Tastwtr Perier zuzog. Fauris hielt als sein VerteOig« eineseiner ersten großen sozialistischen Reden. Gerault-Richard wurdezu einem Fahr Gefängnis verurteilt. Ein paar Monate daraufwählte ihn das 13. Pariser Arrondissemcnt zum Deputierten.Der Ministerpräsident Tupuh verweigerte seine Freilassung, dochbrachte ihm der Rücktritt Casimir Periers und die nach dem Amts-antritt Felix Faures erlassene allgemeine Amnestie schon nach einpaar Wochen die Freiheit. Gerault-Richard wurde Chefredakteurder„Petite Republique" und entwickelte sich als solcher immerweiter nach rechts. Er war ein schneidiger Polemiker, in der witzi-gen, boshaften Glosse geradezu ein Meister, aber ihm fehlten dieersten Begriffe vom Wesen des Sozialismus, der sittliche Ernst unddamit der Trieb, den Mängeln seines Wissens nachzuhelfen unddie Zucht, die das verantwortungsvolle Wirken in einer großenOrganisation bewirkt. So sank er rasch zum gewöhnlichen Erfolg-jäger herab, zum Regierungstrabanten und Reptilienfondsjour-nalisten, dessen Zynismus nur durch eine gutmütige Kamaraderieeinen liebenswürdigen Zug behielt. Zur Zeit des schlimmen Partei-zwistes während der Dreyfuskrise hat er nicht wenig zur Vergiftungdes Verhältnisses zwischen den gegensätzlichen Richtungen bei-getragen. Die Einigung machte er nicht mehr mit, denn er mochtedie Krippe des Regierungs- und Korruptionsjournalismus nichtverlassen. Schon 19K2 hatte er sich für das in Paris verloreneMandat einen Ersatz in Guadeloupe gesichert, wo er als„Sozialist"der Kandidat der Sklavenhalter war, die ihre schwarzen Arbeitermit dem ausgefüllten Stimmzettel zur Urne trieben. Die politi-schen Kolonialabenteuer Gerault-Richards, seine Affären mit demfamosen Negerdeputierten Legitimus, der abwechselnd sein Freundund sein Todfeind war, schließlich seine durch den noch wenigervon Skrupeln geplagten Herausgeber der„Petite Republique"während seiner Abwesenheit in der Wahlkampagne von 1306 be-sorgte Hinausbugsierung aus der„Petite Republique" bieten einenüberreichen Stoff für politische Possen dar.— Seither gab Gerault-Richard verschiedene Blätter heraus, die von der Unterstützung derRegierung lebten, zum Schluß„Paris-Fournal". eine mit großemliterarischen Geschmack geleitete Tageszeitung. Daneben oder besserhauptsächlich betrieb er allerhand mehr oder minder lautere kapi-talistische Geschäfte, die ihm die luxuriöse Lebenshaltung einesSchloßbesitzers ermöglichten. Er ist nur etwas über 50 Jahre altgeworden und sein Talent hat er lange überlebt. Fressende Krank-heit ließ ihn der ergatterten materiellen Glücksgüter nicht frohwerden.Italien.Reaktion auf der ganzen Linie.Rom, 5. Dezember.(Eig. Ber.) In Italien gehören Majestäts-beleidigungsprozesse zu den allergrößten Seltenheiten. In normalenPerioden sehen die Richter ein, daß bei solchen Prozessen die«Majestät" immer eine klägliche Rolle spielt, so daß die wenigenAnzeigen sich meist während der Voruntersuchung im Sande ver-laufen. Heute ist das natürlich ganz anders. Vor dem Ge-schworenengericht von C o m o ist der bürgerliche JournalistFacchinetti zu 1l> Monaten Gefängnis verurteiltlvorden wegen eines heftigen Artikels, den er nach der Ausweisungdes albanischen Agitators Jvaneff zur Zeit des albanischen Auf-standes veröffentlicht hatte. Durch den Artikel soll der König be-leidigt worden se.n. Wenn das so fort geht, wird man baldrussische Zustände in Italien haben.