Einzelbild herunterladen
 

sei, sondern den Leutnant, der fljtt persönlich kannte, um Auf­klärung über die Vorgänge, die doch sein Haus betrafen, ersucht habe, sei er auf dessen Veranlasiung einfach fistiert worden. Als er mit dem Schutzmann ein Stück Weges gegangen war, habe der Leutnant die Maßregel rückgängig gemacht, indem er dem Schutz- mann zurief, es genüge, wenn der Mann sich legitimiere. Die ebenfalls angeklagte Frau Schulz bestätigte die Angaben ihres Mannes, bestritt aber, sich irgendwie strafbar gen, acht zu haben. Allerdings sei sie durch die Sistierung ihres Manne? in Aufregung geraten, doch habe sie keine Aeuherung getan, die«ine Strafe recht- fertige. Der genannte Polizeileutnant führte aus: Er habe am 15. Ja- nuar d. I. den Schankwirt Wagner der Uebertretung der Polizei- stunde überführen wollen und darum die geschilderten Vorkehrun- gen getroffen. Da sei der Hausbesitzer Schulz hinzugekommen und habe Partei für seinen Mieter genommen. Er habe denselben mehrmals aufgefordert, sich zu entfernen, Schulz aber habe erklärt, er sei der Besitzer deS Grundstücks und da könne ihn niemand weg- sagen. Darauf habe er den Mann sistieren lassen, auf Legitimation hin ihn aber wieder freigegeben. Der Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. Kurt Rosenfeld, richtet« an den Leutnant ein Kreuzfeuer von Fragen. Warum er denn den Angeklagten, den er doch persönlich kannte, überhaupt habe sistieren lassen? Er hätte ihn in seiner Amtshandlung stören können, meinte der Polizeileutnant. Wie«r denn hätte stören können und wie weit er Partei für seinen Meter genommen habe? Ja, Herr Schulz, so erklärte der Beamte, sei zwischen ihn und seine Untergebenen getreten, das sei ein« Störung in der Amishandlung gewesen. Die Frage des Verteidigers, ob in der Umgebung deS Hause?«ine große Erregung gegen den Zeugen deshalb bestehe, weil er ständig Polizei- Mannschaften in und vor dem Wagnerschen Lokal habe stehen lassen, lehnte das Gericht ab, ebenso weitere Fragen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Beweisaufnahme habe ein genügend klares Bild ergeben. So erging e? auch der Frage, ob eine von Herrn Schulz beim Polizeipräsidenten eingelegte Beschwerde gegen Polizei- leutnant Otto schon ein Disziplinarverfahren im Gefolge gehabt hat. Das Gericht lehnte auch die Vernehmung von Zeugen ab. Der Amtsanwalt beantragte, den Angeklagten mit 30 M., sein« Frau mit 6 M. zu bestrafen. Der Verteidiger plädierte für Freisprechung beider Ang«. klagten. Das Urteil lautete auf 0 M. Strafe für Herrn Schulz und auf 5 M. für seine Frau. Zur Natur der Arbeitswillige«. In der gegenwärtigen Zeit, wo die Scharfmacher oller Schat- tierungen nach einem erhöhten Schutz der.nützlichen Elemente" schreien, ist es nicht nnevwünscht, wenn wieder einmal gerichtlich festgestellt wird, wes Geistes Kind diese Arbeitswilligen sind. DaS geschah am Donnerstag vor dem Schöffengericht in Lübeck . Dort hatten sich fünf Streikbrecher zu verantworten, die wegen Soch- beschädigung, Körperverletzung, Hausfriedensbruch und Diebstahl angeklagt waren. Die Namen dieser Hintzebrüder, welche den aus- ständigen Mühlenarbeitern der Grützmühle von H. und I Brüggen in den Rücken fielen, sind Brüse, Biereck, Dromowitz, Noack und Landowsky? alle fünf haben bereits mehr oder weniger mit dem