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IJt.BO. 29. ZahrMg. 2. Kcüxgt i>cs.Awiirls" Knlim NcksdlM Dienstllg. 6. lrbrnar!913. Partei- JJngelegenKeiten. Neukölln <Rixdorf ). Heute abend SVz Uhr findet in BartschS Festsälen. Hermannstrabe 49, die Generalversammlung des Wahl- Vereins statt. Tagesordnung: 1. Die bevorstehenden Stadt- verorduetenwahlen. Referent: Stadtverordneter Genosse Atfred Scholz. 2. Dislusfion. Miigliedsbuch legitimiert. Der Vorstand. Adlershof . Heute Dienstag, den 6. Februar, abends 8>/z Uhr. im Lokale des Herrn Wöllstein, Bismarlkstr. 24: Oeffentliche Ber» samiiilung für Männer und Frauen. Tagesordnung: Der letzte Zteichslagsivahlkonipf und welche Lehren haben wir daraus zuziehen? Referent: Redakteur D ä u m i g. Potsdam . Am Mittwoch, den 7. Februar, abends L'/z Uhr, im Saale Kaiser-Wilhelm-Str. 38: WahlvereinSverfammlung. Vorher Kassierung der Beiträge. Der Vorstand. berliner I�admcbteti. Eisbahnfreuden. An älteren Berlin sah es mit den Winterfreuden wesent- lich anders aus als heute. Die Spreemetropole war noch kein schier endloses Häusermeer. Große Komplere lagen im Win- ter brach, boten zur Anlage künstlicher Eisbahnen vorzügliche Gelegenheit. Dazu kamen viele inzwischen eingegangene große Restaurationsgärten, auf denengegossen" wurde. Zwar war das Eislaufen hier durch die vielen Laternen- pfähle stark beschränkt, wenn auch für Anfänger recht ange- nehm, aber man war eben damals noch ziemlich anspruchs- los in solchen Dingen. Auch auf den im Laufe der Jahre zugeschütteten Spreeabzweigungen wurde gern gelaufen, so aus dem Königs, und Katzengraben. Wo in der Nähe der Weichbildgrenze ein See vorhanden war, lief man ungehin- dert. wenn auch auf eigenes Risiko, völlig gratis, denn die richtige Zeit, in der aus allem und jedem durch Verpachtung Gold gemünzt wurde, war noch nicht angebrochen. Von großen Wasserflächen war nur die Toureneisbahn nach Tegel , die damals schon am Nordhafen anfing, verpachtet, und die königliche" Eisbahn auf den Tiergartengewässern, wo für die Mitglieder des Hofes, ganz wie noch heute, ein reiche liches Stück abgesteckt wurde. Das Volk hätte ja sonst al£ färben können. Vielleicht fürchtete man auch das Byzantiner- pack, das vor einer schlittschuhlaufenden Prinzessin wie ein Eiszapfen in der Sonne zusammenschmolz. Trotz alledem zeigte der Eislaufsport nicht entfernt die heutige Bedeutung und Ausdehnung. Zum Teil mag das an den Fortbewe- gungsmitteln selbst gelegen haben. Es gab nur ganz primi- tive Schlittschuhe auf Holzschicnen oder Eisenunterlage mit Lederkappen. Eine halbe Stunde und mehr brauchte man, um diese ungefügigen Dinger an den Füßen laussicher zu be- festigen, was oftmals nur mit Bindfaden geschah und mit Hilfe eiserner Dorne, die bc'd das Schuhzeug ruinierten, worüber die altberliner Schuster nicht unzufrieden waren. Die ersten amerikanischen Schlittschuhe mit dem Namen Halifax , die das Befestigen durch Hebeldruck in wenigen Se- künden gestatteten, kamen erst Anfang der 80er Jahre auf den Markt. Seitdem hat es diese Industrie zu hoher Vollendung gebracht. Mit der Zeit sind die Stahlschuhe so billig ge- worden, daß die Anschaffung für Kinder zu den leicht erfüll- baren Wünschen gehört. Sichere und große Freieisbahnen innerhalb der Stadt gab es natürlich noch nicht. Das ist erst eine Errungenschaft desJahrhunderts des Kindes", nach- dem auch die widerstrebenden