Gewcrkfchaftlicbeö.Hrbeitslorenzäblung im ßauarbeiterverband.In der Nr. S des.Grundstein" wird das Resultat der erstenvom Bauarbeiterverband vorgenommenen Arbeitslosenzählung ver-öffentlicht, die in allen Zweigvereinen im ganzen Reiche am Sonn-abend, den 13. Dezember stattfand. Bei dem milden Wetter, dasden ganzen Dezember hindurch herrschte, war von vornherein zuerwarten, daß der Prozentsatz der Arbeitslosen nicht allzu großsein würde. Diese Erwartung wurde denn auch bestätigt. Von denL81 114 befragten Mitgliedern waren 33 173 oder 13,84 Proz.arbeitslos, und zwar 24 339 oder 9.87 Proz. wegen tatsächlichenArbeitsmangels, 1433 oder 0,57 Proz. wegen schlechter Witterungs-Verhältnisse und 9391 oder 3.79 Proz. wegen Krankheit.In den einzelnen Landesteilen ist der Grad der Arbeits-losi gleit sehr verschieden, und zwar haben die ganz oder vorwiegendindustriellen Gebiete eine erheblich niedrigere Arbeitslosen-ziffer aufzuweisen, als die vorwiegend ländlichen Gebiete. Amniedrigsten ist die Arbeitslosenziffer in der Provinz Westfalen mitden Fürstentümern Lippe und Waldeck. Hier wurden nur 6,3 Proz.Arbeitslose gezählt. In der Rheinprovinz waren es 7L Proz., inHamburg und in Lübeck 8,1 Proz., im Herzogtum Braunschwcig.dem Großherzogtum Oldenburg, dem Staatsgebiet Bremen und derProvinz Hannover 8,3 Proz., im Großherzogtum und in der Pro-Ving Hessen 9,2 Proz., im Königreich Sachsen sowie in Württem-berg, Baden und der bayerischen Pfalz je 19,4 Proz. und in derProvinz Sachsen mit den thüringischen Staaten und Anhalt 11,1Prozent. In allen übrigen Landesteilen stand die Arbeitslosen-ziffer über dem Reichsdurchfchnitt, und zwar in der ProvinzPommern auf 16,3 Proz., im Königreich Bayern(ohne die Rhein-Pfalz) auf 18 Proz., in der Provinz Schlesien auf 19,4 Proz., inElsaß-Lothringen auf 23 Proz.. in der Provinz Brandenburg mitBerlin auch 23,1 Proz., in Ostpreußen, Westpreußen und Posen auf29 Proz. und in Mecklenburg auf 39,6 Proz.Es kann also gesagt werden, daß die Bauarbeiter im Dezembermit der Arbeitsgelegenheit im allgemeinen Glück gehabt haben;denn in den ländlichen Gebieten wird die Bauarbeit um diese Zeitteilweise ganz eingestellt, so daß die hohen Prozentzahlen in diesenGebieten nichts Außergewöhnliches sind. Dafür besteht aber, wennder Winter nicht noch strenger einfetzt, allerdings die Gefahr, daßdie Arbeitsgelegenheit im Frühjahr viel schlechter sein wird, alssie nach einem strengen Winter gewesen wäre. Die Bauarbeiterwissen das. und deshalb sehen viele von ihnen ein« kurze Ruhe-pause infolg« starken Frostes nicht ungern; es ist, wenn schon ge-feiert werden muß, für sie immer noch angenehmer, im Winterbei Frost und Schnee zu feiern, als dies im schönen warmenFrühling zu müssen. Im Winter ist ja der Verdienst infolge derkurzen Tage und der häufigen Unterbrechungen so wie so sehrniedrig und die Arbeit im Freien sehr unangenehm. Auch läßt dieTatsache, daß man im Winter wegen rauhen Wetters aussetzt, denMut der Bauarbeiter nie so tief sinken, wie die sommerliche Ar-beitslofigkeit infolge schlechter Konjunktur. Die bei Frost oderstarkem Schneefall Aussetzenden wissen, daß sie sofort wieder weiter-arbeiten können, wenn der Frost nachläßt oder der Schnee schmilzt,ja, sie haben sogar die Gewißheit, daß dann erst recht viel Arbeitvorhanden ist. Die bei schlechter Konjunktur wegen tatsächlichenArbeitsmangels Feiernden müssen dagegen immer mit Angst undGrauen in die Zukunft sehen.Freilich, für den einzelnen