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fordert. Was aber innerhalb der bürgerlichen Gesell- schaft für das Proletariat getan werden kann, hat die australische Arbeiterpartei getan, ganz im Gegensatz zu den Zentrumschristen, die die Sozialpolitik stets im Munde fuhren und stets durch die Tat verraten. In Neuseeland besteht der gesetzliche Acht- stundentag, dessen fanatische Gegner die Klerikalen sind. Die australischen Arbeiter kennen nicht das unsinnige Wett- rüsten und vor einem Steuersystem, das alle Lasten auf die Schultern der Aermsten legt, sind sie geschützt. Eines aber beweist allerdings auch die Tätigkeit der australischen Arbeiterregierung: zur völligen Befreiung des Proletariats genügt nicht der bloße Besitz der politischen Ge- walt. Diese muß vielmehr als Mittel dienen, um durch die Von der Arbeiterflasse eroberte Staatsmacht die Klassen- gegensätze überhaupt aus der Welt zu schaffen und die Gesellschaft der Ausbeutung durch die sozialisttsche der Arbeit zu überwinden. Heimliche Kontrolle des Reichstagswählers macht straf- bar und fchadensersatzpflichtig. Bekanntlich haben einige Wahlvorsteher, Wahlvorstandsmitglieder und»Stützen der Gesellschaft' die geheime Wahl in einigen Land- orten dadurch zu beseitigen gesucht, daß sie Wahlurnen zur Ver- Wendung brachten, die ein Aufeinanderschichten der Kuverts er- »nöglichten und durch Führung einer Liste dann feststellten, wie ge« tvählt sei. Die Regierungen haben auf Veranlassung de? Reichstags gegen diese Gesetzesverletzung sich gewendet. Besonders klar schreibt die mecklenburgische Regierung nur: »In Ansehung der Wahlurnen wird noch besonders darauf hingewiesen, daß hierzu nur solche genügend großen Gesäße zu verwenden find, welche eS gestatten, die Umschläge mit den Stimm- zetteln durch den Spalt im Deckel deS Behältnisses so einzuwerfen, daß ein Aufeinanderschichten der Wahlumschläge unmöglich ist. Suppenterrinen. Zigarrenlisten und dergleichen dürfen hier nicht zur Verwendung kommen.' Wenn trotzdem Wahlvorsteher gesetzwidrige Wahlurnen anwenden. die ein Aufeinanderschichten der Wablumschläge und eine heimliche Kontrolle ermöglichen, so machen sich die hieran Beteiligten einer intellektuellen Urkundenfälschung schuldig und find außerdem für alle durch Verletzung der Geheimhaltung der Wahl entstehenden Schaden ersatzpflichtig. Der Wahlvorsteher hat im Wahlprolololl zu be- Urkunden, daß der Wähler»den Stimmzettel unbeobachtet in den Umschlag steckte'. Dieser Beurkundung widerspricht die geschilderte Manipulation. Nimmt man aber auch an, daß aus irgend einem Grunde eine Bestrafung nicht erfolgen könne, vielleicht. weil den Beteiligten der Dolus , also die Einsicht in die Tragweite ihrer Handlungen fehlte, so würde doch jeder der an diesen Fälschungen Beteiligten für den durch Preisgabe, dem der einzelne zugestimmt habe, entstehenden Schaden voll zu haften haben. Denn seine Handlung verstößt gegen das Gesetz und gegen die guten Sitten. Die Wahlkomitees werden gut tun, in jedem Fall vollen Schaden- ersatz gegen alle Beteiligten durch Klage zu erwirken. Freireligiöser Unterricht verboten. Die in Düsseldorf im verflossenen Sommer gegründete freireligiöse Gemeinde hatte an den RegierungSpräfi- deuten das Ersuchen gerichtet, dem von ihr angestellten Professor E ch i e l e r zu erlauben, den Kindern der Mitglieder freireligiösen llnterricht als Ersatz für den Religionsunterricht in den Schulen