Stadtväter zu der Einsicht ge- bracht sind, daß die Begünstigung des Wintersports durch die Stadt ein soziales Erfordernis ist. Erst in neuerer Zeit haben auch die komplizierteren Nebenarten des Eissports sich mit gutem Erfolge durchgerungen. Auf dem Müggel-, Tegeler, und Wannsee kann man jetzt in ruhigen Stunden, wenn nicht die feiernde Großstadt Zehntausende nach der Winterpracht der Vororte lockt. Motorschlitten mit fabelhafter Schnelligkeit über die Eisfläche sausen sehen. Lange nicht die gleiche, aber auch noch sehr große Geschwindigkeit erreichen, wenn es gut bläst, die Segelschlitten. Einen wunderhübschen Anblick gewähren die immer zahlreicher auftauchenden Schlitt- schuhläuier mit Handsegeln. Freilich gehört zum Eissport aller Art auf Gewässern, die nicht polizeilich abgenommen sind, große Vorsicht. Selbst bei stärkstem Frost ist man niemals sicher vor Stellen, an denen warme Quellen die Tragfähigkeit des Eises verhindern. Wie das Wasser auch unter dem Eise seine gewaltige Kraft zeigt. sieht man jetzt charakteristisch auf der Müggel, wo sich an der Grünauer Seite vor der Bismarckivarte eine mehrere Meter hohe Eismauer, die die Dampferstege zu vernichten droht, zusammengeschoben hat. Vielen Menschen wird ihre Wage- halsigkeit und eine förmliche Sucht, sich an verbotene Stellen zu begeben, zum Verhängnis. In diesem Winter, der seine Visitenkarte nach kurzer Pause recht aufdringlich abgibt, hat der Eissport schon so viele Opfer wie selten zuvor gefordert. Bedauerlich ist eine stark eingerissene eigenartigeStrand- räuberei". Nicht wenige Schlsttschuhläufer und Spazier- ganger plündern den aus dem Eise hervorragenden Schilf- bestand. Wer die Natur lieb hat. lasse doch die Finger weg von den Schilfstengeln, die bald achtlos auf das Eis geworfen werden und hier häufig Unheil anrichten. Man soll auch nicht denGrii»goldenen", die nach Strafmandaten in der Nähe der Eisflächen Jagd machen, zu tun geben. Wir Eislfnifer nentppt werden, geht aus dem Umstände hervor, daß aus dem Wannsce ein Eintrittsgeld von 50 Pfennig erhoben wird. Eine Gegenleistung soll, wie uns versichert wird, nicht ge- leistet werden. Die 50 Pfennig sollen selbst von Personen erhoben worden sein, die als Fußgänger über den See gehen wollten, um sich den Weg abzukürzen._ Die Kälte. Die letzte Nacht wies seit Beginn des Winters die höchste Kältetemperatur auf. In der inneren Stadt sank an den Thermometern die Quecksilbersäule gegen 3 Uhr morgens auf Ist Grad unter Null: in Westend wurden um diese Zeit 23 Grad registriert. Die Spree, die noch am Sonnabend offene Rinnen zeigte, ist seit Sonntag morgen völlig zuge- froren, und die schmalen Fahrstraßen, die von Eisbrechern hergestellt worden waren, sind ebenfalls wieder unpassierbar geworden. Nur der Landwehrkanal, der durch Fabrikabwässer ständig warmen Zustrom hat. zeigt hier und da offene Stel- len. An den Hafenplätzen hat jedoch auch sein Eis eine Stärke erreicht, daß die Schiffer über weihe Fläche hinweg bequem ans Ufer gelangen können. Das Eis der Seen weist durchschnittlich 14 bis 16 Zoll auf und besitzt eine Tragkraft von 80 bis 00 Zentnern, so daß man am Sonntag das merk- würdige Schauspiel hatte, über den Müggel- und Wannsee nicht nur Pferdeschlitten, sondern auch schwere Automobile fahren zu sehen. Besonders fühlbar ist dieser harte Winter für die Arbeits- und Obdachlosen Berlins , deren Erwerbsaussichten durch