Gericht Bekanntschaft geschlossen. Raub, Hausfriedensbruch, Dieb- stahl, Unterschlagung, Körperverletzung, Sachbeschädigung, Wider- stand gegen die Staatsgewalt usw. sind die Delikte, wegen deren die ---�nützlichen Elemente" zum Teil recht erheblich vorbestraft sind. Die Verhandlung vor dem Lübecker Schöffengericht ergab nun folgen- den Sachverhalt. Ende Januar, an einem Sonntagabend, begaben g'E sich die vorgenannten fünf Streikbrecher in ein« Lübecker Vorstadt- Wirtschaft.Zum alten mecklenburgischen Landkrug", wo si« sich ohne irgendwelchen Grund den anwesenden Gästen gegenüber damit brüstcten, daß sie internationale Streikbrecher seien. Als der Wirt, um weitere Streitigkeiten zu vermeiden, Feierabend bot. machten die Burschen einen Mordsskandal, brüllten:.Jetzt wird nicht Feierabend, sonder» Radau gemacht" und zertrümmerten alles, was ihnen in der Wirtschaft in die Hände kam. Mit Tischen und Stühlen warfen sie nach dem Büfett, zerschlugen den Bier- apparat, den Speiseschrank, Gläser, eine große Lampe usw. Den Wirt schlug einer der RowdieS mit einem scharfen Instrument über den Kopf und brachten ihm eine 1�6 Zentimeter lange Wunde bei. Dann drangen die Banditen in die in der ersten Etage befindliche Wohnung des WirteS ein, setzten dort ihr Zerstörungswerk fort und riefen fortwährend:.Wir wolle» morde»!" Als sie dann keinen Menschen mehr im Hause sahen der Wirt hatte inzwischen die Polizei benachrichtigt, verschwanden sie unter Mitnahme zweier fremder Paletots, eines Hute» und eines Kragenschoners. Vor Gericht suchten die von den Scharfmachern verhätschelten.Stützen der Gesellschaft" ihre Heldentaten in milderem Lichte erscheinen zu lassen, indem sie Trunkenheit vorschützten und einzelne der ihnen zur Last gelegten Straftaten bestritten, die jedoch durch Zeugen. aussagen bewiesen wurden. Die Strafe fiel sehr milde auS. Das Urteil lautete gegen Brüse auf 5 Monate, Landowsky auf 14 Wochen, Viereck 7 Wochen, Dromowitz 5 Woche» und R-ack 1 Monat Gefängnis. Der Staatsanwalt hatte Strafen von 5 bis 14 Mo- naten beantragt. DaS find die..nützlichen Elemente", die ohne Grund das Leben und Eigentum ftiedlicher Bürger beschädigen und bedrohen, die besonders geschützt werden sollen, wenn eS nach dem Willen der Scharfmacher ginget Ausbeutung jugendlicher Arbeitskräfte. Unter der Firma.UnitaS, Finanzierungsgesellschaft" betreibt der.Kaufmann OSkar Hrinicke, Hindersinftr. 4, ein KommifsionS- gefchäst, welches Darlehen. Börsengeschäfte und Stellungen mit Kapitalsbeteiligung vermittelt. Obwohl Heinicke kein Bankier und sein Geschäft kein Bankgeschäft, suchen doch seine ZeitungSinferate und sonstigen Reklamen bei Nichteingeweihten den Anschein zu er- wecken, als ob er ein solides Bankgeschäft betreibe. DaS ist nament- lich in Inseraten geschehen, durch die Heinicke junge Leute als Lehrlinge sucht. Jedenfalls stehen zwei Fälle fest, wo Väter, durch solche Inserate verlockt und durch Rücksprache mit Heinicke in den Glauben versetzt, er betreibe ein regelrechtes Bankgeschäft, ihre Söhne bei Heinicke in die Lehre gaben, nachdem er ihnen ver- sichert hatte, er werde die jungen Leute zu tüchtigen Bankbeamten ausbilden. Die jungen Leute wurden durch Vertrag zu einer zwei- jährigen Lehrzeit und ih« Väter zur Zahlung eines Lehrgeldes von 300 M. verpflichtet. Anscheinend