(Wiederholt, weil nur in einem Teil der Auflage.)Cnglanck.Die Rede GreyS.London, S. Dezember. Der ParlamentSuntersekretSr des Au?«... wältigen Amts Acland erklärte in einer Rede in Oldham, SirEdward G r e y fei getadelt worden, weil es ihm angeblichDeutschland gegenüber an Wärme fehle. Grey sei einMann, der niemals mehr oder weniger sage als er meine, und habekeine leeren Worte gebraucht. Es sei zu hoffen, daß sie dieGrundlage bilden würden für zukünftige Verbesse-Klingen der friedlichen Beziehungen.perftcn.Bewaffneter Widerstand in TäbriS.Täbris, 8. Dezember.(Meldung der PetersburgerTelegraphenagentur.) Die F i d a i haben damit begonnen,die Zitadelle von Täbris zu befestigen undProviantvorräte anzusammeln. Der Endschumen behauptet,daß Depeschen aus Teheran besagen, der standhafteste Wider-stand von Täbris sei notwendig, um die Russen zu zwingen,ihre Forderungen herabzusetzen beziehungsweise völlig zuriick-zuziehen. Die Fidai sammeln unter der friedlichen Bevölke-rung Unterschriften für ein Telegramm, in dem der türki-s ch c Sultan um Entsendung von Truppen nachTäbris gebeten wird.— Ein russisches Detachementist in H o i eingetroffen.foilZbticl.Das Schicksal der unschuldig verurteilten sozialdemokratischenDumaabgeordneten. Bekanntlich hat die Duma des Staats-streiches es abgelehnt, für die Wiederaufnahme des Prozessesgegen unsere unschuldig verurteilten Genossen einzutreten.Neuerdings sind folgende Mitteilungen über das Schicksal derGenossen in die Oeffentlichkeit gedrungen. Anilin, Anissimow,Petrow, Scrow und Tschaschin befinden sich auf den Zwangs-arbeiten in Sibirien. Lomtatidse, Dschaparidse und Zere-telli war gestattet worden, die fünfjährige Zwangsarbeit in denGefängnissen des europäischen Rußlands zu verbüßen, wobeiihnen die Strafdauer um die Hälfte vermehrt wurde. Derschwerkranke Lomtatidse ist gegenwärtig im Gefängniszu Tiflis interniert, Dschaparidse starb schon vor dreiJahren während seines Transportes von Petersburgnach Nikolajew, und Zeretelli liegt im Gefängnis zuNikolajew an der Lungenschwindsucht schwer krank darnieder.Acht Genossen, die ihre Strafe auf der Katorga bereits ver-büßt haben, sind, da sie aller bürgerlichen Rechte verlustig er-klärt sind, nach entfernten Orten Sibiriens deportiert worden.Sie leiden große Not, da sie keinerlei Arbeit und Erwerbfinden können. In ähnlichen Verhältnissen befinden sich elfandere Genossen, die zur Ansiedelung in Sibirien verurteiltwurden. Im Petersburger Transportgefängnis befinden sichdie Genossen Saltykow, Surabow und Shedelew, die erstspäter verhaftet worden sind. Der Genosse Machradse endlichist im Gefängnis irrsinnig geworden und befindet sich in einerIrrenanstalt in der Nähe von Wilna.Hud Induftrie und HandeLWie Kongo-Kolon ialgeschäfte gemacht werden.Bei den Debatten über das deutsch-französifche Kongoabkommenist von unseren Kolonialschwärmern in dankenswerter Weise mehrals ein lehrreiches Schlaglicht auf den„Wert" unserer Kolonienüberhaupt und speziell des neuen Kongogebietes geworfen worden.Diese Beurteilung, die wir uns als wertvolles Material für unsereAgitation wohl merken wollen, zeigt