die Einstellung der Bautätigkeit und die hierdurch sich vergrößernde Zahl der Arbeitslosen besonders schlecht sind. Die Obdachlosenasyle waren denn auch in den letzten vier Tagen bis auf das letzte Plätzchen gefüllt, da man niemanden abweisen wollte, der um ein Nachtlager bat. Während die Zahl der Besucher sonst zwischen 3500 und 4000 schwankte, fanden seit dem 1. Februar täglich über 5200 Personen Auf- nähme, am letzten Sonnabend sogar 5346. Auch das Familien- obdach war völlig besetzt und beherbergte durchschnittlich 180 bis 100 Familien, am Sonntag sogar 204. Auch die Wärme- hallen sind außerordentlich stark besucht. Weit über 2500 Personen finden dort täglich Unterkunft und Nahrung. Berliner As»l-Berein für Cbduchlnse. Im Monat Januar nächtigten im Männerasyl 15 292 Personen, wovon 7139 badeten, im Frauenashl 2134 Personen, wovon 857 badeten- Arbeitsnachweis wird erbeten für Männer: Wiesenstr. 55/59, für Frauen: Colberger Straße 39._ Vom Kamps um die Jugend. lieber die Jugendpflege und die Turnvereine unterhielt man sich in einer Versammlung, die der Ausschuß der Berliner Turngaue der Deutschen Turnerschaft am Sonn» tag nach dem LehrervereinshauS einberufen hatte. Neben Turnern waren Vertreter der in Betracht kommenden Staats» und Stadt» behörden sowie des Militärs eingeladen worden und erschienen, um an den Erörterungen über die Stellung der Turnvereine zur Jugendpflege sich zu beteiligen. Nachdem in den Kampf um die Jugend die Regierung Preußens mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln eingegriffen hat, ist in den ihr geistesverwandten Kreisen ein wahrer Feuereifer entstanden, auf diesem Gebiet sich zu betätigen. Die von der Regierung gefüllte Millionen» krippe für Jugendpflege würde bald leer werden, wenn alle berücksichtigt werden sollten, die zu ihr sich drängen. Durch den Wettbewerb der neu enlstandetien Organisationen zur Förderung der Jugendpflege und namentlich durch die allerneueste Idee einer Mit» arbeit auch des Militärs fühlt die deutsche Turnerschaft sich ins Hintertreffen gedrängt, sie, die bisher sich eingebildet hatte, in dem Kampf um die Jugend eine führende Rolle spielen zu können. In der Versammlung wurl» von dem städtischen Turnlehrer, Ober» tnrnwart Max Preuß, derbem einleitendes Referat gab, die Be» sorgnis der enttäuschten Deutschen Turnerschaft ziemlich unverhohlen zum Ausdruck gebracht. Seine Ausführungen übet Jugendpflege und Turnvereine gipfelten in einem Hymnus auf deutich-turnerschaftliches.Verdienst' um die Jugend, das offenbar durch die ganze Veranstaltung in empfehlende Erinnerung gebracht werden sollte. Bei dem Worte.Jugendpflege' wird, das bob der Referent hervor, nur an die aus der Volksschule entlassene Jugend ge- dacht, wie ja der ganze Kamps um die Jugend bekanntlich weiter nichts als ein Kampf um die Arbeiterklasse ist. Eine Beein- flusiung der schulentlassenen Jugend ist schon seit langem versucht worden, teils von dem Staat und den Gemeinden durch das Mittel der Fortbildungsschule, zum größeren Teil von Vereinigungen, die die jungen Leute um sich sammelten zur Pflege der Geselligkeit, der Belehrung, des Turnens, der Spiele. des Manderns usw. Von der Fortbildungsschule verspricht Herr Preuß sich einen rechten Erfolg ihrer Arbeit erst dann, wenn sie auch die.körperliche Ertüchtigung' in ihren Lehrplan auf- genommen und einen Turnunterricht mitBeteiligungs- zwang eingeführt