mann Rathmann aufgesucht wurde, gab sie den Gachverhalt i« wesentlichen zu und gab auch von dem im Büffet versteckten Geld« 3500 M. heraus. Im Gegensatz zu Maihoefcr behaupteten die Schülerschen Eheleute, daß sie nicht mehr von M. erhalten hätten. Sie hätten auch die Absicht gehabt, das Geld dem Geschädigten oder der Polizei einzuhändigen und Maihoefer zur Anzeige zu bringen. Die Anklage staubte die» aber nicht und behauptete, daß die An» geklagten Sch. den fehlenden Rest der 5000 M. zu Geschäftszwecken verwendet und die Reise nach Bingen aus den von Frau M. ihnen übergebenen 300 M. bestritten hätten. Der Angeklagte Maihoefer ist nach seiner Festnahme mit einem Beamten nach Halle gefahren, und das do.t vergrabene Geld konnte auf seine Anaaben wieder ausgegraben und dem Geschädigten ausgehändigt werden. Nach den Ergebnissen der Beweisaufnahme beantragte der Staatsanwalt gegen Maihoefer 2 Jahre Gefängnis, gegen Schüler 1 Jahr 0 Monate Gefängnis, gegen die beiden Ehefrauen je einen Monat Gefängnis. Das Urteil lautete gegen Maihoefer aus 1 Jahr S Monate Gefängnis und 3 Jahre Ehrverlust� gegen Schiller auf 1 Jahr Gefängnis, gegen Frau Maihoefer auf 1 Monat, gegen Frau Schüler auf Z Wochen Gefängnis. Die beiden Frauen beruhigten sich bei dem Urteil nicht. In der bekannten Postraubaffär» ist jetzt geaen die in Untersuchungshaft befindlichen Täter, den Postillon Max Wendt und den Buffetier Eduard Cavello, die An- klage erhoben worden. Cavello spielt augenblicklich im Unter- suchungsgefängnis den„wilden Mann". Er schimpft und tobt den ganzen Tag und fordert von der Postbehörde„seine Millionen", die man ihm geraubt habe, zurück. Nachdem seine ganze Familien» geschichte und seine Vergangenheit zur Kenntnis gekommen ist, haben sich Zweifel an seiner geistigen Intaktheit herausgestellt. Es ist deshalb von den Rechtsanwälten Dr. Frey und Dr. Faffe bei der Beschlutzkammer der Antrag gestellt worden, den Angeklagten. erst noch auf seinen Geisteszustand untersuchen zu lassen. Die Ber- Handlung würde dann erst Ende Januar stattfinden. Schmutz in Wort und Bild. Ter umfangreichste �Zrozetz, den der Kampf gegen den Schmutz in Wort und Bild bisher gezeitigt hat, ist gestern vor der 13. Straf- kammcr des Landgerichts I nach fast fünfwöchiger Dauer zu Ende. geführt worden. Tie Verhandlung begann am 21. November unter Vorsitz des Landgerichtsdirektors Crügcr und endete gestern unter Vorsitz des LandgerichtSratS ElSner. Im Laufe der Verhandlung war Direktor Crüger erkrankt, es mutzte deshalb der bestellte Er- satzrichter einspringen und der Vorsitz vom Rat Elsner übernom- men werden. Die Anklage aus§ 184 I Str. G. B. richtete sich gegen den Buchhändler Adolf Gericke auS her Friedrichsträtze. bei dem seinerzeit durch die Kriminalpolizei eine Unmasse pornographi- scher, sadistischer und masochistischer Werke beschlagnahmt worden waren. Auch eine grotze Reihe von Abbildungen. Postkarten usw. verfielen der Beschlagnahme. Die Anklage vertrat Staatsanwalt Heinzmann, der Angeklagte wurde durch den auf literarischem Ge- biet als Verteidiger oft in Anspruch genommenen Justizrat Dr. Richard Wolfs verteidigt. Da die sämtlichen, zum Teil recht um- f<Vgreichen Werke verlesen werden muhten, wuxde die Verband- lung unendlich in die Länge gezogen. Am Schlüsse der VerHand- lung beantragte der Staatsanwalt K Wochen Gefängnis, während Justizrat Dr. Wolff in vielen Fällen die Unzüchtigkeit, der Bücher, von denen einige schon durch rechtskräftige Urteile anderer Gerichte Sreige geben worden sind, bestritt.