Sküizc Ks Jcrmlirb"■ APeP« für Jlotiw.Huö Induftric und Handel.Verflogene Kolonial-Phantafic».Wer denkt nicht gegeruvärtig, mitten im schärfsten Wahl»kämpf, an die Dernbnrgschen Kolonialphanta»f i e n, mit denen vor künf Jahren im Wahlkampf die Wählergefüttert wurden, um bei ihnen„nationale" und kolonialbegeisterte Stimmung zu erzeugen. Heute ist das damitzu Ende. Besonders in der Diamantenindustrie insudwestafrika herrscht der Dalles. Wir lesendarüber im Handelsteil des„Berl. Tageblatt" u. a.:„Auf die Hochkonjunktur, die sich in Deutsch-Südwestafrikaan das Auffinden der Diamanten in den Jahren 1903/1910 an-knüpfte, ist jetzt eine schwere Reaktion gefolgt. Die Be-richte, die aus Deutsch-Südwestafrika über das Wirtschaftslebeneinlaufen, lauten äußerst pessimistisch und der starkeGeldmangel hat eine Reihe von Zusammenbrüchen zurFolge gehabt. Ganz besonders macht sich im Diamanten.gebiet eine Krisis bemerkbar, die durch verschiedene Ursachenhervorgerufen wird. Ein rentabler Abbau im Diamantengebietist in den meisten Fällen nicht mehr möglich, und so kommt eS,daß von den im Jahre 1909/10 gegründeten zirka 100 Diamanten-gesellschaften fast alle bereits wieder von der Bild-fläche verschwunden sind. Einen Abbau betreiben über-baupt nur noch die Kolonial« BergbaugesellschaftiLenzgruppe) mit zirka 20 000 Karat monatlicher Förderung, dieDeutsche Diamantengesellschaft(Deutsche Kolonial-gesellschaft für Südwestafrika) mit zirka lbOOO Karat, die Col-manskopgesellschaft, die Vereinigten Diamantenminen in Lüderitz-bucht und die dem Fiskus gehörende Diamantenpachtgesellschaft.Alle anderen Diamantengesellschaften habenden Betrieb wegen Unrentabilität eingestellt,und«S ist nicht ausgeschlossen, daß auch die jetzt noch abbauendenGesellschaften zum Teil ihre Betriebe nicht oder doch nicht in demjetzigen Umfange auftecht erhalten können."Die vielgepriesene Herrlichkeit geht also ihrem Ende entgegenund damit werden auch die Reichseinnahmen aus den Aus-fuhrzöllen auf Diamanten abnehmen und der Zuschuß desR e i ch e» ftir Südwestafrika, der schon fast 14 Millionen beträgt,wird noch größer werden. Das ist der„Segen" unserer Kolonial-Politik IDie deutsche HemgSfischmi 191L Die Mitteilungen desDeutschen Seefischereivereins geben eine Uebersicht über den Er-trag der deutschen Heringsfischerei im vergangenen Jahr. Er stehtVinter dem der Jahre 1910 und 1909 nicht unerheblich zurück, über-'rifft dagegen den des Jahres 1908 um«ine bedeutende Summe.Freilich ist dabei nicht zu übersehen, daß sich seitdem die Zahl derveteiligten Schiffe und oer von ihnen ausgeführten Reisen beträcht-l'ch vermehrt hat. Im Jahre 1908 beschäftigte die Heringsfischerei253, im Jahre 1911 bereits 289 Schiff«, und die Zahl der Reisenstieg von 959 auf 1168. Die Erträge der einzelnen Jahre waren inrunden Ziffern 1908: 359 000, 1909: 429 000. 1910: 459 000, 1911:413 000 KantjeS. Dabei ist freilich zu berücksichtigen, daß das Jahr1910 ein ungewöhnlich gutes Heringsjahr für die deutsche See-fischereigewesen ist. Für daS Jahr 1911 ist namentlich der No-i—ft&ti ein recht ungünstiger Monat gewesen.Soziales.Die direkte Eiukommenfieuer gegen Arbeiter.Die„Märkische VolkSzeitung" ist aus dem Häuschen, weilwir die Tatsache eindringlich niedriger gehängt haben, daß die-selben Parteien, die im Reichstag„grundsätzlich" eine Reichsein.kommensteuer auf hohe Einkommen ablehnen, den Arbeitern einedirekte Reichseinkommensteuer von über 4 Proz. des Einkommensdurch die Klebemarken auferlegt haben. DaS ZentrumSorgan bezeichnet dies in seiner letzten Nummer als„eine unerhörte sozialdemokratische Behauptung", wiewohl