nicht nur die Konsequenzenfür den Reichssäckel und die ihn füllende Arbeiterschaft. Sie erfährtPerantw. Redakteur: Albert Wachs, Berlin. Inseratenteil verantw7:setzt auch noch eine bezeichnende Ergänzung durch Mitleilungen, wiedie Gewinne der interessierten Kolonialkapitalisten zustande kommen.Die„Frankfurter Zeitung" veröffentlicht die Gewinnergebnisse unofinanziellen Verhältnisse der„Societe Forestiere Sangha-Oubanghui", einer Gesellschaft, der durch die Abtretung des Kongo-gebietes jetzt unter deutsche Oberhoheit gerät. Das Unternehmen istdurch Verschmelzung von 11 französischen Konzessionsgesellschaftenin Aequatorialafrika entstanden. Um einen möglichst hohen Gewinnaufweisen zu können, dehnte man das erste Geschäftsjahr auf vier-zehn Monate aus. Die Bruttoeinnahmen betragen für diese Zeitrund 8,5 Millionen Frank. Ihnen stehen 1,7 Millionen Frank Aus-gaben gegenüber, so daß sich der Reingewinn für die 14 Monateauf mehr als 3,8 Millionen Frank beläuft. An den Staatwerden nur 267 666 Frank Abgaben entrichtet. Die Rücklagen(Dis-Positionsfonds, Reserven usw.) betragen 1,5 Millionen Frank. AlsTantiemen werden 178 446 Frank verteilt und den Aktionären fließtneben einer öprozentigen Verzinsung des 12 Millionen betragendenKapitals eine Dividende von 1.36 Mill. Frank zu, d. h. etwa II Proz.Die Gesellschaft handelt im wesentlichen mit Kautschuk und Elfenbein,und der Reingewinn ist natürlich nur durch„a u s g e s p r o ch e n e nRaubbau in den nächstliegenden Kautschukwäldern" möglich ge--Wesen. Auch hat sich das Unternehmen um die in den Konzessions-bedingungen vorgeschriebenen Aufwendungen und Meliorationen ge-drückt. Daß schließlich auch die AusbeutungderSch Warzenschändlich war, ist selbstverständlich. Ein deutsches Finanz-konsortium unter Führung der Deutschen Bank suchte und suchtnun, die Aktien der Gesellschaft zu erwerben. Das Kongounter-nehmen war natürlich nicht abgeneigt, nach dem Ramschgewinn desersten Jahres, der sich in dieser Höhe nicht wiederholen wird, schleu-nigst loszuschlagen, hat es aber vorgezogen, 56 666 Stück Aktien aneine französische Finanzgruppe zu einem Kurswert von 256 abzu-geben. Diese Finanzgruppe hat sich aber selbst nur einen Zwischen.gewinn von 15 Frank pro Aktie, also insgesamt 756 666 Frank ge-sichert und so die Aktiou an ein Syndikat, bestehend aus PariserBanken und Bankfirmen, weitergegeben. Das Syndikat soll dieAbsicht haben, die Aktien mit einem weiteren erheblichen Aufschlagan das Publikum zu bringen, das natürlich die gesamten Kostendieser Transaktionen zugunsten der Großfinanziers zu tragen habenwird. Die deutsche Finanz ist aber mit diesen Schritten sehr wenigzufrieden, da sie gar zu gern sich selbst an dem Geschäft beteiligthätte, und erhebt daher drohend die Finger: die deutsche Regierungwerde auf eine sachgemäße Behandlung der Kautschukausbeutedringen, sie werde ferner an die Pflicht der Meliorationen erinnernund auch die Arbeiterfrage würde sich unter dem Einfluß der deur-schen Regierung für die Folge voraussichtlich wesentlich anders ge-stalten— wie es so schön diplomatisch heißt.