Einzelbild herunterladen
 

Der Kampf um das deutsche Rom .

Aus Köln wird uns telegraphiert:

-

-

bont

Proving Hannover, gezeichnet Breh, Dörnke, Leinert folgende die preußische Regierung, wie man weiß, dem Landtage ein neues Parole aus: Steine Stimme den scharfmacherischen, agrarschuß- Steuergesez vorgelegt. Darin wird unter anderm vorgeschlagen, Der Kölner nationalliberale Verein und der Verein der natio- 3öllnerischen Nationalliberalen; Unterstützung der Deutsch solche preußischen Staatsbürger, die dauernd im Auslande Leben, von deren Kandidaten keiner dem schwarzblauen schon nach 6 Monaten Hannoveraner nalliberalen Jugend haben Wahlfreiheit in dem Kampf Blod angehört hat unter der Voraussetzung vorheriger der Steuerpflicht zu befreien. Zur Begründung dieses Vorschlages statt, wie bisher, nach 2 Jahren zwischen Zentrum und Sozialdemokratie be- Anerkennung unserer Jenaer Stichwahlbedin- der Steuerpflicht zu befreien. Zur Begründung dieses Vorschlages schlossen. Zu den Versammlungen hatten nur Mitglieder gungen; andernfalls strengste Stimmenthaltung. gibt die Regierung an, daß der im Ausland lebende Preuße ja schon gegen Legitimation Zutritt. In der Versammlung war eine er­dort seine Steuern zahlen müsse und daß es unbillig sei, brüdende Mehrheit für den Zusatz vorhanden: Keine Stimme Ein konservativer Nationalliberaler. ihn doppelt besteuern. Das läßt sich gewiß hören dem Kandidaten des schwarzblauen Blocks"; aber aus örtlichen und gegen Für die Stichwahl im Kreise Stendal Osterburg Aber bei dieser Gelegenheit erfahren wir den Vorschlag parteitaktischen Gründen sah man von dieser Form der Parole zwischen dem Konservativen Hoesch und dem nationalliberalen wird nichts einzuwenden sein. aus dem Munde ab. Die rechtsstehenden Nationalliberalen, die Geldgeber der Partei, Fuhrmann gibt die Sozialdemokratie die Parole aus, sich der der Regierung, daß sich durch das lange Zahlen ans Vaterland haben mit ihrem Austritt gedroht. So ließ man es bei der Frei- Stimmabgabe ftritte zu enthalten. Der, nationalliberale Fuhr- besonders bisherige preußische Beamte, Offiziere gabe, die einstimmig beschlossen wurde. Die Forderung der mann hat es abgelehnt, die Jenaer Stichwahlbedingungen anzu- und Lehrer" belästigt fühlen, weil sie im Auslande oft Stellen mit Rechtsstehenden, eine Parole für das Zentrum auszugeben, fand erkennen und sich im besonderen geweigert, eine Erklärung ab- festem Gehalt belleiden, dessen Höhe den preußischen Steuerbehörden keine Erwähnung. Das Zentrum hatte den Kölner National- zugeben, daß er gegen eine Verschärfung der sogenannten poli- meist genau bekannt ist. Und wie pflegen nun diese hervorragenden liberalen angeboten, ihnen in Duisburg , Bochum - Gelsen- tischen Paragraphen des Strafrechts und des Koalitionsrechts- Stüßen des Patriotismus sich der Steuerpflicht gegen das Vaterland firchen, Wiesbaden , Duderstadt - Göttingen und paragraphen sei. Diese Haltung des Herrn Fuhrmann ist in Eisenach nachdrücklichst zu helfen. Dafür sollten die National- anbetracht seiner Stellung als Generalsekretär der National- bu entziehen? Die Regierung fagt darüber: liberalen überaus bezeichnend. liberalen in Köln , Düsseldorf und Essen für das Zentrum ein­treten. Ferner verpflichtete sich das Zentrum, den Wahlkampf In den Armen liegen sich beide. in Saarbrüden so abzuschwächen, daß die Wahl Bassermanns ge­Im Wahlkreise Wiesbaden unterstützte die Zentrumspartei bei sichert wäre. Dieses Angebot wurde von der Ver- der Stichwahl den nationalliberalen Kandidaten. Auf Ersuchen des jammlung mit Hohngelächter und Füßetrampeln Chefs der rheinischen Bentrumspartei, Herrn aufgenommen. Ferner hat das Kölner Zentrum den Libe- Justizrat Trimborn, gab sie die Parole aus: Jede Stimmt e ralen Zugeständnisse auf kommunalem Gebiete gemacht, was aber dem nationalliberalen Kandidaten Eduard Bar- in der Versammlung keine Erwähnung fand. Wie sehr das Zen- ling! trum schon mit dem Verlust von Köln rechnet, geht aus folgen­dem hervor: Es sollten mehrere klerikale Wahlvorsteher und Bei­ſißer am Montag während der Wahlhandlung sich gesetzwidrig aus dem Wahllokal entfernen, um so einen Grund für die ungültig keit der Wahl zu schaffen. Unsere Kölner Parteigenossen erhielten aber Kenntnis von diesem schurtischen Blane und haben ihn sofort

