Nr. 2. 29. Jahrgang.
1. Beilage des„ Vorwärts " Berliner Volksblatt. Bonnerstag, 4. Fannar 1912.
Aus der Geschäftsprayis
des Reichsverbandes gegen die Sozialdemokratie.
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gefallen zu laſſen.
F. Harmsen. Hamburg , 29. März 1911. Herrn Fr. Geher, Elberfeld . Ihre Zuschrift( karte) vom 28. d. M. habe ich erhalten und
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100,-. 100,- 100,-
Mehrfach erhielten wir im legten Jahr Zuschriften, in| Der Reichsverband bekam nur 50 Proz.; 20 Prog.[ wieber nicht ordnungsmäßig borgegangen find. denen uns gar seltsame Dinge über den höchst eigenartigen behielt Harmsen, der Vertrauensmann", und 30 Proz. Ich ersuche Sie zum legten Male, mir hierüber Auferhielten die Bevollmächtigten, die ,, Reisenden". Geschäftsbetrieb des bekanntlich zur Verteidigung der heiligsten flärung zu geben, da ich nicht gewillt bin, mir weiter derartiges deutschen Kulturgüter gegen die kulturfeindliche" Sozial- Wenn man aus dem Schriftwechsel zwischen Harmsen und Hochachtungsvoll demokratie gegründeten ehrsamen Reichsverbandes gemeldet seinen Angestellten vernimmt, wie ein Teil dieser Herren ivurden, an dessen Spite als großer Stratege der bisherige gelebt" hat, dann muß man allerdings zu der Ueberzeugung reichsparteiliche Reichstagsabgeordnete Generalleutnant 3. D. fommen, daß die 30 Proz. nicht zu viel waren. Denn diese v. Liebert steht. In diesen Schreiben wurde berichtet, Bevollmächtigten haben die blauen Scheine der Großdaß oft nur ein fleiner Teil der bet der bei den scharf- industriellen recht nugbringend zur Vertilgung von Alkohol Ihre neuen Aufträge: macherischen Großindustriellen, Kaufleuten und Groß- zu verwenden verstanden. Einer hat auch seine„ Bekanntschaft" grundbesitzern für die schönen Kulturzwecke des Reichs- von Ort zu Drt mitgenommen. Wenn man einen Industriellen berbandes gesammelten Gelder in die Kaffe des" gemacht" hatte, wurde sofort, vielfach telegraphisch, von Reichsverbandes gelangt, während das meiste gar Harmsen die Provision verlangt; und wenn nichts gemacht verbucht. Die vorher aufgeführten Firmen Jung u. Simone, häufig in den Händen der reichsverbändle- wurde, mußte Harmsen Vorschüsse hergeben. Wenn Geld da Bartels, Feldhof und H. W. Nagel hatte ich schon notiert. rischen Funktionäre, der Vertrauens- war, wurden große Zechen gemacht; auf 30, 50, ja 100 und Es sollte mich freuen, wenn Sie heute und Donnerstag noch 500,- männer, Agenten, Reisenden usw. hängen mehr Mart pro Abend kam es nicht an. Trotz der großen bis 600,-. Hereinbringen, doch kann ich wiederum nicht verstehen, bleibt, die diese Gelder nicht selten in der Weise für die hohen Einnahmen blieben die Herren vielfach ihre Hotel- und Schneider- daß Ihre Verbindlichkeiten nur wieder mit einem Hundertmarkvaterländische Aufgaben des Liebertschen Reichsverbandes ver- rechnungen schuldig. Zwei von ihnen zahlten nur selten, und schein zu lösen sind. Troß Ihrer Abneigung, Ihr Soll wenden, daß sie lustige Zechgelage veranstalten und sich nach bei dem Hauptbeteiligten der unten folgenden Korrespondenz ins Gedächtnis zu rufen, daß Sie für den Elberfelder Feldzug von und haben illustriert zu sehen, gestatte ich mir, Ihnen dem Vorbilde mancher ihrer hohen industriellen Geldgeber scheint es nahezu vaterländischer Grundsatz gewesen zu sein, mir an Rasse ab 4. Februar bis jest 965,- M. bezogen Maitressen und„ Bekanntschaften" halten. Manche