— Das Gericht schied einige Zücher, die nach seiner Ansicht einen lünstlerischen und wissen- schaftlichen Anstrich haben und einer künstlerischen Rhetorik ixicht entbehren, c.us, hielt aber den weitaus grotzten Teil der unter An« klage gestellten Bücher und Abbildungen für durchaus unzüchtig und verurteilte den Angeklagten zu der höchsten zulässigen Geld- strafe von 1000 Mark eventuell für je 15 M. 1 Tag Gefängnis, indem es annahm, daß der Angeklagte mindestens mit dem DoluS eventualis gl handelt habe._ Einblicke in die Berliner Schieberwelt gewährte eine Verhandlung, welche unter Vorsitz des Landgerichtsdirektors Splcttstöhcr die 7. Strafkammer des Landgerichts I bc- schäftigte. Wegen Betruges waren der Kaufmann Paul Keller und der Pferdehändler Robert Kihlholz angeklagt.— Der Ange- klagte Keller, bei welchem das Sprichwort„Mitgegangen, mitge- fangen" in dem vorliegenden Falle Anwendung finden kann, hat schon eine sehr ereignisreiche Vergangenheit hinter sich. Er stammt aus guter Familie, hat ein« gute Schulbildung geiwsten, konnte eS aber trotz aller Bemühungen nicht auf einen grünen Zweig bringen. Als er mit seinem letzten Unternehmen verkracht war und er sich mit seiner Familie in bitterster Not befand, führte ihn ein un- glücklicher Zufall in die Gesellschaft einer gewissen Sorte von dunklen Ehrenmännern, die den bezeichnenden Namen„Schieber" haben. Zu diesen gehörten u. a. die in allen möglichen Betrugs- und Wucherprozessen der Letztzeit vielgenannten Agenten Thilo und Füllgraf. Letzterer rühmte sich gewöhnlich damit, datz er im Be- sitze des„Jagdscheins" sei, d. h. von den Sachverständigen für habend i st und über einen autzerordentlich reichen Waldbestand verfügt. Natürlich ist die Gemeindevertretung durch und durch reaktionär. Kein einziger sozialdemokratischer Ge- meindevcrtreter befindet sich als Hecht in diesem Karpfenteich. Zu diesem Stimmungsbilo, das jeden fühlenden Menschen mit Entsetzen erfüllen mutz, patzt ausgezeichnet ein Notschrei aus einem im selben Kreis gelegenen Dorf, den in vergangener Woche das„Henneberger Kreisblatt" veröffentlichte: „Wer hat in der schönen Weihnachtszeit eine Gabe übrig für ein alleinstehendes sehr altes Ehepaar in Waldau. daS im vergangenen Jahr« die goldene Hochzeit feierte? Der Ehe- mann ist auf einem Auge blind, auf dem andern leidend, infolge Ueberanstrenguna und Er- kältung be im Steineklopfen seit vielen Wochen krank. Die Ehefrau ist schon jahrelang er- w e rb S u n fä h i g. Kein Acker, keine Ziege ist vorhanden! Wenn von 144 Mark jährlicher Invalidenrente Miete, Holz, Nahrung, Kleidung bestritten werden soll, heißt es bei der Familie oft: sie hat kein Holz, sie hat kein Brot und klagt dem lieben Gott ihre Not. Helfer verdienen sich einen Gotteslohn." Der Wahlkreis Erfurt -Schleustngen-Zicgenrück wurde in der letzten Legislaturperiode durch den Nationalliberalen Hage» mann, LandgerichtSrat und zweiter Vorsitzender des Reichsver- bände» gegen die Sozialdemokratie vertreten. Dieser„Volks- Vertreter" hat im Reichstag die Wöchnerinnenschutzgesetzgebung ab« gelehnt, ist gegen ausreichende Witwen- und Waisenversorgung eingetreten, gegen den AuSbaü unserer sozialen Gesetzgebung; aber daS wahnsinnige Wettrüsten geht ihm noch nicht weit genug, mit der Parole ein gröheres Heer, eine gewaltigere Flotte sucht er die Wähler wieder einzusaugen wie bei den Hottentotienwahlen 1007. Und in dem Wahlkreis dieses Herrn Hagemann herrschen derartige Zustände I--- Während in den Städten und Dörfern de? Kreises Gemeinde- Vertreter und andere Körperschaften über vaterländische Jugendpflege, über Futzballsport und Patriotismus Beratungen pflegen, verfaulen buchstäblich in einem solchen Gemeindehaus ganze Generationen, wert»« kinderreiche Familien, denen protzige« HauSagvarierWm ein Heim verweigert, in ein Elend