daß es sich nur um die außerordentliche Verschärfung eines altenSystems, nämlich der Hätz und des Antreibens bei der Arbeit,handelt. Freilich war schon unter dem alten System die Pro-duktivität der Arbeit in amerikanischen Fabriken und Werkstättenhöher als in deutschen, was jeder deutsche Arbeiter sofort erfährt,wenn er nach Amerika kommt, wo er sich dann über die höherenLöhne gar nicht mehr wundert.Das neue System gründet sich darauf, daß die Arbeitszeit soausgenützt wird, daß auch der geringste Zeitverlust vermieden wird.Jede Bewegung, jeder Griff muß zweckmäßig sein, der Arbeiterwird zum Arbeitsautomaten. Ausgebildete Spezialistenüberwachen alles, ordnen prompt und sicher an, geben jederzeitschnelle Anweisung, die der Arbeiter, ohne zu überlegen, sofort zubefolgen Hai,- kein Augenblick Ruhe, kein Augenblick Rast von derersten bis zur letzten Minute. Wer am schnellsten arbeitet, verdientam meisten Geld und wird den andern als Muster hingestellt.Schnell, rasend schnell und dabei sicher und gut muß gearbeitetwerden.Durch dieses System ist nach dem Bericht der Regierungswerk-stätten eine Arbeitsleistung, die früher 1536,73 Dollar Lohn gekostet hatte, für 988,39 Dollar erzielt worden. Drei Lafetten, diefrüher 24 618,31 Dollar kosteten, wurden für 13 163,13 Dollar her-gestellt. Eine Form, die früher von den Gießern im Durchschnitt53 Minuten Zeit erforderte, wurde im 26 Minuten hergestellt.Während früher eine Form 1,17 Dollar kostete, kostet sie jetzt54 Cent, also noch nicht die Hälfte des früheren Preises. Anderer-seit» ging der Lohn der Arbeiter in die Höh«, so daß ein Former,der früher 3.28 Dollar pro Tag verdiente, jetzt einen Tagelohnvon 5,74 Dollar erzielt. Dabei kommt ein Prämiensystem zurAnwendung, wodurch die Arbeiter wieder gehetzt und getriebenwerden.Daß man bei diesem System nur junge und sehr kräftige Ar-bester gebrauchen kann, ist klar. Wie alt diese dabei werden, wielange sie es aushalten können, darüber verlautet nichts, aber eskann sich jeder ausmalen, daß eine Arbeitskraft unter einem solchenSystem in kurzer Zeit aufgerieben werden muß. Die Gewerk-schaften stehen dem neuen Arbeitssystem durchaus ablehnend gegen-über. Nicht nur deswegen, weil es den Arbeiter degradiert undweil es ihn der rücksichtslosesten Ausbeutung preisgibt, sondernweil es den Gewerkschaften selber, einen Lebensnerv zerschneidet.Das neue System hat es zugleich darauf abgesehen, den einenArbeiter zum Feind des andern zu machen, denn jeder soll sichbemühen, den andern zu übertreffen in der wilden Hajj der Arbeit,und dafür gibt es dann Prämien über den Tagcswhn hinaus.Jedes Solidaritätsgefühl wird dadurch im Keime zerstört.Die Gewerkschaften haben sich offen gegen dieses System er-klärt, auch auf dem letzten Kongreß des Amerikanischen Arbeiter-bundes, und sie sind entschlossen, es aufs äußerste zu bekämpfen.Eue der Partei.Politische Falschuiünzerei.Durch die bürgerliche Presse läuft seit einigen Tagen eine Notiz,die im Neichsverbandsstile einen Abwehrartikel ausschlachtet, denGenosse W e st m e y e r am 18. Dezember in der G ö p p i n g e r»Freien Volkszeitung* veröffentlichte. Westmeher nahm indem Artikel