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Nr. 47. 29. Jahrgang.

2. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt. Soutag, 25. Februar 1912.

Abgeordnetenbaus.

22. Sigung, Sonnabendden 24. Februar, bormittags 11 Uhr.

Am Ministertisch: Beseler.

Der Justizetat.

4. Lag. Es wird beschlossen, die Petitionen der Justizkanzleis gehilfen erst zu verhandeln, wenn der betreffende Bericht der Justizkommission vorliegen wird. Dazu erklärte, gleich den Ver­tretern aller anderen Parteien

Abg. Dr. Liebknecht( S03.) seine Zustimmung. Ich will bei dieser Gelegenheit auch aussprechen, daß wir dem Verlangen der Justizkanzleigehilfen sympathisch gegenüberstehen.( Lachen

rechte.)

Die Abgg. Mathis( natl.), Drinnenberg( 8.), Runge ( Wp.) treten für Besserstellung der Kanzleigehilfen ein. Präsident Dr. Freiherr v. Erffa   erklärt, falls die Etatsberatung in dem schleppenden Tempo dieser Reden fortgehen sollte, werde das Haus viel längere oder auch Abendsizungen halten müssen. Auch die Abgg. Meyer- Tilfit( f.) und v. Kloeden( 6. I. F.) be­sprechen die gleiche Angelegenheit.

Abg. Dr. Liebknecht( Soz.):

Die Parteien, die hier alle so einmütig für die Kanzleigehilfen eintreten, haben vorhin über meine Erklärung gelacht. Sie alle find dabei durchaus intonsequent, denn als ich bei der Besol= bungsordnung für diese Forderungen der Justiztanzleige hilfen eintrat, fand ich weder bei Ihnen, noch bei der Re. gierung Unterstüßung. Es soll eben so aussehen, als würden nur die staatstreuen" Parteien etwas für diese Beamten­fategorie tun und ja nicht etwa die Sozialdemokratie!( Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.)

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werden noch unangenehmer empfunden als Armen- Kriminalität bestimmen, denn die Juden leben im allgemeinen in den Un= unterstübungen. Die Hilfsgerichtsdiener sind da in günstigeren, die Katholiken noch die Paria 3. Jahrelang müssen sie nach der Militärzeit, in günstigsten Verhältnissen. mittleren Jahren, verheiratet, mit

92 Mark Monatslohn

auskommen!( Sört! hört! links.) Das ist ja unhaltbar. Se cha Jahre lang bleiben diese Leute mitunter in dieser elenden age. Da darf die Staatsregierung wohl nicht länger mit der Abhilfe

zögern!( Bravo  ! bei den Sozialdemokraten!)

Ein Regierungskommissar führt aus, daß die Staatsregierung durch Schaffung von 81 neuen etatsmäßigen Stellen den Hilfe. gerichtsdienern helfe. Der Ermahnungen des Abg. Liebknecht bedarf sie dazu nicht. Der Finanzminister hat schon in der Etats­rede erklärt, daß statt Teuerungszulagen Erhöhung des Unter stüßungsfonds eintritt. Das Haus hat dem zugestimmt. 3.60 M. ist, verdienen die Hilfsgerichtsdiener nur 3,00 M. pro Tag! Abg. Dr. Schepp( Vp.): In Berlin  , wo der ortsübliche Tagelohn ( hört! hört! links.)

Abg. Dr. Liebknecht( Soz.):

Die Hilfsgerichtsdiener verlangen nicht einmal das, was die Postunterbeamten haben. Wie bei dieser Bezahlung die Staatsre­gierung behaupten kann, sie betätige den Leuten Wohlwollen, be greife ich nicht. Von Wohlwollen kann nicht die Rede sein. Mit Hochmut lehnt die Staatsregierung Anregungen aus diesem Hause ab, wie sich soeben gezeigt hat.

Präsident Freiherr   b. Erffa: Das dürfen Sie nicht sagen.