„Damit ist aber viel-leicht ein Teil der Grundlagen erschüttert, auf denen die Gesellschaftim letzten Jahre ihren hohen Reingewinn und ihre hohe Dividendeaufbaute." Das Klagen wird den deutschen Kapitalisten nichts nutzen— die französische Hochfinanz freut sich bereits des Gewinnes tnder eigenen Tasche— und eS bleibt ihnen nichts, als vor dem An-kauf der Kolonial., werte" zu warnen,„denn mit Kolonialwertcn hatman in Deutschland schon recht schlechte Erfahrungen gemacht".Zollbelastung!Während die Lebensmittelwuckierer, um den Arbeiter zu blenden,die sozialen Lasten gern in großen Zahlen aufmarscklieren lassen,versuchen sie die Zollastcn recht gering erscheinen zu lassen, indemsie diese auf eine Tasse Kaffee, ein Glas Bier usw., okt dazu falschumrechnen. Wie die Zölle in Wirklichkeit die Lebensmittel verteuern,erkennt man bei einer Vergleichung der Zollbeträge mit dem Werte derin Betracht kommenden Waren. Das geschiebt in der folgendenTabelle. Sie enthält die Angaben nach der amtlichen Statistik überdie Zollerträge bei der Einfuhr von Lebensmitteln im Jahre 1916:Wert der Waren Zollertrag Der Zoll beträgtin 1006 Mark vom Wert Proz,Bis zu 67 Proz. vom Werte der Waren machen die Zölle aus,In diesen Zahlen tritt die Brutalität der Verteuerungspolilik rechtkraß in die Erscheinung._Krupp A.-G.Der Abschluß der Krupp A,-G. in Essen ist eine neue Bestätigungfür die günstige Lage am Eisen- und Siahlmarkt. Der Reingewinnist um 7t/» Mill. auf 28� Mill, M, gestiegen. Der Vetricbsüber-schuß ergab für das letzte Jahr 43 264 961 M. gegen 35 911 821 M.im Vorjahre. Auffällig ist die Höhe der Abschreibungen, sie machen,einschließlich der Sonderriicklagen, 21>/z Mill. M, aus, 1 623 611 M.mehr als wie im Vorjahre. Indem auch noch über 4 Mill. M.—im Vorjahre nur 163 929 M.— auf neue Rechnung vorgetragen,dem Delkredekonto 2 Mill. M. überwiesen wurden, konnte manwieder aus den vorjährigen Dividendensatz von 16 Proz, zurück-kommen. Das Aktienkapital der Firma beträgt 186 Mill. M. Inden letzten 5 Jahren sind 169 Mill. M, Reingewinne heraus-gewirtschaftet worden. Ein Bild von dem allgemeinen Aufstieg—bei den Erträgnissen— gibt die folgende ZÜsammenstcllung. Inden beiden letzten Jahren ergaben die Reingewinne und Ab-schreibungen der aufgeführten Gesellschaften folgende Beträge in1666 M.:Reingewinn Abschreibungen sbschrech.""zust1363,10 1910/11 1909/10 1910/11 1909/10 1910/11Harpener Bergbau. 7 174 8 253 8 132 9 044 15 366 17 297Phönix..... 19 798 24 475 12 888 12 760 32 686 37 235Rhein. Stahlwerke. 2 855 3 636 2 922 2 929 5 777 6 559Hasper Eisen U.Stahl 1694 1293 911 991 2 665 2 284Krupp..... 21 265 28 712 18 885 19 568 46 156 48 226Sa. 52 186 55 363 43 738 45 232 95 934 1 1 1 595Daß man trotz solcher Ergebnisse ausgerechnet aus dieser In-dustrie fortgesetzt gegen die Sozialpolitik und die Arbeiter hetzt, überdie Gefährdung der Industrie durch zu hohe Belastung lamentiert,ist wahrlich ein starkes Stück._Das Rüsten zum Kampf!Nach den Ausweisen über die Ergebnisse im November hat imVergleich mit dem Vorjahre sowohl die Erzeugung von Roheisenals auch der Abstoß von �-Produkten des Stahlwerksverbandeswiederum zugenommen. Die Roheisenerzeugung stieg von 1 272 333Tonnen auf 1313 896 Tonnen, der Versand von �.