dieser Zu- Schulden zu hinterlassen. Ein Schwarm unbezahlter Rech - 5aben. An Aufträgen schafften Sie herein für 1960, M., so schriften trugen den Stempel der Wahrheit; aber nungen schwirrte stets hinter den Bevollmächtigten Geyer daß Ihre Provisionsforderung 588,- M. Sie hätten es fehlte für die berichteten Tatsachen an genügenden und Herdt her, und viele Benachteiligte wandten sich an also in Elberfeld , statt von Ihrem Konto herunter zu kommen, Beweisen und so mußten wir von einer Veröffentlichung Harmsen und auch direkt an den Reichsverband in Berlin . wieder eine leberprovision von 377,- M. bon mir herausgezogen, dieser Zuschriften absehen. Durch Brief aus Rassel vom 6. Februar wird Geher also nicht 30 Proz. sich auszahlen lassen, sondern 50 Pro, fo Von einem rheinländischen Mitarbeiter erhielten wir nun aufgefordert, sofort seine Logisschuld zu schicken, sonst bin ich daß Sie genau mit meinem Verdienst abschwimmen. dieser Tage eine Reihe Briefe des Hamburger Vertrauens- gezwungen, an Ihr Haus zu schreiben". In Frankfurt Sie wissen sehr gut, daß ich nicht mehr mit einer Binde vor den mannes des Reichsverbandes und Leiters der dortigen wurden dem Herdt, in Elberfeld dem Geyer, in Bochum Augen herumlaufen will, und wollen Sie sich erklären, was Sie zur Minderung dieses Resultates zu tun gedenken. Daß Sie hierüber Schriftenversandstelle, eines Herrn F. Harmsen( Hamburg , wieder dem Herdt die Sachen festgehalten, weil sie die nicht nachgedacht haben, beweist Ihr Ansinnen, daß ich am Donners Ellerntorsbrücke) an seine im rheinisch- westfälischen Industrie- Wohnung nicht bezahlt hatten. In Düsseldorf schuldete tag weitere 100,- w. für Sie bereit halten soll. gebiet tätigen Agenten übersandt, die nicht nur viele der uns Geyer einem Spezialhaus für Hertenartikel 141,70 M., wofür früher zugegangenen Mitteilungen bestätigen, sondern auch der Inhaber im August drei Tratten a 47,20 m. fandte, die ein so strahlendes schönes Licht auf die Geschäftspraxis des an den drei folgenden Monatsersten einzulösen waren, worauf ehrsamen Liebertschen Reichsverbandes werfen, daß wir uns der Inhaber aber bis heute noch wartet. In Köln hinterdie Veröffentlichung dieser Briefe nicht zu versagen vermögen. ließ Geyer ebenfalls Schneider- und sonstige Schulden und Zwar werden nach einem bekannten Sprichwort die„ Dum men allein an Soft- und Logisschulden 400 m., da bei den Logis. nicht alle"; aber vielleicht wissen in Zukunft doch manche leuten auch die ,, Bekanntschaft" des Herrn Geyer wohnte usw. Großindustriellen ihre schönen Ueberschüsse besser zu ver- In den Briefen Harmsens an seine" Agenten finden wenden, als sie den Agenten des Reichsverbandes zu ihrer wir denn auch immer wieder Vorhaltungen wegen der endeigenartigen Vernichtung der Sozialdemokratie zu übermitteln. I osen Schuldenmachereien, da die Betrogenen ihm Es handelt sich in den nachfolgenden Briefen nur um die auf den Hals rückten. Geldsammlungsarbeit von Reichsverbandsagenten im rheinischen
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Sie wissen felbst, daß von großen Spesen Jhrerseits leine Rede fein kann, denn Sie hatten doch nur in Elberfeld zu tun, und troßdem haben Sie in noch nicht 2 Monaten 1000,- m. IIcin befommen. Stommentar überflüssig!!
Wenn Sie wirklich und aufrichtig an eine Regulierung Ihres Kontos gedacht hätten, so wären Sie mit 500,- M. doch sehr bequem und anständig ausgekommen. Hochachtungsvoll