Abg. Dr. Liebknecht( Soz.):

Der im Glashaus fizt, foll nicht mit Steinen werfen. Die Staatsregierung sollte hier Besserung geloben, das wäre Die richtige Saltung! Nicht Unterstützungen fordern die Beamten, sondern angemessenen Lohn Die Unterbeamten werden patriarchalisch bebor mundet, das beweist das Verbot des Besuchs des Unterbeamten tags. Das bäterliche Wohlwollen" der Justizverwaltung ist eine Abg. Dr. Runge( Vp.) spricht dann für bessere Bezahlung der Redensart. Es bleibt den Unterbeamten nichts anderes übrig, als Gerichtsvollzieher. sich an die Oeffentlichkeit zu wenden. Wir werden für Abg. Schmitt- Düffeldorf( 3.) spricht für die Gefängnisie eintreten, ob es der Staatsregierung recht ist oder nicht. aufseher, denen ein Erziehungswert wichtiger Art und ein( Bravo  ! bei den Sozialdemokraten.) schwieriger Sicherheitsdienst obliege. Sie sollen außerhalb des Justizminister Dr. Beseler: Selbst die Streife, für die Herr Dienstes in einer kleidfamen Uniform auftreten können. iebtne cht sprach, sind nach mir gewordenen Mitteilungen durch Ein Regierungskommissar erklärt, daß den Gefängnisschulen aus nicht der Meinung, daß mein Wohlwollen nur in Worten be­größere Aufmerksamkeit zugewendet wird. Aber eine solche Aus steht. Herr Liebknecht kann wohl nicht das Wort nehmen, ohne gestaltung, wie sie die Beamten fordern, ist nicht möglich, denn die Justizverwaltung anzugreifen. Er ist aber durchaus im Irr sonst fönnte jede Beamtenkategorie volle Berüdsichtigung ihrer tum, wenn er unser Wohlwollen bestreitet.( Bravo  ! rechts.) Wünsche fordern. Abg. Dr. Liebknecht( Soz.)

Abg. Haarmann- Witten  ( natl.): Diese Erklärung reicht nicht aus. Die Gefängnisaufseher haben sowohl förperlichen Gefahren, wünscht bei einem anderen Titel im Interesse der Anwälte und als auch schweren Versuchungen standzuhalten. Im Inter  - des Publikums eine Vereinheitlichung der Art der An esse des föniglichen Dienstes muß der Petition der Gefängnisaufnahme der Eingänge bei den Gerichten, die heute sehr feher Rechnung getragen werden.( Beifall.)

Abg. Dr. Schepp( Bp.): Der Regierungsvertreter hat erklärt, daß die Aufseher einen schwereren Dienst haben, als die Sicher heitsbeamten. Sie sind aber diesen nicht einmal gleichgestellt! Das müßte doch der Fall sein.

verschieden ist.( Widerspruch vom Regierungstisch.) Ich habe da schon die peinlichsten Erfahrungen gemacht. Sier follte eine bestimmte Schlußzeit für die Eingänge bei allen Gerichten eingeführt werden.

Ein Regierungskommissar: Wir beschäftigen Gefangene eben­falls mit Dünenarbeit auf der Kurischen Nehrung. Das Klima ist dort ebenjogut wie in Hela.

Abg. Dr. Schmitt( 8.): Wer religionslos wird, wird auch leichter zum Verbrechen herabsinken. Das be stätigen die Geständnisse der Gefangenen uns Gefängnisgeistlichen gegenüber. Für den katholischen Gottesdienst ist in der Anstalt Moabit   zu wenig Blab, so daß der katholische Gefangene nur

alle 6 Wochen an die Reihe kommt.

Abg. Hammer( f.) beschwert sich darüber, daß eine große An­zahl Gerichte Buchbindern Arbeit entzogen haben, die sie jetzt durch Gefangene ausführen lassen. Was hat der Beirat für Ministerium getanen Schritte und erlassenen Rundverfügungen. Gefängnisarbeit bisher erreicht? Ein Regierungskommissar gibt eine Darstellung der vort Die Oberrechnungsfammer fönne feine Weisungen, sondern nur Anregungen zur Sparsamkeit geben, über deren Aus­führung der Minister entscheidet. Auf eine Anfrage des Referenten über diese vom Abg. Hammer gerügten Fälle tam keine Ant­wort( Sört! hört! lints), es erschien aber in der Beitschrift der Buchbinderinnung ein Aufruf zur Einsendung des Materials. Es wurde aber, angeblich weil es zu umfangreich ist, uns nicht gegeben! Gegenwärtig aber wird es von dem referierenden Ober­staatsanwalt geprüft. Der Gefängnisarbeitsbeirat ist noch nicht zusammengetreten.

