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suchte deshalb die Sozialdemokralen nochmals, delt EnMkrf an­zunehmen. Eine Ablehnung würde Folgen haben, die für das Land von großer Wichtigkeit seien. Die Regierung habe gehofft, mit unserer Fraktion die Geschäfte führen zu können, und in der ersten vertraulichen Sitzung hätte es auch auf Grund gegenseitiger Konzessionen den Anschein gehabt, als ob eine Verständigung er- folgen werde. Dann sei jedoch die Stimmung plötzlich umge- schlagen. Auf die Wahlgcsetzvorlage könne die Regierung nicht verzichten. Namens der Minderheit des Gesetzausschusses gab Abgeord- nctcr Sommer(liberal) die Erklärung ab, daß die bürger- lichen Abgeordneten die Gründe der Regierung als stichhaltig anerkennen müßten. Er und sein Parteifreund Crone hätten gern einen Teil der ihnen sympathischen sozialdemokratischen For­derungen unterstützt. Von unserer Fraktion kamen fünf Redner zum Wort. Gc- nosse Oswald führte aus, daß die Regierung seit langen Jahren jede fortschrittliche Entwicklung der Fi- nanzgesetze verhindere, indem sie die Wahlrechtsvor- läge damit verkuppele. Die Wähler hätten sozialdemokratische Abgeordnete ins Parlament geschickt, um endlich einmal eine freiheitliche Entwicklung in der Landtagspolitik zu sehen. Als Antwort bringe die Regierung einen Entwurf ein, der bor 40 Jahren verliehene Privilegien zugunsten der Höchstbesteuerten weiter ausbauen anstatt beseitigen wolle. Das sei eine direkte Verhöhnung der Wähler. Ter Staatsministcr versuchte, unscrm Genossen entgegen- zutreten, hatte aber damit wenig Glück. Unsere Genossen Scholl, Finke und Frötscher betonten ebenfalls den Standpunkt unserer Partei. Genosse Hartmann geißelte die ganze bisherige Regie- rungspolitik, die er als eine traurige Krämerpolitik bezeichnete. An der ganzen unfruchtbaren Politik seien nur die Regierung und die bürgerlichen Abgeordneten schuld. Warum habe man die Vor- läge nicht zurückgezogen? Richtig sei, daß in der ersten der- traulichen Besprechung eine Annäherung möglich schien, da die Linke glaubte, die Regierung würde in der Wahlrechtsfrage nach- geben. Dann sei die Regierung aber von bürgerlichen Abgeordneten scharfgemacht worden und habe erklärt, sie müsse an der Vorlage festhalten. Die Regierung hätte uns provoziert, denn sie wußte, daß wir prinzipiell gegen den Entwurf waren. Hätte man das Gesetz gelassen, wie es war. Wenn die Regierung glaube, daß wir um den Preis deS Zusammenarbeitcns mit ihr alles schlucken, dann irre sie sich. Die Regierung wolle den Kampf, wir fürchten ihn nicht. Jetzt müsse er durchgefochten werden, sonst mißachte die Regierung weiter den Willen des Volkes._ Tie letzten Ersatzwahlen in Elsah-Lothringen . Heber die vier Landtagswahlen, die, wie wir gestern bereits berichteten, am Sonntag in Elsaß-Lothringen stattgefunden haben. wird uns nachträglich von einem elsäffischen Mitarbeiter ge- schrieben: »Die Wahlen am Sonntag brachten in dem oberelsässischen Wahlkreise Hüningen-Sierenz und in dem lothringischen Wahlkreise Saargemünd die Wiederwahl der kassierten Jen- trumsabgeordneten Dr. Brom und Hoen mit verstärkten Mehr- heiten. In beiden Kreisen erfuhren auch die Stimmen der sozialdemokratischen Gegenkandidaten eine Zunahme: in dem einen Wahlkreise um SO, im andern um 203 Stimmen. Hingegen gingen die liberalen Stimmen zurück: in Hüningen -Sierenz von 955 auf 534, also fast um die Hälfte, in Saargemünd noch ärger. Ein zweiter Wahlgang<nicht eine Stichwahl zwischen den beiden meistbegünstigten