WintcrarbeitSIosen und seine Fa-«ilie wird durch solche Erwägungen die Not nicht gemildert. Siemacht sich zumeist schon bei ganz kurzer Arbeitslosigkeit bemerkbar,und für viele Bauarbeiter bedeutet Frostwetter bei guter Kon-junktur nichts weiter, als daß sie mit besserem Gewissen die imWinter so wie so notwendigen Schulden machen können, weil siedie Möglichkeit der baldigen Abzahlung vor Augen sehen.Sehr zu bedauern ist, daß sich von den 1943 Zweigvereinen deSVerbandes 125 nicht an der Statistik beteiligt haben, und daß auchin anderen Vereinen ein großer Teil der Mitglieder nicht von derZählung erfaßt worden ist. Dadurch wird naturgemäß der Wertder Statistik stark beeinträchtigt, und es kann nur dringend ge-wünscht werden, daß sich an den künftigen Zählungen nicht nurjeder Zweigverein beteiligt, sondern auch Einrichtungen trifft, diedie Gewähr dafür bieten, daß bei den Zählungen alle Mitgliedererfaßt werden.Berlin und Umgegend,Ein �ormerstreit.Bei der Firma Härtung A.-G., Lichtenderg, haben dieFormer heute, Freitag, die Arbeit niedergelegt, weil die Firma dieVereinbarungen, unter denen der allgemeine Formerstrcik beendetwurde, nicht eingehalten hat. Die Wiedereinstellung der Strei-kenden sollte bis zum 31. Januar vollzogen sein. DaS ist auch inallen Betrieben außer drei, darunter Härtung A.-G., Lichtenberg,geschehen, so daß alle, bis auf 41 Mann, darunter 29 Former,wieder in Arbeit treten konnten. Im ganzen handelt« eS sich um2299 Streikende in 23 Betrieben. In 7 Betrieben wurden inner-halb der ersten 6 Tage all« Streikenden eingestellt. Es wurdedarauf geachtet, daß betriebsfremde Leute zurückstehen mußten,bis die Streikenden wieder Arbeit hatten. Bei Härtung ist diesnicht gelungen; eine Anzahl Leute wurden absichtlich, wie es schien,außer Arbeit gehalten, denn die Gründe, welche die Firma für dieNichteinftellung derselben angab, waren sehr fadenscheinig. Alsnun am 31. Januar und am 1. Februar 3 betriebsfremde Formereingestellt wurden, sahen die Arbeiter darin einen Bruch der Ver.einibarung. Die eingeleiteten Verhandlungen zerschlugen sich unddie Arbeiter versammelten sich am Donnerstagabend in denBorussia-Sälen, Ackerstraße, und beschlossen mit 93 gegen9 Stimmen, die Arbeit niederzulegen.In einer Branchenversammlung der Former und Berufs-genossen, die zu gleicher Zeit in den Borussia-Sälen tagte, wurdedie Nachricht von der Erklärung des Streiks mit großem Beifallbegrüßt.Eine Lohnbewegung der Gärtner.Die Landschaftsgärtner von Groß-Berlin sind in eine Lohn-bewegung eingetreten. Auf Veranlassung des Allgemeinen Deut-schen Gärtnervereins fand bereits eine Besprechung zwischen Ver.treter der Arbeiter und der Unternehmer statt, und zwar am23. Januar in Schöneberg. Die Unternehmer erklärten, daß sieeiner Regelung der Arbeitsverhältnisse im Gewerbe sympathischgegenüberstehen. Bisher verhielten sie sich sehr ablehnend. Ein«Zuschrift vom 28. März 1911, in der die organisierte Arbeiter-schaft den Unternehmerverband auf große Mißstände im Beritsaufmerksam machte, fand keinerlei Beachtung, und bei der neu-lichen Einleitung von Unterhandlungen bezogen sich die Arbeiterwieder auf diese Zuschrift. Zu der Besprechung vom 25. Januarhatten die Unternehmer auch die Christlichen eingeladen undwünschten von diesen 2 Vertreter und vom Allgemeinen DeutschenGärtnerverein 3 Vertreter zu schen. Die Arbeiter einigten sichdahin, daß die freie Gewerkschaft durch 4 und die Christlichendurch einen Mann vertreten waren, entsprechend