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Nr. 225.

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Erscheint täglich außer Montags. Breis pränumerando: Viertel: jährlich 3,30 Mart, monatlich , 10 mt, wöchentlich 28 Pfg. fret n's Haus. Einzelne Nummer Pfg. Sonntags- Nummer mit .Duftr. Sonntags- Beilage Neue Belt" 10 Pig. Poft- Abonnement: , 30 Mt.pro Quartal. Unter Kreuz­vand: Deutschland   u. Defterreich­Ungarn 2 Mt., für das übrige Ausland 3 Mt.pr.Monat. Eingetr. n der Poft Zeitungs- Preisliste für 1893 unter Nr. 6708.

Norwärts

10. Jahrg.

Infertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Bfg., für Vereins- und Beriammlungs- Anzeigen 20 Pfg Inferate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags in der& pedition abgegeben werden. Die Ervedition ist an Wochen: tagen bis 7 Ubr Abends, an Sonn­und Festtagen bis 9 Uhr Vor­mittags geöffnet.

Fernsprecher: Amt I. 4186. Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin  :

Berliner   Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Abonnements- Einladung.

Vorwärts  "

Sonntag, den 24. September 1893. Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

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geworben, die einft als Domäne des Liberalismus galten; die Brennpunkte des fortgeschrittensten industriell- städtischen Lebens sind überall zuerst von oppositionell- liberalen und Mit dem 1. Oktober eröffnen wir ein neues Abonnement dann von proletarisch- oppositionellen Strömungen beherrscht. auf den Aber wenn so der bürgerliche Radikalismus meistens unsere Vorfrucht war, und wenn wir unsere Haupterfolge errangen, indem wir gerade dem Freifinn, und oft ausschließlich dem selben, Schaaren seiner Anhänger entführten so bedeutet unsere absolute Stimmenthaltung thatsächlich immer mehr, daß wir zwar bereit sind, den Freisinn mehr und mehr zu schwächen, daß wir jedoch keinerlei Neigung verspüren, die Truppen, die wir ihm abspenstig gemacht haben, nun selbst gegen den altpreußischen Konservativismus zu verwenden. Je stärker wir werden, je mehr wir dem Freisinn Anhänger entziehen, desto mehr bedeutet unsere Stimmenthaltung weiter nichts, als daß wir den Konservativen zu Siegen verhelfen. Die direkte Nichtbetheiligung ist indirekt eine immer stärkere Wahlbeeinflussung.

Berliner   Volksblatt

mit der illustrirten Sonntagsbeilage

,, Die Neue Welt".

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Für Berlin   nehmen sämmtliche Zeitungsspediteure, sowie unsere Expedition, Beuthstr. 3, Bestellungen entgegen zum monatlichen Preise von

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wöchentlich 28 Pfennige.

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entgegen.( Eingetragen in der Post- Beitungs- Preisliste für 1893 unter Nr. 6708.) Wir ersuchen unsere Postabonnenten höflichft, das Abonnement rechtzeitig aufzugeben, damit die regelmäßige Zustellung des Blattes feine Unterbrechung erleidet. Neu hinzutretenden Abonnenten wird der bisher erschienene Theil der Erzählung

Der Aufruhr in den Cevennen

auf Verlangen gratis nachgeliefert.

Die Redaktion und Expedition des Vorwärts" Berliner Volksblatt.

Die preußischen Landtagswahlen und die Sozialdemokratie.

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Wenn das Schlagwort von der einen reaktionären Masse richtig wäre, so könnte uns diese, freilich nicht gewollte Folge unseres Verhaltens am Ende sehr gleich giltig sein. Ist das Schlagwort aber falsch, ist es auch für uns von eminentester Bedeutung, ob auch innerhalb der Grenzen der bürgerlichen Politik der Kurs mehr nach links, wie nach rechts geht, so kann man Stimm­enthaltung höchstens solange als Prinzip proflamiren, als auf unsere Stimmen wenig ankommt, solange also, als wir eine relativ schwache Partei find.

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Wahl einfindet. Diese Degradirung einer Scheinvertretung des Volkes ist auch ein Erfolg, und der Genosse Bernstein   irrt, wenn er meint, das Abgeordnetenhaus sei bisher ein besonders aktiver Faktor der Reaktion im Reiche gewesen und werde es weiter bleiben. Mangels jedes Rückhaltes im Volke hat die Abgeordnetenkammer, ähnlich wie das Herrenhaus, schon lange nicht mehr den Strömungen im Heiche Widerstand leisten können, auch wenn es dazu Mehrheiten verfügbar hatte. Und die preußische Regierung ist heute viel mehr ein Produkt der Reichspolitik wie der Parteiverhältnisse im Landtage. Selbst die Nationalliberalen betrachten darum die Parteigruppirung im Landtage mit ziemlichem Gleich­muth; sie halten es für genügend, Kräfte dritten und vierten Nanges neben dem Reichshallentheater mit seinen Kräften ersten" Ranges auftreten zu lassen. Warum sollten wir uns im Augenblick besonders dafür ereifern, diesem Parlamentsleichnam Leben einzuflößen?