Stellung zu den Stuttgarter Parteiwirren und pro-testierte besonders gegen die Art und Weise, wie die bürgerlichePresse und deren augeblich parteigenössische Hintermänner die be-dauerlichen Differenzen zu fruftifiziercn suchten.Westmeyer hatte nicht mit der Gewiffenlosigkeit der bürgerlichenPresse gerechnet; sie ignoriert die Zurechtweisung und fälscht sichaus der.Abwehr* Angriffe auf die eigene ParteiWe st meyers zusammen, die sie unter der Ueberschrift»Bon derBrüderlichkeit der Roten* an ihre Leute zu bringen sucht.Es ist dies ein Wahlmanövcr, das auf der gleichen Höhe steht,wie alle die Fälschungen und Verdrehungen, die auch bei früherenWahlkämpfen gegen die Sozialdemokratie unternommen wordenfind. Westmeher ersucht uns, ausdrücklich festzustellen, daß sich seineAbwehr gegen die unter partcigenössischer Flagge segelnden Ver-leumdungen richtet. Er verweist darauf, daß gelegentlich der Stutt-garter Gemeinderatswahl die bürgerliche Preffe eine ganze Anzahlanonymer Eingesandts veröffentlichte. Wer die»vornehmen* Ge-brauche der gegnerischen Presse SüddeutschlandS kennt, der weiß,daß bei allen Wahlen sich auf den»Eselswiesen* eine Scharanonymer Helden tummelt, die sich unter der Bezeichnung»AlterParteigenosse*,»Mitglied der freien Gewerkschaft*,»Arbeiter* usiv.verstecken, um bei allzu Leichtgläubigen den Anschein zu erwecken,als kämen die Angriffe aus den eigenen Reihen der befehdetenArbeiterschaft.In Stuttgart richteten sich diese Angriffe vorzugsweise gegenWestmeher. Man hoffte, durch sie die Parteidifferenzen zu ver-schärfen und damit die Interessen der bürgerlichen Parteien zufördern.Diese perfide Kampfesweise brandmarkt Westmeyer, der inseiner Zuschrift an uns besonders betont:»Es steht fest, daß die sozialdemokratische Partei mit denGemeinheiten der bürgerlichen Presse und deren Hintermännernnichts zu tun hat. Im Gegenteil hat die Partei durch ihrezuständigen Instanzen aufs schärf st e Stellung ge-nommen gegen die bürgerliche Presse und ihre Kumpane,die jetzt die eigene Verkommenheit der sozialdemokratischen Parte'andichten möchten.*_Ueier die„Finanzreform des Jahres 1909 und die Parteiendes Reichstages"hat der Vorstand der sozialdemokratischen Partei im Jahre 1916 ei»Handbuch herausgegeben, in das sich leider einige Fehler ein-geschlichen haben, die erst jetzt festgestellt worden sind. So heißt eSauf Seite 329, daß die Freisinnigen in der zweiten Lesung denKommissionsbeschliissen auf Erböhnng des Kaffeezolles zugestimmthätten; nach der Abstimmnngstnbelle auf Seite 403 hätte ein partei-genössischer Abgeordneter gegen die Erbschaftssteuer gestimmt.Beide Angaben sind unrichtig. Es haben alle Sozialdemokratenin der zweiten Lesung für die Erbschaftssteuer gestimmt.Das ablehnende Verbalien der Freisinnigen gegenüber der Kaffee-stcuer ist in dem Handbuch richtig geschildert worden auf den SeilenöS und 462.