es die Tatsache selbst nichtbestreiten kann. Ist denn die zwangsweise Auferlegung von mehro!S 4 Proz. des Einkommens auf die Arbeiter etwa» andere» alseine ReichSeinkommensteuer gegen die Arbeiter? Haben diebürgerlichen Parteien die Anträge der Sozialdemokraten auf Auf-bringung der Mittel für die Versicherung durch eine direfte Reichs.einkommensteuer auf die Einkommen über 3000 M. nicht von 1883bis in dt» neuest« Zeit hinein abgelehnt? Haben sie nicht die„würdigere Ausgestaltung der staatlichen Armenpflege", wie Bismarck die Versicherung mit Recht nannte, auf die Schultern derArbeiter gepackt? Oder ist nach Ansicht der„Märkischen Volks-zettung" die Gesellschaft, daS Reich nicht verpflichtet, für diejenigenzu sorgen, die durch die Gesellschaftsordnung außerstande gesetztsind, für sich selbst zu sorgen? Der„Märkischen Volkszeitung" istnicht unbekannt, daß die Sozialdemokraten die Erfüllung diesergesellschaftlichen Pflicht schon im Jahre 1833 allen Personen gegen-über verlangt hat. die ein TageSeinkommen unter 7.50 M. haben.Die Sozialdemokraten haben seit einer Reihe von Jahren die Aus.dehnung der Versicherung auf alle Einwohner mit Einkommen bis5V00 M. verlangt, weil durch die Schandtaten de» Zentrum» undder Konservativen die Kaufkraft des Geldes um etwa ein Fünftelherabgesunken ist. Das weiß die alte,„ehrliche Märtische". Abersie verschweigt eS, weil sie die Ausplünderung des Volke» durchda» Zentrum ihren Lesern nicht mitteilen darf. In der Reichs-tagSsession 1893/97 kamen die Häuptlinge des Bunde» der Land.Wirte dem Verlangen der Sozialdemokraten durch einen Antragwenigstens soweit entgegen, daß auch alle kleinen Betriebsunter-nehmer mit einem Jahreseinkommen bis 2000 M. der Invaliden-und Altersversicherung unterliegen und daß die Kosten statt durchKlebemarken. durch Zuschläge zu Staatssteuern bei den Ein-kommen über 300 M. aufgebracht werden sollten. Der Bund derLandwirte und da? Zentrum freilich haben sich gehütet, auf dieseAnregung zurückzukommen oder sie dem Verlangen der Sozial.demokratie voll anzupassen, weil sie Feinde deS Mittelstandes sindund deshalb jeder Erleichterung der Lasten des Mittelstandeswidersprechen.Die„Märkische" sucht dann ihre Leser dadurch irre zu führen,daß sie behauptet, wenn die Anträge der Sozialdemokraten zurReichsversicherungsordnung angenommen wären, hätten 2054 Milli.onen Mark jährlich aufgebracht, die Beiträge hätten um 600 Proz.erhöht werden müssen. Diese Behauptung de» Zentrumsorgans istplatter Blödsinn. Zunächst unterschlägt daS edle Organ, daß dieSozialdemokratie nach wie vor Aufbringung der Mittel durch eineReichSeinkommensteuer auf hohe Einkommen verlangt hat. Selbstwenn aber die Versicherungsgrundlage geblieben wäre, wären durchdie sozialdemokratischen Anträge statt der die Arbeiterklasse ver.höhnenden Bettelgroschen einigermaßen hinreichende Leistungen er-wirkt. Und diese Mehrleistung hätte keinen Pfennig mehr gekostet,wenn die Anträge der Sozialdemokraten auf Zentralisierung unterAufhebung der zwecks Beschäftigung abgelegter Beamten undOffiziere der Bourgeoisie beliebten Zersplitterung der Kosten undauf Aufhebung der beschlossenen kostspieligen Organisation ange-nommcn wären.Möge die„Märkische Volkszeitung" ehrlich die Frage beant-Worten: Ist es wahr, daß die bürgerlichen Parteien, da« Zentmlnvoran, die Aufbringung der Mittel durch eine EinkommensteuerSie haben da» getan, um die Armenlasten dem Mittelstand und derArbeiterklasse aufzupacken und Günstlingen des GroßkapitalsStellen in den Organisationen der Versicherungsgesetzgebung zuverschaffen. Recht hatte der katholische