ist das Lehrgeld für Heinicke der Punkt gewesen, um den sich alle» dreht. In den erwähnten beiden Fällen sind die Väter bald zu der Ueberzeugung gelangt, daß ihre Söhne bei Heinicke niemals zu tüchtigen Kaufleuten, ge- schweige denn zu Bankbeamten ausgebildet werden könnten. Sie drangen deshalb auf Lösung deS Lehrverhältnisses. Dagegen hatte Heirncke nichts einzuwenden, aber das.Lehrgeld" zahlte er nicht zurück, obgleich das.LehrverhältniS" in dem emen Falle nach zwei, « dem anderen nach vier Woche« gelöst wurde. Die betreffenden Väter klagten, wie unseren Lesern erinnerlich, beim Kaufmannsgericht. Hrinicke wnrd« verurteilt, das Lehrgeld zurückzuzahlen Trotzdem zahlte er nicht: Einer der Kläger ver- suchte eS mit der Zwangsvollstreckung, aber bei Heinicke war nichts zu holen. Die ganze Geschäftseinrichtung, bis auf die Federhalter und Tintenfässer, gehörte einer seiner Angestellten, einem Fräulein Faskel, die mit einem kleinen Kapital an dem Geschäft beteiligt sei» soll. Nach dieser Erfahrung de» eine«, versuchte der andere flgcc gar haA.Urieij des KaufmannSgerichtS pollstreckev zu lassen, weil er nicht zu seinem Verlust noch Kosten obendrein zahlen wollte. Schließlich entwickelte sich aus dieser Angelegen- heit ein Strafverfahre» gegen Heinicke, welches die zweite Straf- kaminer des Landgerichts I zwei Tage lang beschäftigte. Hier wurde der Geschäftsbetrieb Heinickes, der des Betruges angeklagt war, sehr gründlich untersucht. Auch über die Beschäftigung der jungen Leute wurde eingehend Beweis erhoben. Bezüglich der beiden vorerwähnten Fälle erklärte Heinicke, er sei wohl in der Lage, die 600 M. Lehrgeld zurückzuzahlen, aber er wolle nicht. Tarauf wurde ihm vom Richtertische bedeutet, den geschädigten Vätern das Geld schleunigst zurückzuzablez«. Im übrigen lam zur Sprache, daß Heinicke außer Lehrlingen zu 300 M. auch Volontäre zu 500»der 600 M. Lehrgeld beschäftigt, die aber nur ein Jahr lernen" brauchen. Zurzeit sind noch einige Volontäre und Lehr- linge bei Heinicke beschäftigt, die mit ihrer Stellung nicht unzu- frieden sind. Was die jungen Leute über die Art ihrer Beschäfti- gung sagten, läßt allerdings erkennen, daß sie keineswegs kauf- männisch ausgebildet werden. Sie schreiben Adressen, suchen aus Zeitungen Inserate heraus, die Herrn Heinicke als Anknüpfungs- punkte für geschäftliche Beziehungen dienen, schreiben Briefe nach Diktat und allenfalls auch ganz schematische Geschäftsbriefe. Einer der Lehrlinge, dessen Vater 300 M.Lehrgeld" gezahlt hat, ist ein geübter Stenograph, der die ganze Korrespondenz nach Diktat erledigt, also eine Arbeitskraft, die mindestens 100 120 M. monat­lich wert ist, aber nicht nur keinen Pfennig bekommt, sondern noch Geld dazu zahlt. Nach beendeter Lehrzeit sollen die jungen Leute nach HeinickeS Versicherung ein ihren Fähigkeiten entsprechen- des Gehalt und Provision van den Geschäften bekommen, die unter ihrer Mitwirkung zustande kommen. Es trat auch ein Jüngling vor die Schranken des Gerichts, der bewies, daß die letztere Ver- sprechung in der Tat erfüllt wird. Der junge Mann hat nämlich wohlhabende Verwandte, die er zur Hergabe von Kapital an geld- suchende Kunden Heinickes veranlaßte. Er hat also seinem Chef Geldgeber zugeführt und dafür allerdings Provision erhalten. Ein anderer junger Mann versicherte