__pollzeillches, GcrlchtUclics ufx».Jagows Jagd nach der VolkSpoesie.Km Donnerstag morgen in aller Frühe war die BerlinerPolizei in der Engrosabteilung der BuchhandlungVorwärts, um nach DiederichS Buch der Freiheit»Bon unten auf" zu h a u S s u ch e n. Ausbeute: fünf Exemplare lBei Gelegenbeil dieser Fahndung nach freien Liedern erfuhr manauch, in welchen Gedichten JagowS Mannen nach dreivierteljährigemForschen eine SlaalSgefährlichkeit entdeckt haben. Da ist zunächst auSdem ersten Bande Ludwig Pfaus, deS alten 4Ser Demokraten pro-phetischeS Gedicht»Der Tag wird kommen*; weiter AlfredMeißners bittere Anklage gegen die herrschenden Kasten. D e nReichen*. Im 2. Bande haben es nicht weniger als si e b e n Dichtungender Polizei angetan; an der Spitze steht Herweghs bekanntesBimdeslied.Bet' und arbeit' ruft die Welt'; ihm folgtein anderes Herwegh- Lied:»Die Arbeiter an ihreBrüder*; und endlich verfiel dem Zorn der Polizei eine dritteDichtung Herweghs:»Achtzehnter März*, eine in späterZeit entstandene Erinnerung an die Märztage von 1843. JohnHenry M a ck a y ist mit drei Dichtungen:»Gesang derArbeiter',„Wehe der Welt', am Ausgange des Jahr-Hunderts, und»Selbstgespräch eines Proletariers"auf den polizeilichen Index gekommen. Den Beschluß endlich bildetPottiers»Internationale*, die schon fast im gleichem MaßeGemeingut der deutschen Arbeiter geworden ist, wie die Arbeiter.Marseillaise.Es ist nicht anzunehmen, daß die durchaus ungerechtfertigte Be-schlagnahme auftecht erhalten bleibt; denn es handelt sich um eineGedichtsammlung von hohem literarischen und künstlerischen Wert,in der die beanstandeten Gedichte als charakteristische Erscheinungenihrer Zeit einfach nicht fehlen dürfen.Hue Industrie und Kandel.Das Wettrüsten in der Montanindustrie.Kapitalistische Großindustrie und kapitalistische Politik, si«haben viel Gemeinsames. Die hervorstechendste Eigenschaft beibeiden ist das fortwährende Wettrüsten. Seit einem halbenDutzend Jahren rüstet die deutsche Montanindustrie zur Er-Neuerung des Kohlenshndikats und des Stahlwerksverbandes,trotzdem das letztere erst zum 36. Juni 1912 abläuft und daserstere noch viel später, am 31. Dezember 1915. Der Auftaktdazu war die Umwandlung der Aftiengesellschast Gelsenkirchenaus einem„reinen" Kohlenunternehmen in ein„gemischtes" Mon-tanwcrk, heute besitzt es ein Aktienkapital von 186 Millionen Mark.Der Lothringer Hüttenverein Aumetz-Friede,dessen Geschäftssitz Brüssel ist, verfügt über 217 Hektar ausschließ-lich deutschen Boden. Er produzierte 1916 rund 586 666 TonnenRoheisen, 466 666 Tonnen Rohstahl und 312 666 Tonnen Walz-fabrikate. Dozu kommt noch eine Produktion von 1 666 666 TonnenKohle und 1 766 666 Tonnen Erz. Der Lothringer Hüttenvereinerwarb vor einiger Zeit unter anderem die Kohlenzeche Viktor.in derem Gefolge sich wieder die im Abteufen begriffene ZecheIckern befindet. Auf dies« Art wird bei ihm wohl 1912 eineKohlenproduktion von 2 666 666 Tonnen erreicht werden. Dazukommt jetzt noch der Neuerwerb der Erzzeche Reichslande,die dafür sorgen soll, dem vergrößerten Halbzeugabsatz die nötigenRohstoffe zu schaffen.Das Fassoneisenwalzwerk L. Mannstaedt trittin die Interessengemeinschaft ein, weil es ebenso großes Bedürfnisnach der ungestörten Lieferung von Roh- und Halbprodukten hat,als der Lothringer Hüttenverein daran interessiert ist, für ebendiese Fabrikate gesicherten Absatz zu finden. Allerdings spielt hier,wie immer, auch das Finanzinteresse hinein. Der Schaaff-Hausens che Bankverein ist an dem FassoneisenwalzwerkMannstaedt stark interessiert und überragend beteiligt. Erst imFrühjahr verschmolz er ihm die Sieg-R heinische HütteÄ.