den Stärke-Verhältnissen der Organisationen. Die Besprechung hatte keinbestimmtes Ergebnis; sie bedeutete nur die Einleitung von Ver-Handlungen. Einen Gegenstand der Aussprache bildete unter an-derem das Verlangen der Unternehmer, daß die Arbeiter dafürVerantw. Redakteur: Albert Wachs. Berlin. Inseratenteil verantw.:sorgen sollten, daß die Konkurrenz der Stadtgärtuereien auSge-schaltet werde.Am 31. Januar fand dann ein« Versammlung der Land-schaftsgärtner in Oeffs Festsälen in Schöneberg statt, in der dieArbeiter ihre Forderungen auft'tellten. Walter Kwasnikreferierte und liegte den Entivurf eines Tarifvertrages zur Be-ratung vor. Der Referent berichtete über den Verlaus der statt-gefundenen Besprechung und betonte dann, daß man nur diealten Forderungen vom Jahre 1997 wieder aufstelle. Er fordertedringend zu eifriger Agitation unter den unorganisierten Kol-legen auf, denn man könne nur auf einen Erfolg der Bewegungrechnen, wenn eine starke Organisation dahinter steht.— DieVersammlung war recht gut bekucht. Der Vorsitzende der christ-lichen Organisation war ebenfalls erschienen und versicherte, daßseine Organisation mithelfen werde, die bestehenden Verhältnis ezu verbessern; er führte als Tatsache an, daß viele Landschafts-gärtner nur 45 Pf. pro Stunde verdienen.Die Versammelten erklärten sich nach längerer Diskussion mitden folgenden Forderungen eines Tarifvertrages einverstanden:Die tägliche Arbeitszeit beträgt vom 1. Februar bis 39. Ok-tober 9 Stunden ausschlreßlich 2 Stunden Pause; sie beginnt um7 Uhr morgens und endet um 6 Uhr abends. In der Zeit vom1. November bis 31. Januar beträgt die Arbeitszeit 8 Stundenmit einer Stunde Pause.Das Fahrgeld zur Arbeitsstelle ist vom Sitz der Firma zuberechnen. Alle Fahr- und Lauszeit ist in gleicher Weise zuberechnen und zu bezahlen.An Sonnabenden ist eine Stunde und an Tagen vor hohenFesten zwei Stunden früher Feierabend ohne Lohnabzug.Der Mindestlohn beträgt für Gärtnergehilfen 69 Pf., fürGartenavbeiter 59 Pf., für Gartenfrauen 39 Pf. pro Stunde.Ueberstunden und SonntagSarbeiten sind mit 29 Pf. Aufschlag proStunde zu bezahlen, sollen aber uwglichst vermieden werden. DieLohnzahlung soll Freitags stattfinden, aber nicht in Gastwirt-schaften. Als Landzulage sollen 3 M. bezahlt werden, wenn dieArbeitsstelle außerhalb des Vorortverkehrs liegt. Tie Fahrzeitist als Arbeitszeit zu berechnen.Es folgen dann eine Reihe von weiteren Bestimmungen, wiesie in Tarifverträgen üblich sind. Der Vertrag soll gelten vom1. März 1912 bis 28. Februar 1913.Deutfcdes Reich.Tarifverträge tu der Steinindustrie.Der Steinarbeiterverband hat im Jahre 1911 auf dem GebietedeS Tarifwesens anerkennenswerte Erfolge aufzuweisen. ES konnten58 Tarife, die für 4268 Arbeiter Gültigkeit haben, neu abgeschlossenwerden. Erneuert wurden 43 Tarife für 3729 Personen. Bw andersin der Granitindustrie wollen die Unternehmer gar nicht daran, aufTarifverträge einzugehen, trotzdem gerade diese Herren sehr starkaus die Aufträge des Staates und der Kommunalverwaltungen an»gewiesen find. Die Starrköpfigkeit der Granitindustriellen erklärtsich wohl daraus, daß sie durchweg mit ungeheueren Kapitalienarbeiten.Auf die einzelnen Branchen in der Steinindustrie verteilen sichdie Tarife folgendermaßen:Diese Tabelle zeigt zur Genüge, daß auch in der Steinindustriedas wilde Akkordwesen immer mehr zurückgedrängt wird. Aller-dingS mußte der Verband in den letzten 4 Jahren etwa 699 999 M.für Strelkunterstützungen