Doch selbst bei dem stärksten Interesse der sozial­demokratischen Massen an den Landtagswahlen würde unser Einfluß viel, viel geringer sein, wie der Genosse Bernstein  glaubt infolge der besonderen Wahleinrichtungen bei dem Dreiklassen- System.

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Ueber die Folgen der Klassenbildung überhaupt ist genug geredet worden; wir können so von vornherein in feinem Wahlkreise eine Mehrheit der Wahlmänner für uns erringen.

Die Wahl ist weiter eine öffentliche; und wenn das auch in Berlin   und noch einigen Großstädten schließlich Es ist nun schon vor Jahr und Tag, besonders unter nicht viel auf sich hat: in der ungeheueren Mehrzahl der dem Eindruck des Zedlib'schen Schulgesetentwurfes und des kleinen( ca. 1500 Einwohner zählenden) Urwahlbezirke und darauf folgenden liberalen Rütlischwures im Reichstage, Gemeinden ist von den Wählern der dritten Klasse nicht mehrfach in parteigenössischen Kreisen die Frage angeregt zu erwarten und nicht zu verlangen, daß sie vor Behörde worden, ob wir nicht versuchen sollten, durch energisches und Unternehmerschaft ihre Partei- Angehörigkeit offiziell zu Eingreifen bei den nächsten Landtagswahlen die ganze Protokoll geben um einer liberaleren Färbung des pfäffisch- junkerliche Mehrheit des preußischen Abgeordneten- preußischen Landtages willen! anses in alle Winde auseinanderzutreiben. Die Luft dazu

Und selbst von den Wenigen, die das vielleicht

hat sich unterdeß sehr abgekühlt. Der eine der Eidgenossen zu thun bereit wären, ist ein großer, vielleicht war Herr von Bennigsen, der bald darauf die französische der größte Theil durch das Wahlverfahren schließ­

Regierung in auffälligſter Weiſe pries, weil sie den Sozial- lich verhindert, den Entschluß zur Ausführung zu bringen.

revolutionären den Daumen aufs Auge drücke", und der heute Früh zur bestimmten Stunde treten am Wahltage sämmt­in der politischen Werthschäzung der Wassen tief unter liche Wähler zusammen, um einer stundenlangen Gedulds­den Herren Lieber- Bachem steht. Der andere war Herr probe unterworfen zu werden; sie werden der Reihe nach Unter diesem Titel veröffentlicht eben Ed. Bernstein Bamberger  , dem Herr Richter( damals der Dritte im aufgerufen, um vorzutreten und abzustimmen; jeder muß in der Neuen Zeit" einen Vorschlag zur Diskussion". Bunde  ) heute zu plebejisch- demokratisch und zu wenig staats- bis zum Schluffe der Wahlhandlung ausharren, um eine Wohl mancher von uns ist, ähnlich wie der Genosse Bern- männisch- anpassungsfähig ist. Soll man für diesen etwa nothwendig werdende engere Wahl gleich mit erledigen stein, der Meinung, daß eine Enthaltungspolitik, wie sie Liberalismus mobil machen? 311 helfen. Bei den Stadtverordneten- Wahlen ist das eben bisher bei den preußischen Landtagswahlen geübt wurde, Ausschlaggebend gegen die diesmalige Betheiligung an alles ganz anders. auf die Dauer nicht haltbar ist. den Wahlen waren schließlich aber wohl folgende einfache Und wenn wir trotzdem in der dritten Klasse hier Je stärker wir als Partei werden, desto weniger be- praktische Erwägungen: und da einige kleine Erfolge erzielt hätten- was dann? deutet unsere Stimmenthaltung, daß die gegnerischen Es kann gar keinem Zweifel unterliegen, daß, ohne Sollen unsere Wahlmänner( vorausgesetzt, daß sie über­Parteien sich selber überlassen sind, ohne daß zwischen besondere Zwischenfälle, diesmal die Dreiklassenwahl und haupt jemals das Bünglein der Wage bilden) damit drohen, ihnen durch unseren Einfluß irgend eine Kräfte das aus ihr hervorgehende Abgeordnetenhaus auf den für die Konservativen zu stimmen, wenn der Freisinu ihnen verschiebung zu gunsten der einen oder anderen Tiefstpunkt der öffentlichen Achtung und damit aber auch keine Zugeständnissemacht? Solche Drohungen wirken doch nur, Seite stattfände. Denn thatsächlich haben wir die des öffentlichen Einflusses herabsinken wird. Wer weiß, ob wenn man an ihren Ernst glaubt; und wer von uns würde zahlreichste Anhängerschaft ftets in den Bezirken sich im nächsten Monat auch nur ein Achtel der Wähler zur mit ihrer Verwirklichung Ernst machen wollen? Die Freis

Feuilleton.