-G. und zwar im besonderen aus dem Grunde, weil das darinfestliegende Geld nur durch eine Fusion mobilisiert werden konnte,Auch jetzt ist wieder der Schaaffhausensche Bankverein der Haupt-intcressent der Gemeinschaftsbestrebungen. Daneben kommen nocheinige andere Banken in Frage. Wie stark das besondere Jnier-esse des Schaaffhausenschen Bankvereins ist, geht unter anderemdaraus hervor, daß bei der finanziellen Transaktion auch Mann-staedt-Aktien zum Umtausch kommen, die ja in der Mehrzahl inseinen Händen sind. Bei der Vereinigung mit der Dritten imBunde, der Düsseldorfer Eisen- und Drahtin-d u st r i e A,-G., ist es ebenfalls das Interesse von Aumetz-Friedeals eines der allerbedeutendsten Halbzeuglieferanten Deutschlands,sich ständige und verpflichtete Abnehmer zu besorgen, das zurInteressengemeinschaft geführt hat.Der neu« Konzern wird zuerst eine Kapitalsvermehrung aufdie Art erfahren, daß Aumetz-Friede 13 Millionen Mark neueAktien ausgibt, die sein Gesamtkapital auf 58 Millionen Markbringen.Das jüngste große Gemischtwerk, der Lothringer HüttenvereinAumetz-Friede, zieht also mit verstärktem Rücken und vergößertemRüstzeug in die Kämpfe um die Erneuerung des Stahlwerkver-bandes. So muß notwendigerweise das Interesse an Produktions-stufensyndikaten immer geringer werden. Unterneh nungen, dieihre Roh- und Halbprodukte so gut wie gar nicht auf de» Marktbringen, sind an deren Preisgestaltung weniger interessierte Fürsie ist die Preisböhe der Fertigfalrnkate viel wichtiger; aber geradeoa ist auch die Syndizierung am kompliziertesten und schwierigsten.weil sie sich noch im Entwicklungsstadium befindet. Die Mächtedes Kapitalismus werden immer gewaltiger, besonders wichtig istdabei, daß auch der Staat und feine Stellungnahme zu denSyndikatserncuerunzen für diese ausschlaggebend wird. EinGrund mehr, im besonderen der preußischen Regierung ganz be-sonders auf die Finger zu sehen.Soziales*Zum Achtuhr-Ladenschluß. Die§§ 139« und k der Gewerbe-ordnung sollte Frau Richer dadurch übertreten haben, daß sie ihrJuwelengeschäft zu Berlin nach Eintritt der gesetzlichen Laden-schlußzeit um 8 Uhr abends für den„geschäftlichen Verkehr*, wiesich§ 139« ausdrückt, nicht geschlossen habe. Der Sachverhalt warfolgender: Vor 8 Uhr kam jemand, um einen Ring zu kaufen.Die Angelegenheit wurde auch vor 3 Uhr erledigt. Es hatte sichaber eine Unterhaltung über kunstgewerbliche Gegenstände ange-spönnen und diese wurde in dem erleuchteten und nicht verschlossenenLaden bis gegen 9 Uhr fortgesetzt. Dagegen wurde eine Person,welche nach 8 Uhr noch etwas kaufen wollte, mit dem Bedeutenweggewiesen, daß Geschäfte nicht mehr abgeschlossen würden. Auchein Schutzmann kam nach 8 Uhr in den Laden.Im ersten Rechtsgange war die Angeklagte mit d«rBegründung freigesprochen worden, daß es genüge, wennin dem Laden ein geschäftlicher Verkehr nach Eintritt der gesetz-lichcn Zeit nicht mehr stattfinde.Diese Ansicht wurde aber vom Kammergerichtverworfen. Die Sache