Einzelbild herunterladen
 
Nr. 387. 38. Iahrgaag. 2. Ötilnjt»es Jotiüätls" fittliiin Bolliülilatt. Freitag. 8. Dezember!9tt. Die D. Atlkgierteilversammlang der Mhaeu- Gtlioffeilslhast. Berlin  , den 7. Dezember 1911. Karl Bog l. der Haupiankläger Nissens. der den von iljm her­beigeführten Nissenprozessen zu einem eigentümlichen Ausgang der- hilft, indem er vor Gericht nicht erscheint, und der gestern auf der Tribüne saß. hat heute den Delegierten seine Anklagen in einem vor dem Eingang verteilten Flugblatt noch einmal unterbreitet. Man macht sich ollgemein auf einen heitzen Tag gefaßt, doch scheint immer mehr die Meinung durchzudringen, daß man um der Gegner willen nicht einen Präsidenten sollen lassen kann, der sich wie Nissen im Kampfe für die Genossenschast bloßgestellt und zum Opfer gebracht hat, gegen den bislang immer noch unbewiesene Behauptungen vorliegen, die recht an den Haaren herbeigezogen scheinen, und unter dem die Genossenschaft einen überraschenden Aufschwung genommen hat. Sie ist von 6 0 00 auf 1 4 000 Mit. g l i e d er angewachsen, ihre Einnahmen sind, trotzdem der Bühnenverein alle srüheren Vergünstigungen aufgehoben hat, von Jahr zu Jahr gestiegen, das unter seiner Präsidentschaft gegründete Rechtsschutzbureau hat für die Schauspieler großen Nutzen gestiftet, und ebenso befriedigt kann die Genossenschaft auf die Tätigkeit des vor einem Jahre gegründeten Frauenkomitees blicken. Das sind Dinge,-die von den in Gruppen zusammenstehenden Delegierten lebhaft erörtert weiden. Inzwischen ist Karl Vogt   im Saale erschienen, worauf ein Ber  - liner Delegierter erregt gegen das Vogtsche Flugblatt protestiert. Vizepräsident Paul: Ich möchte dazu bemerken, daß Herr Vogt sich aufhalten mag, wo er will, und tun mag, was er will; er geht uns absolut nichts an.(Lebhafter Beifall.) Desider Z a d o r- Dresden plädiert dafür, unter allen Um- ständen die Wahlen noch heute vorzunehmen, da viele Delegierte schon heute abreisen müßten, was Präsident Nissen nach Mög- lichkeit zu unterstützen verspricht. R i ck e l t wendet sich dagegen, da Rücksichten auf Delegierte, die, wie v. U l I m a n n- Magdeburg, schon am Mittag abreisen, die Verhandlungen in unzulässiger Weise hemmen würden. Es entwickelt sich eine lebhafte Geschäftsordnungsdebatte, in der Rickelt und Zador ziemlich heftig aneinander geraten.(Rufe: Schluß! Schluß!) Von der FraktionWinds", dem konservativen Flügel, wird die sofortige Vornahme der Vorstandswahlen zur Pensionsanstalt verlangt(die zugleich für die Genossenschaft gelten), um fest- zustellen, ob die Besoldung des Präsidenten beantragt wird oder nicht. Präsident Nissen verliest daraufhin den Beschluß des Zentralausschusses, der gegen die Stimme Kienschers-Karlsruhe gefaßt wurde und für den Präsidenten eine Dienstaufwandsentschädigung verlangt, um den Inhaber dieses Amte? für alle Zeiten un- abhängig zu machen. Der Antrag gelangt später zur Verhandlung. Die Präsenzliste ergibt die Anwesenheit von 6415 Stimmen. Als der Präsident die im vorigen Jahre zurückgestellten An- träge zunächst zur Verlesung bringen will, wird von der Opposition außerordentlich erregt dagegen protestiert. Man merkt, daß die Opposition um jeden Preis die Präsidentenwahl so früh wie möglich vornehmen lassen will; sie verspricht sich offenbar von einem früheren Termin mehr Chameu. Nur mühsam vermag der Vize- Präsident Paul die erregten Gemüter mit dem Hinweis zu be- schwtchtigcn, daß mehr als zuvor die Äugen der Oeffentlichteit auf die Verhandlungen