Kaitinger WS. Diese S Genassen kanren also auf den offiziellenStimmzettel, die ersten 5 mit je 2 Stimmen. Es erhielten auher-dem noch Dr. Lindemann 330. Fischer 303, Sämann 236Stimmen usw.Gegen die fünf mit je zwei Stimmen bedachten Parteigenossenfetzte sofort nach der Aufstellung in bürgerlichen Blättern einewütende Hetze ein. Das„Neue Tagblatt" in Stuttgart, einesder schmutzigsten gegnerischen Organe, veröffentlichte angebliche„Zuschriften aus Parteikreisen", in denen die Genossen in der un-flätigsten Weise beschimpft wurden. Leider hat auch ein Partei-organ, die„Don au wacht" in Ulm, einen Beitrag zu diesemKapitel geliefert, der der Wahlarbeit der Genossen schwerenSchaden znfüate. Die Vorwürfe gipfelten in der Hauptsache darin,die„Radikalen" hätten alte verdiente Parteigenossen wie Wasner,Tauscher, Mattutat, Baitinger, Lindeinann, Fischer usw. brutalhinausgedrängt.„Vandalismus" wurde der VersammlungSmehr-heit vorgeworfen, den Kandidaten wurde Mändatsjägerei nach-gesagt usw.Die Parteileitung sah sich schließlich gezwungen, gegen diesesTreiben öffentlich Stellung zu nehmen. Die von ihr veröffent-»lichte Erklärung stachelte aber die Gegner nur zu neuen schwerenBeschimpfungen an. Es mag ein Fehler der Parteileitung gewesen>sein, daß sie nicht kurz und bündig die Gründe dargelegt hat, die»n der Versammlung gegen die Wahl der angeblich vergewaltigten„Revisionisten" geltend gemacht worden waren. Ein Redner hattesich nämlich klar und deutlich gegen die Häufung mehrerer Man-date auf ejnzclne Genossen ausgesprochen. Parteisekretär Wasnerhat außer seinem Parteiposten noch ein Landtagsmandat aus-guüben, Fischer und Tauscher desgleichen, ebenso Lindemann, derzudem aller Voraussicht nach noch ein Reichstagsmandat erhaltenwird. Arbeitersckretär Mattutat ist ebenfalls Landtagsabgeordneter,die Parteigenossen rechnen damit, daß er bei der bevorstehendenReichstagswahl den Herrn Konrad Haußmann, den Führer derVolkspartei, werfen wird. Diese Erwägung mag viele Versamm-lungsteilnehmer bewogen haben, davon abzusehen, ihnen zudiesen Mandaten auch noch ein weiteres als Gemeinderat aufzu-bürden. Verschwiegen darf allerdings nicht werden, daß die Hal-tung, die Wasner, Fischer und Mattutat bei verschiedenen Ge-legenheiten gegen die Mehrheit der Stuttgarter Parteigenossen.fchaft eingenommen haben, zu dem Abstimmungsresultat mit bei-getragen haben wird.Einige Tage vor der Wahl wurde in der bürgerlichen Pressebereits ein Gegenvorschlag gegen den offiziellen Wahlvorschlag derPartei veröffentlicht. Es gelang der Parteileitung festzustellen,daß ein der Partei nicht ungehöriger Buchdrucker bei diesem Stück-sein beteiligt war. Andern Tags wurde jedoch bekannt, daß dereigentliche Urheber ein Parteigenosse war, der den Stimmzettelauch an ein Parteiorgan eingesandt hatte. Das Begleitschreibendazu trug eine gefälschte Unterschrist..Währenddes ging die Hetze in der bürgerlichen Presse muntertveiter. Am Abend vor der Wahl wurden nun in allen größerenBetrieben Stuttgarts durch gewerkschaftliche Ver?