beschäftigte nochmals das Landgericht.das nunmehr die Angeklagte verurteilte. Die neuerdingseingelegte Revision hatte keinen Erfolg. Das Kammer.gericht, das vor kurzem zum zweiten Mal zu entscheiden hatte.nahm folgenden Standpunkt ein: Es genüge durchaus nicht,wenn in der Verkaufsstelle tatsächlich ein Verkehr nicht mehr statt-finde. Wenn der Gesetzgeber sage, offene Verkaufsstellen müßtenfür den„geschäftlichen Verkehr geschlossen sein*, dann folge daraus,daß durch geeignete Veranstaltungen erkennbar gemacht werdenmüsse, daß dort eine Bedienung nicht mehr stattfinde. Wenn, wiehier, der Zutritt von Leuten, die da nach Lage der Sache glaubten.sie würden noch bedient, möglich sei, dann fehlten solche erkenn-baren Maßnahmen. Nach den Feststellungen habe Licht im Ladengebrannt und die Tür sei auch nicht verschlossen gewesen.Explosionen und Brände in der Lprengstoffinduftrie im Jahre 1316.Nach einer Zusammenstellung des Ministeriums für Handelund Gewerbe über diese Explosionen und ihre Ursachen kamen indiesen Betrieben 1916 23 Explosionen und 8 Brände vor. und recht-fertigen diese hohen Zahlen wohl ein näheres Eingehen auf dieseVorfalle. Denn die Hauptleidtragenden dabei sind doch die Ar-bester und Arbeiterinnen. Bei den 28 Explosionen wurden 13 Ar-bester getötet und 46 verletzt. Tie Ursachen der Explosion wurdenin 7 Fällen einwandfrei festgestellt, in 13 Fällen wurden sie mitmehr oder minder Wahrscheinlichkeit vermutet und in 8 Fällenblieben sie unbekannt. Bei den 8 Bränden wurden 3 Personenverletzt. Die Ursachen des Brandes wurden in einem Fall« ein-«fandfrei festgestellt, fff 5 Fällen issurdet» sie ietmM anf in2 Fällen blieben sie ganz unbekannt.In 3 Fällen war die Explosion auf Blitzschlag zurückzuführen.In 2 dieser Fälle wurde bei der Wiedererrichtung des Betriebesvon dem Wiederanbringen der sogenannten Taradayschen Netze zu-nächst nur auf Widerruf Abstand genommen und an ihrer stelleals sicherere Blitzschutzanlage hohe Auffangstangen errichtet. Fernerwurde dio-Änsammlung von großen Mengen Metall möglichst ver-mieden und alle Metallteile und-leitungen mit Erdleitungen ver-bunden. Der dritte Betrieb war derart, daß er dauernd eingestelltwurde. In zwei Explosionen, die sich zu verschiedenen Zeiten'ndemselben Betriebe ereigneten, explodierte ein Zü�bütchcn einerFlauöri, ischrot masckine dadurch, daß die Arbeiterin beim Einführe««des Zündsatz und Pulver bedeckenden Pappblättchens dies nur miteiner dünnen Nadel einstieß, die mit ihrer Spitze leicht bis auf denZündsatz stoßen konnte und diesen dadurch zur Entzündung brachre.Nach dem Unglück wurde endlich die dünne Nadel durch einenstärkeren Stift ersetzt, die Operation überhaupt unter einer Glas«platte vorgenommen. In einem Falle war Reibung von Knall»quecksilber die Ursache der Explosion, als ein Arbeiter ein Kästchenmit etwa 56 Gramm Zündsatz fallen ließ und durch eine Fuß«bewegung beim Bücken die Reibung und Explosion verursachte. Aufgrobe Fahrlässigkeit ist ein siebenter Fall zurückzuführen, bei deindie Ursache zweifelsfrei festgestellt wurde. Ein beim Füllen vonPapierhülsen von 4 Millimeter Durchmesser mit einem Gemischvon Schwarzpulver, Mehl