F. Harmsen.
Hamburg , 81. März 1911. Herrn Fris Geher, Elberfeld . Ihre Zuschrift vom 30. d. M. habe ich empfangen und Ihre neuen Aufträge: P. C. Dide, Barmen M. 50,-
A. Brüninghaus Söhne M. 100,-
Industriegebiet; aber immerhin genügen die Briefe Doch lassen wir jekt ein Teil der Briefe folgen. Aus zur Beurteilung des Reichsverbandes und seiner Helfers- Raumrücksichten mußten wir verschiedene von vornherein ausAlbert u. Hentels, Langerfeld, Kreis Schwelm M. 100,- helfer. Vielleicht werden sich der Regierungspräsi- schließen und andere erheblich kürzen. Ihrem Konto zugeschrieben. Zeichnungsscheine werden Sie heute dent von Köln , der Landtagsabgeordnete und Geheime Vie.sersprechend beginnt gleich der erste der Briefe: morgen in Düsseldorf vorgefunden haben und vermittels dieser Rommerzienrat Vorster, Professor Moldenhauer in Hamburg , den 17. Februar 1911. Scheine Ihre Außenstände herein bekommen haben. Ihrem Wunsche, Köln , Kommerzienrat Baare in Bochum , der Großindustrielle Herrn Fr. Geher, Elberfeld . Ihnen weitere M. 100.- zu übersenden, entspreche ich auf keinen August Klönne in Dortmund und zahlreiche andere GroßIch bedauere, Ihrer Forderung, Ihnen am Sonnabend Fall, denn es ist nicht meine Sache, wenn Sie mit der Ihnen überfabrikanten des Westens beeilen, eine mit den schärfsten 60,- M. senden zu sollen, keineswegs gerecht werden zu können fandten Kasse in so unsinniger Weise wirtschaften.( Siehe Schreiben vom 29. cr.) Bei der Ihnen übersandten Desinfektionsmitteln ausgerüstete Kolonne mit der und muß Ihnen sagen, daß ich diese Zumutung wiederum un- mein Säuberung ihrer Konferenzzimmer zu beauftragen, wenn sie erhört finde.( Hören Sie nur auf, denn Sie machen Staffe hatten Sie wahrlich nicht nötig, in Elberfeld noch Schulden durch die nachfolgenden Veröffentlichungen erfahren, mit mich krant.) v. schrieb mir, daß Sie Aufträge in Höhe von au fontrahieren und ist es mir unverständlich, daß Sie in getvissem welchen Elementen sie im Laufe des vergangenen Jahres ver- 380,-. zu Händen hätten, und Sie telephonierten mir aus Sinne mich für Ihre Sachen heranziehen. Elberfeld , daß Sie gestern morgen 100,- M. gemacht hätten, und Hochachtungsvoll handelt, beraten und schließlich gar Händedrücke ausgetauscht wären dies doch 480,- M.? Mein Schreiben mit der Ihnen geF. Harmsen. haben, frohen Herzens, daß nun endlich in ihrem Wirkungs- fandten Kontoaufstellung berühren Sie gefliffentlich Aug. Klönne. gebiete die Sozialdemokratie von dazu berufenen und be- überhaupt nicht, obgleich ich Sie ersuchte, mir mitzuteilen, fähigten Männern zu Boden geworfen werden solle. ob diese Aufstellung in Ordnung. Ausgerüstet mit Vollmachten, Empfehlungsschreiben, ZeichHochachtungsvoll F. Harmsen. nungsscheinen usw., ließ der Vertrauensmann des Reichsverbandes seine Leute auf die Industriellen, Großunternehmer usw. Hamburg , 17. März 1911. der Industriereviere am Niederrhein und an der Ruhr los, Herrn Friz Geyer, Elberfeld . Bei meiner Rückkehr finde ich Ihre Karten vom 8., 9. und um die in ihrem Hasse gegen die Organisationen der Arbeiterschaft und die politische Vertretung der letteren blinden Rapi- 15. d. M. vor und habe ich ihre Aufträge: talisten zu plündern. Denn anders ist das Treiben der „ Bevollmächtigten des Reichsverbandes" und Akquisiteure des Hamburger Vertrauensmanns nicht zu charakterisieren. Wer von all den Gebrandschatten hätte wohl auch nur einen Pfennig hergegeben, wenn er gewußt hätte, daß das schöne gute Geld, mit dem angeblich die Sozialdemokratie ausgerottet werden sollte, genau
zur Hälfte in den Taschen des Herrn Harmsen und seiner Lente verschwinden würde.
Die Bevollmächtigten unterbreiteten, nachdem sie die großindustriellen Opfer genügend chloroformiert hatten, ihre 8eichnungsscheine", die so aussahen:
Zeichnungsschein No.
Hiermit zeichne ich im Interesse der Bestrebungen des
,, Reichsverbandes gegen die Sozialdemokratie"
Name
Ort
Straße.
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100,-. 100,- 30,-
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50,-
100,-
100,-" 100,-"
H. W. Nagel, Barmen 3hrem Konto übertragen. Sie wollen mir bitte noch bestätigen, daß diese Aufträge nach den von mir tassierten 1080,- M. gewonnen wurden und daß dies alles ist....