hinobzestotzen, daS den Stärksten zum Tier zu erniedrigen geeignet ist. Kein Ausdruck ist zu kratz, ein solches Schandmal der bürgerlichen Ge- sellschaft zu brandmarken. An den Pranger mit jenen, die dafür verantwortlich sind, an den Pranger auch mit jenen VolkSver- tretern, denen der Prosit weniger Kapitalisten höher steht als die Wohlfahrt des Volkes. E. G. geisteskrank erklärt und deshalb für feine Taten nicht Perantwort- lich zu machen fei. Das Kleeblatt wurde vervollständigt durch den auch im Metiernichprozeh als Wechselagent aufgetretenen jetzigen Angeklagten Kihlbolz, so daß sich Keller in einer wirklich„guten" Gefellschift befand.— Die Anklage legt den Angeklagten im ein- zclnen folgendes zur Last: Der stets im Hintergründe bleibende NÜllgraf, der sich jetzt wieder in der Irrenanstalt befindet, ver- schaffte sich auf irgendeine Weise die Adressen von Personen, welche Reitpferde zu verkaufen hatten. Er händigte dann dem Angeklagten Keller ein Scheckbuch auf die Deutsche Bank aus, bei der er früher einmal ein Konto besessen hatte, lieh ihm seinen noblen Gehpelz und schickte ihn zu den betreffenden Verkaufern hin. Diesen gegenüber erklärte K. dann, daß er Baumeister sei. Er könne daS Pferd aber nicht eher kaufen, bis es ein Tierarzt untersucht habe, den er sich extra bestellt habe. Nach einiger Zeit erschien dann Füllgraf in der Rolle de? Tierarztes. Keller stellte dann einen natürlich völlig wertlosen Scheck über die Kaufsummc auS und nahm das Pferd in Empfang, um e» natürlich schleunigst weiterzuverkaufen. Um hierzu genügend Zeit zu gewinnen, schrieb K. an den Verkäufer einen Brief, in welchem er unter tausend Eni- schuldigungen mitteilte, daß er sich versehentlich mit dem Scheck „überzogen" habe, so daß der Scheck von der Bank mangels genü- gender Deckung nicht eingelöst würde. Der Verkäufer erhielt dafür einen ebenso wertlosen Kellerwechsel, der dann nicht eingelöst wurde. — Da? Strafverfahren richtete sich früher auch noch gegen den Pferdehändler 9loa, der seinerzeit unter dem Verdacht der Hehlerei von der Kriminalpolizei verhaftet worden war. Die Ermittelun- gen ergaben. jedoch, daß Noa völlig unbeteiligt war, so daß das Verfahren gegen ihn auf Kosten der Staatskasse eingestellt wurde. Vor Gericht waren die Angeklagten zum Teil geständig. Der Staatsanwalt beantragte gegen Keller 1% Jahr und gegen Kihl- holz 1 Jahr Gefängnis. Das Urteil lautete gegen Keller auf 1 Jahr und gegen Kihlholz auf 8 Monate Gefängnis. Straßenraub. Da» Schwurgericht des Landgerichts 1 beendete gestern seine letzte diesjährige Tagung mit der Verhandlung einer Anklage wegen Straßenraubes. Die Angeklagten Arbeiter Jos. Springer und Stanislaus Czieslack, welche eigentlich nur von Straßenraub gelebt haben, hatten einen auf dem Schlesischen Bahnhof angekom- menen Arbeiter überfallen und seiner ganzen Barschaft beraubt. Sie wurden zu mehrjähriger Zuchthausstrafe verurteilt. Ein ungetreuer Beamter. Im Oktober d. I. war der Angestellte Jmmeln der Verwal- tungsstelle Duisburg deS Deutschen Transportarbeiterverbandes nach VerÜbung von Urkundenfälschung und Unterschlagung flüchtig geworden. Nach einigen Tagen wurde er in München-Gladbach verhastet und nach Duisburg in Untersuchungshaft geführt. Die unter- ichlagene Summe belief sich auf 506,43 M. Die Urkundenfälschung ist durch Fälschung von Unterschriften auf Streiklisten verübt wor- den..Die durch die Fälschung der Unterschriften erzielten Beträge hat I. für sich verbraucht. In der unterschlagenen Summe befindet sich außerdem noch ein Betrag, den die Duisburger Transportarbei- ter für die Frau eines Kollegen, der durch einen Streikbrecher er- schössen wurde, gesammelt hatten. Die Duisburger Strafkammer, die am 21. d: M. über den Fall verhandelte, verurteilte I. zu einer Gcfängatsstrafe von 4 Monaten. Der Angeklagte I. und fein Ver- teidiger-. suchten geltend zu machen, daß I. zu schlecht bezahlt wor- den wäre und infolgedessen die Unterschlagungen begangen hätte. Dem gegenüber steht fest, daß I. während der Zeit, wo er Ange- stelltcr war— daS ist vom 1. 