-Produktenvon 426 356 Tonnen auf 499 069 Tonnen. In den ersten 11 Mo-naten dieses Jahres sind über 14 Millionen Tonnen Roheisen er-blasen worden gegen nicht ganz 1314 Millionen Tonnen im selbenZeitraum des Vorjahres. Bei dem Versand von Produkten A zeigtsich für die genannte Periode eine Zunahme von 4 789 066 Tonnenauf 5 335 009 Tonnen. Ueber den Versand der Produkte B liegtder Ausweis für die ersten 16 Monate vor; danach ergibt sich eineGeisamtsteigerung von 4 794 666 Tonnen auf 5 183 096 Tonne». Andiesen Ziffern ist besonders bemerkenswert, daß der Abstoß vonB-Produkten nun schon größer ist als der von Erzeugnissen A. Esist das eine Folge der gesteigerten Konzentration und des forziertenAusbaues der Weiterverarbeitungsanlagen der Gemischtwerke.Weiter kommt in der Versandzunahme die Ouotenjagd beim Stahl-Werksverband in die Erscheinung. Im Jahre 1968 betrug die Ge-samtbeteiligung 12 686 617 Tonnen, zurzeit 12 436 434 Tonnen.Nun liegen Anträge auf Mehrbeteiligungen vor, die 5 Mil-lionen Tonnen ausmachen. Ihre Gewährung würde die Be-teiligung auf über 17 Millionen Tonnen steigern, alsonoch erheblich über die Roheisenerzeugung hinaus, die doch höchstens1514 Millionen Tonnen ausmachen wird. Die Mehrforderungeusind natürlich sehr hoch geschraubt; jeder rechnet damit, daß ab-gehandelt wird. Dabei dürfte es zu heftigen Kämpfen unter denGroßen im Reiche der Montanindustrie kommen. Die bedeutendenAbschreibungen und Rückstellungen bei den letzten Abschlüssen derWerke sind hauptsächlich im Hinblick auf die zu erwartendenOuotenkämpfe vorgenommen worden. Der Vorgang wird vielleichtauch nicht ohne Einfluß auf den Weltmarkt bleiben. Die Weiter-veravbeiter von Rohmaterial und halbfertigen Erzeugnissen werdensich wohl einige Zeit billiger Preise erfreuen können.Huö der Frauenbewegung.Ruth Brs,bekannt durch ihr Wirken auf dem Gebiete des Mutterschutzes, istam Donnerstag in Herischdorf in Schlesien plötzlich am Herz-schlag gestorben. Die Verstorbene war früher Volksschullehrerinin Breslau. Sie ist weiteren Kreisen dadurch bekannt geworden.daß sie im Namen der Menschlichkeit flammenden Protest gegen einUrteil des Schwurgerichts Glatz erhob, welches die Magd AnnaWerner in Glatz, die aus N o t und durch bureaukratischeMaßnahmen zur Kindesmörderin wurde, zum Todeverurteilte. Ihrem eifrigen Wirken ist es zu danken, daß dieTodesstrafe im Gnadenwege zu einer 16jährigen Zucht-haus st rase umgewandelt wurde. Die Bemühungen der Ver-storbenen führten denn auch noch dazu, daß ministerielleAn-Weisungen an die Behörden ergingen, die Ge-setze über den Unter st ützungswoh»sitz, denew dieMagd Anna Werner zum Opfer fiel, loyaler zu handhaben.Obwohl Ruth Vre selbst nicht mit irdischen Mitteln gesegnet, hattesie für die Armen und Enterbten immer lebhaftes Mitgefühl. Alsihr gelegentlich ihrer Bemühungen in der Angelegenheit der ver-urteilten Anna Werner von der Redaktion unseres BreslauerBruderblattes, zu dessen gelegentlichen Mitarbeiterinnen sie ge»hörte, einige anerkennende Worte gesagt wurden und man ihr dieFrage vorlegte, was nach der Entlassung mit der Anna Wernerwerden würde, da war Ruth Bre bereit, mit dieser so lange ihrkärgliches Brot zu teilem bis diese wieder auf eigenen Füßen stehenkönnte. DaS ist ein ehrendes Zeugnis der Menschenliebe für dieVerstorbene, die immer noch gehofft hatte, daß das Opfer derpreußischen Bureaukratie und des toten Buchstabens unserer Ge»setze