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Wochen in ein Irrenhaus zu gehen. Sr habe den Rat I auch defolgt, aber nur aus dem Grunde, einen Verteidiger zu be- kommen zur Durchdrückung seiner Beweisanträge. Auf Grund alten« mStziger Beweise kiinne er aber nun darlegen, daß er voll- ständig gesund sei. Als der Angeklagte weitere schwere Be« schuldigungen gegen die Kriegsgerichtsräte erhebt, und dabei perma- uent unterbrochen wird, beantragt er. ihn einmal zehn tili i nuten unbeanstandet sprechen zu lassen. DaS Kriegsgericht zog sich merk- wllrdigerweise über den Antrag zur Beratung zurück und gewährte dem Angeklagten eine Redezeit von zehn Minuten ohne Unterbrechung. Der Angeklagte sagt, seit drei Jahren kämpfe er nun um sein Recht. Sein Verfahren sei von dem Gericht verschleppt worden. Schriftstücke seien beseitigt und Wahrheitsbeweise zurückgehalten worden. Bei einer un- begründeten Bllcherbeschlagnahme wären die Kriegsgerichtsräte Bredow, Bärensprung   und General v. R o e h l nicht korrekt vorgegangen. Die abgelehnten Richter erklärten sich schließlich für nicht befangen und die Ablehnungsanträge wurden ver- worsen. Als nunmehr, nach vierstündigem Streit die eigentliche Verhandlung beginnen sollte, wurde vor Verlesung des EröffnungSbeschlusscs die Oeffentlichkeit für die ganze Dauer der Verhandlung aus- geschlossen! Ja, noch mehr. Es war sogar ein Antrag gestellt worden, den an der Verhandlung teilnehmenden Zeugen ein Schweige- gebot aufzuerlegen. Diesem Antrage ist allerdings nicht stattgegeben worden. Die Pressevertreter harren hinter der verschlossenen Kriegs- gerichtstür aus einem Treppenflur in der jetzigen kalten Jahreszeit der Dinge, die da kommen werden. Ihnen ein Zimmer anzu- weisen/ wurde abgelehnt. Trotz alledem und alledem werden wir aber einiges über den Verlauf der Dinge berichten können!_ Der lächerliche Wahlkampf. Der Bürgermeister von Bunzlau   in Schlesien  , jin konservativer Herr, hielt anläßlich der Neueinführung von Stadtverordneten, worunter sich auch einige neugewählte sozialdemokratische Vertreter befanden, eine Begrüßungsrede, in der er über den verflossenen ReichStagSwahlkampf folgendes sagte: .Wir haben in den letzten drei Monaten die Freuden und Leiden des Wahlkampfes genügend kennen gelernt. Für olle diejenigen, welche darin als Politiker tätig sind, mag dies ja einen eigenen Reiz haben. Aber im allgemeinen, zumal wenn man die Anzeigenseiten der Lokalblätter eingehend studierte, die in ihrer Gegenüberstellung die widersprechendsten Meinungen kundgaben, wirkte die ganze So.che lächerlich.' Ob der Wahlkampf, der daS ganze deutsche   Volk, abgesehen dom Stadtoberhaupt in Bunzlau  , gewaltig aufgeregt hat, auch lächerlich gewirkt hätte, wenn der konservative Kandidat in Bunzlau  - Lüben gewählt worden wäre? Wir glauben nicht. Die Rache des Zentrums. Bei den diesmaligen Wahlen zum Reichstag hat bekanntlich das Zentrum mehrere seiner wertvollsten Besitze verloren, über acht Bischofsstädten weht die rote Fahne. Breslau  , München II  (früher auch München I), Mainz   und Straß bürg waren allerdings schon früher durch Sozialdemokraten vertreten. Köln  , Würzburg  , Metz   und H i I d e s h e i m aber find diesmal zum erstenmal dem sozialdemokratischen Ansturm erlegen. Nach Köln   ist wohl Wiirzburg der schmerzlichste Verlust für das Zentrum; wer etwa bezweifeln wollte, braucht nur die räche- und wutschnaubende Zentrumspresse zu lesen, die in eine förmliche Rasedei verfallen ist. DaS.Fränkische Volksblatt', daS Organ des ReichStagSabgeordneten uyd Benefiziaten Liborius Gerstenberger  , daS schon Mher die Sozialdemokratie nicht knapp mit den verschiedensten M.