Nr. 295. 28. Jahrgang.

5. Beilage des„ Dorwärts" Berliner Dorwärts" Berliner Volksblatt Sontag, 17. Besember 1917.

Gerichts- Zeitung.

fchuldig, da sie, nach ihrer Angabe, völlig abgerissen" war des Landgerichts Berlin III, wo die angebliche Unzüchtigkeit des und für sich selbst Anschaffungen machen mußte. Da die Kurt Münzerschen Romans Weg nach Zion" durch das Gericht 17,50 M. Lohn nicht ausreichten, mußte sie auch noch den geprüft werden soll. Wegen Verbreitung einer unzüchtigen Schrift Wie die Gesellschaftsordnung Verbrecher züchtet. Lohn für den nächsten Monat verwenden und konnte deshalb ist schon vor 6 Jahren erschienen, gegen den Verfasser ist die Straf ist der Verleger des Romans Arel Junder angeklagt. Der Roman 1. ,, Weil er ins Gefängnis wollte," ist der Landarbeiter wiederum das Pflegegeld nicht bezahlen. Eines Tages er- tat daher verjährt, während gegen den Verleger die Verjährung Gustav Rosenthal zum Brandstifter geworden. Unter schiett die Frau, welche das Kind in Pflege hatte, bei der durch den in unserer Beit stattgefundenen Verkauf mehrerer Erem der Anklage der borsäglichen Brandstiftung batte Dienstherrschaft der Angeklagten und brachte ihr den jetzt plare unterbrochen ist. Arel Junder bestritt entschieden, sich durch fich R. gestern vor dem Schwurgericht des Landgerichts III zwei Jahre alten Walter zurück. Die Angeklagte faßte nun den Verlag dieses Buches eines Vergehens gegen§ 184 St.-G.-B. zu verantworten. in dieser verzweifelten Situation den Entschluß, fich des schuldig gemacht zu haben. Der Weg nach Zion" sei das erste Der Angeklagte war bis zum 30. Oktober dieses Jahres Kindes zu entledigen. Sie fuhr nach Borsigwalde , wo ihre Münzersche Wert gewesen, welches er in Verlag genommen, er habe bei dem Getreidehändler Bree in Velten in Arbeit gewesen. Eltern wohnen und ging, nachdem die die Annahme des es selbst nur teilweise gelesen und könne auf die Kritiken verweisen, die das Buch durchaus nicht als eine unzüchtige Schrift, sondern Seine Bemühungen neue Arbeit zu finden, waren erfolglos. Kindes verweigert hatten, da sie selbst noch kleine Kinder als ein künstlerisches literarisches Werk behandelt haben. Der als Er fragte überall wegen Arbeit an, wurde aber abgewiesen. besaßen und in dürftigen Verhältnissen leben, in eine Scho- Beuge vernommene Dr. Ernst Guggenheim, Lektor des Junckerschen Als schließlich seine geringen Barmittel aufgezehrt waren, nung hinein. Hier zog sie dem Kinde das Jäckchen über Berlages, gab Auskunft über die Tendenz des Verlages, der sich unternahm er noch in dem Dorfe Bößow einen Versuch, Arden Kopf, band die Aermel auf dem Rücken zusammen, so in teiner Weise mit der Verbreitung unzüchtiger Schriften be­beit zu erlangen. Als er auch hier abgewiesen wurde, packte daß sich das arme Wesen nicht bewegen konnte. Sodann schäftige, sondern den Werken der modernen Literatur die Wege ihn die Verzweiflung, da er ohne Obdach und ne Geld steckte sie das Kind mit dem Kopfe voran in ein zu dem Lesepublikum ebne.