4. 11.- bis zum 23. 10. 11, also 6% Monate— insgesamt an Gehalt und persönlicher Entschädigung 1163,60 M. erhalten hatte._ Hiis aller Kielt. Und friede aus Erden! In den Kirchen der Christenheit wird heute den Frauen die Heilsbotschaft verkündet, daß durch Christi Geburt die Menschen auS der Verdammnis erlöst seien, daß durch die Botschaft der Engel GotteS der Friede auf Erden allen Völkern verkündet fei. Und doch sehen wir trotz der frommen Legende allüberall den grimmig- sten Kampf um die Selb st er Haltung, da» brutalste Streben, sich dauernd auf der Sonnenhöhe des GenießenS zu er- halten. Damit Wenige sich keinen Wunsch versagen brauchen, wird den Millionen Arbeitenden ihr Leben dauernd zur Hölle ge- macht. Wohl am krassesten ist dieser unmögliche Zustand im Eldorado der Kapitalisten, in Amerika , zu beobachten. Dort hat der Würger Kapitalismus seine Herrschast am brutalsten etabliert. Beim Bau der jüngsten unter den vier gigantischen Brücken, die New Aork mit Brooklyn und Queens verbinden— der erst vor ein paar Jahren vollendeten OuecnSborough-Brücke kamen nicht weniger als 60 Arbeiter um» Leben. Da» erregte weiter kein Aufsehen, und jedem der Toten wurden in den New Yorker Blättern, die nur auf Sensationen goatcht sind, höchsten? 3 bis V trockene Zeilen gewidmet, wenn er nicht über» Haupt unbeachtet blieb. Die Leichen türmten sich ja nie zu einem Hügel, so datz da? Blut knüppeldick floß, sondern nur nacheinander, mit dem Fortschreiten der Arbeiten starben die Sechzig. Noch furchtbarer sind die Aussichten, die den in den Kohlen. gruben beschäftigten Arbeitern winken. In neun p« n n s y I- va Nischen Kohlengruben werden durchschnittlich tau- send Menschen im Jahre getötetl Sie schlagen ihr bischen Leben schon für einen oder eineinhalb Dollar den Tag in die Schänzel AuS dem Blute der Arbeitssklaven aber wird das rote Gold gemünzt, das den Milliardären es ermöglicht, ihren wahnsinnigen Luxu» immer noch zu steigern, ihren Nachkommen ein wirklich frohes Weihnachten zu bereiten. So schenkte einer der Börsen- fürsten seiner kleinen Tochter neben tausend anderen Kostbarkeiten ein M iniaturdorf mit Kirche und Häusern und Mühlen, um- geben von Wald und Weide. Mitten durch da» Dorf fließt ein veritabler Bach. Auf einem Miniaturteich schwimmen Enten und Schwäne. Ein Druck auf eine verborgene Mechanik, und in der Kirch e läuten die Glocken, die Mühle dreht sich, auf den Wegen setzen sich die Liliputmenschen mit ihren Fahrzeugen in Bewegung, auf dem Marktplatz dreht sich ein Karussell, Kinder tanzen den Reigen, Hähne krähen und Vögel beginnen zu singen. Da» war Darling», de» Börsenkönigs Sohn, Weihnachtsgeschenk. Es hatte den generösen Papa nicht weniger als 85 000 Dollar gekostet. Ein anderer Milliardär, Lord Sharon in Los AngeloS schenkte feinet Tochter eine Puppt für 34 000 Mark. Der wunderschöne Kopf der Puppe war von keinem Geringeren, als dem a m e r i I a- Nischen Bildhauer Joe Tyson modelliert worden. DaS kostbare Spielzeug war begleitet von einer vollständigen „Töchterausstattung", d. h. einer großen Anzahl von Wäschestücken und K o st ü m e n. P e l z e n. H ü t e n. S t i e f- l ch e n, S ch m u ck- fachen usw. Des ferneren besitzt„Ketth" eine aus feinstem Holz gefertigte Möbeleinrichtung und ein« silberne