vollständig begnadigt würde. Das hat sie nicht mehr erlebenkönnen.Gegen die Reglementierung der Prostitution.Die Stadtverordnetenversammlung von Stockholm hat lflihrer letzten Sitzung mit 49 gegen 38 Stimmen beschlossen, an dieRegierung das Ersuchen zu richten, den Polizeimeister von der ihmjetzt obliegenden Pflicht, für die„erforderliche Aufsicht über lieber»liche Frauenzimmer" und für ihre„Besichtigung durch hierzu an»gestellte Aerzte" zu sorgen, zu befreien. Ursprünglich lautete deuAntrag dahin, die zu diesem Zweck im Budget der Stadt aufge-führte Summe von rund 86 666 Kronen einfach zu streichen, weilman meinte, daß keine bestimmte gesetzliche Verpflichtung zur Be-willigung der Gelder vorhanden sei. Nachdem jedoch der Oberstatt»Halter auf eine königlich« Verordnung aus dem Jahre 1869 auf»merksam gemacht hatte, durch die die Pflicht des Polizeimeisterszur Ueberwachung der Prostitution festgelegt ist, hielt es die Mehr»heit für zweckmäßiger, sich mit dem erwähnten Ersuchen an dieRegierung zu wenden.Uebrigens macht sich seit einigen Jahren in ganz Schwedeneine immer stärker werdende Bewegung gegen die reglementierteProstitution geltend, so daß die Zeit nicht mehr fern zu sein scheint,wo Schweden dem Beispiele Norwegens und Dänemarks folgt undallgemein mit dem alteingewurzelten Systeme bricht. DaS ist umso eher zu erwarten, als die letzten Reichstagswahten der Sozial-demokralie, die ja auch bei Bekämpfung jener Kulturwidrigkeit dietreibende Kraft ist, einen viel stärkeren Einfluß als bisher gesicherthaben._Leseabende.Vierter Wahlkreis, 25. Abteilung. Morgen. Montag, den 11. De»zember, abends 8'/z Uhr. im Lokal Bergmann. BorhaaeuerStraße 26. Rcferentin: Genossin Hanna.Hetzte rfaehrichten,Spionageprozeß Schulz.Leipzig, 9. Dezember.(W. T. B.) In dem SpionageprozeßSchulz fanden heute abend in nichtöffentlicher Sitzung die Plai-doyers statt. Die Fortsetzung der Verhandlung wurde auf näck'stenMittwoch vormittag angesetzt.Die Engländer auf Kreta.Paris, 9. Dezember.(W. T. B.) Aus Athen wird gemeldet:VenizeloS verlas eine Depesche aus Canea. wonach aufKreta englische Matrosen zur Herstellung einer funkentelegraphi.schen Verbindung zwischen dem englischen Konsulat inCanea und dem in der Sudabai ankernden Schiffe ge»landet seien.Der serbische reaktionäre Staatsmann Christitsch gestorben.Belgrad, 9. Dez.(W. T. B.) Der frühere Ministerpräsident undPräsident des Staatsrats, Nikola Christitsch, ist heute imAlter von 93 Jahren gestorben.Erdbeben in der Neumark.Landsbcrg a. W., 9. Dezember. In der ganzen Neumar! wurdeheute eine rrdbebeuartigc Bewegung wahrgenommen. Di« Erb-erschütterung war so stark, daß Gegenstände von den Wänden fielen.Die Grubenkatastrophe im Staate Tennessee.»tuoxville, 9. Dezember.(W. T. B.) DaS RettungSwerkauf dem Schacht, auf dem sich heute die Explosion ereignet hatteund in dem zweihundert Bergleute eingeschlossen sind, wurde balddurch hoch emporlodernde Flammen, die aus den Schachtöffnungenhervorschlugcn, verhindert. Scharen von Frauen und Kinderndrängen, sich um die Schächte. Tie Hoffnung auf Rettung ist fastganz geschwunden.(Siehe auch„Aus aller Welt".)Hierzu 7 Beilage».Th. Glocke, Berlin. Druck u. Perlag: PorwärtsBuchdr. u Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.