Fraucnwahlrecht in China ? Tie französische Feministin Dr. Pelletier, die dem«in- surrektionellen" Flügel der gceinigten Partei angehört, hat vom Sekretär des Dr. Sunyatscn folgenden Brief erhalten: „Nanking , 16. Februar. Madame! Ich habe die Ehre, Ihnen mitzuteilen, dah für die Provinzialversammlung von Canton vier Fronen als Mitglieder gewählt worden sind. Ich hoffe, daß die Tatsache von Interesse für Sic sein wird." Tie Diplomaten wollen keine Sendung republikanischer Truppen nach dem Norden. London , 6. März. Die„Tsmes" meldet aus Peking vom 6. März: Antschunghui, der Minister des Ausldärtigen im Kabinett zu Nanking , hat dem diplomatischen Korps in Peking seine Absicht mitgeteilt, zur Wiederherstellung der Ordnung Truppen zu entsenden. Das diplomatische Korps ist der Meinung, daß die Entsendung von Truppen aus dem Süden die Verwirrung nur vermehren werde, zumal Berichte aus Kiukiang und anderen Orten im Jangtse -Tal erkennen lassen, daß die Truppen im Süden ebenso disziplinlos sind wie die im Norden. Die Delegierten aus Nanking erkennen die Unzweckmähigkeit jenes Vorschlages an. Grosse japanische Truppensendungen. > London , 6. März. Das Reutersche Bureau meldet auS T i c n t s i n von gestern: 800Mannjapanische Truppen trafen heute früh in Chingwantao ein, wohin sie von Port Arthur durch Transportschiffe gebracht worden waren. Bier Kreuzer mit diesen Truppen werden in Tientsin um Mitternacht erwartet. Weitere 566 Mann japanische Truppen haben Mukden auf der Straße nach Tientsin verlassen. Vernünftige Ansichten. Chicago , 5. März. Der K-a binettssekretär d«S Krieges, Stimfon, erklärte hier in einem Interview, der erste, der sich mit Bezug auf China oder Mexiko chauvinistisch äußern würde, würde für die Niedermetzelung ungezählter Scharen von AuS« ländern in diesen Ländern verantwortlich sein. Stimson fügte hinzu: Sobald China oder Mexiko erst einmal auf den Gedanken kommen, daß unsere Heere ihr Land an sich reißen wollen, statt unsere Landsleute zu beschützen, werden sie an den Ausländern Rache nehmen. Die Soldatenmeuterei. Peking , 5. März. In Paotingfu sind die britischen und amerikanischen Tabakvorrätc im Werte von lOlXXI Pfund Sterling und alle japanischen Gebäude von den Meuterern geplündert war- den. Tie Japaner haben in den Missionen Zuflucht gefunden. Ein Sonderzug mit französischen und japanischen Truppen ist nach Paotingfu abgegangen, um die Franzosen und Japaner nach Peking zu bringen. Auf besonderes Ansuchen schützen die Japaner alle Fremden in Schan-hai-kwan. Mehrere Gruppen Meuterer, die nach Peking zurückkehrten, um mit der Plünderung wieder zu beginnen, wurden festgenommen und hingerichtet. Polizei und Gendarmerie balten sich bewunderungswürdig. Ein Privattelegramm meldet, daß 2000 Mann gemeutert und Kiukiang im Jangtsetale ge- plündert haben. Die Lage in Tientsin. � - j..■ vl- 1 fr yrfr OrtU Tientsin, 6. Marz. Die Befehlshaber den fremden Truppenkontingente haben in einer gemeinsamen Sitzung beschlossen, die Polizei in Tientsin selbst in dieHanb z u he h m e n. Die Bestimmungen des Vertrages von 1902 sind wieder in Kraft getreten, demzufolge die chinesischen Truppen sich der europäischen Niederlassung auf nicht mehr als sieben Meilen nckhern dürfen. Di« Chinesen dürfen nach Ig Uhr abends ihre Häuser nicht mehr verlassen. Die chinesische Bevölkerung hat sich an den Bizekönig gewandt und sich darüber beschwert, daß die chinesische Polizei sich vollständig unzuverlässig zeigt und sich auch ' an Unruhen der letzten Tage beteiligt hat. Seit gestern ist es zu keinen Zusammenstößen zwischen Kaiserlichen und Republikanern mehr gekommen. Ermordung eines englischen Missionars. Peking , 6. März.