Ar. 18. 89. ZahlMZ.DieMg, 83. IM« 1918.ver Krieg.Der itdllenisch-fnmzSsische Zwischenfall.Konflantinopel, 21. Januar. Offizielle Telegramme besagen, daßöle türkisckien Passagiere, die sich an Bord der„Manube" bcfanden und in Cagliari gefangen gehalten wurden, Aerzte, Krankenwärter und Bahrenträger des Roten Halbmondes sind. Die Expedition stand unter der Leitung eines von der Regierung be-stellten Beamten. 22 der Teilnehmer schifften sich direkt vonKonstantinopel nach Marseille ein, sieben andere fuhren nach ParisIvo sie Verproviantierimgen von Lebensmitteln vornahmen und dannebenfalls nach Marseille abreisten. Sämtliche 29 Mitglieder des RotenHalbmondes traten dann mit der„Manube" die Ausreise an. Da dieBahrenträger am Arme eine Binde mit dem Abzeichen des NotenHalbmondes trugen, waren sie ohne weiteres als neutrale Person-lichkeiten zu erkennen. Gegenüber dieser Meldung wird aus Romberichtet, daß die 29 Türken, die an Bord der„Manube" gefangen ge°nommen wurden und in Cagliari als Kriegsgefangene zurück-gehalten werden, zwar erklärt haben, sie seien Mitglieder des RotenHalbmondes. Die italienische Regierung habe aber Deweise in denHänden, daß diese Behauptung nicht den Tatsachen entspricht.sondern daß eS sich um türkische Offiziere handelt.Pariö, 21. Januar. Der„Agence HavaS" wird von be-sonderer Seite aus Rom gemeldet: Die französische Re-gicrung hat die Absicht, bei der italienischen Regierung um dieHerausgabe der 29 Türken von Bord der„Manuba" vorstellig zuwerden, weil eS nur ihr zustehe, die Identität derselben festzustellenund zu ermitteln, ob sie, wie die italienische Rcgicrnng behauptet,türkische Offiziere seien oder aber Krankenpfleger des Roten Halb-mondeS, wie die ottomanische Slegierung angibt.Paris, 22. Januar. Wie der Agence Havas von besondererSeite aus Rom gemeldet wird, hat die italienische Regierung derfranzösischen vorgeschlagen, alle mit der Beschlagnahmt der»Carthage* und der.Manuba" zusammenhängendenFragen dem Haager Schiedsgericht zu überweisen.Mogeleien bei den Weihnachtsgeschenken der Soldaten?Rom, 18. Januar.(Eig. Ber.) Noch ist der Ekel über die Unter-schleife und Betrügereien der Nahrungsmittellieferanten für das nord-afrikanische Expeditionskorps ganz frisch und schon macht sich derVerdacht geltend, daß noch viel widerwärtigere Gaunereien zumSchaden der vor dem Feinde stehenden Truppen durchgeführtworden sind. Sechs Mann von der Mannschaft eines Kauffahrtei-schisfcS, da? eine Ladung von Weihnachtsgeschenken nach Tripolisbringen sollte, sind unter dem Verdacht des Diebstahls ver-haftet worden. Bekanntlich sind mehrere Schiffsladungen vollGeschenke nach dem Kriegsschauplatz gesandt worden, allein ausMailand 399 Doppelzentner Weihnachtsstollen. ES scheint nun, daßdie Soldaten von dieser Ncberfülle nur ganz wenig erhalten haben.Der„Avanti* veröffentlicht in seiner Nummer vom 18. einigeStellen aus Briefen, die nur allzu deutlich sprechen. So schreibt einReservist vom 74. Infanterieregiment:„Ihr alle habt gewiß etwa? zuden berühmten Weihnachtsgeschenken beigesteuert, aber es tut mir leid,nicht für mich, sondern für die Geber, die sie den Soldaten bestimmthatten. Euch zu sagen, daß wir die Geschenke gesehen haben undWeiler nichts, und daß bei der Verteilung Kamorra gemacht wordenist, wie sich kein Mensch vorstellen kann. Man bat die Courage ge-habt, uns eine Kastanie, eine Nuß, eine Sardine zu geben, und dabeiwar so viel Wein und