gerichtet sind. Die Versammlung gibt dem Wunsch« Nissens nach und Rechtsanwalt Dr. Seelig-Mannheim. der Syndikus des Chor- fängerverbandeS, referiert nunmehr über die Kartellierung von 60 000 Bühnenkünstlern, die am 28. Oktober zwischen der Bühnengcnossenschaft, dem Bühnenverein, den Musikerverbänden und dem Chorsängerverband unter Führung der Genossenschaft, vorbehaltlich der Genehmigung der Delegiertenversammlunaen, beschlossen worden ist. Redner ver- spricht der Genossenschast durch die Kartellverbände so viel An- regungen, so viel Arbeit zu geben, daß ihr keine Zeit mehr bleiben soll, sich selb st zu zerfleischen!(Tosender Beifall.) Die Hauptaufgabe aber mutz und wird sein die Lösung der Fragen, die Mischen der Genossenschaft und dem Bühnenverein schweben. So- lange aber der Bühncnverein die Bühnengenossenschaft nicht alS völlig gleichberechtigt anerkennt, so lange darf der Bühnenverein uns nicht als die richtige Vertretung der Theaterleiter gelten. Und gesteht der Bühnenverein diese Gleichberechtigung nicht gutwillig zu, dann Kampf bis aufs M e s s e r. bis sie erkämpft ist. In diesem Kampfe haben Sie das Kartell ganz auf Ihrer Seite. Um des lieben Friedens willen Kotau zu machen, wäre Ihrer unwürdig!(Stürmischer Bei- fall auf der einen Seite, ungeheurer Widerspruch und Schlußrufe von feiten der Opposition. Der furchtbare Lärm läßt nur einzelne Worte verstehen: Unerhört! Abtreten! Wir sind keine Ar- /beiter! Sie haben das Lokal verwechselt! Das ist Stimmungsmache!) Minutenlang vermag die Glocke des Prä- sidentcn nicht durchzudringen. Dr. Seelig gibt es achselzuckend auf, weiterzureden und tritt unter stürmischen BeifallÄundgebungen von feiten seiner Freunde ab. Andauernde Ruse um Ruhe rufen immer wieder neuen Lärm hervor. Mehrere Minuten lang sieht es aus, als ob an ein Weiter- verhandeln nicht mehr zu denken wäre. Die Delegierten verlassen die Plätze und schreien aufeinander ein, und man hat in diesem Augenblick den Eindruck, als ob die Sache Nissens durch die allzu temperamentvolle Rede Dr. SeeligS merklich gefährdet sei. Erst als Nissen nach langen vergeblichen Versuchen mit seiner Stimme durchdringt und verspricht, daß Dr. Seelig den Konflikt mit dem Bühnenverein nicht mehr berühren werde, darf dieser seine Rede zu Ende führen. Er führt an. daß das Kartell keine Streikorganisation sei, da das für Bünenkünftler mit ihren längeren Verträgen eine Unmöglichkeit sei. Nur mit gesetzlichen Mitteln wolle das Kartell für die Forderungen der angeschlossenen Verbände eintreten. DaS Ziel aber muß sein ein anständiger, billiger, in sozialer Be- ziehung gerechter Normalvertrag. Der Redner kommt och einmal auf diejenigen seiner Aeußcrungen zurück, die den Tumult vorher entfesselt hatten und erklärt, keine Einmischuna und keine Stimmungsmache beabsichtigt zu haben. Er habe nur im Sinne der Genossenschaft gesprochen.(Lebhafter anhaltender Bei- Winds verlangt zu protokollieren, daß die rechte Seite ge- schwiegen habe. Unter betäubendem Beifall fordert darauf Rickclt die Protokollierung des begeisterten Beifalls von feiten der Linken.