Hochachtungsvoll
Bersandstelle der Schriften des Reichsverbandes. F. Harmsen, Vertrauensmann des Reichsverbandes gegen die Sozialdemokratie.
Dortmund , 1. April 1911. Herrn Herdt, 3. St. Hotel Kaiserhof, Dortmund . Betr. Reichsverband gegen Sozialdemokratie.
Auf Grund Ihrer Darstellung gelegentlich Ihres gestrigen Besuches zeichne ich hiermit einen einmaligen Betrag von hundert Mark und bitte um Mitteilung, unter welcher Adresse der Betrag einzuzahlen ist. Eine Beitragsleistung von 50 Pf. für jeden beschäftigten Arbeiter, wie Sie solche vor schlugen, muß abgelehnt werden, zumal hier am Platze Vorfehrungen mit gleichem Ziele im Gange find, die meine Beihilfe fordern.
Hochachtend
ppa. Aug. Iönne, Bufert, Bach. Hamburg , 5. April 1911.
Herrn Fris Geher, Hagen i. W. Was Herr Her dt Ihnen über die Mt. 15,-, die Sie ihm geliehen, unterbreitet, ist eine glatte Lüge, denn ich weiß von alledem nichts...
Hochachtungsvoll
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Herrn Fris Geyer, Elberfeld . .. Sie halten es wieder nicht für nötig, mir die legten Auf- redung muß ich Ihnen nochmals erklären, daß Ihre HandlungsIm Anschluß an die mit Ihnen gehabte telephonische Unterträge zu überschreiben und ersuche ich Sie nochmals darum. Wie kommen Sie dazu, mir vorzuwerfen, daß ich kein Einsehen beweise mir gegenüber wiederum derartig unfair, daß ich keine Ausdrücke hierfür finde. Ich hatte bestimmt damit size und Ihnen mit Aufrechnungen lästig falle?( Die gerechnet, daß Sie in Dortmund gut abschneiden würden, da ich Aufrechnungen" beziehen sich auf den enormen Vorschuß Geyers. sonst wiederum Ihrem Vorschuß gegenüber ratlos dastehe. Am Die Ned.) Daß ich Ihnen dann und wann die Situation durch eine 1. März war Ihr Konto laut meinem Schreiben auf 850,00 M. an Aufrechnung vor Augen führe, hierzu halte ich mich wirklich berech gelaufen, über welchen Betrag Sie mir Schuldschein übersandten. tigt und wollen Sie derartige Spigen in Ihren Zuschriften un. Die Verrechnung ging am 1. März bis zu Gerresheimer bedingt unterlassen, wenn Sie nicht wollen, daß Glashüttenwerke. Nach diesem machten Sie
wir wieder aneinandergeraten.
Hochachtungsvoll
Hermes u. Co. Flosbach u. Co.. Widingsche Industrie Schulte u. 8inten Aug. Klönne.
Jucho
Petri u. Heding
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200,00 R.
100,00
150,00
80,00
100,00
100,00
?
100,00
Schüchtermann u. Kremer Maschinenfabrit Deutschland 75,00 Both u. Tillmann
Zwar war den Bevollmächtigten vertraglich verboten, ... Ich habe Ihnen wiederholt erklärt, daß ich nur noch von Geld einzutassieren; trotzdem ist es, wie die Briefe beweisen, des öfteren vorgekommen. Die Agenten mußten die Fall zu Fall Kasse senden kann, da unter obwaltenden Umständen es heller Wahnsinn wäre, Ihnen feste Bezüge zuzuausgefüllten Scheine an die Versandstelle in Hamburg schicken, sichern. Wie weit wäre ich schon, wenn ich Herrn E. immer worauf Harmsen das Geld von den Spendern einzog. Die hübsch artig jede Woche 125 M. gesandt hätte, da Herr E. in den Scheine sandte Harmsen dann den Agenten sofort zurück, legten acht Tagen mir eine weitere Order überhaupt nicht überdamit sie mit den Namen der Spender auf den ausgefüllten schrieben hat. Auch heute geben Sie mir Ihre weiteren Orders für welche Sie an Provision rund 250,00 M. zu bean. Scheinen andere töderten. nicht auf, so daß ich annehmen muß, daß Sie in diesem Fall spruchen hatten. Empfangen haben Sie am 4. März 473,00 M
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50,00" 955,000.