so viel Likör da, und von denen haben wirgar nichts bekommen."In einem andern Brief aus B e n g a s i heißt eS:„Was Weih-nachten betrifft, so weißt Du schon aus den Zeitungen, wie wir eSverbracht haben, lieber die Geschenke kann ich nur sagen, daß eS(hoch hergegangen ist.... Nach dem, was wir erwartet hatten,dachten wir, es kommt auf jeden so etwa für 8 Lire Sachen, aber statt[dessen kannst Du Dir ausrechnen: 4 Kastanien, ein Kuchenfür 2 Soldi unter drei zu teilen, ein kleines GlasMermuth, ein viertel GlaS Schaumwein, eine SchachtelSardinen auf je 6 Mann und 199 Gramm Weihnachtsstollenfür je 13. DaS Beste waren noch 19 Blätter Briefpapier. Undwenn Du den Lagerraum gesehen hättest, wo die Geschenke waren,der war lang wie eine Straße, und nach der Verteilung war er sovoll, als ob man gar nichts angerührt hätte. Sie haben sich Vorrätebehalten, daß eS für das ganze Leben reicht. Da waren Würste,Käse, Kuchen, Hühner, Champagnerflaschen, Weißwein, und noch heute(der Brief ist vom 7. Januar) sieht man bei den Messen der Offiziereund Unteroffiziere die leeren Blechbüchsen liegen, auf denen steht:„Gebratenes Huhn" und auf der anderen Seite:„Für unsereBrüder, die in Tripolitanien und der Cyrenaika kämpfen". Es bluteteinem das Herz, wenn man das liest."Auch unser Parteiorgan von Asti, der„Galetto", veröffentlichteinen mit vollem Namen unterzeichneten Brief, in dem zu lesensteht:„was die Weihnachtsgeschenke betrifft, so habe ich nichts be-kommen, auch zu Neujahr nichts. Ich mache mir ja nichts daraus,aber wenn man denkt, daß die ganze Bevölkerung etwas gegebenhat für die im Kriege stehenden Brüder und gedacht, das daß dannrichtig verteilt wird, dann ärgert man sich doch. Denn es war ganzanders. Die Soldaten haben so jämmerlich wenig bekommen, daßman lachen mußte, wenn man las. was die Zeitungen darüberschrieben. Schaden tut es ja nichts, solange man nur gesund ist."Von allen Klagen und Anklagen, die vom Kriegsschauplatz ge-kommen find, ist diese wohl die widerwärtigste. Am WeihnachtStagehaben vor Derna und vor Bcngasi sieben- und zehnstündige Ge-fechte stattgefunden, bei denen sicher die Soldaten, wie immer, diegrößte Mühsal auszuhalten hatten. Wenn sich dann wirklich unterden Offizieren Leute befunden haben, die sich nicht schämten,den Soldaten den ihnen zugedachten Teil ihrer Ge-schenke vorzuenthalten, dann kann man dies offenbar nurals eine Niederträchtigkeit betrachten, die um so mehranwidert, als sie in schärfstem Widerspruch zu allem steht, was mandieser Tage über die Solidarität und Kameradschaftlichkeit gelesenhat, die Soldaten und Offiziere in diesen schweren Tagen verbundenhätte. Daß Soldaten ihre verwundeten Offiziere stundenlang aufdem Rücken in das Lager zurückgetragen haben, sind unleugbare undvielfach verbürgte Tatsachen. Ist es möglich, daß sich Offizierefanden, und sei es auch nur eine kleine Minderzahl, die ihre Soldatenum das ihnen zugedachte Weihnachtsgeschenk betrügen konnten?kleines feinlkton.Der Segen von Tripolis. Die kriegsbegeisterten italienischenKapitalistenbläiter schreiben u. a.:„Die Bauern von Sizilien sindes. die zuerst die Segnungen der neuen Kolonie(Tripolis) genießenwerden."Camillo Prampolini illustriert diesen Satz im sozialistischen Witz-blatt„L'Asino" mit folgendem Dialog zwischen einem Arader undeinem Bauern aus Sizilien.Araber: Warum seid Ihr in unser Land gekommen und habtTod und Verwüstung mit Euch gebracht? Was taten wir