(Erneuter Beifall.) Winds protestiert weiter gegen die Vergeudung von Zeit und Geld durch solche Reden. Die Rechte wird hier fortwährend, wenn sie dem Präsidium opponiert, als Knechte des Bühnenvereins hingestellt. Das ist eine Beleidigung. die wir auss schärfste zurückweisen! Rickelt: Es war sehr verständig vom Lokalausschuß, die Ver- sammlung nach dem Zoologischen Garten zu verlegen. (Die Rechte springt spontan auf und Rickelts Worte gehen in einem ohrenbetäubenden Lärm unter, der sich immer wieder erneut. Der Präsident rügt den Ausdruck, dem Nickelt eine harmlose Auslegung aibt.) Man sollte zunächst einmal jeden Redner zu Worte kommen lassen und ihn nicht niederbrüllen, wie eS hier mit Dr. Seelig ge- schehen. Der Rechten die Opposition zu verübeln, fällt der anderen Seite gar nicht ein; aber man sollte dann doch Anregungen und Bedenken/ wie sie von Dr. Seelig zur Sprache gebracht worden sind, objektiv gegenüberstehen können. Vielen Delegierten waren Dr. Seeligs Worte sehr willkommen! Die Debatte über den Zwischenfall Dr. Seelig dauert noch eine Zeitlang an, wobei eine Reihe von Delegierten gegen die Redens- art von derrechten" und derlinken" Seite protestiert. Bolz-Feigel(Direktor der Pensionsanstalt des Oester- reichischen Bühnenvereins): Sie haben Dr. Seelig nicht ausreden lassen. Darum will ich verfuchen, Ihnen an einem Beispiel zu zeigen, wie wertvoll das Kartell, der Zusammenschluß gleichartiger Berufsorganisationen ist. In Oesterreich   beschlossen Direktoren- verband und Bühnenverein die Gründung einer Theaterzentral- kommission, wobei der Direktorenverband den Deutschen   Bühnen- verein mit einbeziehen wollte. Da haben die österreichischen Schau- spieler protesttert und erklärt, daß sie eher wieder austreten würden, als einen Direktorenverein zulassen, der ihre deutsche Bruderorga- nisation nicht als gleichberechtigt anerkennen will! Das Kartell wird ein Segen für beide Teile sein. Winter vom Königl. Schauspielhaus Berlin   polemisiert gegen das Kartell. Derartige sozialistische Experimente mögen für Maurer und Zimmerleute passen, aber nicht für Schauspieler! (Widerspruch.) Präsident Nissen: Sie können nicht mehr gegen das Kartell sprechen. Es ist aus der vorigen Delegiertenversammlung bereits genehmigt worden! Winds begrüßt den Abschluß des Kartells, glaubt aber doch, daß die Oesterreicher   den meisten Vorteil davon haben werden. Nachdem Dr. Seelig noch einmal Zweck und Ziele des Kartells in längerer Rede auseinandergesetzt hat, die diesmal ruhig ange- hört wird, teilt der Präsident Nissen mit, daß er, unbeschadet der Genossenschaftswahlen, bereits zum Kartellpräsidenten für 1912 ernannt sei. Es folgt zunächst der Bericht über die Jahresarbeit der Zehnerkommission. I e ß n e r- Hamburg referierte über den zu bildenden E h r e n r a t, der in allen Fragen, welche die StandeSehre der Genossenschaftsmitglieder betreffen, zu urteilen haben wird. Das Urteil soll nur aus formalen Gründen anfechtbar sein. Der Ehrenrat soll uns helfen, Verräter in unseren Reihen selberzurichten. mit denen wollen wir nicht mehr vor ein preußisches Gericht gehen. Die Besten aus unseren Reihen sollen reinen Herzens und unbefangenen Gemüts und sollen nicht nur über die Angeschuldigten, sie sollen auch über die Kläger urteilen, und das gewährleistet ein gerechtes Urteil. Erich Ziege l-Berlin spricht gegen den> Ehrenrat, der nur Denunzianten züchten würde. Vizepräsident Paul und Otto- Hamburg treten wie Jeßner sür den Ehrenrat ein. während Kienscherf- Karlsruhe klarere Bestimmungen wünscht. Otto tritt in diesem Zusammenhange für eine gründliche Umarbeitung der unmodern gewordenen Statuten ein. Rickelt: Auch ich bin durchaus für einen Ehrenrat, der uns Gelegenheit geben würde, Beschuldigungen gegen Kollegen in den Kreisen der Genossenschafter zu prüfen. Es gibt Fälle, in denen man nicht immer vor Gericht gehen kann. Man denke nur an die Behauptung des Sozialdemokraten Tölke vor Jahren, Bebel bezöge ein JahreSgehalt von 600 Talern vom König von Han- Over. Der Anwalt Bebels lehnte es ab, den Prozeß zu führen, weil der König doch nicht vor Gericht erscheinen und alle Welt dann gesagt haben würde: Aha, der Bebel hat das Geld also doch gekriegt! So kann es uns auch gehen, wenn irgendein Pamphletist, der nach nerostratischer Berühmtheit lechzt, gegen uns angeht.