Landgericht in einer reich- iich sechsstündigen Verhandlung, zu ter etwa drei Dutzend Zeugen geladen waren, das Urteil nachgeprüft. Die Anklage ist auf sonderbare Weise zustande gekommen. Zu (jener Versammlung, für die ein Vortrag über die Volksschule an- gekündigt war, hatte der Friedrichsfelder Lehrer Freudenberg feine Tochter samt ihrer Freundin abgeschickt, um zu erfahren, was etwa über Lehrer vorgebracht würde. Nachdem sie zusammen mit einem damals 14jährigen Sohn Freudenbergs in einem Winkel des Saales auf dunkler Galerie sich niedergelassen hatten, versuchten beide Mädchen, mitzustcnographiercn, was sie auffingen. In der Diskussion sprach als Gemcindevertretcr auch Pinseler, um darzu- (legen, daß bei den Mißständen in den Volksschulen es nicht an Personen, sondern am System liege. Dabei erzählte er von einem Lehrer, der— er nannte keinen Namen � in der Mädchenschule die Kinder mit Schimpfworten wie„Ochse" belegt habe, nach seiner Versetzung an die Knabenschule sich dort 20 M. Geldstrafe wegen Mißhandlung geholt habe und dann wieder an die Mädchenschule zurückversetzt worden sei. Auch führte er aus, früher seien Schuster und Schneider als Lehrer tätig gewesen, die in ihrer Unfähigkeit zum Stock greifen mutzten, heute aber seien die Volksschullehrer gebildete Leute, die mit akademisch gebildeten Lehrern auf eine Stufe gestellt zu werden wünschten. Als Lehrer Freudenberg noch an Demselben Abend die stenographischen Aufzeichnungen zu sehen bekam. ettoMifc et fofotT, Faß mit jenem. Kegen Mißhandlung de- straften Lehrer sein Kollege Schräder gemeint sein mutzte. Lehrer Wilhelm Schräder, dem er die Notizen übergab, bezog auch die Aeußerung über die gebildeten Leute auf sich und fühlte sich durch beide Aeußerungen beleidigt. Er erreichte, daß gegen Pinseler Strafantrag gestellt wurde, die Staatsanwaltschaft Anklage erhob und Schräder als Nebenkläger auftreten durfte. Der Angeklagte Pinseler bestreitet, daß er, wie die Anklage behauptet, über Schräder gesagt habe, die Zurückversetzung sei des- halb erfolgt, weil er«in der Knabenschule nicht zu brauchen war". Auch die behauptete Aeußerung über die„gebildet sein wollenden Leute" habe nicht diese Form gehabt, sie habe überdies nicht dem Lehrer Schräder gegolten, und die Absicht einer Beleidigung habe ferngelegen. Im übrigen werde Beweis darüber angeboten, wie Schräder im Unterricht geschimpft und geschlagen habe. Der Ber - tcidiger, Rechtsanwalt Kurt Rosenfeld , beruft sich auf Schülerinnen Schräders, jetzige und frühere; für den Nebenkläger führt Justizrat Leop. Meyer gegen sie eine Reihe anderer Schülerinnen Schräders ins Feld. Als Zeuginnen der beiden Parteien warten vor dem Gerichtssaal ein Viertblhundert Mädchen. � In der Beweiserhebung wird zunächst der Nebenkläger Schräder als Zeuge gehört. Er gibt zu, in der Mädchenschule habe er„mal Ochse gesagt", Kreisschulinfpektor Bandtke habe auf Pin- selers Beschwerde das gerügt. An die Knabenschule sei er versetzt worden, nachdem er in der Mädchenschule mit dem Hauptlehrer Differenzen wegen der Stundenverteilung gehabt hatte. Daß er in der Knabenschule einen Schüler mit dem Fuß gestoßen habe und dafür vom Gericht zu 20 M. Geldstrafe verurteilt worden sei, be- stätigt Schräder. An die Mädchenschule sei er auf eigenen Wunsch zurückversetzt worden, weil dort ein Zeichen», und Gesanglehrer gebraucht wurde. Er bestreitet, auch später noch Kinder beschimpft zu haben. Auch wisse er nichts davon, daß er inal ein Kind mit dem Stock ins Gesicht geschlagen haben solle. Im Strafbuch steht bei dem Kind:„2 Schläge auf den Rücken". Schräders Angaben