Pfarrer Dr. Stephanaus Wcißensee, als er 1893 in bezug auf die jetzigenBundcSbrüder des Zentrums, die Konservativen, schrieb:„Aus Patriotismus konservativ wählen, ist ein„falscherPatriotismus". Wenn Ihr weiter in dieser Weise patrio-tisch seid, kommt nach und nach Euer(des ärmeren Volkes) Geldvollständig in die Taschen der Kapitalisten und Großunternehmer."Das Zentrum hat im Verein mit den Konservativen auch beider Reichsversicherungsordnung das Geld der ärmeren Klassen indie Taschen der Kapitalisten und Großunternehmer gesteckt. Andieser Wahrheit kann ein noch so wütendes Gebelfer der„Mär-kischen VolkSzeitung" nichts ändern.Zugehörigkeit zu einer Organisation als Entlassungsgrund.Ein auffallend falsches Urteil fällte dieser Tage das Gewerbc-gericht in Chemnitz. Die auf Nestlohnzahlung bei dem Gewerbe-gericht verklagte Firma hatte dem Kläger beim Engagement er-klärt, daß sie grundsätzlich keine Gewerkschaftsmitglieder einstelle,und der Kläger wurde angenommen, nachdem er die Erklärungabgab, daß er sofort aus dem Verbände austreten werde. InWirklichkeit meldete er aber nur den Wechsel des Wohnortes an,so daß er im alten Ortsverband zwar abgemeldet wurde, aber alsVerbandsmitglied im neuen Wohnort verblieb. Die seitens derFirma erfolgte Entlassung wurde vom Gericht auS folgendenGründen für berechtigt angesehen. Die Beklagte konnte den Ver-trag tvegen arglistiger Täuschung anfechten. Kläger mußte wissen,daß er trotz der Anmeldung beim Verband von einem Wohnort zumanderen nach den Statuten mindestens noch acht Wochen Mitgliedbleibe. Gemäߧ 123 B. G. B. war Beklagte zur Anfechtung ihreraus den Abschluß eines Arbeitsvertrags gerichteten Willens-erklärung berechtigt.Die Entscheidung ist falsch. Denn sie übersieht, daß Verein-barungen einer bestimmten Organisation anzugehören, nichtig sind,weil sie, wie bei Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuches von denRegierungen und den Vertretern aller Parteien in der Kom-miffwn und im Plenum anerkannt wurde,„zweifellos" gegen dieguten Sitten verstoßen. Bedauerlich, daß ein Gewerbegericht einesolche das Koalitionsrecht schwer verletzende Entscheidung getroffen hat.___Ter Leipziger Acrzteverband gegen die guten Sitten.DaS Reichsgericht hat am Donnerstag abermals anerkannt,daß die Handlungsweise deS Verbandes der Aerzte Deutschlandsgegen die guten Sitten verstößtDer Arzt Dr. S. gehörte zu den Aerzten, die bei dem LeipzigerAcrztestrcik von dem Verband der Aerzte Deutschlands unterstütztund begünstigt wurden, damit die Krankenkassen unterliegen. DerVerband der Aerzte Deutschlands zahlte an Dr. S. 6000 M. undübernahm alle seine Schulden bis zum Betrage von 75 Proz.Dafür verpflichtete sich Dr. S. vertraglich und durch Ehrenwort:während der nächsten zehn Jahre(1904— 1914) weder bei der OrtS-krankenkasse in Leipzig zu praktizieren, noch sonst an einem an-deren vom Vorstande des Verbandes nicht genehmigten Orte sichal» Arzt oder Kassenarzt niederzulassen. Dr. S. versuchte alsdannin mehreren ihm ferigestelltcn Orten, so in Oberschlesien, Ost-Preußen und Westpreußen, in Brandenburg und anderen Landes-teilen, eine neue Praxis als Arzt zu gründen, jedoch ohne Erfolg.Endlich ließ er sich in Bocholt(Westfalen) ohne Zustimmung desVerbandes als Kassenarzt nieder. Der Verband der AerzteTeutschlands klagte nunmehr gegen S. auf Unterlassung oderRückzahlung von 5999 M.Das Landgericht Münster i. W. und OberlandeSgrricht Hammwiesen den Verband mit seiner Klage ab. Das Oberlandesgerichtführt in seinen Entscheidungsgründen aus, daß der Bertrag gegendie guten Sitten verstoße und wegen Beschränkung in der