Kandidaten, wie bei den Reichstagswahlen) Jjat am nächsten Sonntag stattzufinden in dem oberelsässischen Wahlkreise Habsheim- Landser und in dem unterelsässischen Kreise Sulz u. W.» Wörth. Im letzteren, wo die Sozialdemokratie nicht in Betracht kommt, stehen sich der bisherige liberale Inhaber des Mandates und«in vom Zentrum unterstützterUnabhängiger" mit fast gleichen Stimmenzahlen gegenüber, während gegen 200 Baucrnüundstimmen zugunsten des klerikalen Reaktionärs den Aus- schlag zu geben drohen; und in Habsheiin-Landser erzielte der kassierte Zentrumsabgeordnete und erneute Kandidat Brogly 2607 Stimmen, während der sozialdemokratische Kandidat Müller-Mäglin, der seine Stimmen gegen 1911 um 208 steigerte, 2001 und der Liberale 832 Stimmen erhielt. 136 weniger als vor fünf Monaten. Rückgang der liberalen, Anwachsen der sozialdemokratischen und der Zentrums stimmen, das ist die Signatur dieser durch die Wahleinspruchsentscheidungcn deS Kaiserlichen OberlandeSgerichtS in Colmar herbeigeführten Nachwahlen, mit deren zahlenmäßigem Ergebnis die Sozialdemokratie um so mehr zufrieden sein kann, als dabei die alten Wählerlisten von 1911 noch gel- ten und die Sozialdemokratie als die Partei der Arbeiterklasse infolge größerer Fluktuation ihrer Wählerschaft von vornherein dabei im Nachteil ist. Das Zentrum ist noch mehr zufrieden, hat es doch bisher noch alle kassierten Mandate wiedergewonnen, ja. es hat Aussicht, den Liberalen am nächsten Sonntag das einzige ihrer kassierten Mandate zugunsten eines alsUnabhängiger" maskierten ZentrümlerS abzunehmen. Allerdings hat das Zentrum diesmal auch mit einer Raserei gearbeitet, die beispiellos ist, hieß es doch z. B. in einem Wahlaufruf der Zentrumspartei , den hie oberclsässische Zentrumspresse an leitender Stelle abdruckte: Und macht Euch klar: Keiner darf diesmal fehlen. Was Beine hat, muß auf unserer Seite an die Urne gebracht werden. Und zwar gleich um die Mittagsstunden, die bekannten säumigen Wähler zuerst. Sogar Kranke, bei denen es immer möglich ist. müssen an die Urne getragen werdenl" Und ein ZentrumSkaplan sagte in einer Wählerversammlung vor den sozialdemokratischen Gegnern: Tie Kassierung dieser beiden Wahlen(Habs- heim-Landser und Hüningen -Sierenz ) durch das O b er- landeSgericht ist eine Schandtat. Wir Geistlichen werden uns von den Herren von Colmar keine Vorschriften machen lassen, wir werden trotzdem politisch tätig sein, und zwar nicht nur in Versammlungen, sondern auch auf der Kanzel!..." TaS ist doch wohl der Gipfel. Eine Steigerung darüber hin- aus bei künftigen Wahlen muß als ausgeschlossen gelten. Die Präsidentcnfragc im Reichstag. An» Freitag hat der Reichstag die Wahl der Präsidiums, nach der Geschäftsordnung deS Hauses, zu wiederholen. Früher war mese Wiederholung eine reine Formalität, diesmal ist es ein Akt, dem man n«t gespanntestem Interesse entgegensieht. Zwilchen den Nationalliberalen und den Schwarzblauen finden fortgesetzt Ver- Handlungen statt, an denen sich namentlich der Graf Westarp eifrig beteiligt. Dennoch ist man bis jetzt noch zu keinem Resultat ge- kommen. Die Zusammensetzung deS Präsidiums aus einem National- liberalen, einem Zentmmsmann und einem Fortschrittler stößt auf den lebhaftesten Widerstand der Konservativen, die alles daran setzen, den SchnapSbrcuner Dietrich auf die Stelle des ersten Vize- Präsidenten zu bringen. DaS Zentrum wieder will den National- liberalen nicht die Stelle deS Präsidenten zugestehen. Als stärlste bürgerliche Fraktion