-Gladbacher Schwindelnotizen bedachte, widmet seine Tätigkeit jetzt in vermehrtem Maße ausschließlich de» Verdächtigung und Verleumdung' der Sozialdemokratie. Daneben fällt daS Blatt auch über den Liberalismus her, den es zwischen Haupt- und Stichwahl so sehr umschmeichelte. Scheut sich doch das Organ nicht, liberale Führer, die bei der Stichwahl mitgearbeitet haben und sich auch des Sieges freuten, öffentlich an den Pranger zu stellen, indem eS ihre Namen veröffentlicht, in der Absicht, die Betreffenden geschäftlich zu schädigen.(Es sind G e- schäftsleute und Beamte.) Ein Gynrnasiallehrer trug in einer losen liberalen Zusammenkunst(die Zusammenkunft wurde nicht einmal öffentlich bekannt gegeben, es fanden sich nur eine Anzahl der bekanntesten Parteiangehörigen zur Eni- gegennahme des Wahlausfalls ein) ein freiheitliches Gedicht vor. Die Folge davon war eine beispiellose gemeine Hetze und Denunziation. Mindestens eine Woche lang hetzte daS Blatt fast Tag für Tag an dem.Staatsbeamten", der Zweck der Hetze ist klar. Nach der Personenhetze ging das Blatt dazu über, seine Wut an den Würzburger   Geschäftsleuten auszulassen und die Landbevölkerung gegen die Stadt aufzuhetzen. Wir lassen zu besseren Uebersicht einige solcher. um der Verantwortung besser aus dem Wege gehen zu können im»Sprechsaal" erschienener Notizen folgen. I. .Schon seit Jahren werden immer wieder Wünsche laut, es möchten für die der Stadt Würzburg   zunächst gelegenen Dekanate eigene Firmstationen errichtet werden. Diesbezügliche Bittgesuche wurden jedoch von der oberhirtlichen Stelle stets ab- gelehnt, wohl in Rücksicht auf die Geschäftsleute der Stadt Würzburg  . Eine solche Rücksichtnahme dürfte nunmehr für das bischöfliche Ordinariat in Wegfall kommen, nachdem die liberale Bürgerschaft Würzburgs einem erklärten Feind von Thron und Altar zum Siege verHolsen hat über einen altbewährten und bochangesehenen Mitbürger, nur weil dieser die christliche Weltanschauung im öffentlichen Leben vertreten hat. Es handelt sich um zehn Dekanale mit vielen hundert Firmlingen und Patchen, für welche unschwer je ein Firmungsort sich finden würde. Möge von den beteiligten Kreisen die Sache rasch und energisch in die Haird genommen werden. Der Augenblick ist günstig, denn die Erregung über das Vorgehen der Würzburger   liberalen Bürgerschaft ist in länd- lichcn Kreisen allgemein und tiefgehend, zumal da für die Land- tagswahlen ein erneutes Zusammengehen der Liberalen mir den Sozialdemokraten in Würzburg   beschlossene Sache ist. Die Würz- burger Geschäftsleute mögen sich dann vertrauensvoll an ihren neugewählten Abgeordneten und ihre hervorragenden politischen Führer Köhl, Mcmminger, Bockenmcyer(drei Liberale) usw. halten; sie lverden ihnen gewiß Ersatz'zu verschaffen wissen sür ihre finanziellen Verluste.' Aber daß die Würzburger  Besseren" Lhrer Stadt diese Schmach angetan haben, daß sie nicht eher.rot" vor Scham ge- worden find, zeigt deutlich, loie tceit Würzburg gesunken ist. Von dem. daß sie den größten Feind der Bauern, auf die Würzburg  doch viel angewiesen ist, gewählt haben, soll gar nicht die Rede sein. Habe» doch sogar die Bauern ihren eigenenMetzger" tvählen helfen. Bei unS ging ein Schrei der Entrüstung durch den Gau, Würzburg   wird boykotliert, niemand darf mehr etwas in Würzburg   kaufen noch dahin ver- kaufen. Wenn sie wieder einmal ein Volksfest mit Bauern- trachten abhalten wollen, um die Landleute. anzulocken, so mögen sie nur die Sozi einladen, von uns wird kein Mensch niehr kommen." Alf« weil der Sozialdemokrat gewählt wurde, werden die Geschäftsleute boykottiert, obendrein ohne danach zu fragen, ob die Geschäftsleute auch sozialdemokratisch gewählt haben. Der Un- schuldige mutz ebenso büßen, weil fteie Staatsbürger von der Wahl- freiheit Gebrauch machten! Und da soll ein Bischof, der berufenste Hüter des Christentums und