Toiletten- garnitur. Da» Geschenk wäre nicht„all rigbt' gewesen, wenn man nicht gleichzeitig«ine Kämmerfrau engagiert hätte, deren einzige Aufgabe darin bestand,„Ketty" zu pflegen, nach den Wünschen ihrer kleinen Besitzerin aus- und anzukleiden, zu baden, spazieren zu führen Und waS der Tollheiten mehr sind. Wenige Kilometer entfernt von diesen Stätten wahnsinnigster Verschwendung verhallt vielleicht der verzweifelte Schrei eines Hungernden, ertönen die Jammerrufe der im Kampfe um» Dasein zu Boden Getretenen,,, Und den Menschen ein Wohlgefallen! Schwere?'Grubenunglück im Nhelnlaud. Ein trauriges Weihnachtsfest ist den Familien einer An- zahl Bergleute der Zeche Teutoburgia bei Dort- mund beschieden. Am Freitagabend erfolgte auf der Zeche eine schlvere Schlagwetterexplosion, durch die ein Teil des Schachtes verschüttet wurde. Von den an der llnglücksstelle arbeitenden Bergarbeitern wurden s e ch s M a n n getötet und drei schwerverletzt. Die drei Ver- letzten und zwei Leichen konnten geborgen werden, die Körper der übrigen Knappen liegen noch unter den Trümmern der eingestürzten Strecke. Ghre fei Sott in der Röbel AuS Gießen wird uns gemeldet: Am Donnerstag früh um 8 Uhr wurde der am 29. September vom Schwurgericht wegen des Raubmordes in Niedermörlen(Witwe Walter) zum Tode verurteilte Erbe durch den Scharfrichter Kranz von Oede-an in Sachsen mittels der Guillotine hingerichtet. Als der arme Junge aus dem Gefängnis auf den Hof des ProvinzialarresthauseS, wo die Guillotine aufgestellt war, herausgeführt wurde, begann er laut zu jammern und zu weinen und rief wiederholt nach seiner Mutter und nach seiner Schwester, die ihn am Abend vorher besucht hatten. Dann faßte er fich aber, gab dem Oberstaatsanwalt, der das Urteil verkündigte, die Hand und sagte:„Adieu, Herr Staatsanwalt!" Als Erbe das Blutgerüst bestieg, rief er mit lauter Stimme:„Ehre sei Gott in der Höhe!" Der Ruf klanL schauerlich wider von den Mauern des Gefängnisses. Vielleicht war es ernst gemeint? Wer weiß es? Aber mag der Ruf gemeint sein wie immer, er klang wie Hohn. Ehre fei Gott in der Höhe und Friede auf Erden— und den Opfern dieser Gesellschaftsordnung den Kopf a b I Als der kleine Erbe als Begleiter eine« blinden Drehorgelspielers fein Brot verdienen mutzte, hat sich die Staatsordnung nicht geregt, erst als er, aller Hemmungsvorstellungen durch feine soziale Not be- raubt, zum Verbrecher wurde, fand sich das beleidigte Rechts- empfinden ein.... Ehre sei Gott in der Höhe! Ein Drama auf hoher Tee. Auf der Höhe von Ouiberon an der stanzöflschen Küste spielte sich am Freitag daS tragischste Drama der letzten Tage ab. Während der Orkan in vollem Umfange wütete, wurde ein Drei- master gesichtet, der versuchte, in den Hafen einzulaufen. Mehrere Rettungsboote wollten dem Dreimaster Hilfe bringen, sie wurden aber zurückgehalten, da eS angesichts deS OrkanS als aus- geschlossen gelten mutzte, daß die Rettung gelingen würde. Der Dreimaster geriet inzwischen auf einen Wellenbrecher, drei Meilen vom Eingange deS HafenS entfernt. Eine Welle riß daS Schiff in zwei Teile, eine zweite verschlang es mit samt den Insassen. Man glaubt, datz ei sich um den norwegischen Segler „Lill Swingen" au« dem Hafen von A r e n d a l handelt. Vier Leichen sind bereits auf den Strand geworfen worden. Auch sonst sind durch die schweren Stürme der letzten Tage im Aermelkanal und an der atlantischen Küste verschiedene Unglücksfälle herbeigeführt. Nach den auS verschiedenen Orten eingetroffenen Nachrichten sind dabei gegen 60 Fischer und Matrosen ertrunken._ Abnormitäten. Im„Tektower Kreisblatt" vom 19. Dezember finden wir folgende amtliche Bekanntmachung. (FundverzeichniS Nr. 149 