aufbringen. Fürwahr, eine respektableSumme! Die Verbandsleitung wird künftig bestrebt sein, daß indie Tarife selbst mehr Einheitlichkeit im technischen Ausbau kommt.Vor einigen Tagen konnte— wie wir schon berichteten— füretwa 1999 Sandsteinmetzen im Königreich Sachsen ein Normaltarifzum Abschluß gebracht werden._Der Streik in der Margariuefabrik von Gebr. Baum zuElberfeld ist nach 7�!wöchiger Dauer zugunsten der Arbeiterbeendet. ES wurde ein Tarifvertrag auf 2 Jahre abgeschlossen,der für die beteiligten Arbeiter wesentliche Verbesserungen ent-hält. Der Anfangslohn für Arbeiter über 21 Jahre beträgt 24 M.,wodurch einige Arbeiter sofort eine Lohnaufbesserung von 3 M.pro Woche erhalten. Der Höchstlohn geht bis 39 M. pro Wochehinauf. Die Arbeitszeit wurde auf 37 Stunden pro Woche herab-gesetzt. Ferner wird allen Arbeitern nach einjähriger Beschäfti-gungsdauer ein Erholungsurlaub von 2 Tagen gewährt unterFortzahlung des Lohnes, der für jedes weitere Jahr um einen Tagsteigt bis zu 6 Tagen. Außerdem enthält der Tarif noch mehrereVerbesserungen. Sämtliche Streikenden werden wiedereingestellt.Hustaid.Die österreichischen Gewerkschaften im Jahre tSIt.Nach dem soeben erschienenen Rechenschaftsbericht der WienerReichsgewerkschaftskommission haben im Jahre 1911 47 von den54 Zentralverbänden an Mitgliedern zugenommen, und zwarinsgesamt um 26 399 Mitglieder. Allerdings haben die vom Separa-liSmus erst später angesteckten Verbände der Berg-, Glas- und Holz-arbeiter, sowie einige kleine Organisationen zusammen 8499 Mit-glieder verloren. Man darf sagen, daß die AngriffStrast desSeparatismus nunmehr überholt ist von den Tendenzen, die denArbeitern die Notwendigkeit des stärksten einheitlichen Zusammen-schlusses lehren. Die beginnende Prosperilätspcriode mit ihren großenKämpfen— Prager Metallarbeiteraussperrung!— dürfte nicht un-wirksam für die gewerkschaftliche Entwickelung bleiben.— DieZentralverbände hatten Ende 1911 429 990 Mitglieder gegen490 999 ein Jahr zuvor; allerdings waren es 1997, ehe der Sepa-raiismus hereinbrach, 399 999! Der Vermögensstand der Verbändebeträgt 12 Millionen Kronen(19 Mill. Mark). Freilich stehen dieKämpfe um die Tarifverträge für. 1913. bevor IDie Justiz gegen die Gewerkschaften.Eine für die Gewerkschaftsbewegung außerordentlich wichtigeEntscheidung hat das Appellgericht in Montpellier gefällt. Eshat nämlich das Urteil des Gerichts in Millau, das die Handschuh-machergewerkschaft wegen des Boykotts eines„Gelben" zu Schaden-ersatz verurteilte, b e st ä t i g t und die Ersatzsumme noch von 1690auf 3999 Fr. erhöht. In der Entscheidung heißt es, die Kollegendes Klägers hätten, indem sie seine Entlassung durch die Streik-drohung durchgesetzt hätten, seine individuelle Freiheitverletzt, die ihm das Recht verbürge, sich von der Gewerkschaft fern-zuhalten. Sie hätten ein gewerkschaftliches, aber kein professionellesInteresse verfolgt. Sie hätten vexatorisch, aus Rachsucht und Ge-hässigkeit gehandelt und dem Kläger die Mittel entzogen, für sichund seine Familie zu sorgen.Es ist klar, daß diese tendenziöse Justiz die Aktion der GeWerk-schaften ernstlich bedroht. Leider sind die französischen Organisationen schlechter zur Abwehr gerüstet als die englischen. Sicher istauch, daß diese Rechtsprechung der GewerkschaftStaklik zugute kommt,die die WiderstandSfondS durch.direkte Aktion", Streikbrecherjagdusw. überflüssig machen will. Angriffe aus das Gewerkschafts-vermögen züchten die syndikalistischen Methoden, über die sich dieBourgeoisie dann heuchlerisch beklagt.Generalstreik in einer australischen Stadt.Das internationale Sekretariat der Trans-Portarbeiter erhielt über London die telcgraphische Mit-teisung, daß in Brisbane(Oueensland) ein Generalstreik fastsämtlicher Berufe ausgebrochen ist. An dem Ausstand sind nichtweniger als 59 Organisationen beteiligt. Ueber die Ursachen desZh. Glocke. Berlin. Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr.u VerlagsanstaltStreiks wird leider nichts Nähere« mitgeteilt, lediglich, daß der-selbe zur Verteidigung der Prinzipien, also offenbar in der Abwehr.geführt wird. Es sind nicht weniger als 199 999 Menschen an derSache beteiligt. Die Streikenden hoffen bei Unterstützung der Ge-samtarbeiterschaft auf einen baldigen sicheren Sieg.)Zus der Frauenbewegung.Lehrerinnen-Zölibat.Von den Lehrerinnen Wiens ist ein schwere? Unrecht �nommen worden. Das Eheverbot, das in den neunziger Jahrenfür die Lehrerinnen von Wien und Niederösterreich eingeführt wurde,ist nun vom Landtag wenigstens für Wien aufgehoben worden.Gegen die Aufhebung des Eheverbots auf dem Lande, liefen dieBauern Sturm und da sie Dank der. christlichsozialen Wahltaktikallmächtig im Landtag sind, haben sie ihren Willen durchgesetzt.In einer Protestversammlung führte eine Lehrerin auS, daß jederBauer in der Lehrerin, die heiraten darf, eine Kon kurrentinfür seine Tochter sieht, daher das Zölibat für die Lehrerinnen.Nun, so wie es gelungen ist. Dank der großen Agitation, die seit zweiJahren von den Lehrerinnen, unterstützt von den Lehrern, entfaltetwurde, das Eheverbot für die Wiener Lehrerinnen zu beseisigen, sowird es auch gelingen, die Reaktion im Lande zu besiegen. Gehtdoch jetzt eine besonders große Bewegung durch die Reihen derLehrerinnen in Niederösterreich, die auch als ein Kampf um dasWahlrecht der Frauen in der Gemeinde geführt werden wird. DieChristlichsozialen haben jetzt, da sie in Wien vor Gemeinde-wählen stehen, die Gehaltsverhältnisse der Lehrerverbessert. Sie brauchen die Ssimmen der Lehrer, um wiederda? Rathaus zu erobern. Die Lehrerinnen werden mit einemTrinkgeld abgefertigt mit der Motivierung, daß Lehrerinneu keineFamilie zu erhalten haben. Die freisinnigen und sozialdemokratischenLehrer treten aber für ihre Kolleginnen ein. Mit Recht wird daraufhingewiesen, daß auch die Katecheten(katholische Priester) offiziellkeine Familie zu erhalten haben und doch hat man sie den Lehrerngleichgestellt. Es wurde von den Lehrerinnen ganz richtig erkannt,>daß man sie brutalisiert, weil sie keine Wähler sind.Auch unsere Genossinnen bereiten sich vor, bei den Gemeinde-ratswahlen in eine Agitation für das Gemeindewahlrechtder Frauen einzutreten.Versammlungen— Veranstaltungen.Berein für Frauen und Mädchen der Arbeiterklasse. Montag, den3. Febniar 8>/z Ubr in Kellers„Neue Philharmonie", KöpenickerStraße 96/97..Das deutsche Volkslied"(mit musikalischen Er-läuterungen). Vortragender: Herr Dr. Alfred Guttmann. Gäste,Herren und Damen willkommen.Versammlungen.Tie Zahlstelle Berlin des Buchbinderverbandrs hielt am Mitt-woch im großen Saale der„Arminhallen" eine Generalversamm-lung ab. in der da» neue O r t s st a t u t durchberaten wurde, dasdie Zahlstelle schon seit längerer Zeit beschäftigte. Die von einerbesonderen Kömmission ausgearbeitete Vorlage wurde nun in ein-zelnen Punkten abgeändert und fand so die Zustimmung der Ver-sammlung. Die stärksten Meinungsverschiedenheiten waren überdie Bestimmungen