Abg. Dr. Liebknecht( Soz.):

Die Gerichte lassen sich bei der Frage der Ueberbürdung der Kosten des Freigesprochenen auf die Staatstaffe von fis­talischen Gründen leiten. So in einem Prozeß gegen Herrn Reuß von der Welt am Montag". Er wurde freige sprochen, aber die Ueberbürdung der Koften abgelehnt, weil es sonnentlar gewesen sei, daß Leuß auf eine solche An­flage freigesprochen werden müsse und daher keinen Verteidiger gebraucht habe.( Hört! Hört! Tints.) Das ist doch ein unglaub licher Gebantengang. Damit wird doch erklärt, daß die anklagenden und eröffnenden Instangen nicht gewußt haben, worum es sich handelt. Wie soll nach deren autoritativem Vorgehen der Laie seiner Freisprache sicher sein?!( Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Wann endlich wird das gerichtliche Anzeigewesen einwandfrei und unpolitisch geregelt werden? Die Anzeigen sollen das Bublifum orientieren, ba darf nicht, wie es nur in Preußen geschieht, die sozialdemokratische Presse ausgeschlossen sein. Die Polizei weiß bei Ver­folgungen von Verbrechern doch die Arbeiterpresse au finden!- Das Strafverfahren gegen die

Mörder oder Totschläger des Arbeiters Hermann

in Moabit   hat in fünfviertel Jahren feinerlei Grfolg ge habt. Das ist gewiß zum Teil auch darin begründet, daß die Juſtiz verwaltung nicht alles ihr Mögliche getan hat. Die verdächtigten Beamten wollten sich gewiß aus Solidarität nicht gegen= seitig hineinlegen, was ja überhaupt die Verfolgung von Polizeibeamten erschwert. Warum wird denn keine Belohnung ausgefeßt? Die Justizverwaltung weiß doch vom Fall Biewals in Breslau  , wie schwer es ist, solche Täter zu fassen. Die Staatsregierung muß doch ohne Ansehen auch gegen beamtete Ver­brecher vorgehen. Im Volfe bezweifelt man da naturgemäß die unparteilichkeit der Berfolgung und sagt: Man will den Mörder nicht finden.

Bei den besonderen Gefängnissen" wendet sich Abg. Dr. Liebknecht( Soz.) schließt sich dem an. Wo nötig ist, daß geholfen werde, muß es geschehen. Da darf nicht Abg. Dr. Liebknecht( Soz.) Tange gefackelt werden. Wie ist das Leben seit 1908, to die Bes gegen die Remuneration der Gefängnisbeamten aus soldungsordnung in Straft trat, verteuert worden! Wenn das dem Arbeitsverdienst der Gefangenen. Solche Ge­Gehalt seit dem gleich blieb, so ist das direkt eine Einkommenver- winnbeteiligung kann sehr leicht zur Antreiberei der Ge­minderung! Die Gefängnisbeamten werden viel cher höheren An- fangenen führen. Damit sollte aufgeräumt werden. Die Justiz forderungen gewachsen sein, wenn sie besser gestellt sind. Solche verwaltung behauptet, daß sie in dem Freiluftauchthaus von Sela höhere Anforderungen werden aber mit der Entwicklung des Ge- ähnliche Einrichtungen getroffen habe. Es handelt sich nicht nur fängniswesens zum Beſſeren gestellt werden müssen. Wie furcht- um Außenarbeit, sondern die ganze& ebensweise und Be-( Sehr wahr bei den Sozialdemokraten.) Ich mache mir folche bar anstrengend und verantwortungsvoll ist aber auch der Dienst handlung. Die bloße Arbeit im Freien von Insassen geschlosse- Vorwürfe nicht zu eigen. Der Mörder ist nicht gefunden, aber des Gerichtsdieners. Er hat nicht nur Beugen aufzurufen, ner Anstalten, genügt noch lange nicht den von mir vertretenen ein Leipziger   Sozialdemokrat ist wegen einer Besprechung fondern braucht ein hohes Maß geistiger Fähigkeit. Denken Sie Anforderungen. Die Gefängnisgeistlichen halten wir für eine des Falles zu Gefängnis verurteilt worden. Die Staats­nur an Aufregungszustände im Gerichtssaal! Die Borjizenden Forderung der Gerechtigkeit; joder Gefangene soll seine religiösen regierung muß zu erkennen geben, daß fie im Interesse der sich wissen das ganz genau. Die Tätigkeit der Gerichtsdiener ist sehr Bedürfnisse befriedigen können. Jedoch sollte das nicht der beunruhigt fühlenden Bürgerschaft mit äußerster Energie gegen unregelmäßig, eine feste Arbeitszeit läßt sich ja da nicht ab. Staat, sondern die betr. Kirche bezahlen. Die amt dieses bersteckte, aber am hellen Tage auf offener Straße begangene grenzen. Wie sehr ziehen sich oft Verhandlungen und Richterbeliche Statistit zeigt, daß die Religion gar keinen Einfluß auf die Verbrechen vorgehen will. Da müssen sich ja nichtpflichtbewußte ratungen in die Länge! Und diesen Beamten hat man feine Sriminalität hat. Ist doch die Zahl der Verurteilten in den letzten Beamte ins Fäustchen lachen. Welche Demoralisation muß da Zeuerungszulage gegeben! Die Weihnachtsgratififatio. fünf Jahren bei den Protestanten um 4,12 Broz, bei den Katho- eintreten!( Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) nen müßten grundsäßlich allen Beamten gegeben werden, ohne An- lifen um 9,9 Proz., den Juden um 1,05 Bros. gestiegen. Das. Ein Regierungskommissar erklärt, der Fall Hermann fei sehen der Person. Die Beihilfen aus dem Unterstüßungsfonds beweist natürlich auch, daß die sozialen Verhältnisse die bisher nicht aufgeklärt, Abg. Liebknecht trage die Verant Chebund zu reichen. Auch das Gerede der halb idiotischen Gerichts­diener Holzapfel und Schleewein bei Verhaftung und Verhör von Don Juans Somplicen mit so viel karikaturistischem Talent die Herren Waßmann und Arnold sich auch der Rollen annahmen brachte es zu feinem rechten Effekt; dem Spotte, der zu Shake­speares Beiten vielleicht ganz aktuelle Spiken haben mochte, fehlt heute jede gegenständliche Beziehung.