(Meldung des Reuterschen Bureaus.) Auf einer Reise, die der anglikanische Bischof von Nordchina, Dr. Scott, in Begleitung der Missionare Tay und HugheS am 29. Februar von Paotingfu durch seine Diözese angetreten hatte, kam es am 4. März zu Streitigkeiten mit Aufständischen, die den Wagen und die Zugtiere der Missionare mit Beschlag belegen wollten. Hierbei wurde Missionar Dah von den Soldaten erschossen, HugheS und Dr. Scott blieben unverletzt. Chinesrnunruhen in Singapore . London , 6. März. AuS Singapore wird gemeldet: Wäh- rcnd der Feier des chinesischen Neujahrfestes kam es in dem Hafen- viertel zu großen Ausschreitungen, die in der Chinesenstadt vor dem Foßhause ihren Anfang nahmen. Eine Anzahl republika- nischer Kulis versuchte, den chinesischen Landsleuten, die sich der Befolgung des noch von der Kaiserinwitwe erlassenen ZopfedikteS ! widersetzten, gewaltsam die Zöpfe abzuschneiden. Aus diesem An- laß kam eS zu blutigen Zusammenstößen, bei denen e i n e A n- zahl Chinesen getötet und mehr alt 30 schwer ver- letzt wurden. Die englische Eingeborenenpolizei mußte ein. schreiten und konnte nur mit Mühe die Ruhe wieder herstellen. poUtifcbe Qeberlicbt. Berlin , den 6. März 1912. Bergarbeiterstreik, neuer Mittelstand, Fortbildnvgs- schule« und so weiter. Aus dem Reichstag . 6. März. Noch immer dreht sich die Spule der Debatten über das Gehalt des Staats- sekretärs des Innern und endlose Reden haspeln sich ab. Da- bei gilt ein Erfahrungssatz: Je länger die Rede, desto kürzer das Interesse. Zwei Renommierarbeiter produzierten sich in der gestrigen Sitzung, Herr Behrens von der Wirtschaft- lichen Vereinigung der auch durch den„TerrorismyS" der bösen Sozialdemokratie nicht zu der Erkenntnis von der Kot- wendigkeit eines Ausnahmegesetzes bekehrt werden kann, und— zum zweiten Male schon!— Herr G i e s b e r t s, der mit nachdrücklichen Worten auf den Ernst der Lage im Bergbau hinwies, sich aber doch nicht verkneifen konnte, gegen die Sozialdemokratie und die freien Gewerkschaften mit plumpen Provokationen ausfällig zu werden. Zwischendurch lud der Reichsparteiler Dr. v. O e r tz e n sein Sprüchlein gegen die Warenhäuser ab und Genosse Giebel befaßte sich in einer wirkungsvollen und wohlfundierten Rede mit der Frage des„neuen Mittelstandes", der lediglich ein mittelloser Stand sei, tat dar, wie zlvischen Prinzipalen und Angestellten sehr oft das militärische Vorgesetzten- und Untergebenenverhältnis herrsche, und verlangte die Regelung eines einheitlichen An- ' gestelltenrechtS. Nachher sprach der Nationalliberale Kölsch über den kaufmännischen Mittelstand und für den Hansabund und- erwies sich für einen Neuling als' ein"recht ge- schickter Fechter, der dem Zentrum und der Rechten nianchen gutsitzenden Hieb erteilte. Zum Schluß trat, ehe der Pole D omb ek zu einer in der allgemeinen Unruhe untergehenden Polemik gegen die„Schlesische Zeitung" das Wort nahm, der Fortschrittler K e r s ch e n st e i n e r, der bekannte Münchener Fachschulmann, als ein heilloser