-trauenSleute Stimmzettel zur Verteilung gebracht, die, mitder Aufschrift des offiziellen Parteizettels versehen, eine andereKumulierung enthielten als der Parteizettel. Die drei an ersterStelle stehenden Genossen sind vollständig gestrichen, die beidenfolgenden mit je einer Stimme belassen, die letzten vier jedoch mitje drei Stimmen bedacht. Zur Anfertigung dieses gefälschtenZettels hat man einen offiziellen Zettel erst derart verändert,dann photographiert und den Druck mit KlischeS bewerkstelligt.Ein Teil der Vertrauensleute, die den Schwindel merkten,ihat diese Fälschungen der Parteileitung zugestellt, der andereTeil Hai sie ausgegeben, wohl ohne sich sofort der Fälschung be-wpßt zu sein.r Die Parteileitung bemühte sich, noch am Wahltage die Ar-beiterschaft über das Stückchen aufzuklären durch Plakate undFlugblätter; leider war das nicht überall mehr möglich. Ob dieAussetzung einer Belohnung von 100 M. für die Feststellung desFälschers Erfolg haben wird, bleibt aliznivarten.Daß dieses Wahlmanöver die Mehrheit der Parteigenossen-fchaft aufs äußerste erbittert hat, ist begreiflich. Die Spekulationauf die durch die bürgerliche Presse bearbeitete Mitläuferschaftdürste aber wohl den gewünschten Erfolg gezeitigt haben.»*»Ueber das Ergebnis der Stuttgarter Gemeinderatswahlwird uns mitgeteilt, daß unserer Partei von 14 zu WählendenKSitze zufielen, darunter 4 auf ß, 1 auf 4, 1 auf 2 Jahre.Die Nationalliberalen bekamen 4. die Volkspartei 3, die Konser-vativen 1 Sitz, das Zentrum ging leer aus. Gewählt wurden dieGenossen Tauscher, Wasner, Baitinger sbish. Gemeinderäte), Mattutat(bish. Bürgerausschutzmitglied),Schwab und Engelhardt. Die Genossen W e st m c y e r,O st e r und S t e t t e r blieben in der Minderheit. Die Ge-samtzahl der für uns abgegebenen Stimmzettel betrug 11 175gegen 12 278 bei der Oberbürgermeisterwahl im Mai d. I.Während bei früheren Wahlen nur 13 bis 14 Proz. der sozial-demokratischen Wahlzettel abgeändert wurden, stieg dieser Prozent-satz diesmal auf 431 ES wurden nämlich S832 sozialdemokratischeZettel unabgeäudert, L342 abgeändert abgegeben. Auch bei denbürgerlichen Parteien waren die Abänderungen viel zahlreicherals früher, was zur Folge hatte, daß das Ergebnis der am Freitagvorgenommenen Wahl erst Sonnabend in später Nachtstunde be-tannt wurde.Die bürgerliche Presse hält es angesichts des Wahlergebnissesfür angebracht, von einer„Niederlage des Radikalismus" zufaseln. Davon kann gar keine Rede sein. Trotz d«S Partei-schädigenden und heimtückischen Treibens einzelner Personen, diesich auS Feigheit noch nicht einmal zu ihrer Tat zu bekennenwagen, sind 480 unveränderte, also„radikale" Wahlzettel mehrabgegeben worden als abgeänderte. Daß die radikalen Genossentinterlagen, ist auf daS KumulierungSsystem zurückzuführen.Die erste Landeskonferenz der serbischen SozialdemokratenUngarnsfand am IS. und 20. November in Ujvidek unter Teilnahme von36 Delegierten statt. Außer der Zentralparteileitung waren nochdie kroatische und die Partei des Königreichs Serbien(zugleichfür die bulgarische Partei) vertreten. Die Partei, deren Mittel-punkt bisher in Pest war. besteht erst seit vorigem Jahre. Siezählt 15 Dereine mit 680 Mitgliedern. Etwa 2000 serbische Ar-beiter gehören den Gewerkschaften Ungarns an. Das Parteiblati„Sloboda", das bisher dreimal monatlich erschien, hat 1000Abonnenten. Es wird nun wöchentlich herausgegeben werden.Daneben besteht noch„Napred" mit 300 Abonnenten. 