der Nächstenliebe, die Hand- dazu bieten I Und da schreien die Zentrumsblätter das ganze Jahr über den TerroriSmuS der S o zia l d em o kr atiel Es wird ihnen wohl nicht möglich sein, auch nur einen so klaren Beweis über TerroriSmuS zu bringen, als er hier gegeben ist. Betrübte Lohgerber. DieDeutsche A r b e i t g e b e r- Z e i t u n g" ist völlig trostlos über den Ausfall der ReichstagAvahlen. Der glänzende Vormarsch der Sozialdemokratie hat bewirkt, daß das Berliner  Unternehmerblattalle Hoffnung fahren" läßt. Nicht mal der magere Trostspruch jener Elemente", die da zu erklären nicht müde werden,daß es erst noch viel schlimmer kommen müsse, ehe eS besser werden könne", werde sich rechtfertigen: In Wahrheit ist es so schlimm gekommen, wie es über­haupt nur kommen konnte. Aber die erhoffte rettende Kata- strophe bleibt aus; wird aller Wahrscheinlichkeit nach auch noch recht lange ausbleiben. In der Zwischenzeit aber dürste sich so manches ereignen, was jenen Trostspendern, was vor allein dem deutschen   Unternehmertum so peinlich wie nur möglich� ist." Die verängstete Phantasie derDeutschen Arbeitgeber-Zcitung" weiß schon,daß von der so sehnlich erhofften Vermehrung des Schutzes der Arbeitswilligen keine Rede mehr sein wird". ' Nach längeren Haarspaltereien über dies Thema heißt es weiter: Aber es ist völlig unnötig, sich mit solchen Begriffs- definitionen überhaupt abzuquälen: der zitierte ossiziöse Ein­wand ist eben lediglich als Ausfluß des ängstlichen Bemühens anzusehen, sich von vornherein in die kommende Aera einer Politik der Konzessionen gegenüber der Viermillionenpartei ein- zulcben, dje unS noch ganz andere Ueberraschungen bescheren wird, als etwa die behördliche Preisgabe des Rechtes der sozial- politisch Schwächeren auf die Inschutznahme ihrer Interessen gegenüber den sozialpolitisch Stärkeren, nämlich den gcwerk- schaftlich organisierten Arbeitern. Die Etablierung der sozial- demokratischen Fraktion als maßgebende Instanz der Gesetz- gebung wird des ferneren auch der weiteren Vermehrung ihres Einflusses auf die breite Masse um so mehr zum Vorteils ge- reichen, als die mit ihrer Hilfe bewirkt« Konstruktion neuer sozialpolitischer Gesetze jeder Art der sozialdemokratischen Klientel den denkbar besten Beweis dafür lieftrt, daß sie ihre Sache guten Händen anvertraut hat. Welchem Ziele eine solche ' Entwickelung schließlich zusteuern mutz, wenn derart die Herr- schaft der Roten erst unter freundwilliger Duldung der leiten- den Kreise vollkommen stabilisiert worden ist, das mag dahin- gestellt bleiben." Der rechte Augenblick ward verpaßt!" Da» ist derDeutschen Arbeitgeber-Zeitung" die Quintessenz- ihres Rück- blick? auf die ReichstagSwahl. W i r aber sagen: wenn noch irgendwo ein Arbeiter nicht weiß. wohin er gehört, dann gebe man ihm die Salbaderei des Berliner  Unternehmerblattes zu lesen. DaS Klassengefühl wird da schon entscheiden, daß für die Arbeiter eineNachtigall" ist, wa» der Deutschen Arbeitgeber-Zeitung" alsUhl" erscheint. Gegen die Kölner Zentrnmsrichtung wird noch ein neues Blatt begründet. In Breslau   werden die Werbe- schreiben auSgesandt für eine neue.religiöS  -politische Wochen« zeitung", dieDaS katholische Deutschland" benannt ist und am 15. Februar zum ersten Male in einer Suslage von 10 000 er- scheinen soll. Mit denPetruSblättern", der.Kölner   Korrespondenz" und der.Wahrheit und Klarheit" sind also setzt vier neue Blätter geschaffen, von denen aus der Bachemschen Richtung''Leibe ge- gangen werden soll. Auch von Rom au» wirb der Kölner   Richtung arg zugesetzt. DieUnits. ostoUcs", daS bekannte Leibblatt des Papstes, brachte Dienstag drei Spalten lange Angriffe gegen die Kölner   Richtung und gegen dieKölnische VolkSzeitung" über dasschamlose Kölnische Gift". Darin