-

Die geschriebenen Stimmzettel des Herrn v. Richthofen . Eine eigenartige Fürsorge für seine Angestellten und Ar beiter hat der Landtagsabgeordnete Freiherr v. Richt­hofen- Mertschütz bei der Reichstagswahl an den Tag ge­legt. Er hat, wie dem Jauerschen Stadtblatt" geschrieben wird, dafür Sorge getragen, daß seine Leute nicht die gedrud. Zum morgigen Sonntag hat das Zentrum den Grafen Posa- Stimmaettel mit dem Namen des tonservativen ten, sondern von ihm höchst eigenhändig geschriebene dowsky nach Köln zitiert, wo er in einer Zentrumsversammlung san didaten erhielten. für Trimborn sprechen wird.

der Oeffentlichkeit mitgeteilt.

*

Klerikale Wahlmache.

Nachstehenden Brief hat, der Köln . 3tg." zufolge, der Erz­priester von Diedenhofen, Vagner, an die Geistlichen des Wahl­bezirts Diedenhofen- Bolchen versandt, two am 22. d. Mis. Stich mahl zwischen dem Zentrumskandidaten und dem Lothringer statt­findet:

Herr Pfarrer! Die erste Abstimmung hat zwar nicht das ge­wünschte Resultat ergeben, aber sie hat uns gezeigt, daß wir es erhoffen dürfen. Wir bitten um Ihre wertvolle Hilfe bei der Stichwahlabstimmung am nächsten Montag. Wir bitten Sie in­

ständigst:

1. Eine Wahlversammlung in jedem Orte Ihrer Pfarre für den nächsten Samstag oder Sonntag zusammenzu berufen, und zwar zu einem so weit wie nur möglich hinaus­geschobenen Zeitpunkt, damit unsere Gegner die gute Saat, welche Sie ausstreuen, nicht mit ihrem Wein und Bier ertränken können. 2. Diesen Sigungen anzuwohnen und dort das Wort zu er­greifen, um Ihre Pfarrkinder zu belehren. Diese persönliche Be­lehrung durch den Geistlichen ist notwendig, weil die Leute durch die Zeitungen und sogar durch fatholische Blätter in die Jrre ge­führt worden sind.

3. Sich durch gefällige Nachbarn helfen zu lassen, wenn Sie es für nüßlich oder nötig erachten, die Hilfe Ihrer Nachbarn zu erbitten. Gegebenenfalls auch Ihrerseits Ihre Dienste denjenigen Ihrer Nachbarn anzubieten, die dieser Dienste bedürfen: z. B. bejahrten fräntlichen Priestern... Uns so schnell wie nur mög­lich die Dörfer zu bezeichnen, in welchen der Geistliche derartige Wahlversammlungen nicht zusammenberufen tann oder will, da= mit wir alsdann, wenn möglich, jemanden dahin entsenden können. Wir verfügen noch über einige Redner.

Damit hat der Herr Landtagsabgeordnete von Richthofen­Mertschütz eine ganz bestimmte Absicht gehabt, denn er war Wah I- vorsteher. Auf diese Weise hatte er eine untrügliche Kontrolle darüber, wieviel von seinen Angestellten" gut" und wieviel schlecht" gewählt haben. Die fehlenden geschriebe­nen Stimmzettel sagten ihm, wieviel" räubige" Schafe er unter seinen Leibeigenen hat. So wird das geheime" Wahlrecht auf dem Lande gehandhabt.

Nengewählte Sozialdemokraten.