Ideologe auf, der in seinen sicherlich von freiheitlichem Geiste getragenen Ausführungen als Ziel aller Politik ein Maximum von unabhängigen Existenzen ver- langte, und der Weg dazu sei die Erziehung in einer brauch- baren Fortbildungsschule— der Geist von Sankt Manchester war es, der auS einem professoral und pädagogisch angelegten Kopf sprach. Heute 1 Uhr: Fortsetzung der Debatte. Ueber die neuen Flottenforderungeu glaubt die„Kölnische Volkszeitung" folgende Mit- teilung machen zu können: „Die Wehrvorlagen sind bereits den einzelneu Mitgliedern des Bundesrats zugegangen. Das preußische«taatS- Ministerium hat sich in seiner gestrigen Sitzung damit beschäftigt. In den nächsten Tagen dürften sie schon halbamtlich veröffentlicht werden. An den Reichstag sollen sie dann samt den Deckungs- vorlagen noch vor Ostern gelangen. Die Wehrvorlagen werden in ihrem jetzigen Bestand im Bundesrat kaum mehr eine wichtige Abänderung erfahren. Die F l o t t e n v o r l a g e ist gegenüber dem ursprünglichen Plan wesentlich herabgesetzt worden. Sie bringt das dritte aktive Geschwader, das gewonnen wird � durch Verzicht auf das Reserveflottenflaggschiff, durch Verzicht auf die Materialreserve(vier Linienschiffe, vier große und vier kleine Kreuzer) und schließlich durch den Neubau von drei Linienschiffen und zwei kleinen Kreuzern. Eine entsprechende Vermehrung des Personals der Unterseeboote und der Luftschiffe kommt hinzu. Die Ausgaben dafür be- ginnen mit 15 Millionen Mark, steigen aber in den folgenden fünf Jahren bis zur H ö ch st s u m m e von 43 Millionen Mark. Auch im Reichstag dürfte diese Marinevorlage wenig Widerstand mehr finden. Ueber die Not- wendigkeit der Ma r i n e v o r l a g e hört man recht verschiedene Ansichten." Diese Mitteilungen stimmen durchaus mit dem überein, was auch bereits in anderen Zentrumsorganen gemeldet worden war. Danach sollten die Ausgaben für die Flotte sich auf durchschnittlich 3V Millionen jährlich beziffern: Auch der Durchschnitt der von der„Kölir. Volks- zeitung" mitgeteilten Ziffern ergibt ja eine Vermehrung der jährlichen Flottenausgaben von rund 30 Millionen Mark. Zu diesen 30 Millionen für die Flotte sollen dann noch 50 bis 60 Millionen jährlicher Ausgabe für Land- und Luftmilitarismus und eine einmalige Ausgabe von 100 Millionen kommen! Grostindustriellc Steuergegner. Die Taktik der Zentiumspolitiker, neue Steuern zur Deckung der durch die geplanten Heeres- und Marinever- Mehrungen entstehenden Ausgaben für unnötig zu erklären und durch allerlei Finanzkünsteleien zu beweisen, daß in den nächsten Jahren-dav Etat mit. großen Aeborschüssen abschließen wird.'stößt bei den Kohlen- und Eisenniagnaten des rheinisch- westfälischen Jndustriereviers auf inniges-Verständnis. Ganz begreiflich. So.wenig, wie die ZentrumSflihrer. wünschen die betreffenden Großindustriellen, daß die Reichserbschaftssteuer erhöht oder erweitert wird: und auch eine Reichseinkommen-, Reichsvermögens-, Dividenden- oder Tantiemenstcuer, die ihre gefüllten Taschen etwas erleichtern würde, erscheint ihnen höchst unpratriotisch und verwerflich. Den ganzen Betrag aber, der zur Deckung der beabsickstigten Militärausgaben er- forderlich ist, ohne weiteres durch neue indirekte Steuern der großen Volksmasse aufzubürden, geht in Anbetracht der heuti- gen politischen Lage nicht gut an. So helfen sich die In- dustriekönige damit, daß sie an die Regierung die Anforde- rung stellen, vorläufig die sogenannte Deckungsfrage zurück- zustellen und sich einstweilen mit der Einbringung der HeereS- und Flottenvorlagen zu begnügen. Stellt sich dann später heraus, daß die Mittel nicht reichen, kann man ja eine neue Anleihe aufnehmen oder, falls sich inzwischen die politische Lage geändert haben sollte, eine neue Reichsfinanzreforni nach dem Rezept der früheren machen. Die„Rhein.