EuchBöses?Soldat: Wir sind gekommen, neue Ländereicn zu suchen.Araber: Genügten Euch die Eurer Heimat nicht mehr?Soldat: DaS Land bei uns zu Hause?... das... daSistnicht unser. DaS gclzört ja alleS unseren hohen Herren, denBaronen, den Grafen, den Fürsten und die lassen das Land sogarzum großen Teil unbebaut. Davon haben wir gar nichts, ja wirmüssen, um nicht ganz und gar Hungers zu sterben, im fernenAmerika Arbeit suchen!Araber: Das ist ja großartig!! l Zu Hause seid Ihr alsonicht fähig, Land zu erwerben, und da kommt Ihr, es uns weg-zunehmen?Soldat—(von dieser Bemerkung überrascht, bleibt stumm.)A r a b e r: Allah ist groß. Wenn er Euch den Sieg verlieheund Ihr uns unser Land fortnebmen würdet, welchen Anteil würdestDu voil dem Landraub bekommen?Soldat(wehmütig lächelnd, als ob er den Bratenduft ausder Küche seines Padrouo röche): Jaaaarr, ich bin genau so ver-zivciielt wie ein gewisser heiliger Märtyrer. Eure Ländereien, verden— das versteht sich— dem zufallen, der imstande ist, sie zubezahlen, und meinst Du. i ch hätte Geld?!Araber: Alio werden Deine LaiidSleute sie kaufen.Soldat: Auch nicht; die sind genau so arme Teufel wie ich!Araber: Beim Barte des Propheten, wer wird denn schließlichdas Land bekommen?Soldat: Wer das bekommen wird? Unsere Herren natürlich,unsere Padrone!!Araber(erstaunt): Dieselben, die das Land Deiner Heimatbrach liegen lassen?Soldat:� S'ist schon so I Die und ihre Freunde fitzen alleinauf dem Geldsack; wir Arbeiter haben nichts als unsere zweiArme.Araber:.Allab il Allah! Ganz vortrefflich I Ihr kommt aliohierher um zu morden und um Euch morden zu lassen— nicht fürGlich selbst— sondern für diese, Eure fürtrefflicheii Großherrcn?Nimm's mir nicht Übel, Freundchen, so schlau wie Ihr sind bei unsdie— Kamele!Tßeatcr.Kammerspiele:„Eine glückliche Ehe". LustspielVon Peter Nansen. Ganz ähnliche Verhältnisse, wie sie einmalGegenstand düster pessimistischer Gesellschartsstiicke und Romanebilden, erscheinen dann, in anderen Zusammenhang gerückt, als einObjekt leicht spielender, ironisch humoristischer Behandlung. DieseFrau Nancy, die ihren gutmütig vertrauensvollen Ehegemahl sokonsequent und mit dem besten Gewissen von der Welt betrügt—Sie ßmllltion in SHIvs.Sunyatsen gegen Juanschikai.London, 22. Januar. Wie die„Times" aus Peking meldet,weist die dortige Lage eine bedeutende Aendcrung auf. Suny a t s e n macht die von ihm eingegangenen Verpflichtungenrückgängig: er ist augenscheinlich überzeugt, daß Juan-schikai die diktatorische Gewalt erstrebt. Sunyatsenforderte am Sonnabend telcgraphisch, daß keine provisorische Regierungim Norden errichtet werde. Juanschikai solle in die republikanischeRegierung nicht eintreten, bevor die Mächte sie anerkannt hätten,und der Thron solle durch die Abdankung die Gewalt direkt aufdie republikanische Regierung in Nangling übertragen. Die Schwierig-leiten für Juallschikai werden vermehrt durch den plötzlichen Front-Wechsel vieler MandschuS. Der Mandschu Tiehlang, der frühereKriegsminister, der als Hauptgegner Juanschikais im Jahre 1998dessen Sturz herbeigejührt hat, ist nach Peking zurückgekehrt.Zola hätte sie in die Bildergalerie seines„Pot-bouille" als eineSpielart der allgemeinen bürgerlichen Korruption einreihen, Strind-becg nach seiner bekannten Theorie sie als TyPuS eingeborener weiblicher Vcrruchtheit in einem seiner Haß- und Rachedramen stäupenkönnen. Der Däne Peter Nansen wieder in seiner berühmtenNovelle„Eine