In der Hauptwahl find 64 Sozialdemokraten gewählt worden. Sonnabend wurden gewählt: Löbau( Sachsen) Kräßig Freiberg( Sachsen) Wendel Dresden- Altstadt Gradnauer Dr. Herzfeld

Rostock Würzburg Cassel Eschwege Hameln- Linden

Schmitt

Hüttmann

Thöne Fischer

0

Die vier letztgenannten Streise waren noch

4. Die Stimmzettel wie das erstemal verteilen zu laffen. nicht im Besize der Sozialdemokratie.

5. Darauf zu achten, daß jedes Jhrer Pfarrkinder zur Wahl geht. Man muß dieses Mal zu den Urnen führen Claudum et novissimum in Israel( den Strüppel und den legten Mann in Israel). Die Wahl während der Stimmenabgabe überwachen zu laffen, ganz besonders im Augenblick der Stimmenzählung. Uns fofort durch beigefügte Postkarte das Resultat mitzuteilen. Vorwärts für die gute Sache.

Für das Komitee: Bagner, Pfarrer von Diedenhofen.

Die einheitliche Taktik des Hansabundes.

=

Jm Wahlfreife Sagan Sprottau, wo der Sozialdemo frat mit dem Konservativen in Stichwahl steht und der Liberale den Ausschlag gibt, hat die Ortsgruppe Freiwaldau des Hansabundes beschlossen, angesichts des Ernstes der Situation fich einzig und allein von nationalen Gedanken leiten zu lassen, Meinungsver­fchiedenheiten beiseite zu stellen und bei der Stichwahl für den tonservativen Herrn b. Bolto zustimmen". Selbstverständlich wird dieser Beschluß von der reaktionären Schles. 3tg." auf das freudigste begrüßt.

Im

Hansabund und Landbündler.

Wahltreise Schwarzburg Sondershausen unterstützen Hansabund und Bund der Landwirte gemeinsam den nationalliberalen Kandidaten Bärwinkel. Ein Telegramm aus Sondershausen meldet uns:

" Hansabund und Lund der Landwirte liegen sich in Schwarz­ burg- Sondershausen in den Armen. Beide unterstützen den nationalliberalen Verteidiger der Kalischmiergelder, Herrn Bär­

winter."

Das Zentrum für Wahlknechtschaft der Beamten. Die Köln. Bolfsztg." schreibt:

Die Ziffern der Hauptwahlen.

.In der letzten Dienstagsnummer( Nr. 12) teilten wir die von den einzelnen Parteien bei der Hauptwahl errungenen Stimmen zahlen nach den vorläufigen amtlichen Ermittelungen mit. Jetzt veröffentlicht der Reichsanzeiger" die endgültigen Ziffern, die mannigfache Abweichungen von den vorläufigen Zahlen aufweisen.

Während bekanntlich die einzelnen Reichsämter vor der Stimmabgabe für einen Sozialisten gewarnt haben, hat die im Auftrage des Kaijers und des Reiches amtierende elsaßz- lothrin­gische Regierung sich nicht nur jeder Sundgebung gegen die Sozia­listen ängstlich enthalten, sondern es fonnte ein seither durch die Regierung in die Erste Stammer berufener Politiker neulich durch ein Zirkular verkünden, man habe an maßgebender Stelle gar­nichts dagegen, daß die Beamten für den Sozia- 13 Iisten stimmen."

Nach der endgültigen Zählung haben erhalten:

( Die Zahlen von 1907 find zum Vergleich gegenübergestellt.) Parteien

Konservativ

Reichspartei

1912

.

.

1 129 274 370 387

Wirtschaftliche Vereinigung

und zwar:

Deutsch- Sozial

Christlich- sozial

Bund der Landwirte Deutsche Reformpartei Sonstige.

Bayerischer Bauernbund

Zentrum

Bolen

Nationalliberal

Deutscher Bauernbund

Fortichrittliche Volkspartei

Demokratische Vereinigung Sozialdemokraten Elsässer. Lothringer Welfen Littauer.

Dänen

Wilde Unbestimmt Zersplittert.

Summe

.

1907

1 060 209 471 863

47 391

103 954

472 530

58 998

51 928

94 104 48219 2035 290 441 786

1 672 619 29 148 1528 8861 29 444

4 250 329 68 5651

36 356

90 607 6227 17 289 48 6381 37 654 9.855

12 206 808

76 107 2179 743 453 858 1 637 048

1 233 933 3 259 020

103 626

78 232

4221 15425

208 942 8018 11 262 775

Die Anzahl der Wahlberechtigten betrug: 14 441 777( 1907: 350 698). Gültige Stimmen wurden abgegeben: 12 206 808( 1907 11 262 775).

Demnach Wahlbeteiligung: 84,5( gegenüber 84,7 Proz. bei der Wahl 1907).