85 Ver-fammlungen mit Demonstrationen und 125 Vorträge wurden der-anstaltet. Daneben aber wurden 37 Volksversammlungen ver-boten, und„Sloboda" hat bereits 26 P r e ß p r o z e s s�.Neben der Brutalität der Behörden ist der fanatische Klerikalis-onus, dem der größte Teil des serbischen Volkes noch ergeben ist,btS Hauptfeind._Larteilitrratur.Der Kampf um die ReichsversicherungSorbnung. Heraus-gegeben vom Vor stände der sozialdemokratischenPartei. Berlin ISII. Verlag Buchhandlung Vorwärts.In überaus klarer und übersichtlicher Weise wird in diesemBuche die so vielgerühmte Reichsversicherungsordnung beleuchtetund die antisoziale und arbeiterfeindliche Haltung der bürgerlichenParteien an den Pranger gestellt. Gleichzeitig gibt das Werk einjehrreiches Bild von dem Wesen der gesamten Sozialversicherung.Künstlerischer Wandschmuck.Der Bildungsausschuß hat auch in diesem Jahre auf eine völligneue Herausgabe des Verzeichnisses für künstlerischen Wandschmuckverzichtet und nur den Nachtrag vom Borjahre erweitert und miteirffr illustnetiffn Beilage vttfehm. Der Nächtrag enthält Angabenüber Bilder aus den Verlagen Voigtländer-Leipzig, Merfeld undDonner-Leipzig, Jander-Berlin, Nordwestdeutscher Kunstverlag-GoSlar a. H., Marquardt-Hamburg, Buchdruckerei Auer u. Co.-Ham-bürg. Der Nachtrag und das vor zwei Jahren erschienene großeVerzeichnis wird an alle Interessenten von der Geschäftsstelle desBildungsausschusses(Heinrich Schulz, Berlin SW. 68, Linden-straße 3) versandt._Zum Parteitag der ruthenischen Sozialdemokratie. Wie nach-träglich gemeldet wird, hat der Parteitag die seit Jahren inGalizien konstituierte„j u d i s ch e sozialdemokratische Arbeiter-Partei" als Bruderpartei anerkannt.Jugendbewegung.Vom Kampfe gegen die proletarische Jugendbewegung.DaS Schöffengericht zu Görlitz hatte den Obmann desJugendauSschusscs, Genossen Fritz Eichhorn, zu 15 M. und dieübrigen acht Mitglieder zu je 5 M. Geldstrafe.verurteilt und zwarwegen angeblicher Uebertretung des Reichsvereinsgesetzes. DerJugendausschutz sollte ein pokitischer Verein sein. Alle Verurteiltenlegten Berufung ein. Die Strafkammer als Berufungsinstanzfällte am Sonnabend folgendes Urteil: Die Berufung des Ange-klagten Eichhorn wird aus dessen Kosten verworfen. Seine Ver-urteilung sei mit der Maßgabe erfolgt, daß er sich der Uebertrewngdes Reichsvereinsgesetzes in zwei Fällen schuldig gemacht habe. DieJugendorganisation(I) bilde einen Verein, der auch politischeZwecke verfolgt hätte. AIS Vorstand habe der Angeklagte die Pflichtgehabt, die Statuten und die List« der Vorstandsmitglieder einzu-reichen. Ferner habe er Personen unter 18 Jahren in den Ver-fammlungen geduldet. Die übrigen acht Angeklagten wurden frei-gesprochen. Sie seien keine Vorstandsmitglieder der„FreienJugendorganisation"" gewesen, hätten vielmehr nur aufsichtsweisedie Vertretung geführt und seien deshalb nur als gewöhnliche Mitglieder zu betrachten.Nach dem Urteil hat daS Gericht in dem Jugendausschuß eineOrganisation erblickt, obwohl dafür jede Voraussetzung fehlt.Warum der Jugendausschuß ein politischer Verein sein soll, wurdemit keinem Wort erwähnt; es muß darum daS schriftliche Urteilabgewartet werden.