haben wird. Bekannt ist, daß die Deutsche Turnerschaft sich der Hoffnung hingibt, man werde dann denjenigen Fortbildungsschülern, die ihr angehören, den Zwang zur Teilnahme am Turnen der Fortbildungsschule erlaffen. Das wäre, so kalkuliert deutsch -turnerschastliche Pfiffigkeit, ein probates Mittel zur Hinein- lreibung auch des Nachwuchses der Arbeiterklasse in die Deutsche Turnerschaft. Herr Preuß behauptete, die Deutsche Turnerschaft sei seit Jahrzehnten eine Hauptträgerin der Jugendpflege gewesen, und er fand, daß sie von oben noch nicht genügend unterstützt werde. lieber die Vereine zur Jugendpflege, die in neuester Zeit aufsprießen wie Pilze auö der Erde und im Kamps um die Mlllionenkrippe sich nicht blöde zeigen, äußerte Referent sich nicht gerade freundlich. Viel Verdruß macht ihm die Konkurrenz des Jungdeutschland-Bunds", der im vorigen Jahr unter Führung des Generalfeldmarschalls v. d. Goltz zusammengetrommelt worden ist, um wie man das so nennt dieWehrkraft des deutschen Volkes" zu fördern. Aber noch weniger sym- pathisch sind ihm selbstverständlich die Bestrebungen und Organi- sarionen, die aus der Arbeiterklasse entstanden sind: das Jugendturnen der Arbeiterturnvereine, deren Eifer in der Pflege des TurnenS er im übrigen anerkannte, und vor allem unsere Jugendbewegung, die trotz allen Verfolgungen fröhlich gedeihen, die er mit großer Sorge immer weiter wachsen sieht. Herr Preuß wies hin aus den raschen Ausschwung, den"diese Bewegung in kürzester Zeit genommen hat. und beklagte, daß hier schon bei den Jugendlichen eine Scheidung in feindliche Klassen sich vollziehe Demgegenüber müffe die Jugendpflege bürgerlicher Vereinigungen jeden Schein der Hmeinzichung von Politik zu vermeiden suchen, meinte er. Er hatte den Mut, von sozialdemokratischem T e r r o- rismus zu sprechen, der den bürgerliche» Organisationen ihre Tätigkeit auf dem Gebiete der Jugendpflege erschwere, sie aber doch nicht hindern werde. Wie wenn nicht das, was die Jugendpflege- bestiebungen der Arbeiterklasse bisher an Verfolgungen durchzumachen gehabt haben, dem schlimmstenTerroriSmuS ' gleichkäme! In der Diskussion wurde von dem als Vertreter des Ministeriums erichienenen Regierungsrat Felsch hervor­gehoben, daß es dem Oberpräsidenten stets eine große Freude ge- wesen sei, der deutschen Turnerschaft die Wege zu ebnen und ihr die Unterstützung der Gemeinden zu erwirken. Von dem Jung- deutsch land-Bund erwarte die Regierung� sehr viel, weil die be» teiligten Offiziere infolge ihrer Füdrereigen- schaften der Jugendpflege einen großen. Elan' geben würden. Professor Reinhardt als Vertreter des Kreises Brandenburg der Deullchen Turnerschaft pries es als einen Gewinn, daß jetzt derWehr stand" die Jugend- pflege fördern helfe. Daß aber auch die Foribildungsschltle in diesen Betrieb huieiiigestellt" werde, sei dringend zu wünschen. Der Schöneberger Stadtverordnete Zobel erivartet von der Be- tätigung der Offiziere in der Jugendpflege eine Milderung des Klassengegensatzes, der nicht nur von der Sozialdemokratie genährt werde, sondern auch in bürgerlichen Kreisen sich immer noch be- Haupte. Er sieht eineAnnäherung des Offizier st andes an das Bürgertum" voraus. Generalleutnant v. I a c o b i. der an dem Zustandekommen des Jungdeutschland-Bunds tätigen Anteil gehabt hat. suchte die deutsch - lurnerschastliche Konkurrenz- turcht zu zerstreuen. Auch er verspricht sich