des Reichstag» macht e» selbst darauf Anspifttch. Die Entscheidung' liegt bei den Nationalliberalen. In- folge der Zerrissenheit dieser Partei wird die Sache wahrscheinlich so auslaufen, daß die Schwarzblanen die Plätze im Präsidium unter sich teilen werden._ Verfafs»ngs- und Wahlrechtsdebatten im sächsischen Landtage. Zwei Anträge auf Aenderung der sächsischen Verfassung standen am Dienstag im Landtage zur Beratung. Zunächst ein Antrag der Freisinnigen, der jährliche Tagungen des Landtags verlangt. Der freisinnige Abgeordnete Schwager begründete den Antrag mit der Versickerung, daß sie dadurch durchaus nicht alljährliche Etats- Perioden verlangten. Der Minister Vitzthum v. Eckstädt lehnte ein Eingehen auf den Antrag ab. Er führte eine ganze Menge sehr fadenscheiniger Gründe an, nur den einen wirklichen nicht, daß die Regierung nicht die jährliche Kontrolle des Landtags wünscht. Namens der Mehrheit seiner Fraktion sprach der nationalliberalc Abgeordnete Backler gegen den Antrag. Er brachte zwar eine ganze Menge Material für den Antrag ein, empfahl aber dennoch die Ablehnung. Von unserer Seite sprach Genosse Jllge, der auch jähr liche Etatspcrioden wünschte. Bei der Abstimmung wurde der An trag der Freisinnigen auf alljährliche Tagungen gegen die Stimmen der Konservativen und eines Teiles der Ratjonalliberalen der Rechenschaftsdeputation zur Weiterberatung überwiesen. Nun folgte der Antrag unserer Fraktion auf Einführung de allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrechts für alle Staatsbürger vom 20. Jahre an. Genosse Fleißncr begründete den Antrag. Die Minister verließen mit ihren sänit- lichen Regicrungsräten ostentativ den Saal. Nach Flcißner sprach der nationalliberale Abgeordnete Nitzschke. Er wandte sich gegen den Antrag und versuchte in gewundenen Redereien den Unterschied zwischen Reichstags- und Landtagswahlrecht zu begründen.- Von den Konservativen sprach Schmidt-Freiberg . Er erging sich in allerlei Angriffen gegen die Arbeiterbewegung. Nach ihm kam der freisinnige Abgeordnete Günther zum Wort, der auch die Ablehnung des Antrags empfahl. Mit 20 Jahren sei der Staatsbürger noch nicht reif. Genosse Fräßdorf, der das Schluß wort hatte, rechnete in wirkungsvoller Weise mit den Rednern der bürgerlichen Parteien ab. Ter Antrag werde wiederkehren. Das Verlangen unserer Fraktion, den Antrag der Rechen- fchaftSdeputation zu überweisen, wurde gegen die Stimmen der Freisinnigen und Sozialdemokraten abgelehnt. Der Antrag selbst wurde dann gegen die Stimmen der So- zialdemokraten niedergestimmt. Ter Kaiser verzichtet. In der Budgetkommission des elsaß -lothringischen Landtages hat bei der Lesung des Berichts über den Etat der Forstverwaltüng der RegierungSvertrcier mitgeteilt, der Kaiser habe sich aus Vortrag des Statthalters dahin enfickieden, auf die ihm seinerzeit vom Landes- auSschuß freiwillig angebotene und zur Verfügung gestellte Jagd bei Oberhaslach im Unterclsaß zu verzichten. Die Mehrheit der Budget- kommission hatte nämlich beschlossen, dem Plenum die Verpachtung der Kaiserjagd vorzuschlagen. Der Kaiser hat eS also erst garnicht auf eine Entscheidung, die im Sinne des Kommissionsbeschlusses aus- gefallen wäre, ankommen lassen. Für Bassermann und gegen den Grosiblock, in der Hauptsache aber für möglichst viel neues Militär und neue Schiffsbautcn, hat sich der Württembergische Jungliberale Vertretertag ausgesprochen, der am letzten Sonntag in Stuttgart tagte. Die jungliberalen Herren, die übrigens in ihrer