— Unerfindlich ist es, wie eine Bestrafung desGenossen Eichhorn wegen Nichteinreichung der List« der Vorstands-Mitglieder erfolgen kann, wenn das Gericht selbst ausspricht, daß dieübrigen Jugendausschußmitglieder kein« Vorstandsmitglieder sind.Die Sache wird voraussichtlich noch eine höhere Instanz beschäftigen.Der Kampf um die Jugend.Auf einer Tagung des Alldeutschen Verbandes in Lübecksprach Generalmajor a. D. Kei m-Berlin über die deutsche Jugend-erziehung und Jugendpflege. Er stellte dabei die Forderung auf,daß die eigentliche Fürsorge für die Schulentlassenen künftig or-ganisiert werden mutz, weil es nur auf diese Weise möglich ist,in die jugendlichen Kreise der Arbeiterbevölkerung und des Klein-bürgertums zu gelangen, die, wie die Dinge jetzt liegen, mit derZeit der Sozialdemokratie zufallen müssen.— Solange cS Arbeiterfamilien gibt, die wissen, was ihnen frommt, wird alle An-strengung die Arbeiterkinder der Arbeitersache zu entfremden undsie für die der Ausbeutung zu gewinnen, vergeblich sein,Sericbts- Zeitung.Freie Bolksbühne und Zensur.In der Nummer vom 23. September 1911 haben wir über dieVerhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht in dem Prozeß be-richtet, den die Freie Bolksbühne, vertreten durch den RechtsanwaltDr. Heinemann, gegen den Polizripräsidentr» von Berlin geführthat. Bekanntlich hat der Polizeipräsident in Uebereinstimmung mitdem Oberpräsjdenten ausgesprochen, daß die Vorstellungen desVereins„Freie Volksbühne" als öffentliche der Zensur unterliegen.Gegen diese Anordnung erhob die Freie Volksbühne Klage beimOberverwaltungsgericht. Dieses hat, wie wir seinerzeit mitgeteilthaben, die Urteilsverkündung ausgesetzt und erklärt, daß denParteien schriftlich das Urteil zugestellt werden solle. Diese Zu»stellung ist am 11. Dezember erfolgt.DaS Oberverwaltungsgericht hat die Klage der Freien Bolks-bühne zurückgewiesen. In den Gründen wird ausgeführt:Die Borschriften, betreffend die Theaterzensur sind trotz desReichsvereinsgesetzes in Geltung geblieben. Die Entscheidung hängemithin allein davon ab, ob die Theatervorstellungen als öffentlich«anzusehen seien. Diese Voraussetzung liege aber vor. Bei derFreien Volksbühne handelt eS sich um einen Verein, der sich dieAufgabe gestellt hat. das Verständnis für Kunst in der Arbeiterschaftzu fördern. Dieser Zweck sei zwar für alle Mitglieder ein gemein-samer, aber kein einheitlicher. Jedes Mitglied verfolgt für sich denpersönlichen Zweck, sein Bedürfnis nach Kunstgenuß zu befriedigen,und es bedient sich deS Zusammenschlusses mit den anderen nur,weil es seinen Zweck günstiger auf anderem Wege nicht erreichenkann. DirS tritt scharf vor, wenn diesem Berein andere Organisa-tionen, wie namentlich die Wahlvereine oder sonstige politischeBerrine gegenüber gestellt werden. Diese erschöpfen sich nicht damit,daß sie den Mitgliedern Gelegenheit zur Aufklärung und Belehrungüber politische Fragen und über ihre Stellungnahme zu Wahlenbieten. Sie verfolgen darüber hinaus den Zweck, durch den Zu-sammenschluß ihrer Mitglieder ein bestimmtes, einheitliches Ziel,.Wie die Einwirkung auf die Zusammensetzung der gesetzgebendenoder sonstigen öffentlichen Körperschaften oder auf ander« politischeAngelegenheiten m bestimmtem Sinne zu erreichen. An einem ein-heitlichen, über dem persönlichen Sonderinteresse der