- Der Verteidiger hatte den Schau­war. Er faßte den Plan, sich dadurch, daß er Kaninchenloch und verstopfte den Eingang mit Reifig spieler Hugo Wahle vom Berliner Theater mit zur Stelle gebracht irgend eine Straftat beging, wenigstens ein und Sand, den sie noch besonders festtrat. Das bedauerns- und beantragte, durch diesen die Verlesung des Romans bezi. Obdach im Gefängnis zu bhaffen. Als er an werte kleine Geschöpf wäre zweifellos erstickt oder verhungert, einzelner Stellen desselben vornehmen zu lassen, da auf diese Weise am besten die Möglichkeit gegeben werde, den literarischen Wert einer dem Gutspächter Graven rein gehörigen Scheune vor- wenn es nicht durch einen wunderbaren Zufall vor dem Tode des Buches in die Erscheinung treten zu laffen. Der Staatsanwalt beikam, steckte er diese in Brand. Das Gebäude, welches 900 bewahrt worden wäre. Jenes Kaninchenloch hatte in ge- bezweifelte die Zulässigkeit dieser Art der Verlesung. Der Gerichts­Zentner Stroh enthielt, orannte bis auf die Grundmauern ringer Entfernung einen zweiten Ausgang, durch welchen hof beschloß aber nach kurzer Beratung, Herrn Wahle als Vorleser nieder. Der Angeklagte begab sich sodann zu dem Gemeinde- frische Luft hineinströmte, so daß das Kind wenigstens atmen zuzulaffen. Auf Antrag des Staatsanwalts wurde sodann die vorsteher in Her.nigsdorf und stellte sich unter Schilderung fonnte. Bugleich bildete diese Deffnung aber auch eine Art Deffentlichkeit ausgeschlossen, einigen Vertretern der Presse aber, des wahren Sachverhalts der Behörde mit der Angabe zur Sprachrohr, so daß zwei Arbeiter, die zufällig an diesem die fich darum bewarben, die Anwesenheit gestattet. Der Schau Verfügung, daß es ihm egal sei, ob er ins Ge. Loche am nächsten Tage vorbeikamen, zu ihrem Er- spieler Wahle begann gestern mit der Verlesung. Dieselbe wird fängnis oder ins Buchthaus tomme. Dies sei staunen und Entsegen das flägliche Winseln eines Stindes am Dienstag 9% Uhr fortgesetzt werden. ihm angenehmer, als im Winter auf der Landstraße erfrieren herausschallen hörten. Sie gingen sofort der Ursache nach Zit müssen. Vor Gericht machte Rechtsanwalt Dr. Co. und zogen das noch lebende Kind in einem bejammerns­mann für den Angeklagten geltend, daß es sich bei ihm offenbar um einen Aft der reinen Verzweiflung gehandelt habe, so daß der Angeklagte nicht wie sonst ein Angeklagter, aus Rache, so hart bestraft werden könne. Dem Wahrspruch der Geschworenen gemäß erkannte das Gericht wegen vorsäẞ­licher Brandstiftung auf zwei Jahre Zuchthaus. Der Angeklagte trat die Strafe sofort an.