heißt es:Pius X.   veröffentlicht Erlaß auf Erlaß über so viele Fragen, und im Deutschen   Reiche schweigt man und erlaubt, daß die liberalen Protestanten und die Freimaurer  die päpstlichen Erlasse bemäkeln. Die sogenannte katholische Presse des Deutschen Reichs aber verliert in ihrer Pflichtvergessenheit dar- über lein Wort und rührt mit wenigen Ausnahmen zur Verteidigung des Papstes keinen Finger._ Noch ein aufgedeckter Zentrumsschwindel. In W ö l l st e i n im Kreise Bingen- Alzey war während der Wahlzeit die Kirche beschmutzt worden. Diese Gemeinheit wurde dort vom Zentrum und Reichsverband genau so gegen den fort- schrittlichen Reichsiagskandidaten Korell zugunsten'deS national- liberalen Reichsverbandskandidaten Dr. Becker benutzt, wie in Bochum  der Älostcrkirchenskandal gegen die Sozialdemokratie zugunsten des nationalliberalen Kandidaten Heckmann. IN Bingen  -Alzey nahm sich aber die Staatsanwaltschaft der Sache an, und jetzt ist nach einer Mitteilung unseres Bochumer   Parteiblattes ein Zentrums- anhänger als Kirchenschänder verhaftet worden. Die Wirtschaftliche Ber nigung. Die Wirtschaftliche Vereinigung hat in ihrer nach Schluß der heutigen Plenarsitzung abgehalteuen Fraktionssitzung be- schlössen, von einer Neukonstituierung Abstand zu nehmen. Die dreizehn Abgeordneten, welche man der Wirtschaftlichen   Ver- einigung zurechnete, werden sich zum großen Teil der kon- servativen Reichstagsfraktion anschließen. Ein anderer Teil wird zu den Antisemiten Bruhn und Werner gehen. Der Rest wird wild bleiben. In der heutigen Fraltionssitzung der Fortschrittlichen V»lkspartei wurde, wie wir hören, beschlossen, dem Abgeordneten F i s ch b e ck den Vorsitz zu übertragen. OpperSdorff vom Zentrum ausgeschloflen. Graf OpperSdorff  , der oppositionelle ZentrumSmann. hat, wie von gentrumsseite mitgeteilt wird, zur ersten Fraktionssitzung des Zentrums keine Einladung erhalten. Damit wäre Graf OpperS- dorff aus der Z e n t r u m S f r a k t i o n deS Reichstages aus- geschlossen._ Oertcmicb-Cingam. LandtagSmisere. In Kroatien   wird wieder einmal russisch regiert. Der neu- gewählte Landtag wurde sofort aufgelöst, weil selbst das Aufgebot eines ganzen Armeekorps die Wähler nicht veranlassen konnte, eine dem.Banns"(Bizekönig) genehme Mehrheit zu wählen. Jetzt werden täglich fast alle Agramer Zeitungen konfisziert, so daß sie schon anfangen, Fischkochrezepte als Leitartikel zu bringen. Im mährischen Landtag bekämpfen die Sozialdemokraten es find bis auf den Genossen' Eldersch tschechische Separatisten die neue Dienstordnung für landwirtschaftlichesGesinde" durch Obstruktion, nämlich durch Stellung möglichst vieler Abänderungs- antrüge und Dauerreden. Vänemark. Der entschleierte Patriotismus- In den neunziger Jahren des verflossenen Jahrhunderts i strebte das konservative Ministerium Hörring danach, die dänisch  -! westindischen Inseln an die Vereinigten Staaten   zu per- kaufen; als dann aber im Jahre 1900 das liberale Ministerium Deuntzer ans Ruder gekommen war und der Handel abgeschlossen iverden sollte, entfalteten die Konservativen eine Bewegung gegen dieVerschachcrung vaterländischen Eigentums" und lehnten im Landsthing den Verkauf der Inseln ab, die übrigens für'Däncmark keinerlei Gewinn bringen, sondern nur Unkosten verursachen. Nun aber hat die dänische Regierung einen Gesetzentwurf eingebracht, wonach einer Kapitalistengruppe für die Anlegung und Aus- beutung eines neuen Hasens auf St. Thomas für die Dauer von 99 Jahren Konzession erteilt werden soll. DaS Unternehmen, von dem man erwartet, daß es sich nach Eröffnung des Panamakanals. rentieren wird, ist auf 20 Millionen- Kronen veranschlagt. Eigent- lich sollt« ja der dänische Staat das Werk ausführen, aber die Staatskasse ist leer, ausgebeutet