zu erteilen. Dem Gesuch war das von Professor Schieler aufgestellte "Wrtrrrichtöprogramm beigefügt. Nunmehr ist nach, längerer Frist das Gesuch vom Regierungspräsidenten ohne Angabe von Gründen abschlägig beschieden worden. Wie zu diesem Bescheide von Professor Schieler mitgeteilt wird, habe er zehn Jahre solchen Unterricht in Danzig und Gumbinnen erteilt. Von den dortigen RrgnrungSbehörden sei der Lehrplan nicht beanstandet worden. In alles redet der Polizeistaat hinein. Er schreibt den Eltern vor, welche Religion ihren Kindern beigebracht wird. Ans dem Altar des Militarismus geopfert l Das furchtbare Unglück bei Pirna während des letzten Herbst- manöver« im September v. I.. bei dem tv brav- junge Soldaten vom Ulanen-Regiment Nr. 17 in Oschatz den Tod in den Fluten der Elbe fanden, ist noch in frischer Erinnerung. Das entsetzliche Unglück ereignete fich in dem Augenblick, als die Soldaten auf Befehl mit ihren Pferden die an dieser Stelle ziemlich tiefgehende Elbe durchschwimmen wollten. Mitten im Strom trat die Katastrophe ein und zehn blühende junge Leute fanden in den Fluten ihr Grab. Das Durchschwimmen der Elbe wurde trotz Verwarnungen eines dort wohnenden WirtschaftSbesitzerS vor- genommen. Nach dem Unglück wurde die Schuldfrage lebhaft ventiliert und auch eine gerichtliche Untersuchung gegen die beiden beteiligten Offiziere eingeleitet. DaS Verfahren ist aber wieder eingestellt worden, weil angeblich nie- mand die Schuld trifft und e» im Manöver Momente gibt, wo die Berantwortlichkett der Borgesetzten aufhört._ Der pernfcbe Verzwetflutigshatnpf. Tie russischen Kriegshetzer haben endlich ihr Ziel er- reicht. Die persische Regierung ist besiegt und gedemutigt, das Parlament aufgelcst. und ganz Nordpersten steht rn der Gewalt der russischen Truppen, die sich unaufhaltsam von der kaukasischen Grenze über das unglückliche Land ergießen. ' Während der persische Regent und die Minister zu stummen Werkzeugen Rußlands und Englands degradiert worden sind. ist die festeste Burg der Verfassungskämpfer. Ta bris, von den Russen im Sturm genommen worden. Nachdem tagelang der Kampf in den Straßen getobt, sind die Verteidiger vor der russischen Uebermacht in die Berge geflohen, und über den Zinnen der stolzen Stadt, die bisher sowohl den Horden des Schahs Mahommed Ali, wie die russischen Truppen ge- trotzt, weht jetzt das blutbesudelte russische Banner. Tre ge- setzlichen Behörden sind abgesetzt und die Gewalt über die Stadt ist in die Hände der russischen Konsulatsbeamten und der Leiter der militärischen Strafexpeditionen gegeben, die mit unumschränkten Vollmachten ausgerüstet sind. Was sich in den letzten Wochen in Persien abgespielt stellt zum Teil eine Kopie des italienischen Raubzuges Tripolis dar, zum Teil übertrifft es diesen an Infamie Brutalität. Es ist als ob Rußland , im Verein mit Eng- ». und von Deutschland sekundiert, mit Italien wetteifern würde, den europäischen Völkern die Heuchelei der Friedens- kongresse. den Trug der internationalen Verträge vor Augen zu führen, und denAsiaten" eine richtige Vorstellung von derchristlichen" Kultur der kapitalistischen Staaten einzu- bläuen. Italien überfiel in tiefstem Frieden Tripolis. okkupierte kurzerhand diese türkische Provinz und machte mit allen Einwohnern, die sich gegen die fremdländische Invasion wehrten, als mitAufständischen", kurzen Prozeß. Genau nach demselben Rezept handelt die russische Regierung