gesetz-lichen Freizügigkeit nichtig sei. Sowohl der Kläger wie der Be-klagte haben unsittlich gehandelt. Infolgedessen erachtet auch dasOberlandesgericht die Forderung der Rückzahlung von 5999 M.für unzulässig.Das Reichsgericht hat das Urteil de» OberlandcSgerichtS be-stättgt und die Revision deS klagende» Aerzteverbande? zurück-gewiesen.der Frauenbewegung.Die Sozialdemokratie zerstört die Familie!So ruft der blöde Spießer und die Tintenkulis des sattsambekannten Reichsverbandes posaunen diese Phrasen in alle Welthinaus. Auch in einem von diesen„politischen Kannegießern"erst kürzlich verbreiteten Wahlflugblatt heißt es:„Die Sozialdemo-kratie raubr den Frauen die Männer, den Kindern die Väter,deutsche Frauen ruft Eure Gatten zu ihrer Pflicht zurück." Sollman dieses alberne Geschwätz ernst nehmen?— Nein, denn derArbeiter weiß zur Genüge, wer mit rauher Hand das Familien-glück zerstört, den Mann von der Frau, die Eltern von den Kin-dern trennt. Die kapitalistische Gesellschaft ist eS, die in ihremPrositinteresse alles rücksichtslos zugrunde richtet. Die„LeipzigerVolkSzeitung" bringt ein neues Beispiel dafür. Wir lesen dort:„In der Leipziger Lampenfabrik von HugoSchneider, A�G. in Paunsdorf, war nahezu fünf Jahre langdie Arbeiterin I. beschäftigt. Sie verehelichte sich voriges Jahr,arbeitete aber trotzdem in der Fabrik weiter. Am 5. August v. I.schied sie jedoch wegen ihrer bevorstehenden Niederkunft aus demArbeitsverhältnis aus. Am 23. Oktober wurde sie entbunden, siehatte also bis zum letzten Augenblick der Aktiengesellschaft Profitgeschafft. Nun besteht bei der Leipziger Lampensabrik eine derbekannten.. W o h l fa h r t s"cinrichtungen, eine Sparkasse fürdie Arbeiter, die von der Aktiengesellschaft ausgehalten wird. DieFirma zahlt nach ihrer Sparkassenordnung nach Ablauf des erstenArbeitSiahreS 20 M., nach dem zweiten bis vollendeten fünftenJahre jährlich 10 M., vom sechsten bis zehnten Jahre jährlich 15 M.,vom elften bis fünfzehnten Jahre 20 M-, vom sechzehnten bisfünfundzwanzigsten Jahre 25 M. Nach 25 Jahren hat also dasbeglückte Ausbeutungsobjekt der Firma Hugo Schneider 485 M.eingezahlt erhalten, das macht im Jahresdurchschnitt 19,40 M., aufdie Woche berechnet 37,3 Pfennig und auf den Tag 6,2Pfennig. Diese Sparkassensummc soll nach§ 3 der Schneider-schen Sparkassenordnung für den betreffenden Arbeiter oder dieArbeiterin„einen Notpfennig" bilden. Wer da aber meint, daßdie also Bedachten über dir Summe auch verfügen können, der irrtsich, denn da heißt es im§ 3 weiter, daß jederzeit bis zur Hälfteder Einzahlungen dann erhoben werden dürfen, wenn der Be-triebsleitung das Bedürfnis hierfür glaubhaft nachgewiesen wird!— Erst wenn ein Arbeiter oder eine Arbeiterin fünf Jahreim Betrieb« ist, kann sie die Hälfte des eingezahlten Geldesohne besondere Genehmigung erheben, mutz aber die Betriebs-leitung einen Monat vorher von dieser Absicht in Kenntnis setzen.Erst nach 10 Jahren, wenn also 135 M. eingezahlt worden sind,kann über das Buch„unbeschränkt verfiigt"werden.Die Arbeiterin I.. die, wie gesagt, nabezu fünf Jahre langFirma in Anspruch nehmen zu dürfen und ersuchte Ende Oktoberdie Betriebsleitung um Auszahlung des SpargeldeZ. Daraufwurde sie in die Fabrik bestellt, wo sie die„Aufsichtsdame" Frl.Hunger empfing. Diese Dame legte ihr die Frage vor, warumsie das Geld haben wolle. Die Arbeiterin I., jetzige Frau Z., er-klärte ihr. daß sie eS nach ihrer Entbindung zur Ernährungihres Kindes gebrauchen wolle, und Frau Z. war derMeinung, daß damit entsprechend dem 8 3 der Sparkassenordnungdas Bedürfnis glaubhaft nachgewiesen sei. Da hatte sie