durch den unersättlichen Mili- tarismus, und die Regierung scheint der Ansicht zu sein, daß es ihr infolge des Konkurrenzneides der anderen Mächte nicht mög- lich sein werde, für jenes Unternehmen eine Anleihe zweckmäßig unterzubringen. In Wirklichkeit ist die verlangte Konzession eine verschleierte Verschacherung der Inseln an den Kapitalismus, was auch von unseren Genossen im Folkething zum Ausdruck gebracht wurde. Uebrigens sind die Konservativen über da» Unternehmen in heftigen Streit geraten: ein Teil von ihnen preist eS als ein großartiges Werk, während ein anderer Teil es zu hintertreiben sucht unv vor sensationellen Enthüllungen nicht zurückschreckt, durch die die Heuchelei derPatrioten" aufs grausamste bloßgestellt wird. ES ist ein dänischer Amerikaner, namens Grön. von dem die Sache ausgeht. Er war in den neunziger Jahren als Agent für den Verkauf der Inseln tätig und hatte sich von dem auf L Mil- lionen angesetzten Verkaufspreis 10 Proz. als Provision auSbe- düngen, die einem amerikanischen   Komitee zufliehen sollten. Der Abschluß des Geschäftes scheiterte daran, daß der Krieg zwischen Amerika   und Spanien   ausbrach und man nun auf feiten der Ver- einigten Staaten kein« Zeit hatte, sich mit der Sache zu befassen. Mittlerweile wurde dem Grön daS Geschäft auS der Hand gewun- den, und der jetzt auch als Schriftsteller und Theaterdirektor be- kannte Kapitän Walter Christmas   erhielt vom Ministerium Hörring Autorisation zum Verkauf der Inseln; dabei hatte er sich 500 000 Kronen Provision auSbedungen, die mit Wissen des Ministeriums zur Bestechung amerikanischer Kon- greßtnitglieder und der amerikanischen   Presse dienen sollten. Als das Landsthing dann nach Verkauf einiger Jahre den Verkauf der Inseln ablehnte, unter viel Aufwand von patriotischen Phrasen, geschah das offenbar nur deswegen, weil man befürchtete, daß die BestcchungSgeschicht« unter dem liberalen Ministerium allzu lcichtz.offenbar werden könnte, perkien. DaS Doppelprotektorat. Wie jetzt auch von offiziöser russischer Seite zugegeben wird. nähern sich die russisch  -englischen Verhandlungen über Persien  ihrem Abschluß. Eine offene Teilung Persien  » wollen die beiden konkurrierenden Bündnismächte vorläufig vermeiden, denn abgesehen von den internationalen Schwierigkeiten, würde da? zu fortwährenden Streitigkeiten und Reibungen zwischen Rußland  und England führen. Jede der beiden Mächte hat außerdem ihre feheimen Absichten und Befürchtungen. England hat allen Grund, einen asiatischen Konkurrenten und jetzigen Bundesgenossen in möglichster Entfernung von der indischen Grenze zu halten, un: den llange gehegten Plan einer Brücke zwischen Indien   und Aegypten   durch das Vordringen Rußlands   nicht vereitelt zu sehen. Rußland dagegen hat den Wunsch, nach dem Persischen Golf vor. zudringen, keineswegs aufgegeben und wartet nur auf eine günstige Gelegenheit, um das Abkommen mit England über den Haufen zu werfen und sich wie ein Keil nach den warmen Meere vorzuschieben. So stehen sich die beiden Bündnismächte gegen- über, zusammengeschmiedet durch das gemeinsame Verbrechen an dem wehrlosen Persien  , voll Haß und Mißtrauen zueinander wegen der geheimen Pläne sür die Zukunft. ' Bvrlänftg' heißt es für die sbei den Staaten, eine angängige äußere. Form zu finden, die einerseits dem geschilderten Verhältnis gerecht wird und andererseits jedem der beiden Raubstaatcn das MaLunum an sofortigen Erfolgen garantiert. Dieses Ziel dürfte erreicht werden durch die P ro klam i er ung des russisch  - englischen Protektorats über Persien  , die, wie aus russischen und englischen Quellen übereinstimmend hervorgeht, nahe bevorsteht. DieNowoje Wremja" erklärt, der cnglisch-russische   Vertrag' von 1907, der alles Unheil und alle Wirren