großen Mehrzahl das Scksivabenalter erreicht oder bereits überschritten haben, ließen sich vom neugebackenen Reichs- tagsabgcordneten K e i n a t h einen, Vortrag über die Vorgänge im Reichstag halten. Der Redner meinte, wer heute noch auf ein Auscinanderfallen der RcichstagSfraktion spekuliere, werde gründlich enttäuscht werden. Mit anderen Worten: die um> Basier- mann haben sich den Scharfmachern in der Fraktion löblich unter- warfen.Der Wunsch nach Großblockpolitik bestehe«außerhalb Badens und Bayerns nirgends," ließ sich der Referent weiter ver- nehmen. Für eine Wehrvorlage und nationale Fragen sei eine unbedingte Mehrheit vorhanden, die ein tatenfroher Reichskanzler zu benutzen verstünde. Zum Schluß beschlossen die Herren: Der Vcrtretertag der württembergischen! Junglibcralen billigt uneingeschränkt die programmatischen, Ausführungen der Abgeord- netcn Baffer mann, Junik und P aas che und hegt die Zu- verficht, daß die ganze ReichchtagSfraktion mit allem Nachdruck auf die Verwirklichung dieser echt liberalen und von sozialem Geist durchdrungenen Forderunpen hinarbeitet. Ebenso erwarten wir von der Fraktion, daß sie die dringenden Forderungen für unsere Wehrmacht rückhaltlos bewilligt und für die not- wendig werdende Deckung der daraus entstehenden Kosten durch die Erbschaftssteuer eintritt." Amtliches Ergebuis der Wahl im Siegburger Wahlkreise. Bei der am 1. d. MtS. im Wahlkreis Köln S. Siegkreis-Wald- bröl vorgenommenen ReichstagSersatzwahl wurden 17 378 Stimmen abgegeben. Davon erhielt Justizrat Trimboru(Z.) 17 002, Kaufmann Schneider-Denklingen(Wildsoz.) 79. Korvettenkapitän a. D. V. Holleben- Honnef(Natt.) 68. Pfarrer Hein-Kapellen(Chrisllichsozial 43. Pfarrer Lambertz-Dedenborn<Z.) 61 Stimmen; zersplittert waren 155 St. Gewählt ist somit Triinborn(Z.) Eine politische Masiregelung wird demVerl . Tagcbl." auS Posen gemeldet. Danach hat der K r e i S a u S s ch u ß für den Kreis G n e s e n in seiner gestrigen Sitzung beschlossen, der Finna I. D. Langen, die den«Gnesener Generalanzeiger" herausgibt, den Verlag desGnesener Kreis- blatteS" zu entziehen und der konservativen gegnerische» Zeitung zu übertragen. DerGnesener Generalanzeiger" ist bei der letzten ReichStagSwahl für den nationalliberalen Kandidaten gegen den konservativen in scharfer Form eingetreten. firankreicb. Der Segen der Kolouialpolitik. Während Diplomaten und Finanzmänner Marokko zurechtmachen für alle nationalen, übernationalen und inter - nationalen Begehrlichkeiten", schreibt Genosse Jaurös, verteidigen die Marokkaner mit Flintenschüssen den Rest ihrer Unabhängigkeit. Eine unserer Kolonnen hat 6 Tote und etwa 3(1 Verwundete zu verzeichnen. Freilich haben wir den Trost, daß die Zahl der auf dem Boden desVater- landes" durch unsere Kugeln niedergestreckten Marokkaner er- heblich größer ist. Die Zivilisation schreitet voran. Das liebevolle Frankreich " richtet sich ein. Das aber ist nur ein Vorspiel. Ehe das Banner Frankreichs dort im Frieden flattert, che alle Stämme unterworfen, alle Herzen gezähmt oder gebrochen sind, braucht es mindestens zwei Generationen. Scharmützel und Kämpfe werden einander folgen. Und wir werden den Ruhm haben, ständig im Kriegszustand zu leben. Um dieses von tiefem Haß er- füllte Marokko zu besetzen und zu erfialtm. werden wir das Geld, das Blut, die Ehre Frankreichs opfern. In allen internationalen Verwickelungen wird es für uns eine Drohung, eine Verlegenheit sein. Das fran- zösische Afrikas von Marokko bis Tunis , wird mindesten s