-Wcstf. Ztg.", das Zechenblatt, findet denn auch in schönster Uebereinstimmung mit der klerikalen Presse, daß es zurzeit völlig überflüssig sei, sich wegen der Deckungs- frage den Kopf zu zerbrechen, denn durch ein wenig Sparsam- keit bei anderen Ausgaben könne die schönste Bilanz im Reichshaushalt hergestellt werden. Von einem„unserer aller- bedeutendsten Großindustriellen", dessen Name, wie das Zechenorgan versichert, Weltruf hat, läßt sich das Scharf- macherblatt folgende schöne nationale Gefühlsäußerung schreiben: „Jch�möchtc davon absehen, mich für oder gegen eine be- stimmte Steuer auszusprechen, weil ich der Auffassung bin, daß neue Steuern überhaupt vermieden werden müssen. Die Summen, welche für unser Heer und unsere Flotte erforderlich sind, müssen meines Erachten« auf anderem Wege aufgebracht werden, und zwar durch Einschränkung der Ausgaben und Einführung größter Sparsamkeit auf allen Ge- bieten unserer Repräsentation und Verlvaltung. Die letzte große Steuerreform wurde durch einen lauten und ausführlich behau- Velten Appell an die Einschränkung und Sparsamkeit eingeleitet, ich vermag aber nicht festzustellen, das nennenswertes irgendwie geschehen ist. um diese von der Regierung sich selbst und dem Lande gestellte Aufgabe auszuführen. Nach meiner Auffassung werden für reine Aeußerlichkciten. die mit der Wehrkraft zu Wasser und zu Lande, der Stärke und Tüchtigkeit unseres Heeres und unserer Flotte nichts zu tun haben, in jedem Jahre unge- heure Summen verausgabt. Ich erinnere nur daran, was die Paraden, neuen Uniformen und sonstigen Ausrüsrungögegen- stände, deren Notwendigkeit absolut nicht erwiesen ist, alles kosten, wieviel Geld bei den großen Stapelläufen und anderen ähnliche» Anlässen verausgabt wird, und alle diese Ausgaben, die der Steuerzahler aufzubringen hat, sind doch durchaus un- produktiv. Ueber die Tüchtigkeit unserer Verwaltung will ich kein Wart verlieren, aber es muß darauf aufmerksam gemacht werden, daß. wenn sie nach privatwirtschaftlichen Gesichts- punkten und Grundsätzen eingerichtet und geführt wird, in fast allen ihren Zweigen an Menschen und Geld sehr große Ersparnisse gemacht werden könnten.... Wohin es aber insonderheit bei kriegerischen Verwickelungen führen soll, wenn der Bürger gehalten oder ge- wohnt«st. aus der H«nd in den Mund zu leben und nichts mehr zurückzulegen, ist nicht abzusehen. Denn ein Kriag, der heute ausbricht, kostet immenses Geld. Rehmen wir nur mal an. es ständen 2 Millionen Rann einschließlich Offiziere. Verpflegungs- Mannschaften ustv. im Felde, und jeder Mann koste einschließlich Pferd und Kriegsmaterial 19 M. pro Tag, was sicherlich eher zu niedrig als zu hoch gegriffen ist. so macht das auf einen Tag 29 Millionen Mark, oder auf einen Monat 699 Millionen, alio üher eine halbe Milliarde Mark aus. Woher sollen wir dieses Geld nehmen, wenn der Staat nur