dem Gericht, daß auch er schon Provision verdient habe, bloß bekommen hat er sie noch�nicht. Durch einen dritten jungen Mann, der bereitsausgelernt" hat, erfuhr man, daß dieden Fähigkeiten angepaßte Honorierung" nach beendeterLehrzeit" anfangs 20, später 30 und schließlich 40 M. monatlich betrug. Die weitere Beweisausnahme erstreckte sich in der Hauptsache auf die Art und den Charakter der Geschäfte, die bei dem Ange- klagten erledigt werden, sowie auf die Ausbildung der Lehrlinge bezw. Volontäre in demBankinstitut Heinicke". Das Ergebnis in letzterer Hinsicht war derart, daß der Vorsitzende einmal sagte: Wenn ein Lehrling zwei Jahre in einem Bankgeschäft beschäftigt ist, muß er doch wissen, was ein Kupon und ei» Talon ist." Tat- sächlich hatten alle vernommenen jungen Leute eine große Unkennt- nis in kaufmännischen und banktechnischen Fragen gezeigt. Einer konnte nicht beantworten, was ein Blankowechsel bedeutet, ein anderer wußte nicht, ob ein Frank immer denselben Wert behält. Das verhinderte jedoch nicht, daß eine Anzahl junger Leute im Alter von 20 bis 23 Jahren, als sie von Heinicke fortgingen, sich selbständig machten und sich vor Gericht alsBankier" bezeichneten. Der Sachverständige und vereidigte Bücherrevisor Leo Preuß gab eine eingehende Charakteristik von dem Geschäft des Heinicke, dem er alle Merkmale eines Bankinstituts absprach. Auch haoe Heinicke keinen Zutritt bei der Börse und könne seinem ganzen Bildungsgange sowie seiner Tätigkeit nach nicht als Bankier de- zeichnet werden. Die Bücher seien unordentlich, zum Teil über- Haupt nicht geführt, der Angeklagte habe alle möglichen Gcschäste betrieben, die nicht das geringste mit der Aufgabe einer Bank zu tun hätten. In der Hauptsache sei er DarlehnS- und Stellen- vermittler gewesen, was aus der umfangreichen Korrespondenz her- vorgehe und die auch viele Klagen von Klienten enthalte, welche behaupteten, daß der Angeklagte zwar Geld von ihnen genommen, aber sonst nichts getan habe. Ein sachverständiger Zeug«, vom Angeklagten geladen, konnte über den inneren Geschäftsbetrieb nichts aussagen, meinte aber. daß man dem Angeklagten die Fähigkeit eines Bankiers sehr wohl zutrauen könne. Es entspann sich hierauf eine längere Ausein- andersetzung, was unter dem BegriffBank" zu verstehen sei. Die Verwandte und stille Teilhaberin des Angeklagten, Fräulein FaSkel, machte sehr schwankende Angaben und korrigierte auf Vor- halt wiederholt ihre Behauptungen, so daß der Vorsitzende ihr er- klärte:Fräulein, seien Sie froh, daß Sie nicht vereidigt worden sind, Si« sind knapp am Zuchthaus vorbeigeschlüpft." Das Urteil wurde am Donnerstag gefällt, es lautete auf 500 M. Geldstrafe und Tragung der Kosten. In der Begründung wurde unter anderem ausgeführt: Der Angeklagte mag sich für berechtigt gehalten haben, als er sein Geschäft Finanzierungs- geschäft nannte. Deswegen könne er nicht bestraft werden. Anders aber stehe es mit der Bezeichnung Bankgeschäft. ES sei erwiesen, daß von einem solchen hierbei keine Rede sein könne. Der Ange- klagte habe dreierlei Arten Geschäfte betrieben, immer jedoch nur eine vermittelnde Tätigkeit ausgeübt. Dadurch unterscheide sich sein Geschäft von einem Bankinstitut. Er Hab« die? gewußt und sich trotzdem mit dem Nimbus eines Bankiers umgeben. Nur da- durch hätten