(Lautes Bravo!) Bolz- Feigel empfiehlt ebenfall» die Bildung eines Ehren« rates. Eine weibliche Delegierte befürwortet ihn im Interesse der Schauspielerinnen. In seiner Replik zieht Erich Ziegel   gegenüber der historischen Reminiszenz, die Rickelt vorgebracht hat, den Fall des Oberst Gädke ein, der als hochanständiger Mann dennoch von seinen Kameraden infamiert wurde. Wir sind für den Ehrenrat nicht nur reif, sondern schon darüber hinaus. Jeder Ehrenrat ist ein« veraltete Institution. Der Antrag wird ange« n o m m e n. Als Ehrenratsbeisitzer werden Laurence, Trianontheater, Basser- mann, Deutsches Theater, Forchhammer-Frankfurt a. M., Frau Ilm, Winds-Leipzig, als Stellvertreter Oskar Fuchs  . Jeßner, Frau Rubner, Kromer-Mannheim und Gemünd  -EIberfeld gewählt. Dann endlich, in schon vorgerückter Nachmittagsstunde, kommt der Antrag 4 des Dresdener Hostheaters zur Behandlung. Er lautet: Die Delegiertenversammlung wolle beschließen: die provi- sorische Besoldung des Präsidenten nicht zu erneuern, sondern wieder einen im Ehrenamt wirkenden Präsidenten zu wählen." Präsident Nissen legt für die Dauer dieser Verhandlungen den Vorsitz nieder, den Vizepräsident Paul übernimmt. Desidor Zador begründet den Antrag. Wir wollen die Person Nissens aus der Debatte lassen. Wir erkennen die Arbeitstätigkeit des Präsidenten durchaus an, aber wir wollen keine Aemter- hascherei bei uns großziehen und den Präsidentenposten wieder zu einem Ehrenamt machen! Der nächste Redner Nickelt verzichtet für den Augenblick auf das Wort. Er will offenbar erst die Gründe der Gegner kennen lernen. Laurence-Berlin schildert die außerordentliche Arbeits- leistung, die auf einem heutigen Präsidenten ruht. Zwei Herren kann man nicht dienen. Den Mann, der an unserer Spitze steht, frei und unabhängig zu machen, damit er für unS arbeiten kann, muß unsere nächste Aufgabe sein! Tun wir das und wir haben etwas Großes getan!(Stürmischer Jubel bei den Delegierten, der sich auf den Tribünen fortpflanzt und wiederholt.) Winds pro- testiert erregt gegen die Beteiligung der Galerie an den Kund- gebungen. Die Galerie hat kein Recht dazu; in keinem Parlament ist das Sitte.(Von mehreren Seiten ertönen laute Rufe:Krön- prinzl") Der Vizepräsident bittet die Tvibünenbesuchcr, Kund- gebungen zu unterlassen und bringt den Antrag 5. der einen f e st- besoldeten Präsidenten mit einer Amtsdauer von drei Jahren wünscht, zur Verlesung. Der Antrag 6. der sich mit dem des Hamburger Schauspielhauses deckt und einen besoldeten Generaldirektor fordert, wird mit diesem zusammen ver- handelt werden. Der Antrag 7(Willi Loehr-Berlin  ). der einen un- besoldeten Präsidenten wünscht, verlangt, daß kein Präsident vor- geschlagen wird, gegen dessen Persönlichkeit schwere Anschuldigungen vorliegen. Gegen die summarische Behandlung dieser auseinander- gehenden Anträge wendet sich Rickelt. indem er vorschlägt, sich erst darüber zu einigen, ob ein besoldeter oder ein unbesoldeter Präfi- dent oder ein besoldeter Generaldirektor mit einem Ehrcnpräsi- denten über sich gewünscht wird. Es tritt