einzelnenMitglieder stehenden Ziele in diesem Sinne mangelt es aber derFreien Volksbühne, im Gegensatz zu den Wahlvereinen. Unterdiesen Umständen könne der Verein als«ine geschlossene Gesellschaftnicht angesehen werden, da der Zutritt zum Verein jedermann frei-stehe, die Zahl der Mitglieder«in« überaus große sei und der Zweckdes Vereins sich in der Beteiligung an den Theatervorstellungen er-schöpfe. Deshalb könnender Verein nicht als«in in sich geschlossener,bestimmt abgegrenzter Kreis innerlich unter einander verbundenerPersonen angesehen werden. Insbesondere komm« noch in Be-tracht. daß außer den Mitgliedern auch deren Angehörige und Gäste,zwar nur gegen Karten, aber ohne jede weitere Kontrolle, zuge-lassen werden. Hält man dies zusammen mit der Tatsache, daß derVerein über 18 000 Mitglieder zählt, die sich hauptsächlich aus dermehr oder minder fluktuierenden Arbeiterbevölkerung zusammen-setzen, so könne keine Rede davon sein, daß der Berein eine ge-schlossene Gesellschaft bilde._Die Frage der Zulässigkeit von Plakaten,die die Bewilligung von Streikforderungen betreffen, beschäftigtewieder den Strafsenat des Kammergerichts, und zwar in einerSache, wo das Urteil des Landgerichts, der zweiten Instanz, wennauch nicht im Ergebnis, so doch in der Begründung beziehungsweisetatsächlichen Feststellung etwas abwich von der neulich mitgeteiltenSache. Das bekannte Plakat:„Teile meiner verehrten Kundschaft mit. daß ich die Forde-rungen der Bäcker und Konditoren bewilligt habe,">var auch inden 00 Großberliner Filialen der Großbäckerei von BloUner aud-gehängk JvötFeff. Deren Geschäftsführer Zacharias wurde ssofnLandgericht wegen Uebertretung des§ 9 des preußischen Preß-aesetzes verurteilt, weil er ein Plakat öffentlich ausgehängt habe,das nicht zu den durch§ 9 zugelassenen Plakaten gehöre. InFrage käme hier nur, so wurde ausgeführt, ob es sich um ein?nach§ 9 zulässige Nachricht für den gewerblichen Verkehr handele.Es könne nun nicht verkannt werden, daß das Plakat inhaltlichauch gewerblichen Zwecken diene. Es soll darin dem Publikumbeziehungsweise der Blottnerschen Kundschaft mitgeteilt werden, das;die Firma sich den Streikenden gefügt habe. Das bezwecke auch,den mit diesen sympathisierenden Teil des Publikums vom Boykottabzuhalten, zum Kauf anzuregen und von der Konkurrenz fern-zuhalten. Das sei aber nicht der einzige Zweck des Plakats. Viel-mehr verfolge es noch weit mehr, wie das Gericht überzeugt sei,die Tendenz, die streikenden Arbeitnehmer in ihrem Kampfe umgünstigere Arbeitsbedingungen dadurch zu unterstützen, daß dieGefügigkeit einer großen Firma der Oeffentlichkeit bekanntgcgebcawerde, sowie weiter, Kundgebungen und Ansammlungen, wie siebei solchen Streiks zuweilen seitens der� Streikenden und ihrceAngehörigen und Anhänger veranstaltet würden, zu verhüten. Tasseien aber keine Nachrichten für den gewerblichen Verlehr mehr.Zacharias legte Revision ein und sein Anwalt, Dr. Karl Lieb-knecht, machte geltend, daß das Landgericht zu Unrecht ein nacyZ 9 ausgeschlossenes Plakat annehme. Zwe'»ellos handelte es sichhier um eine Nachricht für den gewerblichen Verkehr im Sinnedes§ 9. Jede' Nachricht eines Gewerbetreibenden, die bestimmtund geeignet sei. auf die 5wndschaft zugunsten des Gewerbe-treibenden