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Er riß Gleichgiltigkeit des Raths über seine Verlegenheit am wenigsten.

sind ja alles Kleinigkeiten gegen mein Elend!" sich schnell die Kleider vom Leibe. Gieb! schaff!" Der Diener, der herbeigerufen war, half ihm. Meine Kleider sind Dir zu lang und vielleicht zu enge," sagte der Rath. Der Aufruhr in den Cevennen. imponire ich dem Kranken vielleicht um so mehr; das Thut alles nichts," sagte der eifrige Doktor, so schwarze Kleid her! den Busenstreif! die Weste fällt auf die Ruie, schadet nichts! Nun die Berrücke!"

Eine Erzählung

von Ludwig Zied.

diesen

Du weißt ja, wunderlicher Mann," sagte der Herr Er wurde bald wieder in den Saal gerufen und er- von Beauvais  , daß ich seit mehr als zehn Jahren staunte nicht wenig, als er seinen Freund, den Arzt wieder Schmuck hier in der Einsamkeit ganz abgelegt habe. Es vor sich stehen sah, und zwar in einem Bauerntittel, so daß ist keine im Hause."

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" Ich hätte dem alten Heiden," murmelte er für sich, mehr Freundschaft zugetraut, und alles, was die Kamisards bis jetzt angerichtet haben, ist doch nichts dagegen, daß ich Manschetten und allem Zubehör ohne Berrücke einem vor­mit Degen und Chapeaubas, schwarz gekleidet, mit nehmen Kranken vor sein Gardinenbett treten soll. Nichts anderes, als wenn man unter Menschenfressern lebte." Zustand zu beruhigen. So suchte er sich selbst durch Nebertreibung über seinen Bustand zu beruhigen.

Es war zu Nismes eine große Gesellschaft zur Tafel des Marschalls geladen. Der Intendant, Herr von Bas­er ihn anfangs nicht erkannte. Sei ruhig," rief ihm dieser" Keine Berrücke!" rief Vila aus und ließ vor Schreck ville, saß in der Nähe des Herrn von Montrevel  , viele entgegen, uns ist gar nichts Unglückliches, mir nur etwas das schwarze Kleid niederfallen, in dessen Aermel er schon Offiziere und angesehene Einwohner umgaben den Tisch, sehr Lächerliches begegnet. Dente nur, kaum habe ich mich mit einem Arme steckte.-Nicht einmal eine Berrücke! und zu oberst schmückte die Gesellschaft die schöne Frau von in diese verwünschte Puppe gesteckt, kaum habe ich den Fuß Meusch! Nun fange ich auch zu glauben an, daß du allen Andrecy, die mit ihrem Gemahle zugegen war, um dies Fest dem Gebirge zugewandt, so tritt zum Glück oder Unglück Glauben aufgegeben haft. Was fangen wir an?" ein Bedienter auf mich zu, zu verherrlichen. Einige ihrer Verwandtinnen, angesehene der mich erkennt und Der Rath und der alte Diener suchten den verdrieß- Damen der Stadt, saßen zwischen den männlichen Gästen, mich hinüber zum Marquis Valmont zitirt, der plöglich gefährlich, krank geworden ist. Noch steht der Worte hörte. lichen Freund zu beruhigen, der aber wenig nur auf ihre und alle schienen froh und der allgemeinen Drangsale des Noch steht der Worte hörte." Ein Arzt soll ohne Perrücke zum Kranken!" Laudes nicht zu gedenken. Nur der Jutendant der Provinz Wagen angespannt, ich werfe mich hinein, lasse traben, wiederholte er zornig;" das bringt die ganze Provinz in behielt seine ernste Miene und stimmte nicht ein in das wieder­was die Pferde laufen mögen, und hier vor Deinem Hause Aufruhr, das erfährt man in Paris  , das giebt einen holte Gelächter der übrigen; er war mit dem Obrister fällt mir erst ein, daß ich meine unglückliche Garderobe, standalösen Artikel im Mercure de France". Gi, die Un Julien in ein ernsthaftes Gespräch verwickelt, welcher eb Degen, Perrücke und alles, da hinten in der finstern Wald- gläubigen! so wäre es doch besser, kein Brot oder keinen falls den frohen Muth der Gesellschaft nicht zu beo schenke in der Eil' gelassen habe. Silf mir nur geschwind Katechismus im Hause zu haben, als die allernothwendigste schien. Wan   hatte am geftrigen Tage wieder eir mit Deinen Sachen aus; so kann ich nicht zum Marquis." Hauptzier zu entbehren. Und der Marquis wird sich von deutenden Vortheil über die Rebellen errungen, Und die beiden thörichten jungen Leute," sagte der mir in diesem tahlköpfigen Zustand gar nicht wollen kuriren schmeichelten sich, in kurzer Zeit diesen unglücklick Rath, sind nun allein ohne Deinen Rath und Deine lassen, und sein Fieber wird noch weniger Respekt vor mir stand geendigt zu sehen. Der Marschall war so gute Aufsicht. Warum habe ich mich doch von Deinem Leicht- haben." wie man seit lange nicht an ihm gewohnt we sinn anstecken lassen?" Aber alle seine Klagen waren vergeblich, er mußte in Einfälle wurden belacht, und die Huldigungen " Mach keine Umstände, Alter," rief jener aus, dies diesem sonderbaren Kostüm abfahren und begriff die ziemlich merklich der Frau von Andrecy widme