in Nordpersien. Nachdem die Okkupation mit Lug und Trug und mit heuchlerischen Phrasen über die Selbständigkeit Persiens vorbereitet wurde, erklärt die Zärenregierung nun alle, die sich ihrem Gewaltstreich nicht unterwerfen, als Räuber und Aufständische, proklamiert in dem eroberten Täbris das Standrecht, rüstet Strafexpeditionen aus und schickt sich an, dieSchuldigen" vor einem aus russischen Offizieren und Beamten zusammengesetzten Tribunal ab- urteilen zu lassen. Würde Rußland mit Persien Krieg führen, so müßte es nach den Vorschriften der zweiten Haager Kon- ferenz, die sowohl von den Vertretern Rußlands wie Persiens unterzeichnet worden sind, gewisse Rücksichten auf die Perser nehmen. So müßte sie sie bei bewaffnetem Widerstand(nach Artikel 2) als.kriegführende Seite" betrachten und dürfte ihnen(Artikel 50) keinerlei Kollektivstrafen auferlegen. Rußland führt aber angeblich gegen Persien keinen Krieg. Es stellt bloß dieOrdnung" in seinerEinflußsphäre" her, nachdem es derAnarchie" in der Verwaltung durch die Vertreibung Morgan Shusters! ein Ende gesetzt hat. Es pfeift deshalb auf alle Vorschriften der Haager Konferenz, die dem Krieg ein wenig von seiner abschreckenden Scheuß- lichkeit nehmen sollen. Es verwirft, der Lehre Skobeleffs ein- gedenk, daß man den Asiaten, wenn man die Herrschast über sie erringen wolle, unbarmherzige Nackenschläge erteilen müsse, jede Möglichkeit, Persien selbst im Kriege wie einen Staat zu behandeln. Und es etabliert endlich, um seine in London und in Potsdam anerkannte Vormachtstellung in Nordpersien allen deutlich vor Augen zu führen, in den okkupierten Provinzen dieselben Zustände, die nach der Niederwerfung der Revolution in den Ostseeprovinzen, in Moskau , im Kaukasus und in Sibirien geherrscht haben. Die Mitteilungen, die von dem Endschumen in Täbris und dem Kommandanten der persischen Truppen in Konstantinopel angelangt sind, bestätigen die unerhörte Grausam- keit und Barbarei der russischen Truppen. Sie geben zugleich auch ein ganz anderes Bild von den Ursachen der Kämpfe in Täbris . die offensichtlich, nach dem Muster des glorreichen Kosakenobersten Ljachow, pro- doziert worden sind, um den Russen einen Vorwand zur Okkupation Nordpersiens zu liefern. Die Greueltaten der Russen. Wien , 3. Januar. Der Landrat von Täbris hat der Wiener »Neuen Freien Presse" zufolge an das persische Konsulat in der türkischen Hauptstadt eine Depesche gerichtet, worin es heißt:Vor zwei Tagen sind die Russen hier mit Gewalt eingedrungen. Sie erstürmten eine Schule und traten und schlugen dieKinder erbarmungslos nieder. Einwohner, die harmlos ihres Weges gingen, wurden nieder- geschlagen oder niedergeschossen. Tags darauf traf aus Teheran die Nachricht von der Einstellung-der Feindseligkeiten ein, was die Russen jedoch nicht hinderte, das Bombardement fort- zusetzen. Im russischen Konsulatsviertel und in Baje Schomal drangen die Russen in die Häuser der Notabein ein und raubten, was ihnen in die Hände fiel. Mehrere Notabeln wurden ge. fangen genommen. Auf den Straßen schlugen und schössen sie harmlose Einwohner. Frauen und Kinder nieder. Ich bitte, diese Greueltaten der zivilisierten Welt zur Kenntnis zu bringen." Oirkei. Die innere Krise. Genosse P ä r VMi sckire.ibt uns aus Konstantinopel : Die Komiteeleute wollen die Auslösung des Parlaments, aber sie fürchten sie zugleich und sie fürchten zugleich den Fortbestand des gegenwärtigen