einzuwirken, müsse als Nachricht für den gewerblichenVerkehr angesehen werden, selbst im Sinne jenes an sich durchausveralteten und nur gegen die sozialpolitischen Bestrebungen derArbeiterschaft noch angewandten Gesetzes. Die fragliche Bestim-mung und Eignung des Plakats sei hier festgestellt worden. Nunkomme aber das Gericht zur Verurteilung, indem es sage, aucynoch andere Zwecke würden mit dem Plakat verfolgt. Das müsseaber doch ganz gleichgültig sein der Tatsache gegenüber, daß dasPlakat eine Nachricht für den gewerblichen Verkehr� sei. Daß cSüberhaupt eine solche sei, müsse genügen, es als zulässig erscheinenzu lassen. Im übrigen sei es auch falsch, diejenigen Plalate alsöffentlich ausgehängt anzusehen, welche von der Straße aus nichtsichtbar seien.--Das Kammergericht verwarf aber die Revision, indem es auchin diesem Falle seinen kürzlich schon im.Vorwärts" mitgeteilte»Standpunkt für ausschlaggebend erachtete. Danach darf sich eine„Nachricht für den gewerblichen Verkehr" im Sinne des Gesetzeslediglich auf das Verhältnis zwischen Gewerbetreibenden und Publl-kum beziehen._Gegen den Messerstecher Bennewitz,der bekanntlich in dem Verdacht steht, jene Messeraityntate aufFrauen und Mädchen begangen zu haben, die Ende vorigen Jahresallgemeine Erregung verursacht hatten, hatte gestern die 129. Ab-teilung des Schöffengerichts Berlin-Mitte unter Vorsitz des Amts-richter» Dr. Günther zu verhandeln.— Der Angeklagte war, wieseinerzeit mitgeteilt, am 21. August d. I. von der 1. Straflammeeoes Landgerichts I wegen zweier Mcsserattentate auf Prostituier:«zu einem Jahr neun Monaten Gefängnis verurteilt worden, die erzurzeit in dem Strafgesängnis Plützensee verbüßt. Schon damalsruhte der Verdacht auf ihm, auch jene Messerattcntate verübt zuhaben, die Ende v. I. von einem unbekannt gebliebenen Täter aufder Straße verübt worden waren. Es handelte sich im ganze»um 70 derartige Fälle, die von der Kriminalpolizei zum Gegcnstanoeines sehr umfangreichen Ermittelungsverfahrens gegen Bennewrygemacht wurden. Zahlreiche der gestochenen Frauen und Mädchenwollen ihn mit aller Bestimmtheit als den Täter wieder erkennen,während andere ihn wiederum nicht rekognoszieren konnten.—»iZur Anklage stand jebt einer der Fälle, in denen Bennewitz mitaller Bestimmtheit wiedererkannt worden sein soll.— Im Novemberv. I. wurde die Prostituierte Olga Hubrig, die sich jetzt in Breslauaushält, in der Borsigstraße von zwei Männern angesprochen, diesie dann in ihre in der Elsasser Straße gelegene Wohnung be-gleiteten. Hier kam es wegen der Bezahlung zu Streitigkeiten, inderen Verlauf der kleinere der beiden Männer mit einem Taschen-messer aus die H. einstach. Als auf die Hilferufe der H. derenWirtin und ein ebenfalls dort wohnhafter Kaufmann WilhelmSeidlcr hinzueilten, äußerte der Messerstecher zu dem zweiten Manne:„Du hol' doch Deinen Knacker raus und schieße loS." Die beidenLeute entfernten sich dann ungehindert.— Bei einer später«»Gegenüberstellung vor dem Kriminalkommissar Peters will dieHubrig den Angeklagten Bennewitz mit aller Bestimmtheit als denTäter wiedererkannt baben. Sie beeidete diese Aussage dann auchbei ihrer kommissarischen Vernehmung in Breslau. Der zweiteMann wurde von der Kriminalpolizei in der Person des sich jetztin Blomberg aufhaltenden Malers Timm ermittelt. Dieser schilderteden Sachverhalt genau so wie die H., nur behauptete er, nichigesehen zu haben, daß Bennewitz die H. mit dem Messer gestochenhabe.