einegegenseitige Annäherung von Offizier und Volk". Direktor D i e b o w, der Vorsitzende der Berliner Turnerschaft, riet, sich hinter Arbeitgeber und Eltern zu stecken, um ihnen den Nutzen für die Jungen begreiflich zu machen. Der Berliner Stadlverordnete Max Schulz erinnerte daran, daß die Turnerei früher einmal gegen allerlei ihr von oben her bereitete Hemmnisse sich habe durchsetzen müssen.Jetzt aber", sagte er,lassen wir uns die Unter» stützung gefallen, auch die materielle." Ganz be» sonders die malericlle, das läßt sich denken I Durch die neuen Unter- nehmungen, fuhr er fort, dürfe nicht etwa die deutsche Turnerschaft beiseite geschoben werden; lieber sollten die Offiziere in die Turnerschaft eintreten. Gegenüber dieser Naivität eines Freisinnsmannes mag es den anwesenden Offizieren schwer geworden sein, ernst zu bleiben. Der Eifer, mit dem all diese guten Leute sich um diekörper- liche Ertüchiiguiig' der arbeitenden Jugend sorgten, könnte beinahe rührend wirken. Wir sehen im Geiste schon, wie so viel heißes Bemühen sich belohnt macht, wie der Jungdculschland-Bund den Nachwuchs der Arbeiterklasse um sich schart. Er wird jetzt spielend mit seinem aus der Kaserne geholten Zuckerbrot erreichen, was mit der Peitsche der Verfolgungen unserer Jugendbewegung nicht durchzusetzen ist. Der zu den Kindern des Volkes herabsteigende" Leutnant der schafft's I So denken es sich wenigstens die bürgerlichenJugendfreunde" DaS Ende eines Veteranen. Eine Lokalkorrespondenz meldet:.Nahrungssorgen haben den 69 Jahre allen Schuhmacher Moritz Kaynig aus der Wilsnacker Straße 43 in den Tod getrieben. Seine schlechte Lage machte den allen Mann seines Lebens so überdrüssig, daß er beschloß, ihm ge« waltsam ein Ende zu machen. Sonntagvormittag um 19� Uhr fanden ihn Hausgenossen tot in seiner Wohnung liegen. Ohne daß jemand es gehört hatte, hatte er sich im Laufe der Nacht er» schoflen.' Wie uns berichtet wird, hat der alte Mann die Feldzüge 1894 und 1879/71 mitgemacht und ist auch verwundet worden. Das dank- bare Vaterland gedachte des alten Kriegers insofern, als es ihm den horrenden Sold von 19 Mark pro Monat zukommen ließ. Von diesergroßen" Unterstützung konnle aber der alte Mann nicht existieren und er suchte durch Zettelverteilen einiges hinzu zu ver- dienen. Die morschen Knochen ließen aber ständige Arbeit nicht mehr zu: Arbeitslosigkeit kam hinzu und trieben den Veteranen zur Verzweiflung. In diesem Zustande griff K. zum Revolver und machte seinem elenden Leben ein Ende. Sein Vermögen bestand aut 45 Pfennigen._ Berstauung von Zuschauern im ZirkuS Sarrasani. Ans dem Publikum gehen uns sortgesetzt Beschwerden zu über die Art, wie im Zirlus Sarrasani die Galeriebesucher verslaut werden. Wenn man es einem Unternehme» auch nicht verdenken kann, recht viele Personen in seinem Schaustellungsraum unterzubringen, so sollte aber von der Direktion doch daiauf geachtet werden, daß die Placierung des Publikums sich in einer Weise voll sieht, die nicht Unwillen erregt und Zur Schulmeisterei ausanct. Soweit die Galeriesitzplätze in Betracht kommen, trifft das im Zirkus Sarraiani zu. Männer, die durch keinerlei Abzeichen als Angestellte des Zirkus kenntlich sind, nehmen die Ankommenden in Empfang und weisen ihnen den Platz an. Dagegen wäre ja nichts einzuwenden, wenn die Platzanweiser sich damit begnügte». Aber sie schieben mit mehr oder weniger sanftem Druck