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Wochen- Spielplan der Berliner Cheater. Königl. Opernhaus. Sonntag: Der Rosenkavalier. Montag: Sin foniekonzert. Dienstag: Tannhäuser . Mittwoch: Der Rosenkavalier. Donnerstag: Don Juan . Freitag: Der Rosenkavalier. Sonnabend: Tristan und folde.( Anfang 7 Uhr) Sonntag: Geschloffen. Montag: Der Rosen­frieds Tod. Montag: Die Geschwister. Rob. Guistard. Der zerbrochene lavalier.( Anfang 7, Uhr.) Strug. Dienstag: Der Bettler von Syrakus . Mittwoch: Die Journalisten. Donnerstag: Kriemhilds Rache. Freitag: Der gehörnte Siegfried. Sieg­frieds Tod. Sonnabend: Kriemhilds Rache. Sonntag: Geschlossen. Mon­tag: Die glüdliche Hand.( Anfang 7% Uhr.)

Königl. Schauspielhaus. Sonntag: Der gehörnte Siegfried. Siege

Neues fönigl. Operntheater. Sonntagnachmittag 2, Uhr: Doktor Tage: Geschlossen.

abend: Offiziere. Sonntag: Geschloffen. Montag: Turandot.( Anfang

werten Zustande aus dem Loche heraus. Dem unglücklichen inde waren infolge der Einschnürung die Arme und Beine blau angeschwollen und fast abgestorben. Nachdem sich das brachte es zuerst die Worte heraus:„ Au, tut weh!"- Das bedauernswerte kleine Wesen einigermaßen erholt hatte, Kind, welches jest wieder gesund ist, wurde von der Waisenverwaltung anderweitig in Pflege gebracht, während 2. Der Verzweiflungsaft einer Mutter beschäftigte die bald ermittelte Angeklagte verhaftet wurde. Vor Ge­gestern unter Vorsiz des Landgerichtsdirektors Liebe now richt erklärte die Angeklagte auf die Frage des Vorsitzenden, die dritte Strafkammer des Landgerichts III. Aus der Unter- daß sie die Absicht gehabt habe, das Kind verhungern Klaus. Abends: Der eingebildete Strante.( Anfang 8 Uhr.) Alle übrigen fuchungshaft wurde das 19jährige Dienstmädchen Quise u lassen. Sie sei schon in der Absicht, das Kind umzu- Deutsches Theater. Sonntag: Offiziere. Montag: Faust, 1. Teil. Schröder vorgeführt, um sich unter der Anklage der bringen, nach Borsigwalde gefahren, da sie, von allen Dienstag: Difiziere. Mittwoch: Turandot. Donnerstag: Dffiziere. Sonn­Kindesaussetung zu verantworten. Die Ange- berlassen, teine Möglichkeit gesehen habe, flagte, welche unehelich geboren ist, war von ihrem 14. Lebens- der Voruntersuchung zugegeben hatte, mit aller Ueberlegung tag: Sumurun. Mittwoch: Nathan der Weise. Donnerstag: Sumurun. das Kind zu ernähren. Da die Angeklagte schon in 7 br.) Kammerspiele. Sonntag: Sumurûn. Montag: Die Kassette. Diens jahre an ununterbrochen auf dem Lande in Stellung. Als sie Sonnabend: Frühlings Erwachen. Sonntag: zum ersten Male in einer größeren Stadt, in Frankfurt a. D., den Plan gefaßt zu haben, das Kind zu töten, erklärte Freitag: Nathan der Weise. der eine Stellung annahm, lernte sie hier einen Maurer Geis- sich die Strafkammer für unzuständig und Geschlossen. Montag: Nathan der Weise.( Anfang 8 Uhr.) Leffing- Theater. Sonntag: Gudrun. Montag: Glaube und Heimat. dorf kennen, mit welchem sie ein Liebesverhältnis einging, berwies die Sache an das Schwurgericht, da Dienstag: Gudrun. Mittwoch: Scheiterhausen. Donnerstag: Gudrun. Frei­die Angeklagte des versuchten Mordes? ,, öü( 785A- WWO tag: Das weite Land. Sonnabend: Gudrun. Sonntag: Geschlossen. das nicht ohne Folgen blieb. Sie gab, als sie gerade 17 Jahre die Angeklagte des versuchten Mordes dringend ver- Montag: Gudrun( Anfang& 15. alt war, in Frankfurt einem Kinde das Leben, welches sie in Berliner Theater. Sonntagnachmittag 3 Uhr: Die Logenbrüder. - Die Verhandlung soll noch in der zurzeit unter Allabendlich: Die Ahnengalerie. Anfang 8 1hr Sonntag: Geschlossen. ihrem Heimatort Orteig in Pflege unterbrachte. Sie arbeitete dächtig sei. Bahr stattfindenden Vorsitz des Landgerichtsdirektors ftets fleißig und bezahlte auch das Pflegegeld von 12 M. Residenz- Theater. Bis auf weiteres täglich: Ein Walzer von Chopin . ( Anfang 8 Uhr.) Nächsten Sonntag: Geschlossen. monatlich stets pünktlich. Der Vater des Kindes war zwar Schwurgerichtsperiode Ende nächster Woche stattfinden. zur Alimentenzahlung verurteilt worden, zahlte aber nichts, so daß die Angeklagte von ihrem geringen Lohne allein für Das ungewöhnliche Schauspiel einer nach allen Regeln der den Unterhalt des Kindes aufkommen mußte. Erst im Herbst Kunst durch einen Schauspieler ausgeführten Borlesung eines dick­dieses Jahres blieb sie zum ersten Male das Pflegegeld leibigen Romans entwickelte sich gestern vor der II. Straftammer

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,, Weg nach Zion".

Neues Schauspielhaus. Sonntag und Montag: Agnes Bernauer . Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag: Alt- Heidelberg. Sonnabend: Heiligenwald. Sonntag: Geschlossen. Montag: Heiligenwald.( Anfang Uhr.)

Komische Oper. Sonntagnachmittag 3 Uhr: Der Troubadour. Abends: La Traviata . Montag: Die Regimentstochter. Dienstag und

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