glückliche Ehe", an die sich dies Lustspiel anschließt, sieht das Persönchen ausschließlich von derliebenswürdigen, heileren Seite. Käme der brave Mogensendahinter, daß er sein- Rechte mit so vielen teilen mußte, eSwäre zweifellos für ihn sehr schlimm. Aber muß er dahinterkommen? Laufen Leute wie er nicht oft ihr ganzes Leben lang mitScheuklappen umher und dünken sich in diesem Zustand hoch zu-frieden? Die Menschen sind so ungleich und bleiben bei allermoralischen Belehrung, so ivis sie einmal sind. Die Vielfältigkeit inNancys Herzeusbedürfnissen schließt keineswegs aus. daß sie eS in ihrerArt mit Mogenien gut meint. Sie braucht Verehrer; fühlt sich ohnesie wie ein im Käfig eingesperrter Vogel, schwermütig einsam. Dochwenn sie welche findet, dann teilt sie von dem Glück, das sieempfindet, dankbaren Sinns auch ihrem allzeit ahnungslosen Galtenaus vollen Händen zu, hat ihn so gern, wie sie ihn ohne solche Zu-tat niemals haben könnte. So legt sie sich naiv zurecht, daß eineUnmoral, bei der alle Teile, auch der„Betrogene", nur gewinnen,am End doch gar nicht unmoralisch sein kann. Und der Autorsekundiert in witzig-paradoxcm Spiel.Nicht so unterhaltsam wie die Novelle, deren uiigebnudene Formder Schilderung weit größere Freiheit bietet, aber immer noch sehramüsant wirkt die Komödie, die von einer vorzüglichen, über dieAehnlichkeit der Situationen mit feiner Einzeliluancierung Hirnveg-helfenden Darstellung getragen wurde. Johanna T e r w i n wareine in allen Koketterien und virtuosen Schwindeleien charmante,dabei ganz kindlich natürliche Nancy, die sich bei ihren Seiten-sprüngen wirklich nicht' im lnindcsteil ettoaS Schlechtes zu denkenschien. Viktor Arnold bot in seiner strahlenden Behaglichkeit undSchwärmerei für alle Freunde seiner Frau einen überwältigenddrolligen Gatten; M o i s s i, der den Neigen cröffiicnde Verehrer, dem nach der Verheiratung mit gleicher Münze gezahltwird, ein Galan, der Leichtsinn und tieferes Gefühl in reizvolleigenartiger Weise verband. Sein erster Besuch im MogensenschenHause wandelt Nancys üble Laune in eitel Frohsinn, kündet dieAera häuslichen Glückes an. Seit man zu Dreien beim Abendessensitzt, gibt es kein Streiten mehr, jeder hegt Wohlwollen, Dankbarkeitdem anderen gegenüber. Nach einem Jahr beim Weihnachtsfestkommt es zum Abschiednehmen. Nancy hat bcrcaten, daß Jermerauf FreicrSfüßen gehl und für Ersatz gesorgt. Der Wechsel derPersonen tut dem Glück nicht Abtrag. Jedoch schon wieder tauchtem anderer am Horizonts auf. Die beiden abgedankten Liebhaberfeiern die Erinnerung an die schöne Wankelmütige, versöhnt miteinem stillem Trünke. Der Autor bedankte sich persönlich für denApplaus. dt.Friedrich-Wilhelm städtisches Schauspielhaus:„Zwei glückliche Tage". Von S ch ö n t h a n und K a d c l-bürg. Vor zwanzig Jahren ist dieser merkwürdig gut gearbeitete.sich in manchen Szenen direkt auf der Linie eines vornehmen Lust-jpiels bewegende Schwank entstanden. Dcimoch hat er nicht einAtom von feiner Frische verloren. Das ist gewiß ein Beweis fürdie ihm innewohnende Gediegenheit. Der bereits ini Titel ausgesprochene Grundgedanke, daß jemand, der eine Villa erwirbt,eigentlich nur zwei glückliche Tage erlebt: den des Kaufs und denPeking, 22. Januar.