sich erwiesenermaßen einige Väter bestimmen lassen, ihre Söhne zu Heinicke in die Lehre zu geben und 300 M. zu zahlen, da er versprochen habe, die jungen Leute banktechnisch auszubilden. Es sei dem Gericht nicht zweifelhaft, daß der Angeklagte nicht be- rechtigt war, für die erteilte Ausbildung 300 M. zu nehmen. Die Tätigkeit der Lehrlinge habe fast nur in leichten Schreibarbeiten bestanden. Es sei Vorspiegelung falscher Tatsachen. Immerhin sehe das Gericht den Betrug und unlauteren Wettbewerb als eine Straftat an. Der Staatsanwalt hatte 500 M. und 6 Wochen Gr- sängnis beantragt._ Ende der Dauerverhandlung. Die Dauerverhandlung, die am 24. Januar begonnen hatte, ist gestern endlich zu Ende geführt worden. Es handelte sich um eine Anklage wegen Verbreitung unzüchtiger Schriften, welche die dritte Strafkammer deS Landgerichts I unter Vorsitz des Land- gerichtsdirektorS Lieber gegen den Buchhändler Walter Fischer zu verhandeln hatte. Wie schon mitgeteilt, waren vor einiger Zeit in den Geschäftsräumen des Angeklagten weit über 50 Bücher porno. graphischen Charakters beschlagnahmt worden. Diese zum Teil recht stattlichen Bände mußten sämtlich vor Gericht zur Verlesung ge- bracht werden. Diese mühevolle Arbeit, in die sich die vier Beisitzer der Strafkammer teilten, ist nun gestern endlich nach vierwöchiger BerhandlungSdaurr erledigt worden. Das Urteil gegen Fischer lautete auf 2 Monat« Gefängnis und 300 M. Geldstrafe, sowie Ein- ziehung der beschlagnahmten Bücher und Abbildungen und Vernich- tung der zu ihrer Herstellung benutzten Platten und Formen. Als strafverschärfend nahm das Gericht an, daß der Angeklagte wegeii eines gleichen Vergehens schon mit einem Monat Gefängnis vorbe- straft ist, und ferner, daß die von ihm vertriebenen Bücher un- berechenbaren moralischen Schaden, besonders bei der in der Ent- Wickelung begriffenen Jugend, anrichten konnten. Sittlichkeitsverbrechen und Mordversuch. DaS Revolverattentat, das der Packer Franz Prolow am 18. Oktober vor dem Charlottenburger Amtsgericht gegen den Glasermeister August Müller ausgeführt hatte, gelangte gestern vor dem Schwurgericht des Landgerichts III zur Verhandlung. Der Angeklagte war zugleich des Wiederholten Sittlichkeitsverbrechens an seinen eigenen Töchtern beschuldigt. Nach längerer, teilweise unter Ausschluß der Oeffentlichkeit geführter Verhandlung bean- tragte der Staatsanwalt Gollnick das Schuldig im Sinne der An- klage. Gegen den Angeklagten sei schon früher einmal ein Ver- fahren wegen Vornahme unsittlicher Handlungen eingeleitet ge- Wesen, damals aber eingestellt worden, weil die Tochter Anna die Aussage verweigerte. Justizrat Blaschkauer übte eine sehr scharfe Kritik an dem Verhalten der Tochter und des Zeugen Müller und beantragte die Freisprechung des Angeklagten von der Anklage des SittlichieitSverbrechenS und im übrigen Verurteilung nur wegen versuchter Nötigung. Die Geschworenen verneinten die Schuldfragen wegen Sitt- lichkeitsverbrechens und wegen versuchten Mordes und sprachen den Angeklagten nur des versuchten Totschlages unter Zubilligung mildernder Umstände schuldig. Das Gericht erkannte auf 2 Jahre Gefängnis unter Anrechnung von 3 Monaten Untersuchungshaft. Hus aller Alelt. jVlädchairäuber. Im Deutschen Reichstage waren sich am Freitag löei der Be- ratung des