Schulden und der Bürger keine Ersparnisse hat? Dabei ist zu berücksichtigen, daß im Falle eines Krieges, zumal wenn er gegen England geführt wird. das uns mit seiner großen Flotte die Versorgung unserer In- dustrie mit Rohstofsen,' wie Erz, Baumwolle usw., und die Aus- fuhr unserer Erzeugnisse, wie Eisen, Textilwaren. Kohlen, Kali usw., abschneiden kann, die Fabriken stilliegen müssen und weder - für die Werke Einnahmen noch für die Arbeiter Löhne vorhanden sind." Der Gedanke, daß es. falls olle diese Bedenken richtig sind, am besten wäre, die neuen Militärfordeningen rundweg abzulehnen, kommt dem weisen Großindustriellen von Welt- ruf anscheinend gar nicht. Er verlangt mehr Soldaten und Schiffe, aber sie dürfen nichts kosten, wenigstens den großen Kapitalisten nichts. Er hat auch nichts gegen einen Krieg mit England, aber die deutsche Großindustrie darf dadurch nicht geschädigt werden. Ob Hunderttausende von Prole» tariern dabei verbluten— ist nebensächlich. Giesberts gegen Erzberger . Selbst ein Mitglied der Zentrumssraktion. Herr Giesberts, sieht sich veranlaßt,- im roten„Tag" gegen das Treiben seines Fraktionskollegen Erzberger Stellung zu nehmen, der da unter Uebertreibung der Reichseinnahmen und der Ueberschüsse der letzten Jahre mit Leidenschaft den Standpunkt verficht, daß man getrost alle möglichen militaristischen Forderungen bewilligen könne, ohne zugleich die Deckungsfrage aufrollen zu müssen. Herr Giesberts weist der rosenroten Darstellung des Herrn Erzberger gegenüber darauf hin, daß es sich ja doch nicht nur um Deckung der militaristischen Forderungen handle, sondern auch noch um eine ganze Reihe anderer Ausgaben. So müsse das Besoldungsgesetz der Reichsbcamten zum mindesten für die Post- unterbeamten und mittleren Beamten eine not- wendige Ergänzung finden. Auch die Erhöhung der Mann- schaftslöhnung für die Soldaten sei noch nachzuholen, ebenso die Befriedigung der dringendsten Wünsche der Altpensio- näfe. Spätestens vom Jahre 1915 ab werde dann eine weitere Belastung des Etats hinzutreten durch Mehrausgaben für die Invaliden- und Altersversicherung infolge der Herabsetzung der Altersgrenze von 79 auf 65 Jahre. Bevor man also daran denke, aus den vorhandenen Steuermitteln Militär- vorlagen zu decken, werde man erst die hier erwähnten Aufgaben erfüllen müssen, die eine jährliche Mehrausgabe von 59 bis 69 Mil- lionen erheischten. Außerdem sei auch Bedacht darauf zu nehmen, daß die durch die Finanzreform bezweckte„Sanierung der Reichsfinanzen" keinen Schaden erleide. Man dürfe doch nicht vergessen, daß die Reichs- finanzreform eine„ganz ungewöhnliche fteuerpolitische Maßnahme" gewesen sei, deren Nachwirkungen bei den Reichstags- Wahlen noch so deutlich zu verspüren gewesen wären. Zum mindc- sten müsse, doch mit der gegenwärtigen Schuldenwirtschaft dauernd gebröchen werden. Niemand werde es verstehen, wenn etwa die neue Militärvorlage„aus Steuern auf Tabak, Katjcc- .llöhnen üstd'ZündhAzer"-gedeckt loerdeü solle. Sei es möglich, die R ü st u n"g S a u s g a b e n derartig zu he- schränken, daß ihre Kosten ohne neue Steuern gedeckt werden 'könnten, ö h N e die sonstigen Aufgaben des Staates zu gcföhr�ii und die Schuldentilgung illusorisch zu machen, so sei das die „glücklichste Lösung". Sei das aber nicht möglich, so wäre es ein Fehler, nicht neue Einnahmequellen für die