zur Besetzung der Ortsverwaltung hervor-getreten, und hierzu wurde nun ein Vorschlag angenommen, wonachlede Branche aus ihrer Branchcnleitung einen Beisitzer zu wählenhat, wobei der Generalversammlung das Bestätigungsrecht vor-behalten ist, und die Generalversammlung den ersten Vorsitzenden,die beiden Kassierer sowie, aus den Reihen der weiblichen Mit-glieder, vier weitere Beisitzer wählte. Die Brancheneinteilung bleibtwie bisher, so daß also nach wie vor sieben Branchen vorhandensind. Im übrigen ist aus dem 16 Paragraphen umfassenden Orts-statut als eine Neuerung hervorzuheben, daß die Januar-General-Versammlung einen Jugendausschuß von drei Mitgliedern zuwählen hat, der das Recht der Ergänzung aus den Reihen derjugendlichen Mitglieder der Zahlstelle hat.— Das neue Ortsstatut ist sofort in Kraft getreten. Im übrigen wurde noch be-schlössen, daß die Frage der Zusammensetzung der Ge-neralversammlunp aus Delegierten von neuem er-wogen und einer Urabstimmung zur Entscheidung überwiesenwerden soll._letzte Nachrichten.Das Wahlmärchen der Heinzcanhänger.Dresden, 1. Februar. Die von verschiedenen Blättern gebrachteNachricht, der Staatsanwalt habe eine Untersuchung darüber ein-geleitet, ob 2999 Wähler in Dresden-Altstadt doppelt gewählt haben.ist absolut unzutreffend.Wie die Alten snngen...Detmold, 1. Februar.(P.-C.) Wie aus Lage berichtet wird,wurde dort heut, zwischen zwei Gymnasiasten ein Säbelduellausgefochten, wobei dem einen Duellanten der Brustkorb durch-stachen wurde, während der andere unverletzt blieb. Die Ursachedes Zweikampfes ist unbekannt.Ein verhängnisvoller Familienstreit.Dessau, 1. Februar.(H. B.) Infolge ehelicher Zwistigkeitenkam es heute nachmittag zwischen dem Kaufmann Krüger und seinerEhefrau in seiner Wohnung in der Wilhelmstraße zu einem Streit.in dessen Verlaufe der Mann seine Gattin erwürgte. Darauferhängtö er sich._Die Agramer Studentenunruhe«.Wie«, 1. Februar. Die„Neue Freie Presse" meldet zu denStudentenunruhen aus Agram: Die Studenten kamen heute an dieUniversität, verrammelten die Eingänge und ließen niemandpassieren. Die Studenten haben an der Universität eine großeschwarze Fahne aufgehängt. Sic versorgten sich mit Proviant underklärten, sich nur mit Gewalt aus der Universität führen zu lassen.Die Studenten sind am Tage zuvor gelegentlich einer Ver-sammlung von der Polizei auseinandergetrieben worden und ver-anstalteten dann Demonstrationszüge, die zu blutigen Konfliktenmit der Polizei führten._Bandenwesen in der Türkei.Saloniki, 1. Februar.(W. T. B.) Zwei vom Markt in Rakowaheimkehrende Kaufleute sind heute ermordet worden. AusgeschickteGendarmen begegneten einer 12Iöpfigen Arnautenbande. die sich er-geben mußte. Bei Mukrate fand ein Kampf mit einer Bulgaren-bände statt, wobei zwei Bulgaren getötet wurden, während dieübrigen entkamen._Mexikanische«.El Paso, 1. Februar. Dem gestrigen Aufruhr in CiudadJuarez folgten in der Nacht weitere Unruhen. BetrunkeneEmpörer plünderten Gastwirtschaften, Läden und Privatwohnun-gen. Fünfzehn Personen, darunter Fremde und Frauen, sind insGefängnis gebracht. Die Plünderungen dauern an. GeneralO r o z c o ist mit 699 Soldaten unterwegs von Chihuahua. EinZug der Mexiko-Zentralbahn, der nach Mexiko fahren sollte, istaus dem Bahnhos Juarez angehalten worden, und die Fahrgäste'sind nach El Paso zurückgeschickt worden. Die Aufrllhrer haben dieBahnlinie nach Süden zerstört.Paul Singer 4 Co.. Berlin SW. Hierzu 3 Leilage« n. UnterhaltungSbl.