Kleines feuilleton.

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Adolf Müllner  , der größte Rivale Bacharias Werners auf dem Gebiet der Schauerdramatik, hat das Verdienst, einen noch geheimnisvolleren Tag für sein Schicksalsdrama herausgefunden Die Königstreue der preußischen Junker, die in ihrer dreisten zu haben. Er brauchte nur um fünf Tage weiterzugehen und er Heuchelei nicht oft genug entlarvt werden kann und bei der Reichs fand einen Tag, der nur alle vier Jahre wiederkehrt. So fand tagspräsidentenfrage wieder einmal mit vollen Baden auspofaunt fein Schauerdrama, Der 29. Februar", so brutal und schlecht seine wurde, sei durch die Aeußerungen zweier Mustereremplare illustriert, Effekte auch gemacht sind, unter den Leuten, die mehr oder minder deren Anbetung fogar die bürgerliche Geschichtslegende oft genug schwer vom Zahlenaberglauben befallen sind, eine Riesenzahl von verfällt. Bei den nahen Jubeltagen der Freiheitskriege vergesse man Berehrern. Sie kamen auf ihre Kosten, denn der 29. Februar ihrer nicht. Der General von ord bespöttelte zivar bringt in Müllners Stück so viel Unheil und Entseben, daß auch Zeit der Reformbestrebungen die demokratische Vor- die sensationslüsternste Bersönlichkeit befriedigt nach Hause gehen Liebe, die, weil Bapst Sigtus V. in feiner Jugend konnte.

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ein Schweinehirt gewesen fei, um jebes berartige Subjekt

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fördern.