in Persien   heraufbeschworen habe, müsse jetzt abgeändert und durch einen anderen ersetzt werden. Das Prinzip der Nichteinmischung"(welch ein Hohn!) könne gegenüber Persien   nicht mehr eingehalten werden! Wie das offiziöse Blatt aussicheren" Quellen mitteilt, haben die Verhandlungen zwischen Rußland   und England folgende Hauptpunkte zum Gegenstand: 1. Die genaue Festlegung der Rechte beider Staaten in ihren Ein- flußsphären; 2. die Anerkennung der entsprechenden Kontrolle der direkt interessierten Macht über die Handlungen der persischen Regierung in ihrer Einflußsphäre; 3. die endgültige Entscheidung der Frage betreffend den Exschah und 4. den Abschluß einer An- leihe zur Regelung des Verwaltung?- und Heerwesens in Persien  . Wie aus diesen Punkten hervorgeht, soll dasProtektorat" Rußlands   und Englands über die entsprechendenEinfluß- sphären" auf sicherer Grundlage aufgebaut werden. WaS etwa in den diplomatischen Vereinbarungen fehlen sollte, wird durch die Militärmacht ergänzt werden, die sich in Persien   heimisch ein- gerschtet hat. Die russische   Regierung gibt sich zwar den Anschein, als ziehe sie ihre Truppen aus Kaswin   nach der kaukasischen Grenze zurück. Zugleich dirigiert sie aber, angeblich zur Er- gänzung und Ablösung der jetzt in Persien   stationierten Truppen, von neuem 2000 Mann von Transkaukasien   nach Persien   und macht nicht die geringsten Anstalten, ihre Besatzungen auS Täbris  , Mesched   und anderen wichtigen Städten zurückzuziehen. In der Gegend am Urmiasce macht sich ferner eine immer regere militärische Tätigkeit der Russen bemerkbar, die unter anderem Choi und verschiedene Punkte an der Straße nach Urmia   besetzt haben. Die russischen Truppenkonzentrierungen in diesem von der Türkei   angefochtenen Gebiet stellen, abgesehen von ihrem pro- vokatorischen Charakter, eine direkte Bedrohung der türki- schon Verteidigungslinie in der nördlichen Hälfte Kleinasicns dar, deren rechte Flanke jetzt äußerst gefährdet ist. Bon' diesem Standpunkt betrachtet, gewinnt das Vorgehen Ruß. lands in Rordpersien ein weit ernsteres Gesicht. Wie verschiedene Ereignisse der letzten Zeit gezeigt haben, ist die russische Diplomatie wieder eifrig daran, den Brand am Balkan   zu schüren. Gehen dort im Frühling wieder die Flinten los, so dürsten die russischen Truppenansammlungen im Urmiagebiet eine Bedeutung«rlangen, die weit über die Grenzen Persiens   hinausgeht. Petersburg, 7. Februar.  (Meldung der Petersburger Tele- graphen-Agentur.) Der russische   Konsul in Asterabad meldet ernste Unruhen, Morde und Raubanfälle in der Provinz Masan- doran. Es herrscht dort volle Anarchie, da sich in diesem Gebiet der Kampf zwischen den Anhängern des früheren Schahs und den Verteidigern der Regierung abspielt. Die Ortsbehörden sind macht- los. Die Truppen des Schahs sind in großer Unordnung und eS fällt schwer, die Turkmenen und andere Anhänger deS Schahs da- von abzuhalten, Barferusch und Sari zu plündern. Der örtliche Handel ist deshalb ganz eingestellt worden und die Kauflente suchen aus Furcht vor dem Tode in großer Zahl ein Asyl in der russischen Konsularagentur in Barserusch. In Anbetracht der augenscheinlichen Gefahr für Leben und Eigentum der russischen Untertanen hat der Konsul um Verstärkung der Truppen(l) ge- beten, da die in Asterabad befindlichen zwei Sotnien Kosaken   mit zwei Maschinengewehren unzulänglich sind. Zugleich haben die Vertreter von. Moskauer Firmen, die in Masandoran Handel treiben, das Ministerium des Aeußeren tclegraphisch um Schutz gebeten. Es sind deshalb zlvei Kompagnien Infanterie mit zwei Rtaschincngewehren und zwei Gebirgsgcschützen nach Asterabad eine Kompagnie mit zw» Maschinengewehren nach Barferusch und eine Kompagnie nach Meschediser abgeschickt worden.