(Meldung de» Reuterschen BureauS.)Juanschikai ist angesichts de? Widerstandes der Revolutionäregegen eine provisorische Regierung in Peking der Ansicht, daß derbeste Weg sein würde, nach der Abdankung des Thrones, die alsunvermeidlich gelte, den nördlichen Sitz der Regierung temporär inT i e n t s i n zu etablieren.Meitag der britischen Hrbeiterpartei.London, 17. Januar.(Eig. Ber.)Am 24. Januar wird der Parteitag der britischen Arbeiterparteiin Birmingham stattfinden. Am Tage vorher wird die Arbeiterinnen«liga ihre Jahreskonfercnz in derselben Stadt abhalten. Die Gegen-stände, mit der sich der Parteitag der Arbeiterpartei beschäftigcirwird, sind wie gewöhnlich sehr zahlreich, doch dürfte nur ein Teilvon ihnen ausreichend diskutiert werden. Der Sekretär der Partei,MacDonald, will von seinem Posten zurücktreten; wahrschein-lich wird das Parlamentsmitglied H e n d e r s o n, der von elfSektionen vorgeschlagen worden ist, zum Sekretär gewählt weiden.Der Parteivorstand erklärt in der veröffentlichten Tagesordnung, daßbeabsichtigt sei, den Vorstand um ein Mitglied zu vermehren. Erbringt in Vorschlag, einen jährlich von dem Parteitag �zu ernennenden Kassierer zu wählen und schlägt MacDonald für diesenPosten vor.Beachtung verdienen noch folgende Vorschläge de» Partei-Vorstandes. Eine Summe von 6999 Pfd. Sterl., die im laufendenFinanzjahre infolge der staatlichen Besoldung der Parlaments«Mitglieder gespart worden ist, soll dazu verwendet werden,6999 Anteilscheine in einer Gesellschaft zu erwerben, die demnächstein täglich erscheinendes Arbeiterblatt in Man-ch e st e r herausgeben will. Ferner soll eine Statutenänderungvorgenommen werden, um es Personen, die weder den Gewcrk-schaften noch den sozialistischen Gesellschaften angehören, zu er-möglichen, passive Mitglieder(associatos) der Arbeiterpartei zuwerden.Natürlich nehmen die wirtschaftlichen Wirren derletzten Monate einen hervorragenden Platz in der Tagesordnungein. Eine Resolution der I. L. P. beglückwünscht die Arbeiterschaftzu ihren Kämpfen und spricht sich für die Einführnng eines all-gemeinen Minimallohns von 39Schilling wöchentlichfür alle erwachsenen Arbeiter aus. Mit dem Streikrecht und demRecht des Sweikpoftenstehens befaffen sich mehrere Resolutionen.Seit dem Transportarbeiterstreik haben die Kapitalisten Groß-britannienS und Irlands olle Hebel in Bewegung gesetzt, um dieBestimmungen deS GewerkschaftsgcsetzeS vom Jahre 1996 zu inodi-fizieren. In einer Resolution wird der Vorschlag gemacht, denGeneral st reik zu erklären, falls versucht werdensollte, das Recht deS Streikposten st ehenS an-z u t a st c n.Auch die parlamentarische Taktik der Arbeiterparteiwird zur Sprache gebracht werden. So verurteilt ein Antrag dieparlamentarische Fraktion, weil sie die Regierung bei der Ver-sicherungSvorlage unterstützt habe. Ein anderer bedauert den Mangelan Einbeit und Disziplin der Arbeiterpartei im Parlament undverurteilt da§ Vorgehen des Parlamentsmitgliedes C r o o l S undanderer, die auf eigene Faust eine Vorlage zur Verhütung vonStreiks einbrachten. In dieser von dem Glasgower Gcwcrlschafts-lartell gestellten Resolution wird auch die Praxis von Partei-Mitgliedern verurteilt, die in der kapitalistischen Presse Artikel per-öffentlichen, die geeignet sind, der Partei zu schaden; eS heißt darin.eS müsse der Ausbeutung der Partei durch liberale und konservativeZcitungsbesitzer ein Ende bereitet Iverden. Eine Resolution verurteiltdie sich immer mehr einbürgernde Praxis, daß Arbeiterverlreter ohneEintvilligung der Mitglieder Posten an Instituten einnehmen, dieden Zweck haben, die Differenzen