Parlaments. Denn, abgesehen davon, daß sie ihre Majorität eingebüßt haben, möchten sie nicht, daß der Friede mit Italien noch vor den Neuwahlen geschlossen werde. Denn. wenn sie mit einem schlechten Friedensvertrag vor die Wähler treten, werden sie de» ganzen Zorn der Bevölkerung über sich er- gehe» lassen müssen. Sie möchten also Parlamentsauslösung und sosortige Wahlen. Die Opposition sieht mit Zuversicht den Parla- mentSwahlen entgegen, aber sie möchte noch vorher die Regierungs- gewalt den Händen des.Komitees' entwinden, um den Regierungs- apparat bis zu den Wahlen mindestens zu kontrolliere»: sie sürchiet auch, daß man ihr keine Zeit zur Wahlagitation lassen würde. Da- her daS Interesse der Opposition a» einem neutralen Ministerium und ihr Interesse an der Aufhebung der Kriegsgerichte bezw. des Belagerungszustandes. Daß es sich für die»liberale Verständigung' dabei ni»t um liberale Grundsätze, sondern ausschließlich um ihr eigenes Wahlinteresse handelt, ergibt sich aus der Tatsache, daß sie folgenden Bedingungen zugestimmt hat, die das»Komitee' als Kompensation für die Aushebung deS Belagerungszustandes ge- stellt hat: l. Verschärfung deS Streikverbots für Arbeiter und Angestellte öffentlicher Institute, 2. Verbot der Versammlungen unter freiem Himmel. Die reaktionäre Politik des Komitees gegenüber den Arbeitern geschah und geschieht unter dem unmittelbaren scharfen Druck seitens der Großmächte. Diese sind eS auch, die zur Verstärkung der Regierungsgewalt gegenüber dem Parlament drängen. Denn sie wissen, daß, wenn erst das Parlament geschlossen wird, sie mit den Männern der türkische» Regierung, wer sie auch sein mögen, un- ichwcr ihre Kaufgeschäfte werden abschließen können. Darum ivird denn auch neben dem unbeschränkten Rech! deS Sultans, das Parla­ment aufzulösen, daS Recht verlangt, das Parlament zu KriegSzeiten zu suspendieren. , Im Wirbelsturm der parlamentarischen Kämpf« gingen die neneslen Gebietsabtretungen an England und Frankreich unbemerkt vorbei. Das Parlament nahm sie stillschweigend hin. die Presse hütete sich, auch nur ein Wort der Kritik zu äußern. Man fand sich also mit den Tatsachen ab. Das sind nicht die einzigen Verluste, die der Krieg dem Osmanische» Reiche gebracht hat. Denn wie eS sich jetzt, nach der Btröffentlichung des Verlrage« mit dem Jmam Jahja heraus- stelll, hat die Türkei in aller Form an diesen einen großen Teil des Jemen sArabien) abgetreten._ Das neue Ministerium. Konstantinopel , 2. Januar. Das neue Ministerium hat sich gebildet. Großwesir wird Said Pascha, Scheich ül Islam Nessib Esfendi, Ministerium des Inneren Talaat , Ackerbauminister Senator Avistidi, llnterrichtSmwvsier Emrullah, Arbeitsminister Sinapiam. während die übrigen Minister auf ihren Posten bleiben. Das Kabinett setzt sich vollständig aus Mitgliedern der fortschrittlichen Union zusammen. ver Krieg. Vom tripolitanischen Kriegsschauplätze. Rom , 3. Januar. Die Agcnzia Stefani meldet aus Tripolis von gestern abend 1l Uhr: Die Kavallerie nahm bis zehn Kilometer südwestlich von Ainzara Erkundungsritte vor, ohne indessen Spuren des Feindes zu finden. Das TorpedobootCigno", das eine Fahrt an der Westküste machte, gab 60 Granaten auf ein bei Fort Forwa befindliches feindliches Lager ab und trieb zahlreiche Beivaffnete, darunter einige Reiter, in die Flucht. Rom , 3. Januar. Aus Tripolis wird berichtet, daß die italienischen Flugapparate ihre Aufstiege wieder