die einzelnen Personen aus den langen, nichts nummerierten Bänken so eng wie möglich zusammen, und damit die Menichenkelte nicht etwa wiederauseinanderschnellen" kann, setzen sie sich ein lebendiger Schlußstein als letzter auf die Banl, bis wieder neue Besucher kommen und das Spiel von vorn beginnt. Die Sache wäre an sich noch nicht so schlimni, es kommt nur darauf an. wie das Zusammenrücken geübt wird und wie es der einzelne Gast ausfaßt. Und so geichiebt es denn öfter, daß der Platzmajor mit seiner Methode an den Unrechten gerät und Auseinandersetzungen folgen, die sogar schon zu Tällichkeiten ausgeartet sein sollen. Aber auch wenn gerade nicht das Aeußerste eintritt, so fühlen sich doch selbst ruhige und friedliche Besucher durch die daielbst Herrichende Gepflogenheit, erwachsene Personen wie kleine Kinder zu betreuen, peinlich berührt. Die Platzanweiser sind nach unserer Meinung völlig überflüssig und es iväre für die Direktion ein leichtes, für richtige Raumansnutzung ohne diese Helfer zu sorgen, sie brauchte bloß an den Bänken laufende Nummern anzubringen und jeder wüßte, wieweil sein Platz reicht. Jedenfalls ist das System, wie eS heute geübt und vom Publikum als lästig empfunden wird, nicht gutzuheißen und paßt auch nicht für uniere Berliner Verhällniffe, wo man nichts mehr haßt, als das ewige Reglementieren und Bevormunden. Ein tödlicher Automobilunfall ereignete sich am Sonntagabend auf dem Schloßplatz. Dort wollte das 29 jährige Dienstmädchen Minna Micke, die in der Wangenheimstr. 4 in Grunewald in Stel- lung war, den Damm überschreiten, ohne auf die Hupensignale einer herannahenden Kraftdroschke zu hören. Der Chauffeur ver- suchte noch im letzten Augenblick seinen Wagen zum Stehen zu bringen, doch rutschte das Gefährt auf dem fcstgefrorenen Schnee weiter und brachte die M. zu Fall. Das Mädchen trug mehrere Rippenbrüche und innerliche Blutungen davon, denen sie trotz sofortiger ärztlicher Hilfe auf der Unfallstation am Spittelmarlt erlag. Eine Razzia auf Eisenbahnreisende wurde in voriger Woche auf Bahnhos Gesundbrunnen veranstaltet. Die verschiedenen Bahnsteige dieses Bahnhofs haben an ihren Zugangstreppen von der Bellermannstraße her nicht jeder feine eigene Sperre, sondern sind untereinander durch eine sie überbrückende Galerie verbunden, die nur oben an dem gemeinsamen Eingang eine Sperre hat. Dadurch wird es ermöglicht, daß bei dem llmsteigeverkehr zwischen den Zügen der Ringbahn und der Vorortzüge der Nord-, der Stettiner und der Kremmener Bahn , der auf Bahnhof Gesundbrunnen sich vollzieht, man über die Galerie ohne nochmalige Billettkontrolle von einem Bahnsteig zum andern gelangen kann. Diese Galerie war am Mittwoch in den Abendstunden zur Zeit des stärksten Verkehrs von einer beträcknlichen Anzahl Eisenbahn - beamten besetzt, zu deren Unterstützung man xtvch ein starkes Aufgebot von Polizisten herangezogen hatte, wie wenn einer der vielen von der Polizei noch immer nicht gefundenen Mörder erwartet würde. Jeder, der die Galerie durchschritt, um nach einem anderen Bohnsteig zu gehen, mußte hier Halt machen und seine Fahrkarte vorzeigen. Anscheinend war infolge irgendwelcher Be- obachtungcn der Verdacht rege geworden, daß ein Fahrkarten- schwinde! verübt werde, und ihm wollte man wohl durch eine aus Bahnhof Gesundbrunnen vorgenommene Zwischenkontrolle auf die Spur kommen. Uns wird gemeldet, daß dabei etwa 15 Per-