und Holzkohle beschäftigter jugendlicherArbeiter verlor in der Pause den zum Füllen benutzten Messingstabund benutzte nach der Pause statt dessen eigenmächtig einen eisernenStab. Die Reibung von Eisen und Schwarzpulver hatte die Ex»plosion der Hülse und diese dann die einer größeren Menge de?Gemisches zur Folge. Nach dem Unglück wurde bestimmt, daß zuderartigen Arbeiten künftighin jugendliche Personen nicht mehrverwendet werden dürfen.In den dreizehn Fällen, in denen sich nicht mit voller Sicherheitdie Ursache der Explosion hat feststellen lassen, werden zum TeilUnachtsamkeit oder Fahrlässigkeit der Arbeiter, zum Teil aber ganzunzweckmäßige Betriebseinrichtungen oder Arbeitsverfahren alsmutmaßliche Ursachen angegeben. In bezug auf die Folgen derExplosion wird in zwei Fällen hervorgehoben, daß sich die nach demÄusblasesystem erbauten Betricbsräume vollkommen bewährt haben.Unter den Explosionen mit unbekannter Ursache wird auch ein Fallerwähnt, der sich in einer Fabrik ereignete, die sich mit der Her»stellung von Knallkorken beschäftigte. Als Zündmasse der Korke ver-wendete sie ein Gemisch von chlorsaurem Kali, rotem Phosphorund einem Bindemittel. Dieses Pulvergemisch ist so leicht explo»dierbar, daß schon das Schieben desselben mit einem Blatt Papieres leicht zur Explosion bringen kann. Es kann nicht überraschen,daß bei dem Arbeiten mit einem so leicht explodierbaren Gemischeine Explosion eintrat, durch die die dabei beschäftigten Arbeitermehr oder weniger schwere Brandwunden im Gesicht erlitten.Uebrigens war schon früher eine Explosion von etwa 566 Knall-korken erfolgt, bei der ein Arbeiter Brandwunden an Händen undArm erlitt. Aber das Bezeichnendste hierbei ist, daß der Unter»nehmer zu dieser gefährlichen Fabrikation gar nicht die nach � 16der Gewerbeordnung notwendige polizeiliche Genehmigung besaß.Jetzt wurde fteilich die Wiederaufnahme de» Betriebe» polizeilichinhibiert und gegen den Unternehmer ein Strafverfahren wegenfahrlässiger Körperverletzung eingeleitet. Aber wegen der ohnedie erforderliche polizeiliche Genehmigung jahrelang betriebene un.zulässige und gefährliche Fabrikation konnte er nicht mehr belangtwerden, weil für diese schon längst Verjährung eingetreten war.Was die Brände betrifft, so ist in einem Falle der Brandauch durch grobe Unvorsichtigkeit entstanden. Es handelt sich umeine Heimarbeiterin, die Ehefrau eines Feuerwerkereiarbeitcrs, diein ihrer Wohnung mit der Herstellung von Knallsröschen beschäftigtwar. Beim Anzünden der Lampe flog ein Funken vom Zündholzin die auf dem Tische stehende, mit Staubpulver gefüllte Sckachtcl.da? dadurch sofort aufflammte. Der Arbeitgeber der Heimarbeiterinwurde veranlaßt, von der Hausarbeit Abstand zu nehmen. DieBrände haben durchweg nur geringeren Schaden an Material ver»ursacht, auch glücklicherweise keine bedeutenderen BerlepuiuKit derArbeiter zur Folge gehabt. In drei Fällen wird als Ursache daSVorhandensein eines Fremdkörpers(im Pulversatz, in einer Pulver-schnür bezw. in der Abfallsäure einer Nitrotoluolfabrik) als mög»liche Ursache angegeben. Die Zerstörung einer Dinitrotoluolmelassc»bude, deren Ursache nicht festgestellt werden