auf- genommen haben und bedeutende Truppesicksisammlungett in der Umgegend feststellten. Neue Truppensendungen nach Tripolis . Rom , 3. Januar. Von hier aus sind die Jnfanterieregraenter Nr. 20, 30 und 60 abgegangen. Ferner werden zwei weitere Bataillone Alpenjäger mobil gemacht werden. Die Einschiffung erfolgt in Neapel . Eisenbahnen für Tripolis . Rom , 3. Januar. Die italienische Regierung hat bedeutende Materialbestellungen für Eisenbahnen gemacht, die in Tripolis ge- baut werden. Es handelt sich um ein Bahnnetz von 000 bis t>00 Kilometer. Hiervon sollen 60 Kilometer bereits Ende Februar in Betrieb genommen werden. Die Spurweite der Gleise wird Zentimeter betragen. Vom bulgarischen Bandenkrieg. Saloniki, 3. Januar. (Meldung des Wiener K. K. Telegr.« Korresp.-Bureaus.) Bei Halep in der Nähe von Köprülü ist es zu einem Kampfe mit einer Bulgarenbande gekommen, der der letzte Eisenbahnanschlag bei Köprülü zugeschrieben wird. Stach zwei- stündigem Feuern flüchtete die Bande unter Zurücklassung von fünf Toten. Auf türkischer Seite ist ein Soldat gefallen� zwei sind verwundet. Deutscher Protest gegen die Schließung italienischer Bankett in der Türkei . Konstantinopel , 3. Januar. Der deutsche Botschafter legte bei der Pforte schriftlich Verwahrung ein gegen die Sperrung der italienischen finanziellen Eta» blissements in der Türkei . Baron Marschall weist darauf hin, daß, nachdem den italienischen Residenten in der Türkei infolge des Kriegszustandes die Kapitulationsrechte vor- enthalten wurden, diese nach Maßgabe des türkischen Gesetzes be- handelt werden müssen, die aber eine solche Sperrung nicht zu- ließen. Außerdem bedeute die obige Verfügung eine schwere Schädigung aller derjenigen, die Gelder deponiert haben und ver- hindert waren, hierüber zu disponieren. Freilassung der kretischen Abgeordneten. Athen , 3. Januar. Das-hiesige Parlament schloß heute früh seine Sitzungen. In Kreta erfolgte heute die Freilassung der von den Schutzmächten gefangengehaltenen 24 Abgeordneten. Das revolutionäre Parlament vertagte sich auf einen Monat. vle lüevollltion in Lhlns. Jnanschikai nimmt den Kampf gegen die Revolution auf. Paris , 3. Januar.New Uo r k Herald" meldet aus Peking : Der Kampf zwischen dem Norden und dem Süden Chinas ist unvermeidlich geworden. Nach. einer Audienz, welche Juanschikai gestern im Palais hatte, telegraphierte er an den bisherigen kaiserlichen Delegierten in Schanghai , Chang Tao Ai, daß die Kaiserin Witwe und der Regent seine Demission angenommen haben. Er erklärte, alle Verträge, die zwischen ihm und Wu Ting Fang abgeschlossen wurden, für null und nichtig und bezeichnete Chang Tao Di als Verräter. Die Kaiserin hat 80 000 Unzen Gold zu einem Kriegsfonds an Juanschikai zur Verfügung gestellt, außerdem verpflichtete sie sich, bei den Mandschuprinzen durchzusetzen, daß auch diese bedeutende Summen zur Fortsetzung des Krieges spenden. Juanschikai teilte den aus- ländischen Gesandtschaften mit, daß er entschlossen sei, zu- gunsten der konstitutionellen Monarchie zu kämpfen. Er erklärte, daß er im Vollbesitz aller Mittel im Norden des Jangtsektang sei und er hoffe, daß die revolutionäre Bewegung, die in den südlichen Provinzen ausgebrochen sei, von selbst in sich zusammenfalle. Etos der Partei. Ein Neujahrsscherz der VreSlauer Genosse«. Der Polizeipräsident von B r c s l a u hat im, Verlauf seiner Amtszeit bie freiorganisierte Arbeit-erschaft mit