drei Armeekorps in Anspruch nehmen. Und wir werden kein Recht mehr haben, vom Rechte zu reden. Wir haben das Recht verloren, an die mohammedanische Welt edle Worte von Gerechtigkeit und humaner Hoffnung zu richten. Die große Politik unserer großen Männer hat ei so gewollt. So sieht es in dem Marokko aus. das unsere Chauvinisten mit Gewalt unseren Finanziers und Karrieremachern zur Ver­fügung stellen wollten. So steht es um die zur Beschönigung neuer Militärforderungen behaupteteStärkimg der' fran­zösischen Wehrmacht" durch die begeisterten Söhne Afrikas . Und so spricht in Worten echter Vaterlandsliebe und echter Jnternationalität der Wortführer der französischen Sozialisten, die von unseren Patriotismus-Lügnern stets als Chauvinisten ihres Schlages hingestellt werden. Zum Ausgleich werden wir deutschenVaterlandsloscn" von den chauvinistischen Sold- schreibern Frankreichs unseren dortigen Genossen als Muster des echten kapitalistisch- imperialistischenPatriotismus" hingestellt. Die Schwindler des einträglichen Patriotismus sind überall die gleichen. Um so besser, daß auch die sozialistischen Parteien allerwärts in der Verurteilung des Kolonialraubmords und der Völkerverhetzung mit einander einig sind. foilUand« - Tie Studentenunruhcn. Petersburg, 5. März. Der Stadthauptmann verhängte über dreizehn Studenten und eilten Hospitanten der Universität Administrativhaft von einem bis drei Mongsjen wegen Anreizung zu Studentcn-Unruhey,.-" Ens der Partei. AuS den Organisationen, v_ Die außerordentliche Generalversammlung de-5 sozialdemo- kratischen Vereins für den Wahlkreis WicSbaden-Rheingau tagte am Sonntag in Wiesbaden . Es waren 15 Orte durch 35 Delegierte vertreten. Der Kandidat des Kreises, Genosse L e h m a nu- Mann- heim, hielt einen Rücklick auf die ReichStagSwahl. Der Wahlkreis ging bei der diesjährigen Wahl bekanntlich verloren, da das Zentrum im Gegensatz zu 1907 für den Nationalliberalen eintrat. Unsere Genossen haben sich aber wacker gehalten. Die sozialdemokrattschen Stimmen stiegen in der Hauptwahl von 12 630 im Jahre 1907 auf 15 222. In der Stichwahl mehrten sich unsere Stimmen um weitere 3000; wir stiegen auf 18 449. Dieser Zu- wachs der sozialdcmolratischen Stimmen könne� meinte Genosse Lehmann befriedigen. Ein besseres Verhältnis zwischen Stimmenzohl und der Zahl der politisch Organisierten müsse freilich in Zukunft geschaffen, in mindestens 24 Orten des Kreises könnten neue Filialen des Vereins errichtet werden. An da? Referat schloß sich eine längere Debatte, in der die bei der Wahl gemachten Erfahrungen ausgetauscht und eine Reihe Anregungen gemacht wurden. Dann beschäftigte sich die Generalversammlung mit der auS der Wahl ganz richtig gezogenen Schlußfolgerung: Anstellung eines Parteisekretärs. Die Errichtung eines Partei- sekretariats in weitverzweigten ländlichen Kreisen mit starker sozial- demokratischer Wählerschaft wird immer mehr Notwendigkeit. Und die Erfolge sind bei Anstellung eines Sekretärs auch nicht aus- geblieben. Das zeigen gerade die Nachbarkreisc von Wiesbaden : Höchst-Usingen und Hanau . In beiden Kreisen hat die Zahl der organisierten Genossen seit Anstellung eines Sekretärs ganz gewaltig zugenommen. Der Referent zu diesem Punkt, Genosse Demmer- Wiesbaden, betonte, die Frage sei aufgetaucht, weil man sich gesagt habe, daß die Leitung der Parteigeschäfte in dem ausgedehnten Kreise im Nebenamt schlechterdings nicht mehr gemacht werden könne. Das einmal gewonnene Feld müsse erhalten und vergrößert