zwischen Arbeitern und Kapitalistenauszugleiten.Zur KriegSfrage äußert sich ein von der I. L. P. gestellterAntrag, zu dem mehrere Amendements eingereicht worden sind.Der Antrag verurteilt energisch jeden Krieg und den Militarismusanderen des Verkaufs, ist ja weder besonders geistreichnoch neu und gestattet unzählige Variationen. Aber welchehumorsprühende Handlung mit wirksamsten Gegensätzen habendie Autoren aus jenem geflügelten Worte zu entwickelnverstanden! Und welche vorzüglich gezeichneten Kampfgestalten,die so gar nichts Schemenhaftes an sich haben, dazu!Man kommt vier Akte hindurch gar nicht aus dem Lachen herausund daS will wirklich viel heißen. Freilich war'S diesmal auch eineüberraschend gute Vorstellung, sowohl im Zusamnienspiel als inden solistischen Leistungen. Marie Mendt als Else und RichardL i e b e s n y als Pepi Freifingcr,„mehrfacher Wiener Hausbesitzers-söhn", schössen zweifellos den Vogel ab. Mit und neben ihnen sindPaul Kaufmann als Weinholz, Klara B e r g e r als Erbtanteaus„Kenichsbarg", Alfred S ch m a s o w(Lüttchen) und Beate Finle(Gertrud) durchaus lobend hervorzuheben. v. ic.Musik.Die„Komische Oper" hat sich nach dem Wetzgange Di»rcktor Gregors und nach der Abwanderung ihrer guten Traditionin die„Kurfürstenopcr" unter der neuen Direktion Aurelie R e v ynicht eben großartig eingeführt. Auch seither verlautete nichts be-sonders Rühmliches. Wir versuchten es mit einer Stichprobe undgingen am Sonnabend in eine Aufführung von Lortzings„U n d i n e". Die Gesamthaltung war ungefähr so, wie wir eSschon von dem Typus der Volksopern und der Sommeropern herkennen; sagen wir: ohne besonderen Ehrgeiz.Es ist nun ober zum Teil sogar sympathisch, daß sich inmitteneines solchen schlaffen Gebarens immer wieder Künstler finden,denen man anmerkt, daß sie sofort hinaufschnellen könnten, wennsie an ein hochstrebendes Institut kämen. Noch mehr: solche Theaterhaben das Gute, daß Künstler in einem Eniwickclungsstadium, indem sie an ersten Bühnen keine Stelle finden, wenigstens Gelegen-heit bekomme», sich einigermaßen zu betätigen. Liest man dieBiographie ganz Großer, so erfährt man gewöhnlich das; sie seiner-zeit so wenigstens ihr tägliches Kunstbrot, wenn auch nicht ihr tag-liches materielles Brot gefunden hatten.Möglich, daß auch in der von uns eben besuchten Aufführungsolche Zukunftskräfte wirkten. Beispielsweise die Vertreterinnender beiden weiblichen Hauptrollen: Ida v. Battlah als die stolz-Bertalda, mit einer sehr volldramatischen Stimme, die allerdingsnoch mehr Weichheit braucht, und Aunie v. Gera als das mcnsch-gewordene�Wasscrweivchcu Undine, mit einer ziemlich kleinen, gutlyrischen Stimme, die aber mit anerkennenswerter Sorgfalt be-bandelt und von einem sehr aufmerksamen Spiel begleitet wir».Vielleicht wird auch einmal Karl Jacobi, der eine Nebenrollegab. als„Basso profoudo" zu Ehren kommen. Bielleicht kommt esauch ganz anders, vielleicht wird gerade aus den hier nicht Auf-gezählten etwas Besonderes und aus den Aufgezählten wenig odernichts. Beim Theater kommt es eben immer„anders".Vielleicht kommt es auch mit der jetzigen Direktion anders,»ISsie denkt, oder anders, als wir anderen denken. Aber so lange dieMama noch Geld hat....__ v sj.Notszen.— Vorträge. Der anarcho-sozialistische Schriftsteller GustavLandauer spricht am Mittwochabend 9 Ilhr im oberen Saaledes Cafs Sccession, Kursürstendamm 298/299 über:»Judentumund Sozialismus". Zutritt frei.