über sein Schimpfwort„Ochse", über seine Bestrafung wegen des Stoßes mit dem Fuß sowie über die Gründe der Hin- und Herversetzung werden vom Kreisschulinspeltor Bandtke bestätigt. Als er Schräder, über den sonst keine Beschwerde gekommen sei, für einen sogar recht tüchtige» Lehrer erklärt, stellt der Verteidiger fest, daß Bandtke in Friedrichsselde jährlich einmal revidiert. Bandtke hat schon vor Jahren mal gegen Pinseler den Staatsanwalt angerufen, weil P. gegen Lehrer Friedrichsfeldes in öffentlicher Versammlung den Vorwurf„barbarischer Behandlung" von Schulkindern erhoben yatte. Warum Bandtke damals vor der Hauptverhandlung den Strafantrag zurückgezogen habe, fragt ihn der Verteidiger. Der alte Herr lehnt erregt ab. Gründe zu nennen. Ucber Pinselers Aeußerungen in der Versammlung vom De- zember werden Fräulein Frendenberg samt Freundin und Bruder vernommen. Die überaus lückenhaften Stenogramme waren erst nachträglich in gemeinsamer Besprechung ergänzt worden, doch sagen die Zeugen, daß sie die eingefügten Sätze— auch die Worte „weil er nicht zu brauchen war" hatten in beiden Stenogrammen gefehlt— genau gehört hätten. Dem Gendarmeriewachtiweister Stephan, der die Verhandlung zu„überwachen" hatte, ist— so bekundet er— durch Schräder eine llebertragung des Stenogramms vorgelegt worden, und er hat sich dann gleichfalls genau erinnert. Demgegenüber versichert als Zeuge der Versammlungsleiter Ge- nosse Schwenk, daß er die Aeußerungen in dieser Form bestimmt nicht gehört habe. Auch Genosse Kegel, der im Bureau der Ver- sammlung saß, unterstützt das. Bezüglich der Vernehmung von Schülerinnen Schräders be- mängelt sein Rechtsbeistand, daß ein Beauftragter Pinselers fast Haus für Haus nach Zeuginnen gesucht habe. Hierzu wird eine Zeugin Schräders vom Verteidiger des Angeklagten verhört:„Hat §err Schräder Euch vor ein paar Tagen oder Wochen gefragt, ob hr gesehen habt, daß er geschlagen habe?"— Zeugin:„Ja."— Verteidiger:„Was habt Ihr gesagt?"— Zeugin:„Nein."— Verteidiger:„Hat er auch gefragt, ob Ihr gehört habt, daß er geschimpft habe?"— Zeugin:„Ja."— Verteidiger:„Was habt Ihr gesagt?" — Zeugin:„Nein."— Die Vernehmung vor Gericht findet in Gegenwart des Lehrers statt. Ueber ihn, der dabei sitzt, werden die Kinder befragt, ob er schimpft und schlägt, ob er grob oder nett ist usw.?ln eine 12jährige Zeugin richtet Justizrat Meyer die Frage:„Seid Ihr mit Lust und Liebe dem Unterricht gefolgt, oder war der Herr streng und grob zu Euch."— Das Kind antwortet: „Nein, wir sind mit Lust und Liebe dem Unterricht gefolgt."„Soll das Kind ein Gutachten abgeben?" fragt Rechtsanwalt Rosenseld. Eine andere Zeugin von 12 Jahren verhört der Vorsitzende Land- Serichtsdirektor Rosenthal:„War Herr Schräder streng oder nett?" (eugin:„Wenn wir'S verdient hatten, war er streng, und wenn wir's verdient hatten, nett."— Vorsitzender:„Schlug er?"— Zeugin:„Ja, wenn wir's verdient hatten."— VorsitzeiÄer:„Hast Du mal Schläge von ihm bekommen?"— Zeugin:„Ja, wenn ich's verdient hatte." Ein Kind, das nach Aussagen der Familienange- hörigen mit blutender Lippe aus der Schule heimkam, bekundet vor Gericht, von Schräder mit dem Stock auf die Lippe geschlagen worden zu sein. Andere Kinder versichern als Zeuginnen, nichts bemerkt zu haben. Eine frühere Schülerin Schnaidt, zetzt 17 Jahre alt, gibt an, Schräder habe im Unterricht geschimpft, z. 2?.:„Wollt Ihr ran, Ihr Hunde!"„Alter Idiot, setz' Dich hin!"