Der Zweck der Stichwahl- Anarchie wird aus folgender Hanauer Meldung des Berl. Lof.- Anz." Har: Der Landeausschuß der Deutschsozialen Partei für Kurhessen Danach stellt sich die Stimmenzählung noch günstiger für die beschloß: Wählt die Fortschrittliche Volkspartei am Sonnabend den Sozialdemokratische Partei. Sie hat nicht annähernd 44 Millionen Deutschsozialen Kandidaten Raab in Eschwege nicht, dann prokla- Stimmen, sondern tatsächlich miert die Deutschsoziale Partei für die am Montag in Weimar, mehr als 4 Millionen Stimmen Meiningen, Nordhausen und Frankfurt a. M. stattfindenden erhalten; dagegen sind auf die konservative Partei ungefähr Stichwahlen stritteste Wahlenthaltung und läßt die fortschrittlichen 20 000 Stimmen weniger gefallen, als die erste Zählung angab. Führer Enders, Dr. Müller- Meiningen und Oeser in Frankfurt durchfallen.

Die Auseinanderzerrung der Stichwahlen soll nur der Rechten

Erpressungen ermöglichen.

Politifche Ueberlicht.

Berlin. den 20. Januar 1912. Bis and Portemonnaie!

Die sozialdemokratische Wahlparole für Hannover. Für die im 5., 7., 15. und 16. hannoverschen Wahlkreis nötigen In Preußen gelten bekanntlich die Beamten und noch mehr die Stichwahlen zwischen Nationalliberalen und Welfen Difiziere als die unentwegtesten Träger des Patriotismus, und wehe gibt der Vorstand der sozialdemokratischen Landesorganisation der dem, der sich erlauben wollte, daran zu zweifeln. Nun aber hat

Diese Verhältnisse haben wiederholt dazu geführt, daß im Auslande lebende Steuerpflichtige, um der Steuerbelastung zu ent gehen, ihre Entlassung aus dem preußischen Staats­verbande nachgesucht haben, was im Interesse des Zus sammenhalts des Deutschtums im Auslande natürlich höchst uns erwünscht ist."

Man verstehe uns recht: auch wir halten die doppelte Be­steuerung für ungerecht und wir verdenken es den davon Betroffenen feinen Augenblick, daß sie jedes Mittel ergreifen, um sich von der ungerechten Last zu befreien. Aber wenn bisherige preußische Be­amte und Offiziere so ohne weiteres, lediglich aus Porte­wonnaie Interessen, ihr Deutschtum ant den Nagel hängen, so beweist das wieder einmal, daß gerade in den Kreisen, die uns hier zu Lande mit dem Gerede von Patrio­tismus, von Aufopferung für Vaterland, von der Notwendigkeit, die gerade in diesen Kreisen der Patriotismus eben nur bis an das beutsche Nationalität hochzuhalten, bis zum lleberdruß füttern- daß Portemonnaie geht.

Allzu demokratisch?

Das Berl. Tagebl." bringt an der Spite seiner Rubrik Deutschland" folgende. Notiz:

Nach gegenseitigem Uebereinkommen legt Herr Oberst a. D. Gädke Ende Februar dieses Jahres seine Tätigkeit am Berl. Tageblatt" nieder.

Allem Anscheine nach sind Zwistigkeiten zwischen dem Chefredakteur des Berl. Tagebl.", Herrn Th. Wolff, und Herrn Gädke ausgebrochen, da letterer, der unterlegene Kandidat der Demokratischen Vereinigung im ersten Berliner Wahlkreis, in der Stichwahl für die Wahl Düwells eintritt, während Herr Wolff in seinem Blatt für die Wahl Kaempfs plädiert.

Der Kampf des Zentrums für die christliche Moral und Kultur.

Immer mehr häufen sich die Nachrichten, daß das Zentrum als Vertreterin der katholischen Ethik bei den Hauptwahlen in der robesten Weise gewütet hat. Seine durch Pfarrer und Kapläne auf­gehezte stupide Anhängerschaft hat in vielen stockatholischen Gegenden die sozialdemokratischen Stimmzettelverteiler zur höheren Ehre des Keleritatismus geradezu brutal mißhandelt. Zu den schon mitgeteilten verschiedenen Fällen" liefert unser Düsseldorfer Parteiblatt einen neuen Beitrag. Ein Genosse, der am 12. Januar in Griethausen ( Regierungsbezirk Düsseldorf) sozialdemokratische Stimmzettel ber­teilte, schildert seine Erlebnisse auf dieser Stätte der Bentrumsfultur folgendermaßen:

In der Schankwirtschaft des Herrn Dew. Pit, wo sich auch das Wahllofal befand, stellte ich mich am 12. Januar, vormittags 11 Uhr, auf und verteilte Stimmzettel an die sich in das Wahllofal begebenden Personen. Die Wähler, welche es ait böswilligen Redensarten und Schimpfereien nicht fehlen ließen, rissen die Zettel vor meinen Augen entzwei. 11m 1 1hr verbot mir der Wirt, welcher auch nebenbei Stimmzettelverteiler der Zentrumspartei war, auf Anweisung des Wahlvorstandes das Lokal mit den Worten: Wir haben keine Zettel von Euch nötig, hier wird nur Zentrum gewählt!" Alsdann stellte ich mich vor die Tür. Jezt sammelte sich die gesamte Schuljugend nebst Frauen und Bauern des Dorfes vor dem Lokale an. Schimpf­worte wie Roter Lump"," Sozi" warf man mir an den Kopf. Als man mich mit dem Geschimpfe und Gejohle nicht vertreiben fonnte, fing man an, mich mit Kot, Steinen und dergleichen zu werfen und übergoß mich mit Wasser! Aber auch jetzt hielt ich noch aus. Einen Schutzmann, welcher vorbeikam, bat ich um Schutz und er­suchte ihn, die aufgeregte Menge zu zerstreuen. Aber der Schutz­mann erklärte mir: Mit sowas fommen Sie hier nicht durch, gehen Sie lieber dahin, woher Sie gekommen sind!" Der Schutz­mann setzte sich auf sein Fahrrad und fuhr davon. Nachdem die Menge fah, daß der Schutzmann nicht einschritt, johlte und lärmte fie wie eine Indianerrote. Es hagelte Steinwürfe und der gleichen. Aus der Menge wurden Rufe laut, wie der Herr Pastor hat gesagt: Treibt die roten Sozis aus dem Dorfe heraus" und Warte nur, wenn es dunkel wird, schlagen wir Dich tot" usw.

-

Um 126 Uhr, als es anfing dunkel zu werden, wurde die Bande handgemein. Ich flüchtete zurück in den Hausflur. Nun stürmte die Menge mit Ktnippel bewaffnet herein und drängte mich weiter zurück bis in das Lokal.

Man schrie dabei fortgesetzt: Heraus mit dem roten Lumip. Wir schlagen ihm die Knochen kaput!" Meinen Bitten nachkommend, ließ mich die Wirtin zur Hintertür hinaus. Aber kaum betrat ich die Straße, so strömten auch schon die Bauern herbei. Nun ging eine Hege los auf Tod oder Leben! Etwa zwanzig Mann, mit Stuütteln, Mistgabeln und dergleichen bewaffnet, stürmten in Laufschritt 40-50 Schritt hinter mir her. So ging es dahin über die menschenleere Landstraße dem Dorfe Kellen zu. Ungefähr 10 Minuten dauerte die Jagd. Schweißtriefend und todmüde fonnte ich mich noch weiterschleppen und mußte dabei unwillkür­lich über driftliche Erziehung" und" katholische Religionslehre" nachdenken."

Ein nettes Beispiel für den kulturellen Einfluß des Klerikalis­mus auf die Zentrumsgefolgschaft. An ihren Früchten sollt ihr sic

erkennen!"

"

Christlichsoziale Wahlpraktiken.

Der geschäftsführende Ausschuß der nationalliberalen Partei im Wahlkreis Dillenburg verbreitet ein Flugblatt, worin auf den 1908 verübten Versuch hingewiesen wird, durch gefälschte Telephon­gespräche einige Wahlmänner des Herrn Dr. Lohmann von der

Wahl fernzuhalten.

Nach dem Flugblatt ist jekt festgestellt, und kann durch Zeugen bewiesen werden, daß diese Fälschung von dem christlichsozialen Herrn Volland und den christlichsozialen Partei beamten Rüffer und Oftehr ausgegangen ist. Die Aussage des betreffenden Zeugen lautet:

" Ich gehörte bis zum Jahre 1908 der christlichsozialen Partei an. Unmittelbar vor der Landtagswahl 1908 wurde ich zu einer Beratung zugezogen, die auf dem Bureau dieser Partei in Dillen­ burg in Gegenwart des Herrn Volland( Bund der Landwirte), des christlichsozialen Generalsekretärs Rüffer und des Redakteurs Ostehr stattfand. Alle drei berieten darüber, wie man national­liberale Wahlmänner dem Wahlaft fernhalten könne. Man ver­anlaßte mich schließlich, gegen eine Barzahlung von 25 M. von