— Zu der gestrigen Verhandlung waren auf Antrag desRechtsanwalts Dr. Posener der Kaufmann Seidler und die frühereWirtin der H. geladen. Beide erklärten übereinstimmend, daß derAngeklagte nicht der Täter sei. Dieser sei viel größer gewesen.Bei diesen widersprechenden Zeugenaussagen hielt es das Ge-richt doch für geboten, die Zeugen Hubrig und Timm persönlichvorzuladen, um eine nochmalige Geyenüberstellung vor Gerichtherbeizuführen. Die Verhandlung mußte deshalb vertagt werden.Eine» eigenartigen betrügerischen Trick,durch den mehrere Sargfabrikanten und Blumenhändler geschädigtworden sind, hatte sich die Näherin Klara Liepe ersonnen. Sieerschien kurz hinter einander bei zwei Sargfabrikanten, setzte eineTrauermiene auf und bestellte einen Sarg für ihren angeblichin Kaulsdorf gestorbenen Bruder. Dann machte die Angeklagteplötzlich die Entdeckung, daß sie ihr Portemonnaie verloren habe»oder daß eS ihr gestohlen sein müsse und sie war anscheinend un-tröstlich über ihren Verlust, da sie nun gar nicht wußte, wie siewieder nach Hause kommen sollte, zumal sie auch noch einen kleine«,Einkauf zu besorgen hätte. Die beiden Sarghändler, die dieBestellung dankend entgegengenommen hatten, erklärten sich soforrbereit auszuhelfen und opferten der eine 1 M., der andere 2 M.Als dann die bestellten Särge abgeliefert werden sollten, sahen dieGeschäftsinhaber, daß sie einer dreisten Gaunerin zum Opfer gr-.fallen waren, die auf diese Weise sich Geld zu verschaffen wußte.In ganz ähnlicher Aufmachung sind auch zwei Blumenhändler uno«in Friseur um je 5 M. geprellt worden. Hier lautete die Be-stellung auf Lieferung eines Brantbuketts und einer Brautsrisue,wobei sich die Angeklagte als die glückliche Braut ausgab. In diesenFällen gab sie an, daß sie ihr Portemonnaie vergessen habe unonoch in der Eile einiges für ihr Brautkleid einkaufen müsse. Aua;in diesen Fällen wurde es ihr nicht schwer, die in Frage kommen-den Geschäftsleute um die kleinen Beträge zu erleichtern. In einemweiteren Falle wurde sie als Betrügerin entlarvt und verbafter.Die Angeklagte war geständig. Wie Rechtsanwalt Dr. Karl Löwen-thal unter Beweis stellte, hatte sie aus Not gehandelt. Mit Rütf-ficht hierauf verurteilte sie das Schöffengericht gestern zu vierWochen Gefängnis.Namensänderung.Dr. jur. Katz, der sich u. a. lherc-risch betätigte, nannte sichDr. Katz-Forstner. Er wurde wegen unbefugter Namensänderungangeklagt und auch in zweiter Instanz vom Landgericht Berlinzu einer Geldstrafe verurteilt, weil er sich nach Annahme desGerichts ohne behördliche Genehmigung einen andern, als den ihmallein zukommenden Namen Katz beigelegt habe, in der Absicht, ihndauernd zu führen. Er habe ihn nicht nur in seinen Kreisen,sondern auch Behörden gegenüber geführt. Bei dieser Feststellungbehandelte das Gericht den Einwand des Klägers, er habe sich einen 4Schriftstellernamen beilegen können, als unerheblich.DaS Kammergericht verwarf die Revision des Angeklagten.weil die Vorinstanz die tatsächlichen Feststellungen rechtlich richtiggewürdigt habe.