neuen Ausgaben zu suchen. Die„Steuerfanatiker" früherer Zeit sollten jetzt nicht in den entgegengesetzten Fehler der„Steuevscheu ver- fallen", wenn es gälte, eine„wirksame Besitzsteuer" zu schaffen. Herr Giesberts möchte also im Gegensatz zu Herrn Erzberger die Pfade des Herrn v. Zedlitz wandeln und den schwarzblauen Block zur Bewilligung irgendeiner Erbschaftssteuer überreden, um dadurch das Odium der Rcichsftnanzreform des Schnapsblocks loszuwerden und den Wählern Sand in die Augen zu streuen. ES wird sich zeigen, ob diese Richtung„staatSmännischcr De- sonnenheit und Klugheit" im Zentrum den Sieg davontragen wird, oder die Trzbergersche Richtung, die den Junkern zuliebe selbst auf das Feigenblatt einer Erbschaftssteuer verzichten will. Der Appell un den Minister. Ein Fall, der in der Parlamentsgeschichte ohne Beispiel dastehen dürft«, ist auS dem preußischen Junkerparlameut zu verzeichnen. Der Präsident F r e i h e r r v. E r f f a hat fich an den Minister v. Breitenbach gewendet, um seine Hilfe in Anspruch zu nehmen gegen diewiderlpenstige Budgetkommission. Die Fahrstühle im preußischen Abgeordnetenhause sind nach Ansicht des Präsidenten nicht mehr auf der Höhe und erheischen dringend einige technische Verbesserungen. In den Etat de» Abgeordneten- Hauses war auch ein Beiraz von 14 899 M. zum Umbau der AufzugSan lagen eingestellt. Begründet wurde diese Forde- rung damit, daß die Fahrgeschwindigkeit nicht mehr de» Anforde- rungen entspreche und daß die Kurbelsteuerung als gänzlich ver- altet durch die Drucklnopssteuerung ersetzt werden müsse. Die Budgetkommisfion hat nun aber diese Forderung gestrichen und zwar, wie der Präsident in seinem Schreiben ausführt, deS- halb: weil ein Mitglied der Kommission bei den HilsSdienern Erkundigungen eingezogen hatte und dort belehrt wurde, daß die alte K u r b e l st e u e r u n g besser s e i. als die vom Ministerium vorgeschlagene Neueinrichtung. Der Präsident Freiherr v. Erssa. bittet nun den Minister, er möge bei der Beratung des Budgets im Plenum mit aller Entschiedenheit dafür eintreten, daß die gestrichene Summe wieder in den Etat eingesetzt wird. Der Minister wird natürlich gern bereit sein, diesen wünschen zu entsprechen. Aber e« ist immerhin keine alltägliche Er- i ch e i n u n g, daß der Präsident eines Parlament« die Hilfe eines Ministers anrufen muß. Im preußischen Abgeordnetenhaus kommen ja so viel Merkwürdigkeiten vor. daß man sich eigentlich über gar nicht« mehr wundert. Aber dieser neueste Fall dürfte doch ge- eignet sein, wieder einmal die Aufmerlsamkeit auf diese« Drei- llasienhau« zu lenken, wenn auch vielleicht nur in der Form, daß den Witzblättern wieder einmal reichlich Stoff geliefert worden ist. Sind Flottenverei««nd Wehrverei« politische Vereine? In den letzten Wochen ist in der Presse mehrmals die Frage er- örterr worden, ob der Flottenverei» und der neuaegründete Wehr- verein politische Vereine find, und e« war hinzugefügt worden, baß die Regierung der Ansicku zuneige, daß die genannten Organi- sationen als politische Bereine zu betrachten find. Demgegenüber versichern nun die„Miinchener Reuesten Nachrichten", daß eine Ab- ficht, den Deutschen Wehrverein, den Flottenverei» und andere vaterländische Vereine als politisch zu erklären, amtlicherseit« nicht bestehe.
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