eine Pause ein. in der die Delegierten über die einzu- schlagende Taktik beraten. Vorher wird die Resolution des Jen- tralausschusses noch einmal verlesen, die die Besoldung des Präsi. denten empfiehlt. Nach einer langen und erregten Debatte kommt man zur Ab- stimmung. Der Antrag Dresden   wird mit 116 gegen 59 Stimmen unter anhaltendem Händeklatschen und Hochrufen abgelehnt. Ter Antrag 5(Schleswig  -WiSmar  ), der einen festbesoldeten Präsidenten vorsieht, der von drei zu drei Jahren neu zu wählen wäre, würde eine Statutenänderung notwendig machen, für die eine Zweidrittelmajorität notwendig ist. Der Antrag erhält 114 Stimmen dafür, 74 Stimmen dagegen. Er wäre somit als ab- gelehnt zu betrachten, wenn die Statutenänderung in der Tat lung zu entscheiden ljaben. Die Sitzung wird um 7% Uhr per« tagt. Tills Induftrie und Dandel. Der Saatenstand in Preußen. Nach der Statistischen Korrespondenz ist der Saatenstand in Preußen Anfang Dezember 1911, wenn 2 gut, 3 mittel, 4 gering bedeutet: Weizen 2,6, Spelz 2,1, Roggen 2,5, Raps und Rübsen 2,8, junger Klee 3,9. In den Bemerkungen der Statistischen Korrespondenz heißt est Während die Witterung in der Saatzeit viel zu trocken war. trat seit Oktober überall Regen ein, der den jungen Saaten von großem Nutzen gewesen ist. Obgleich die Niederschläge in manchen Gegenden ziemlich veichlich gewesen sind, haben sie den Grund- Wasserstand doch nicht zu heben vermocht. In den Brunnen und Teichen fehlt es auch hier noch immer a n W a s s e r. Da im übrigen die Witterung, abgesohen von einigen stürmischen Tagen, vorherrschend mild war und die Befeuchtung für die Winter. bestellung gerade ausreichte, konnte diese überall erledigt und die Pslugarbeit für die Frühjahrsbestellung ziemlich weit gefördert werden. Von den schädlichen Tieren sind es hauptsächlich die Mäuse, die sich wieder, nachdem sie im Laufe des Sommers durch Gift dezimiert waren, swrik vermehrt haben. Andere Schäd- linge werden selten genannt. Allerdings sollen auch die Krähen hier und da erheblich geschadet haben. Infolge der fangen Trocken- vereinzelt überhaupt nicht aufgegangen, während " interWeizen und-Roggen nach den Niederschlägen und der überwiegend günstigen Witterung im Berichtsmonate er» freuliche Fortschritte machten; ebenso der Winter- spelz. Die Felder der Getreidefriüchte sind jetzt zumeist voll be- standen und gehen, namentlich der Roggen, kräftig entwickelt und gut bestockt in den Winter. Früh aufgelaufene Roggensaaten stehen mitunter so üppig, daß bei starkem Schneesall ohne vorauf- gegangenen Frost ihre Auswintevung zu befürchten ist. Man be- avstchtigt deshalb, sie entweder zu schröpfen oder, wo es angängig ist. sie abweiden zu lassen. Der j u n g e K l e e hat sich auf einigen Feldern zwar wieder gezeigt, konnte sich jedoch im großen und ganzen wenig mehr bessern. Hiermit ist die diesjährige Berichterstattung über den Saaten- stand beendet; die nächstjährige beginnt Anfang April, Bus aller Melt. Furchtbare Folge» der Raffenhetze. Die Spannung zwischen Weißen und Negern hat in den nord- amerikanischen Bereinigten Staaten eine Höhe erreicht, daß fast täglich brutalste Ausschreitungen gegenüber den Farbigen zu ver- zeichnen sind. Wenn irgendwo Verbrechen begangen werden: der Nigger ist der vermeintliche Schuldige und diekochende Volksseele" beruhigt sich erst, wenn an einem Angehörigen der schwarzen Rasse ein feiger Lynchmord begangen ist. Ja selbst die bloße Anwesenheit der Schwarzen erscheint in manchen Orten den Weißen