aber dieRechnung ohne die Firma gemacht, der natürlich an der Aus--zahluug des Spargeldes weniger gelegen ist als an der Hoffnungder Arbeiter und Arbeiterinnen auf die Sparsumme. Die Firmawollte nichts verschenken, sie wollte im Gegenteil die Ar-beitskrast der jungen Frau zur weiteren Ausbeutung wieder haben,Erau Z. sollte wieder in die kapitalistische Fron zurück und ihrind fremden Leuten überlassen. Statt des er-hofften Spargeldes erhielt sie zur Antwort:„ES sind so vieleFrauen, die ihre Kinder weggeben und auf Arbeit gehen. Siekönnten das auch so machen. Mir haben hier viele Frauen, diedas tun!"—Als Frau Z. sich jedoch weigerte, ihr Kind um des Profits derFirma willen verkümmern zu lassen, da versagte die WohlfahrtS-gesinnung der Firma: Frau Z. hatte wohl fünf JahreP rostige schafft, sie erhieltaberkeinen Pfennig,alz sie ihrer Muttcrpslicht genügen und ihr Kind s e l b sterziehen wollte.Das ist der Segen der famosen Wohlfahrtseinrichtungen, diedas Kapital zu seiner eigenen Wohlfahrt schuf; das ist die viel-gerühmte soziale Gesinnung des Kapitals, das das jüngste Kindnicht schont, wenn es sein Profit erheischt. Da mühen sich dieGemeinden, die Säuglingssterblichkeit einzuschränken, indem sieStillprämien an Mütter gewähren, da erkennen selbst bürgerlicheKreise die unbedingte Notwendigkeit de» Mutterschutzes an undverlangen ebenfalls wie die Sozialdemokratie weitgehenden gesetz-lichen Mutterschub— machts nichts, Profit ist die bewegendeKraft der bürgerlichen Gesellschaft, mögen darüber Tausende undAbertausende— Proletarierkinder zugrunde gehen. Die Kinderder Bourgeoisie sind ja vor solchen Schicksalen bewahrt, ihre Müttermüssen nicht in die kapitalistische Fron. lind was brauchts mehr?"WKß WWWWW für H. Schneider Profit geschafft hatte, glaubte nunvom Jahre 1882 ab bis»n die ncucite �eit hinein abgelehnt haben? j nach ihrer Entbindung die famose.Woh!fahrlS"elnrichtung derGerichts-Leitung.Zuhälterwesen auf der Straße.Wie die Sicherheit auf den Straßen Berlins durch die Be-schäftigung von Schutzleuten mit Dingen, die mit der Sicherheitnichts zu tun haben, gefährdet wird, wurde durch einen Fall illu-striert, der gestern unter Vorsitz des Landgerichtsdirektors Schmidtdie 1. Strafkammer des Landgerichts I beschäftigte. Wegen Körper.Verletzung mittels gefährlichen Werkzeuges und einer das Leben ge-fährdeiiden Behandlung war der Zuhälter Hermann Baum ange-klagt. Wegen Anstiftung hierzu mutzte sich ferner die ProstituiertePaula Steinbrück verantworten.— In der Nacht zum 12. Februarvorigen Jahres ging der Arbeiter Draheim mit seiner Ehefrau inBegleituna eines anderen�Ehepaares durch die Wittstocker Straße.An der Ecke der Rostocker Straße wurden die beiden vorausgehendenMänner von drei Prostituierten angesprochen, unter denen sich diejetzig« Mitangeklagt« Steinbrück befand. Als sich die beiden Männerablehnend verhielten, wurden nicht nur sie. sondern auch die nach,folgenden Ehefrauen von den drei Frauenzimmern in der gemein-sten Weise beschimpft. Als Draheim drohte, die Polizei zu Hilfe zurufen, lief die Steinbrück nach einer viS-4-viS befindlichen Ka-schemme, die scheinbar geschlossen war, und klopfte dort an dieJalousie. Im nächsten Augenblick stürzten etwa zehn Kerle, dar-unter der jetzige Angeklagte Baum, aus dem Hausflur heraus undfielen über Draheim und seinen Begleiter her. Draheim wurdezu Boden geschlagen, und anscheinend mit Schlagringen in der ent-setzlichsten-Weise zugerichtet. Trotz der Hilferufe der Frauen warkein Schutzmann z» schen. Erst als Draheim halbtot geschlagenwar, ließen die Angreifer, die sich aus Zuhältern uni Verbrechernschlimmster Sorte zusammensetzten, auf den Zuruf der Steinbrück:„Otto, nun laß man sein, der hat genug!" von D. ab, um dannwieder in jener Kaschemme zu verschwinden.Vor Gericht bestritt der Angeklagte Baum, überhaupt geschlagenzu haben. Die Beweisaufnahme ergab jedoch, daß er der Haupt-angreifer gewesen war.