und 150.) AI » geflogen sind einige kleine Münzen, als zu- gelaufen ist ein Kanarienvogel angemeldet. Zchlenderf, den 16. Dezember 1911. Der Amtsvorsteher. I. V.: Dr. P a s e w a l d t. Die fliegenden Münzen und der zugelaufene Kanarienvogel wären für ein LbnormitStenkabinett sicher eine wertvolle Attraktion. Gin hochedler vorfahre der Tchnapsjunker. Während in den meisten Gegenden Deutschlands der hl. Nikolaus den guten und bösen Geist für die Kindcrwelt in einer Person dar- stellt, besorgen am Weihnachtsabend an der südwestlichen Ecke deS Reiche», wo da» Elsaß an die Pfalz grenzt, die Arbeit der Bc- lohnung und Bestrafung zwei volkstümliche Gestalten: das Christ- kind und der— Hanstrapp. Diese beiden ziehen am Weihnacht?- abend— das Ehristkindl als liebliche, lichtvolle Mädchengestalt, der Hanstrapp alS unwirscher, brummiger, zottig und phan- tastisch aufgeputzter Geselle— durch die Gassen der Ort- schaften und statten den Familien ihren Besuch ab. Der Name Hanstrapp stammt von einem Raubritter auS dem XIV. Jahrhundert, der auf seiner Burg B e rw a r t sie i n— vom BolkSmund Bärbelstein genannt— gehaust und vornehmlich die Einwohner des alten Städtchens Weitzenburg durch seine kecken Streiche ständig beunruhigt hat. ES mutz ein toller Bursche gc- Wesen sein, dieser Ritter HanS von Trotta, datz er heute noch als Schreckgestalt in der Erinnerung der dortigen Bevölkerung fort- lebt. Besonders den Bebten des Klosters hat der Ritter Hans von Trotta daS Leben redlich sauer gemacht und sie immerwährend aus ihrer beschaulichen, behaglichen Ruhe aufgeschreckt. Zwischen ihm und der Abtei tobte lange Jahre hindurch ein lustiger Klein- krieg. Einmal staute er das Wasser und ließ eS dann wieder wild hinunterstürzen, so datz der reitzende GebirgSbach den ganzen Ort überflutete, wobei ein Mönch beinahe ertrunken wäre. Auch erzählt man sich, der Ritter HanS habe seinem Pferde d i e Eisen verkehrt aufgenagelt, um seine Verfolger irre zu leiten. Auf der Stratze nach Dahn , in einer alten Kapelle befindet sich ein Grabstein, der einen Ritter in voller Rüstung zeigt. Eine In- schrift gibt folgendermaßen«ufschlutz darüber: „Xnno äomioi 1503 uff den Tag vor Simon und udae, der Aposteln, starb der strenge Her ans von Drot, Ritter, den Gott gnädig sehe." Jedenfalls war dieser„Herr HanS" ein würdiger Vorfahre der heutigen Strauchritter, da man jetzt noch sei» Andenken benutzt, um die ungezogenen Kinder zu erschrecken. Kleine Notizen. Raudübersall. Als der Kaufmann Hesse auS Gardelegen (Provinz Sachsen ) Freitagabend sein Kontor verließ, wurde er von einem unbekannten Maskierten durch zwei Schüsse in den Kopf schwer verletzt. Auch der herbeieilende 14jährige Sohn des Ueberfallencn wurde von dem Täter durch mehrere Schüsse verletzt. Es ist noch nicht festgestellt, ob ein oder zwei Uebeliäter in Frage kommen. Der Herr Hauptmann als Rächer. Der ehemalige Angestellte des Sanatoriums Low in Wien , der Hauptmann a.D. Riesen- b a ch, schoß am Freitag auf den stellvertretenden Direktor des Sanatoriums Dr. H ö tz l und verletzte ihn schwer. Der Täter wurde verhaftet. Feuer auf bohtr See. Am Freitag traf in G i» r a l t a r der deutsche Dampfer„Adamsturn" et«. Der Kapitän berichtete, daß er am 17. Dezember im Atlantischen Ocean 22 Mann der Be- sa tzu ng de» Dampfers„Ehesepcake" aufgenommen habe, die diesen Dampfer»ach Ausbruch eines Feuers verlassen hatten. Der zweite Offizier sowie 32 Chinesen, die an Bord des„Cbesepeate" sich befanden, werden jedoch vermißt. Der erste Offizier de» Dampfer? starb infolge der schweren Brand» wunden, die er bei den Löscharbeiten davongetragen hatte.
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