internationalen Uebereinkommens über den Mädchenhandel alle Parteien darin einig, daß mit den schärfsten gesetzlichen Mitteln gegen diese infame Kuppelei vorgegangen werden müsse. Einen furchtbaren Beitrog zu diesem Kapitel liefert ein Mädchenraub an der sächsisch-böhmischen Grenze, dessen entsetzliche Einzelheiten erst jetzt bekannt werden. Bor einigen Wochen machte ein kaum den Kinderschuhen ent» wachsenes 15 Jahre altes Mädchen an der Elbe bei Tetschen unmittelbar an der sächsisch-böhmischen Grenze einen Spaziergang. Plötzlich gesellte sich zu der Ahnungslosen ein elegant ge- kleideter Mann, redete das Mädchen an und stellte einige harmlose Fragen an dasselbe. Ms der Fremde erfahren hatte, daß das Mädchen die Tochter angesehener Eltern war und in einem Kontor eine»Stellung inne hat, machte er den Vorschlag, das Mädchrn solle zu ihm nach S a a z in eine wesentlich bessere Stellung kommen. Hocherfreut willigte eS ein und nach wenigen Tagen reiste es ab, um die neue Stelle als.Privat- sekretärin" anzutreten. Am Bahnhofe in Saaz wurde das Mädchen von dem neuen Chef in Empfang genommen und in einer Droschke nach dessen Hause geleitet. Es erhielt zunächst ein elegantes Zimmer angewiesen und bekam dann den Besuch der Frau des HauseS, um an den g e m e i n s a m e n M i t t a g s t i f ch geführt zu werden. Eine furchtbare Ahnung stieg aber in dem fünfzehn- jährigen Mädchen auf, als es sich plötzlich im Kreise von mehreren geschminkten Mädchen erblickte. DaS Kind war in ein Freudenhaus geraten. Alle verzweifelten Anstrengungen, das Haus, das sich den stolzen Nomen.Zur goldenen Nuß" beigelegt hatte, wieder zu verlassen, waren erfolglos. DaS Mädchen war eine Gefangene, es durfte weder die Straße betteten noch ein Fenster« öffnen. Der Mädchenräuber samt seiner Ehefrau zwangen daS Kind, Männer zu empfangen, andernfalls wurden ihm Prügel in Aussicht gestellt. So vergingen mehrere Wochen der Gefangenschaft. Zuletzt packte es die Verzweiflung und in einem unbewachten Augenblick ergriff eS fast unbekleidet die Flucht. Nur wenige Kleidungsstücke raffte sie noch schnell zusammen, die sie in ein Bettuch packte. DaS Mädchen gelangte auch auf den Bahn- h o f und sprang ohne Fahrkarte in einen bereitstehenden Zug. In diesem Augenblicke erschien auf dem Bahnsteige laut schreiend die Inhaberin deS Freudenhauses und als sie die Flüchtige erblickte, holte sie einen Polizisten herbei, beschuldigte das Mädchen des Diebstahls und ließ es verhaften. Die Unglück- liche mußte den Zug wieder verlassen und wurde dem Gefängnis zugeführt, um sich wenige Tage später Wegen Diebstahls zu ver­antworten. Die Gerichtsverhandlung brachte nun die furchtbaren Leiden des löjährigen Kindes an das Licht. Das Gericht sprach natürlich die Unglückliche frei, beschloß aber, gegen den ehren- werten Besitzer des HauseS.Zur goldenen Nuß", Josef Wegeneck, und dessen Frau die Untersuchung wegen Kuppelei usw. einzuleittn._ Grubenkatastrophe in Nordamerika . Die Grubenunfälle in den Vereinigten Staaten mehren sich dank der fast schrankenlosen Ausbeuwng der Arbeitskraft und der völlig unzulänglichen behördlichen Beaufsichtigung der Bergwerke in erschreckendem Maße. Auch heute wieder meldet der Telegraph aus Lehigh im Staates Oklahoma , daß bei einenl Grubenbrande sieben Arbeiter das Leben verloren. Ueber