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Reinhardis Inszenierung war auf den Ton des bunten Fast­nachtspiels gestimmt. Oft flingt begleitende Musik. Jm Balast Beonatos drehen sich mastierte Paare im Tanze und am Ende, als Hero ihren Claudio bekommt, jagt alt und jung, eine farnevali­stische Schlangenkette, durch die Säle. Auch die Figur des Schurken Don Juan, aus der sich sonst nichts machen ließ, hatte sich diesem Stil anpassen müssen. Biensfeldt mit quittengelbem An­gesicht und einem Sinn, das spiz und drohend wie ein Habicht­schnabel vorragte, parodierte drollig theatralisch den Theaterböse­wicht; er zischte das Gift seiner schwarzen Seele grimassierend in dolchstichscharfen Worten aus. Johanna Terwin   war eine hübsch dreinschauende Hero, Josef Wörz ein stattlicher Claudio, Diegelmann ein behaglicher und ebenso hizköpfiger Leonato. pointierte vieles außerordentlich fein. Indes, gewisse Eigentüm­lichkeiten seines Ganges   und Organs störten für mein Empfinden die Illusion. Es blieb ein Rest von Ernst und Schavere, der zu dem Bilde des jugendlichen, charmant übermütigen Burschen Shakespeares mit der Figur der Beatrice. Sie schimmerte und strahlte von innerer Fröhlichkeit, recht nach dem Wort des Dich­ters, daß sie unter einem tanzenden Stern zur Welt gekommen. Die Lust am Wiße sprühte aus den Augen, zucie um die Lippen: Auch ihre Herbheit hatte etwas Liebenswürdiges, und die nach langer Gegenwehr durchbrechende Liebesleidenschaft war ganz so echt wie früher ihre Spottfucht. Es käme der Wirkung zugute, wenn in den Nebenszenen mehr gestrichen würde. So, dauerte die Auf­führung, troßdem die Drehbühne die Verwandlungspausen auf ein Minimum reduzierte, über dreieinhalb Stunden, Der Applaus war start.

und sich dem entgegensetzen, sie samt dem Bonaparte wegzujagen." Lebensgefühl die Seele mit den frohesten Hoffnungen erfüllt, wo schmolz Else strecht passen wollte. Um so vollkommener ver­

einreden möchten.