„Ich schlage Euch alle zu Puppcndreck!" Sie selber sei vorübergehend einige Jahre in Christiania gewesen, darum habe er sie beschimpft:„Ver- sluchter Schwede, mach, daß Du nach Schweden kommst!" Zeugin fügt ausdrücklich hinzu:„Ich bin der Meinung, daß Herr Schräder nicht gut informiert war. denn Christiania liegt in Norwegen , nickst in Schweden ." Einmal habe er sie geschlagen, daß sie mit dem Kopf gegen die Tafel geflogen sei und die Nase geblutet habe. Schräder erklärt entrüstet da? für fürchterliche Uebertreibung und bestreitet entschieden die Schimpfereien. Eine Zeugin, die sich mal in der Schule verletzte, bekundet, ihr Vater habe Herrn Schräder geschrie- ben, für die Zukunft empfehle er, verletzte Kinder sofort zum Arzt zu schicken. Da habe Schräder in der Klasse gesagt:„Wie kann ein« Person aus niederem Stand einem Höherstehenden etwas emp- fehlen!" Schräder gibt zu. gesagt zu haben, man empfehle doch nicht einem gesellschaftlich Höherstehenden etwas. Um zu zeigen, daß da „gar nicht mal so viel dazu gehörte, sich für gesellschaftlich höher- stehend zu halten", bezeichnet er in Gegeistvart der 14jährigen Zeugin den Vater als arbeitsscheu. Vernommen werden noch der Vorsitzende der Schuldeputation, dem Pinseler gelegentlich Beschwerden über die Schule im Auftrage von Eltern mitgeteilt hat, sowie ein paar Lehrer. Der Lehrer Pachnick soll glaubhaft machen, daß gerade Pinseler seit langem schon Angriffe gegen Schule und Lehrer gerichtet habe. Zeuge gibt aus Vorhalten zu, er selber sei mal mit einer Gehaltspetition zu Pinseler gekommen und habe um Unterstützung gebeten etwa mit den Worten:„Na, Sie treten ja quf Grund Ihres Partcipro- gramms für die Schule ein." Ein neuer Bcweisantrag fordert Ladung noch anderer Schule- rinnen, deren Aussagen die vom Nebenkläger für unwahr erklärten Bekundungen der Zeugin Schmidt über Schimpfereien Schräders unterstützen sollen. Das Gericht lehnt ab, weil der Zeugin zu glau- Lehrers nicht mitanhören zu lassen. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wird vom Verteidiger Rechtsanwalt Kurt Nosenfcld dahin zusammengefaßt, daß der An- geklagte freigesprochen werden müsse, weil der von der Anklage be- hauptete Wortlaut seiner Aeußerungen nicht erwiesen sei. Aber selbst wenn das Gericht sie als erwiesen ansehen wolle, müsse Frei- sprechung erfolgen, weil P. als Gemeindevertreter und im Auftrag des Vereinsvorstandes, nicht um Lehftir zu beleidigen, sondern um in Wahrung berechtigter Interessen durch Kennzeichnung deS Systems die Schule zu fördern, gesprochen habe. Was gegen Schra- der in der Beweiserhebung sich ergeben hatte, das wird vom Ver- leidiger in scharfen Ausführungen noch einmal hervorgehoben,. Vor Beginn seiner Rede waren auf einer vom Verteidiger selber ge- gebenen Anregung die Schülerinnen hinausgeschickt worden, weil es im Interesse der Schule geboten schien, sie diese Beurteilung ihres Lehrer snicht mitanhören zu lassen. Der Staatsanwalt beantragt Aufrechäcrhaltung des Urteils. Wenn P. fein Recht wahren wollte, so habe er die Behörde anrufen können. Für Fen Erfolg von BescWerFen sek«Tn Beispiel geraFe Schräder, der wegen eines Schimpfwortes verwarnt und wegen Mißhandlung gerichtlich bestraft worden sei.„Sehr auffällig" findet es der Staatsanwalt, daß P. den Namen Schräders nicht genannt hat. Das soll beweisen, daß P. wider besseres Wissen verleumde» wollte. Als Vertreter des Nebenklägers hält Justizrat Meyer schwere Bestrafung für nötig. Er behauptet, P. habe nur der Schule etwas anhängen wollen, dafür sei es ja auch eine sozialdemokratische Versammlung gewesen. Alle Lehrer seien in einer Besprechung einig gewesen, daß der Prozeß nicht mit einem Vergleich enden dürfe. Die Aussagen der Schülerinnen läßt er nur gelten, soweit sie für Schräder günstig