konnte, führte zuwesentlichen Betriebsänderungen.Bayerische Kellnerinnen.Seit Jahren pflegen bayerische Konzertunternehmer aus Mün«chen und Nürnberg in Norddeutschland, besonder» in Berlin unddessen Vororten, sowie in Hamburg(Tom) in großen Lokalen oderin eigenen Konzerthallen— meistens gemeinsam mit einerBrauerei— große Konzerte(Bier- und Animiermusik) abzuhalten.Hierzu pflegen diese Unternehmer eigene in München oderNürnberg engagierte Kellnerinnen anzustellen. Das Los dieserKellnerinnen ist meistens ein sehr fragwürdiges. Sie müssen di«Reisekosten selbst bestreiten, ebenso die Kosten für das vorgeschriebene Kostüm. Können angesetzte Konzerte nicht abgehaltenwerden, so gibt es keine Entschädigung. Da die« sehr oft vorkommt,kommen solche Mädchen— oft sind eS auch verheiratete Frauen—häufig in schlimme Verhältnisse und befinden sich oft in fremdenStädten in ganz hilfloser Lage. Es sei hier ein Vertrag vcröffent-licht, der die ganze Misere dieser Mädchen zeigt..(Stil und Ortho»graphie ist wie im Original.)Vertrag.(Nachdruck verboten.)'Herr Glossner in Fa. Baron„Muckl" jr. hat heute folgendenBertrag mit den Servierfräulein... abgeschlossen.Herr Glossner engagiert die Mädl für die Zeit vom...bis... nach... und zwar mit einen täglichen Lohn von 1,56 M.Eine weitere Verpflichtung fällt Herrn Glossner nicht zu.Eine Kündigung ist gegenseitig...Unvorhergesehene Ereignisse lösen den Vertrag ohne jede Ent-scheidung für beide Teile, wie Krieg, Brand de» Lokals, polizeiliche»Verbot, Landestrauer.Beginn der Arbeitszeit an Wochentagen..,An Sonn- und Feiertagen...Kostüm: rot oder grüner Rock, schwarzes Mieder mit Tuch,schwarze Stiefel, Tellerbut mit Flaum, farbige oder Weiße Schürze.Jedes Mädel hat für Putzgeld täglich 86 Pfenige zu zahiemJnvaliditäts u. Krankenkassen beitrage nach den gesetzlichenBestimmungen: pro Woche ein Drittel der Krankenkassa u. dieHälfe Jnvalidenmarken.Bei Vertragsunterschrift ist die Reise zu hinterlegen.Ein Kontraktverkauf oder vertausch an irgend ein anderesMädel ist streng verboten. Ääuferinen eines solchen Vertrage»haben kein Recht im obigen Betrieb zu arbeiten.Ueber alle», was im Geschäft gesprochen wird, ist strengsteDiskretion zu bewahren, wie auch obiges Engagement bei sofortigenVerlust des Vertrages nicht vor Beginn desselben veröffentlichtwerden darf.Die Madel haben sich den Anordnungen de» Glossneroder dessen Stellvertreter unbedingt zu fügen u. Folge zu leisten,sowie alle ihnen in ihrer Eigenschaft obliegenden Verrichtungengewissenhast zu erfüllen. Wohnungsveränderungen u. Krankheit.sind Herrn Glossner sofort mitzuteilen. Folgende Vorkommnisse be»rechtigen Herrn Glossncr zur sofortigen Entlassung ohne jeden An»spruch auf Lohn.1. Nachlässigkeit, sowie schlechte» Betragen. Dienstversäumni»,unhöfliches Betragen gegenüber den Gästen, sowie ihre Vor»gesetzten; Betrunkenheit, Streit, Ueberforderung der Gäste,Klatschereien, sotvie übles Nachreden über meine Person.2. Verkehr während u. nach der Tienstzeit mit Musikern.3. Nach Schluß der Äonzerte�andere Lokale im Kostüm aufzn»suchen u. zu besuchen. Wer nach Schluß der Konzerte andere Lokal«besuchen will, hat Erlaubnis einzuholen,