werden. In Wiesbaden selbst und der näheren Umgegend seien noch Taufende von Parteimitgliedern zu holen, und der Kreis in seiner ganzen AuS- dehnung bedürfe der systematischen Durcharbeit. Die Anstellung werde sich bald bezahlt machen. Dem Parteivorstande könne es jedenfalls angenehmer sein, jetzt Zuschüsse zu zahlen und bei der Wahl weniger mit besserem Erfolge. In der Debatte sprachen sich sämtliche Redner für die Errichtung eines Sekretariats auS. Bezirkssekretär Rudolph- Frankfurt a. W. sagte die Förderung durch das Agitationskomitee zu. Die Anstellung eines Sekretärs wurde dann einstimmig beschlossen. Die Stichwahltaktik des Parteivorstandcs. Eine stark besuchte Versammlung in Bremen nahm am Freitag nach einem Referat der Genossin Rosa Luxemburg , in dem daZ Stichivahlabkommen zwischen Parteivorstand und Fortschrittlicher Volkspartei scharf kritisiert Ivurdc, folgende vom Genossen Pannekock eingebrachte Resolution an: Tie am 1. März tagende Mitgliederversammlung des Bremischen sozialdemokratischen Vereins bedauert aufs tiefste das Stichwahlabkommcn, das der Partcivorstand mit der Fort- schrittlichen Volkspartei abgeschlossen hat, da sowohl die Heim- lichkcit wie der Inhalt des Abkommens der Natur einer sozia- listischcn Massenpartei, die nur durch energischen Kampf gegen die ganze bürgerliche Welt ihre Ziele fördern kann, schnür- stracks widerspricht. Sie erklärt jeden Versuch, mit den Fortschrittlichen und den Nationalliberalc» eine gemeinsame Politik der Linken zu treiben, für utopisch und nur gccigiict. Verwirrung in das Proletariat zu tragen und die Quellen seiner Kraft, sein Klassenbewußtsein und sein revolutionäres Selbstvertrauen zu verschütten. Sie erachtet cL als notwendig, den großen Machtzuwachs, den unser Wahlsieg der deutschen Arbeiterklasse gebracht hat, in erster Linie zu einem neuen energischen Kampf für die Demokratisierung des Staatslebens auszunutzen, einem Kamps, der nicht im Parlament, sondern nur durch Massenaktionen der Arbeitermassen selbst zum erfolgreichen Ausgang gebracht werden kann; und sie betrachtet nach wie vor den Kampf um das preußische Wahlrecht als die nächste Aufgabe der sozialdemo- kratiichen Partei." Wenn es in der Resolution heißt, daß der Kampf für die Demokratisierung des Staatslebcns nicht im Parlament, sondern nur durch Massenaktionen der Arbcitermasscii selbst zum erfolg- reichen Ausgang gebracht werden könne, so ist das eine Auffassung, die sich der antiparlamentarischen Denkweise nähert. Wir sind der Meinung, daß im Kampfe des Proletariats um die politische Macht ParlamentSarbcit und Massenaktionen zusammenwirken und einander ergänzen müssen. Im übrigen sind ja solche Rcj« solutionen nicht wörtlich zu nehmen.>»- poltzeiliches, GcnchtUcbcö ufw. Die Trennung der Angestellten von der Arbeiterbewegung. Unter dieser opitzmarke brachten wir in Rr. 53 de-5Vorwärts" den Bericht über einen Prozeß des Genossen Paul Lange in Hamburg gegen den Beamten deS Bundes der technisch-industriellen Beamten Ench Kutter in Berlin . Der Prozeß fand in Hamburg statt, also auf Grund des fliegenden Gerichtsstandes der Presse, der von der Sozialdemo- kratle stets bekämpft worden ist. Nach uns zugegangenen In- formationen lag aber für Genossen Lauge kein zwingender Grund vor, sich auf diesen anfechtbaren juristischen Weg zu begeben. Wir können uns daher mit dem Vorgehen des Genossen Lange nicht einverstanden erklären und betonen, daß wir nach wie vor an u'�re�Gegnerschaft gegen den fliegenden Gerichtsstand t» PMe