sind. An dem Mädchen mit der immer wiederkehrenden Redensart:„Wenn wir's verdient hatten;" rühmt er die„zielsichere Ruhe". In einem letzten Wort verwahrt sich der Angeklagte dagegen, daß er die Schule habe herabreißen wollen. Gerade den Lehrern Friedrichsfeldes sei bekannt, daß er das nicht wolle. Das Urteil erklärt die Aeußerungen für erwiesen und für be- lcidigend. Daß Schräders Zurückversetzung erfolgte, weil er nicht zu brauchen war, sei durch die Beweiserhebung nicht dargetan. Es möge sein, daß mal ein Schlag die Lippe getroffen habe, auch daß er mal Ausdrücke gebraucht habe, wie sie von seiner früheren Schülerin Schmidt bekundet wurden. Aber das alles sei nach seiner Zurückversetzung an die Mädchenschule geschehen,. Die Bezeichnung der Lehrer als„gebildet fein wollende Leute" schließe in sich den Vorwurf unberechtigter Arroganz in ihrem Beruf und bedeute, daß Lehrer eigentlich doch nicht viel über Schustern und Schneider» stehen. P. sei als Gemeindevertreter berechtigt gewesen, für die Schule einzutreten, er habe aber beleidigen wollen. ES bleibe daher bei der Geldstrafe von 200 M. Die Ztltgjtrtenversmmluns der Anhae«' GtMsseaschast. Im Gartensaal des neuen RestaurationSpalasteS im Zoologischen Garten begann gestern morgen die diesiähnge Dclc- giertenversammluny der Genossenschaft deutscher Bühnenauge- höriger, deren Resultat von allen Seiten mit Spannung entgegen- gesehen wivd. Es handelt sich zwar scheinbar nur darum, ob das Präsidentenamt der Schauspielerorganisation dauernd zu einem besoldeten gemacht oder wieder in ein Ehrenamt verwandelt werden soll und ob der vielangefeindete Präsident Nissen an der Spitze der Genossenschaft bleibt oder nicht, aber von der Entscheidung über diese beiden Punkte wird es abhängen, ob die Biihnengenossenschast eine unabhängige Organisation mit posi- tivem Programm bleiben oder sich wie früher dem Bühnenverein, der Organisation der Theaterleiter, unterordnen wirb. Die Sitzung wird mit erheblicher Verspätung eröffnet. Der Rostocker Schauspieler Weh lau, einer der heftigsten Antipoden Nissens, bezweifelt das Recht dieses Präsidenten, die VerHand- langen zu leiten, da Nissen zweifellos der Gegenstand heftiger Angriffe werden dürste. Tagegen wendet sich die temperament- volle Vertreterin von Neustrelitz , Frau Rochelle-Müller, die es beklagt, daß mit solchen an den Haaren herbeigezogenen GeschäftSordnungSdebatten die kostbare Zeit vertrödelt werde. Der Antrag Wehlau wird unter Beifall abgelehnt. Nach Er- ledigung der Präsenzliste und der Begrüßung der auswärtigen Ehrengäste, unter denen Professor S t o l l vom österreichischen Bühnenvcrein und Dr. See! ig, der Syndikus des Chorsänger- Verbandes bemerkt werden, nimmt Präsident Nissen das Wort zu einer längeren Rede über die Geschichte der Genossenschaft seit ihrer Gründung vor nunmehr 40 Jahren. Dabei fällt das Wort Neichstheatergesetz und Nissen lvarnt die Delegierten vor über- triebenen Vorstellungen von den Wirkungen eines solchen Gesetzes. da die Regierung mir die gesetzliche Regelung des Theaterwesens zugestehen könne. Auf Antrag W i n e s-Dresden wird im Anschluß an die Rede Rissens ein Danktelegramm an Geheimrat Ludwig Barney abgesandt. Dieser Beschluß ist um so interessanter als. Barnay im Jahre 1008 zusammen mit dem«rriWum vie Versammlung verließ, nachdem die Delegierten oen Vühncnvertrag einstiimnig abgelehnt und damit den Bruch mit dem Bühnenverein vollzogen hatten, um kurze Zeit darauf auch noch auf die Ehren- Mitgliedschaft bei der Bühnengenossenschaft zu verzichten. Und eS spricht für daS dankbare Herz der Mimen, daß sie