das Schicksal von etwa zwanzig verschütteten Arbeitern herrscht Un- gewißheit. Wahrscheinlich sind auch sie der Raubgier des Kapitalismus zum Opfer gefallen, da die durch den Brand entwickelten Gase und der Oualm die Rettungsarbeiten fast unmöglich machen. Die Mehrzahl der Verunglückten besteht aus Ausländern. Ein Millionenbetrüger. Eine Skandalaffäre, die sich im letzten Herbste in den söge- nannten besten Kreisen der Genfer Gesellschaft ereignete, hat jetzt mit der gerichtlichen Verurteilung des Hauptbeteiligten ihre Sühne gefunden. Einer der Führer der christlich-konserdativen Partei, der Abgeordnete Eugen Berlie. Verleger der.Genfer Z t g.", war damals unter der Anschuldigung ver- haftet worden, großeUnterschlagungen und Fälschungen begangen zu haben. Die Passiven beliefen sich seinerzeit auf über eine Million Frank. Das Gericht verurteilte gestern den Ehrenmann zu neun Jahren Zuchthaus._ Massenvergiftung in eigen, Kinderhospital. Im Broklhner Kinderhospital sind in den letzten Tagen kurz hintereinander sieben Kinder unter verdächtigen Er- scheinungen gestorben, was die Staatsanwaltschaft zu einer ein- gehenden Untersuchung veranlaßt hat. Die sieben Leichen wurden beschlagnahmt und bei der Sektion stellte sich heraus, daß die Kleinen sämtlich einer Vergiftung zum Opfer ge- fallen sind. In den Leichnamen wurden Spuren von E i s e n o x h d vorgefunden. Ms der Tat dringend verdächtig wurde gestern eine Wärterin verhaftet, die in die für die Kinder bestimmte Milch das Eisenoxyd gemischt haben soll. Die Verhaftest« bestreitet vorläufig noch jede Schuld, doch gilt sie bereits so gut wie überführt._ Kleine Notizen. Katastrophe auf der Donau . Beim Uebersetzen der Donau zwischen Semlin und Pancsova wurden drei Flöße, auf denen sich der Wanderzirkus B e r n a b o befand, durch treibende Eisschollen umgekippt. Mehrere Mitglieder der Gesellschaft und der gesamte Tierpark ertranken. Eiscnbahnunfall. Im ungarischen Teil der Strecke Wien - Budapest stießen in der letzten Nacht zwei Güterzüge zu- s a m m e n. Ein Lokomotivführer wurde getötet, ein anderer schwer verletzt. Schrffsuntergang auf der Rhone . In der Nähe von Monte- l i m a r fuhr auf der Rhone während eine« dichten Nebels ein Leichter gegen das Ufer und brach mitten durch. Von der Be- satzung konnten sich nur fünf Mann retten, während drei er- tranken. Qnittnug. Für de» Berel» Arbciter-Jugendheim gwgen bei dem Unter- zeichneten ein: 5.00 M. vom SparveinNicht zu lnapp". 6,60 Kranz- überschutz von den Arbeiterinnen und Arbeitern der ec. E. G. Schlegelstr., Abt, Schröter. 5,00 aus der Scchserkasse der Arbeiter von der Firma Elhan. 3,85 durch G. Lachmaun vom 565. Bezirk. 14,00 vom Lese- und DiskutierklubHeinrich Heine ". 3,85 6. Kreis, Bezirk 543 a. 2,00 4. Kreis. Abt. Xl. 13,50 4. KrciS, Frauenleseabend der Abt, 34. 12,00 4. Kreis, Gen. Schenkendors. K. R o s e n f e l d, An der Spandau «: Brücke la. ßmfkaften der Expedition. Patienten in Beelitz , Buch und andere« Heilsiätten. Dlej unserer Abonnenten, die noch tväbrend des ganzen nächsten Mo» der Heilstätte bleiben, wollen uns wegen der Uebcrweisung von exemplaren sofort idrc Adresse einsenden, da bei verspäteter Bestell» ersten Nummern des neuen Monats von der Post nicht geliesett n Alle Adressen müssen jeden Monat neu eingesandt werde»,