schon als ein todeswürdiges Verbrechen. So kommt aus Memphis   die Meldung, daß in der Nähe von Clifton zwei Neger und eine Negerin von der weißen Bevölkerung ermordet worden sind, weil sie dem Verlangen der Einwohner, sich au« der Gegend, wo sie sich angefiedelt hatten, zu entfernen, nicht nachgekommen sind. Die weißen Herren der Schöpfung hatten die drei mehrere Male aufgefordert, sich davon zu machen, weil sie ein Zusammenwohnen mit Farbigen nicht dulden wollten. Unsere amerikanischen Genossen haben noch ein gewaltiges Stück Kulturarbeit zu leisten, bis der infamen Rassenverhetzung ein Ende bereitet wird._ 45 Jahre unschuldig im Kerker. Ein schwerer Irrtum der italienischen Justiz ist dieser Tage durch das Geständnis eines auf dem Todtenbette liegenden Polizeibeamten korrigiert worden. In der Nähe von Rom   wurde im Jahre 1866 ein junges Mädchen ermordet aufgefunden. Der Verdacht der Täterschaft lenkte sich auf einen jungen Verehrer der Ermordeten namens G i u st i. ES wurde ihm der Prozeß gemacht und Giusti trotz aller Unschnldsbeleuerungen zu lebenslang- lichem Kerker verurteilt. Welche furchtbaren Folterqualen mag der Unglückliche die ganzen Jahre hindurch ausgeholten haben, denn er war wirklich unschuldig. Am Dienstag hat der richtige Mörder, ein Karabinier, vor seinem Tode seine Schuld bekannt. Er hatte das Mädchen, in das er verliebt war, aus Eifersucht ermordet. Nach dem Geständnis wurde die sofortige Freilassung de» Un- schuldigen angeordnet._ Kleine Rotizen. Antomobilung ück. Ein Automobil mit vier Insassen geriet gestern vormittag auf der Fahrt von Zwickau   nach Leipzig   beim Ausweichen mit dem Hinterrad in einen Graben und prallte gegen ein H a u S. Frau Richter aus Zwickau   war auf der Stelle tot, Frau Kratz aus Wiesbaden   erlitt einen schweren Schädelbruch, während der Besitzer des Autos, Apel, schwere innere Verletzungen davontrug. Seine Gattin blieb unverletzt. Tunnelcinsturz. AuS unbekannter Ursache ist bei Dortmund  ein Teil des von der ZecheTremonia" ausgehenden Tunnels, der von der Deulsch-Luxemburgischen Gesellschaft zum unterirdischen Kohlentrai, Sport angelegt wird, eingestürzt. Von der im Tunnel befindlichen Arbeiterkolonne konnten sich alle retten bi» auf zwei Mann. Die beiden Verschütteten konnten leider nur als Leichen geborgen werden. Ein deutsches Kriegsschiff festgerannt. DaS LinienschiffKaiser Wilhelm IL", Stammichiff der Reservedivision, ist Mittwochnach- mittag im dichten Nebel auf Breitgrund vor der Flens- burger Föhrde   fest gekommen. Eine Gefahr fürsdas Schiff bestehtabernicht. Die KreuzerUndine" undDanzig  " sind zur Stelle. Wie imS ein Telegramm noch meldet, ist das Schiff gestern spät abend wieder flott geworden. Typhusepideniie in Spanien  . In der Stadt und Provinz Gijon  grassiert in erschreckendem Maße der Typhus. Es sollen bereit? 2000 Menschen erkrankt sein. Durchschnittlich sterben an der Seuche täglich 25 bis 30 Menschen. Wltterungöübersicht vom 7. Dezember 1011. Stationen Ii Ii Swtnemde. t amburg erlin FranksaM München Wien 767 76t 766 766 76S l| S? SO SO S SO O 770 SO Wetter 3 wollig LRebel 3 bedeckt 3Dunst tNebel 3N-bel WE tiZ »II i« WS 0 3 0 3 3 0 Stationen 2 c Sh Haparanda Petersburg Scilla Aberdcen Paris 773 S 77�S 7SSNNW 743® 7bgS Setter Schnee Schnee 7|balb bd 4 Regen Ädedcckt 1« HS 3 4 s 5 6 Wetterprognose für Freitag, den 8. Dezember ISIl. Zimächft etwas wärmer, vorwiegend trübe mit geringen Niederschlägen und lüdlühen Winden! später auftlarend und etwa» kälter.