trotzdem seine Verdienste um die Genossenschaft nicht vergessen haben. Sodann erstattete Regisseur Köhler den Rechenschaftsbericht der Pensionsanstalt. der außerordentlich günstige Resultate austveist. Das Vermögen ist um rund% Million gestiegen und beträgt jetzt beinahe 0 Millionen Mark. Zu den Satzungen der Pensionsanstalt liegt, da der neue Verwaltungsdirektor bestätigt werden soll, ein Antrag vor, die Anstellung und Mndigung aller Beamten der Pensionsanstalt künftig dem V o r st a n d zu überlassen und Nissen begründete den Antrag in sehr geschickter Weise, indem er auf den Fall Osterrieth. der bei dem Titel„Genossenschaft" zur Besprechung kommen soll, hinweist. Die Kündigung des ehemaligen General- sekretärs'war vom Gericht für ungültig erklärt worden, weil nach dem bisherigen Statut die Anstellung und Kündigung der Delc- giertenversammlung allein vorbehalten war. Es entspinnt sich über diesen Antrag, der die Befugnisse des Präsidiums erweitern will, eine lebhafte Debatte, in der Willi Loehr vom Neuen Schauspielhaus die Souveränität der Telegiertenversammlnng ver- teidigt, von Nissen aber mit dem Hinweis abgeführt wird, daß in der Praxis schon immer nach den Forderungen des Antrages verfahren worden fei, da im anderen Falle die Geschäfte einfach ins Stocken geraten würden. Ein Vorschlag von Star k-Residenz» theater(Berlin ), dem Vorstand das absolute Anstellungs- und Kündigungsrecht zu überlassen, wie es bei großen Gesellschaften der Aufsichtsrat und die Direktoren haben, sindet bei einem Teil der Delegierten großen Beifall. Wind S-Leipzig, der Führer des„konservativen" Flügels, polemisiert gegen das eigenmächtige Vorgehen des Vorstandes, der auch im Gewohnheitsrecht keinen' EntschnldigungSgrund zur Seite habe. Es erweckte nicht geringe Heiterkeit, als er von Nissen daran erinnert wurde, daß er selber einmal 6 Jahre lang als Mitglied des Zentralausschusses dieses Gewohnheitsrecht mit ausgeübt habe. Ron tz-Schillertheater (Berlin ): Wenn Sie Mißtrauen gegen den von Ihnen gewählten Vorstand nähren, dann setzen Sie andere Leute dort oben hin, so- lange der Vorstand aber mit Ihrem Willen und auf Ihr Ver- langen sein Amt ausübt, müssen sie ihm auch Autorität verleihen, dann dürfen Sie ihn nicht in eine Zwangsjacke stecken!(Leb- hafter Beifall und Händeklatschen.) Der Antrag, der dem Vorstande das Anstellungs- und Kün- dtgungsrecht mit Bezug auf die Angestellten verleiht, wird an- genommen. Der Antrag Ejnar Forchhamme r-Frankfurt a. M., die Delegiertenversammlung künftig in der Karwoche stattfinden zu lassen, da in dieser Zeit ohnehin die Mehrzahl der Provinz- schauspieler in Berlin weilt, wird abgelehnt. Ein Antrag des Ortsverbandcs Fr ei bürg, der den Weg- fall des doppelte» Eintrittsgeldes für Bühnenmitglieder fordert, die länger als drei Jahre bereits bühnentätig waren, wird einstimmig abgelehnt. Das höhere Eintrittsgeld soll den jüngeren Genossenschaftern ein Ansporn sein, so früh wie möglich ihren Eintritt in die Pensionsansialt zu vollziehen. Hus Induftnc und ftendel. Fleisch- und Brotpreis in Deutschland und im Ausland. Daß wir seit einer Reihe von Jahren uns in einer Periode steigender Weltmarktpreise, insbesondere für landlvirtschaftliche Pro- dukte befinden, ist eine Tatsache, die mit Vorliebe von unseren Agrariern und ihren Fürsprechern benutzt wird, um die Schuld an der rapide fortschreitenden Verteuerung der Lebenshaltung von sich und ihrer volksfeindlichen Zoll- und Steuerpolitik abzuwälzen. Nun ist es allerdings richtig, daß Fleisch und Getreide z. B. in der ganzen
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