— Das Gericht erkannte mit Rücksicht aufdie außerordentliche Roheit der Tat dem Antrage des Staatsanwaltsgemäß gegen Baum auf 9 Monate und gegen die Steinbrück auf6 Monate Gefängnis.__Ein gefährlicher internationaler Die»,dessen Persönlichkeit noch in ein völliges Dunkel gehüllt ist, mußtesich in der Person des angeblichen Schneider» Abraham Cohn vorder 2. Strafkammer des Landgerichts III verantworten.— DerAngeklagte war am 27. April vorigen Jahres an der Endhaltestelleder Straßenbahn in Tegel von einem Polizeibeamten beobachtetworden, wie er inmitten de» starken SonntagSverkehrS einem vorihm stehenden Herrn das Portemonnaie au» der Tasche zog. Erwurde verhaftet und nannte sich auf der Polizeiwache PapuraEzapsel aus Warschau. Unter diesem Namen wurde er von demSchöffengericht wegen Diebstahls zu 3 Monaten Gefängnis vcrur-teilt. Gegen dieses Urteil legte er wie auch die StaatsanwaltschaftBerufung ein. Inzwischen ergab e» sich, daß der Angeklagte, dervor dem Schöffengericht behauptet hatte, ein unbestrafter Mann zusein, ein vielfach vorbestrafter internationaler Taschendieb war.Durch den Erkennungsdienst der Berliner Kriminalpolizei wurdefestgestellt, daß der angebliche Ezapsel mit einem Manne identischwar. der in London unter dem Namen Schlaume Laron und inParis unter dem Namen Moritz Herrmann wegen Tafchendiebstohl»mehrfach verurteilt worden war. Die weiteren Ermittelungen er-gaben, daß der angebliche Ezapsel auch schon in Wien und Warschauunter dem Namen Jaitel Mandclbaum und Isidor Chaumel be-straft worden ist. In dem Untersuchungsgefängnis wurde dem An-geklagten dann von einem Rabbiner ins Gewissen geredet, endlichseinen richtigen Namen anzugeben. Er erklärte hierauf. AbrahamCohn zu heißen und au» Warschau zu stammen. Auf die Be.rufungen hin mußte sich der nun zum Cohn gewordene Ezapsel vorder Strafkammer verantworten, die ihn unter Aufhebung des erstenUrteils jetzt zu drei Jahren Gefängnis verurteilt«. Außerdemwurde gegen ihn noch Anklage wegen intellektneller Urkunden-fälschung erhoben, da er sich unter falschem Namen hatte verurteilenlassen. Trotzdem noch erhebliche Zweifel daran bestehen, ob derName„Cohn" der wirklich richtige ist, verurteilte ihn die Straf-kammer wegen intellektueller Urkundenfälschung zu einer Zusatz.strafe von einem Monat Gefängnis.DaS Trommelfell gesprengt.Vom Landgerichte Kiel ist am 5. Oktober v. I. der Lehrer Wil-Helm Kummereinckc wegen fahrlässiger Körperverletzung zu ganzen19 M. Geldstrafe verurteeilt worden. Er ist Lehrer an der Mittel.schule in Rendsburg und erteilt den Unterricht in der Physik. Am13. Februar 1911 hatte der Knabe H. nicht aufgepatzt und konntedie Frage des Lehrers nicht wiederholen. Dieser zog ihm am Ohrund schlug ihn mit der Hand leicht an den Kopf. Er trat dannseitwärts an den Knaben heran, zog ihn mit der linken Hand amlinken Ohr und gab ihm mit der rechten Hand eine Ohrfeige, lvobeier das rechte Ohr so unglücklich traf, daß da» Trommelfell platzte.Eine vorsätzliche Körperverletzung hat er nach Ansicht des Gerichtsnicht beabsichtigt, aber er hat fahrlässigerweise sein Züchtigungs-recht überschritten, da er die Folgen seiner Handlungsweise nichterwogen hatDie gegen das milde Urteil dom Lehrer eingelegte Revisionwurde am Donnerstag vom Reichsgerichte verworsea.