Verfolgungen aller Art recht reichlich bedacht. DaS Verhalten der Polizei bei Straßen- demonstrationen, das konsequente Konfiszieren der roten Kranz- schleifen, das Redeverbot an den österreichischen ReichsratSabgc- ordneten I o ck l und noch andere Bevormundungen in großer Zahl legen Zeugnis davon ab, wie die Brcslauer Arbeiterschaft durch die Polizei verfolgt wird. Um sich dafür mm einmal in anderer Form schadlos zu halten, leisteten sich die Breslauer Genossen einen recht gelungenen Neujahrsscherz. Für den Abend des Neujahrstages hatten sie eine Wählerber- sammlung nach dem Gewerkschaftshause einberufen, die von 1000 Personen besucht war. Der frühere Abgeordnete Genosse B ö h l e» Straßburg war als Redner vorgesehen. Da dieser zu Beginn der'' Versammlung noch nicht eingetroffen war, machte zunächst der Vor- sitzende, Genosse Lobe einige einleitende Bemerkungen, um dann dem inzwischenaus dem S ü d e n" erschienenen Redner das Wort zu erteilen, der in reichlich einer Stunde mit ausgesprochen österreichischem Dialekt und mehrfachem Hinweis auf ö st e r r e i ch i s ch e Verhältnisse die Breslauer Arbeiter auf die Bedeutung der bevorstehenden ReichstagSwahlen hinwies. Nqch- dem der Redner geendet und die Versammlung wegen der in bedenkliche Nähe gerückten Abfahrtszeit" schon wieder verlassen hatte, machte der Vorsitzende davon Mitteilung, daß der Redner nicht der Genosse Böhle-Straßburg, sondern derösterreichische Reichöratsabgcordnete Jockl gewesen sei. Derselbe Jockl, dem der Polizeipräsident von Breslau vor Jahresfrist das Reden in Breslau verboten hat. Minutenlanger, stürmischer Bei» fall folgte diesen Mortem und die Freude über den gelungenen Neujahrsschcrz leuchtete allen noch lange nachher aus den Augen-. Der überwachende Polizeikommissar machte allerdings ein recht verdutztes Gesicht, fand aber keine Gelegenheit mehr, um in Aktion zu treten._ Die norwegische Svzialdruwtrutie hat im Laufe des verflossenen Jahres eine lebhaftere Agitation. als je zuvor entfaltet und damit auch außerordentlich gute Erfolge erzielt. Die Organisation ist überall stark gewachsen und damit auch die Abonnentengahl der Parteipresse.Socialdemokraten" in Kristiania hatte beim vorigen Jahreswechsel rund 14 000 Abon- nenien, jetzt sind es über 20 000 eine große Zahl be» rund 2S0 000 Einwohnern der norwegischen Hauptstadt. Im Herbst d-eses Jahres wird das norwegische Storthing neu gewählt, und es ist zu er- warten, daß schon infolge des außerordentlich starken Wachstums der Partei und ihrer Presse die Sozialdemokratie weit zahlreicher als bisher in das Parlament einziehen wird. Kurz vor Jahresschluß fand in Kristiania die Wahl eines Vergleichskommissars und seines Stellvertreters statt. Hierbei siegten die beiden sozialdemokratischen Kandidaten mit 5629 und 3501 Stimmen gegenüber den Kandidaten der vereinigten bürger- lichen Parteien, von denen der eine, der Hauptkandidat, 4837 Stim- men, der Stellvertrctcrkandidat 2073 Stimmen erhielt. ES ist das erste Mal, daß die Sozialdemokratie in einer Wahl siegt, bei der von der ganzen Stadt nur ein Vertreter und ein Stellvertreter zu wählen ist. Die Aufgabe der Vergleichskommissare ist, in privaten Streitsachen zu vermitteln, bevor die Klagen- zu gerichtlicher Eni. schcidung kom-inei.. Die Beteiligung an diesen Wahlen ist seit jeher sehr schwach, weil die große Masse der Wähler offenbar die Bedeutung des zu besetzenden Amtes unterschätzt,