forgsam bemüht fei, aus Furcht, daß irgendein göttlicher Saubirt Der Kientopp im Dienste des Militarismus. Wie der Stine unbeachtet verkommen tönne". Dafür nahm er aber für seines- matograph" berichtet, plant die preußische Heeresverwaltung, den gleichen und sich, obwohl seine eigene, legitime adlige Abstammung Kientopp als hilfsmittel für die Ausbildung der Mannschaften für burchaus in Frage steht, ganz besondere Vorrechte in Anspruch. den Felddienst zu benußen. Zu diesem Zwecke sollen Films von So verteidigte er gegen den reformfreundlichen Prinzen Wilhelm, Manövern und Felddienstübungen hergestellt und später ben Mann den Bruder Friedrich Wilhelms III. mit dem schwachen Gefchaften vorgeführt werden. Die Heeresverwaltung hofft auf diese das Recht auf Stillstand mit der selbstsicheren Weise in anschaulicher Form Fehler, Erfolg und Mißerfolg der ein­bächtnis, Frage:" Wenn Em.   tgl. Hoheit mir und meinen Kindern Inen Maßnahmen im Manöver vor den Mannschaften besprechen Bassermann, der als Benedikt brausenden Beifall erntete, ihr Recht nehmen, tönnen und damit die Ausbildung der Mannschaften weitgehend tvorauf beruhen dann die Ihrigen?" Und der alte Haudegen Blücher   ging nicht weniger scharf ins Beug, als er 1818 an Scharnhorst schrieb:" Jezt ist es wiederum Theater. Beit zu tun, was ich schon Anno 9 angeraten, nämlich die ganze Deutsches Theater: Biel Lärm um Nichts von Nation zu den Waffen anzurufen, und wann die Fürsten   nicht wollen Shakespeare  " Es gibt Tage, in denen ein gesteigertes Der Gedanke an Absetzung und Vertreibung des geliebten Monarchen einem die Männer männlicher und geistreicher, die Frauen schöner ist den preußischen Juntern also nicht ganz so fremd, wie sie den und feiner erscheinen, wo man frei hoch über allen Sorgen des gottlob immer weniger werdenden Dummen im Dreiflassenvaterlande Alltags schwebt." In solchen Tagen, meint Brandes, vom Stimmungseindruck der Dichtungen auf die Stimmung des Dichters Der Unglückstag. Zacharias Werner   hat in seinem Stück selbst zurückschließend, müsse Shakespeare   seine Komödien ge­Der 24. Februar" den Unglüdstag in die Literatur eingeführt. schrieben haben. Sie gelten ihm als Zeichen, daß der Boet in der Welche Greuel geschehen nicht alle ausgerechnet an diesem einen Witte feiner dreißiger Jahre eine wenn auch rasch vorübergleitende Tag! Und fam ein Unfall, der das Herz traf, war es stets der Periode harmonischen Befriedigtseins und intensiver Glüds­24. Februar." An diesem Tag zückte der Wirt Sunz das Messer empfindung durchlebte. Ob diese Deutung recht hat oder nicht: nach seinem Vater, der seine Frau geschlagen hatte. Und nach der seelische Reflex, den Was Ihr wollt  " und die Benedikt- und Jahren findet an diesem Tag der Fluch des Baters schauerliche Er. Beatrice- Szenen in Viel Lärm um Nichts" auslösen, ist jeden­füllung: am 24. Februar schneidet der Sohn des Stung seiner falls in jenen Worten trefflich ausgedrückt. Frisch und erquidend Kleinen Schwester den Hals ab. Der Sohn flieht; er ist viele Jahre wie von einem Strom heller Daseinsfreude mutet es einen an. vom Vaterhaus abwesend, reich geworden kehrt er endlich nach Jahren zurüd. Der Vater erkennt ihn nicht und ermordet ihn in der einsamen Gaststube um feines Geldes willen: es ist der 24. Fe­bruar. Die Erstaufführung des 24. Februar" erfolgte übrigens an diesem Datum vor nunmehr 102 Jahren in Weimar   zum ersten Die italienischen Novellen entnommene Fabel erhält im Male. Goethe schreibt darüber in seinen" Annalen", daß es ein Triumph vollkommener Larstellung" war, und daß das Schreckliche Rahmen der Komödie keine näher motivierende menschliche Ver­bes Stoffes vor der Reinheit und Sicherheit der Ausführung ver- tiefung. Don Juan, der Verleumder Heros, handelt ohne Zweck, schwunden sei. Im übrigen hielt Goethe   nicht viel von dem Stück. aus bloßer Verruchtheit: ein Jagom, der, ins Komödienmilieu ver­Den Stoff zu feinem Drama hatte Werner in eiher wirklichen schlagen, Züge eines richtigen Theaterbösewichts annimmt. Von Begebenheit gefunden, die in einer Leipziger   Zeitschrift mitgeteilt hero selbst erfährt man wenig, so daß ihr Los auch lein besonderes wurde. Es hieß dort, daß im Jahre 1618 die Wirtsleute zum Interesse einflößt. Ein Freier, der seine vermeintlich gekränkte " Goldenen Siebe" in Leipzig   ihren Sohn ermordeten, als er nach Ehre an der Braut rächen will und das Mädchen am Traualtar zwanzigjähriger Abwesenheit heimkehrte. In dem geöffneten vor allem Volte beschimpft, bermag nicht sonderlich Sympathie zu Stanzen des Ermordeten fand der Vater den Geburtsschein des weden. Allzu leicht erklärt sich Hero, nach dem Beweise ihrer Un schuld, bereit, dem Mann, der so an ihr gehandelt, die Hand zum Sohnes, worauf die Eltern sich beide töteten.

Als Ganzes tann sich freilich dies zweite Lustspiel dem ersten nicht wohl zur Seite stellen. Dort reiht sich Bild an Bild mit gleichem Farbenreichtum, in" Viel Lärm um Nichts  " fällt aller Glanz auf Beatrices und ihres Partners anmutig nedisches Liebes­spiel; das übrige hat wenig eigene Leuchtkraft.

Notizen.

dt.

- Borträge. Im Institut für Meerestunde spricht Dienstag Franz Graf Barisch über Winterftürme auf den Scilly­infeln; Freitag Prof. Saffert liber eine wissenschaftlich- geographische Studienfahrt durch die Vereinigten Staaten  .

-

bargeliehene Sammlung Gronbold den Besuchern zugänglic In der Nationalgalerie ist jebt die auf ein Jahr gemacht. Wasmann  , Nohden, Emil Janssen   und Leibl sind darin,

bertreten.

-Der Reichstag   im Bilde. Freunde physiognomischer Studien feien darauf hingewiesen, daß sämtliche Reichstagsabgeord nete in der Leipziger Jüustrierten Zeitung" vom 22. Februar ab­gebildet sind. Das Bilderverbot, das ja aus der Bibel und dem Mohammedanismus bekannt ist und auch sonst bei primitiven Völkern häufig ist, scheint im neuen Reichstag feine Anhänger zu haben, es find alle 307 durch ihr Bild vertreten