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Nr. 234.

Erscheint täglich außer Montags. Preis pränumerando: Biertels jährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 mt, möchentlich 28 Bfg frei In's Haus. Einzelne Nummer 6 Pfg. Sonntags: Nummer mit illuftr. Sonntags: Beilage Neue Welt" 10 Pfg. Poft- Abonnement: 3,30 Mt.pro Quartal. Unter freuz band: Deutschland   u. Defterreich: Ungarn   2 Mt., für das übrige Ausland 3 Mt.pr.Monat. Eingerz. in der Post Zeitungs- Breisline für 1893 unter Nr. 6708.

Vorwärts

10. Jahrg.

Infertions- Gebühr beträgt für die fünfgefpaltene Betitzeile oder deren Raum 40 Bfg., für Bereins: unb Versammlungs: Anzeigen 20 Bfg Inferate für die nächste Nummer mussen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Ervedition in an Wochen tagen bis 7 Uhr Abends, an Sonn­und Festtagen bis 9 Uhr Vor­mittags geöffnet.

Fernfprecher: 3mt I, 4186. Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin Berliner  

Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Donnerstag, den 5. Oktober 1893. Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

Die Tabak- Fabrikatffeuer. 24 M. bis dahin, für 100 Kilogramm Bigarren und durch erhöhte Besteuerung benachtheiligt wird.

Besteuerung des Tabaks auf dem Gesetze vom 16. Juli 1879, führt, gegenüber dem unehrlichen oder lüderlichen, seine wonach für 100 Kilogramm Tabakblätter 85 M. gegen Bücher unregelmäßig und ungenau führenden Fabrikanten Zigaretten 270 M., bis dahin blos 120 M., für 100 Kilo- Auch ist nicht außer Acht zu lassen, daß die Fabrikat­Die Reichs- Steuerpläne gewinnen nun Gestalt. Die gramm andere Fabrikate 180 M. gegen 66 M. vorher ent- steuer mit ihren vielfachen Kontrollmaßregeln die Macht der offiziöse Presse beginnt nun statt der allgemeinen Redens- richtet werden mußten. Die inländische Flächensteuer wurde Behörden steigert, dem Spitzel- und Angeberunwesen Thür arten und der bekannten schnoddrigen Polemik gegen die durch eine Gewichtsteuer, von 45 M. für 100 Kilogramm in und Thor   öffnet. Gegner der Reichs- Steuerpläne thatsächliches Material zu fermentirtem Zustande ersetzt. Aus all diesen Gründen müssen wir uns mit aller bringen und damit eine genaue Beleuchtung der dem Volke Jetzt will die Reichsregierung das letzte der drei Tabak- Entschiedenheit gegen den Tabaksteuer- Entwurf, so weit er drohenden Mehrbelastung zu ermöglichen. Leider sind die steuersysteme anwenden, die Fabrikatsteuer. Dieselbe ermög- bekannt geworden ist, aussprechen. Die Thatsache, daß die Angaben der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" in ihrem licht eher, wie wir zugestehen, eine Abstufung nach der finanzielle Seite der Steuerfrage, die für die Regierung gestrigen Leitartikel über die Ergebnisse der Berathungen Qualität. Aber dieser Vorzug der Fabrikatsteuer vor der Roh- und Volt Wichtigste, in der offiziösen Darlegung ganz mit der Tabaksteuer- Kommission zwar weit ausgesponnen, aber tabaksteuer wäre blos dann anzuerkennen, wenn die Reichs- Schweigen übergangen wird, muß das nur zu gerechtfertigte feineswegs erschöpfend, ja, sie schweigen sich über das, regierung sich mit dem gleichen Steuererträgnisse begnügen Mißtrauen im höchsten Maße steigern. worauf es den Konsumenten vor allem ankommt, voll wollte wie bis jetzt. Das ist aber nicht der Fall. Die Unsere Genossen in der Tabakindustrie beginnen schon ständig aus, nämlich über die Höhe der Belastung und über Steuer soll sehr hohe Erträgnisse abwerfen, weit größere als am eigenen Leibe die Wirkungen des kommenden Gesezes das von der Reichsregierung erwartete Erträgniß, wogegen bis jetzt. Da nun die billigen Zigarren und Tabaksforten zu fühlen. Die Tabakfabrikanten erwägen schon die Ein­sie sich über die die Fabrikanten hauptsächlich intereffirenden den weitaus überwiegenden Theil des Verbrauches aus- fchränkung der Produktion, und die Arbeiter der Branche steuertechnischen Fragen des Breiten auslassen. machen, so kann nur ein geringer Bruchtheil des angestrebten sehen vor Augen, daß sie den Hungerriemen noch enger als Die Auslaffungen des Reichskanzler- Organs lauten turz Steuererträgnisses von den Rauchern theurer Bigarren- jeßt anziehen müssen. zusammengefaßt folgendermaßen: forten eingetrieben werden, das Haupterträgniß müssen die Die Inlandsteuer von 45 M. für 100 Rilogramm foll in billigen Rauchtabake und die Zigarren, welche weniger als Wegfall kommen und der Zoll für den aus dem Auslande ein- 6 Pfennige tosten, einbringen, somit erscheint die Fabrikat gehenden Rohtabat um den entsprechenden Betrag gekürzt fteuer als eine neuerliche schwere Belastung der ärmeren werden. Die im Inlande hergestellten Fabrikate werden, so­weit sie zum inländischen Konsum bestimmt sind, einer Steuer Volksklassen. Dies ist aber blos das eine Moment, das doch um eine Frage, die nach jeder Richtung die Interessen unterworfen, welche nach Prozenten des durch die Faktura uns, ganz abgesehen von der Zweckbestimmung der Steuer- des arbeitenden Boltes schwer schädigt. nachzuweisenden Fabrifpreises bemeffen ist. Die Sätze sollen erhöhung, als Deckungsmittel der gesteigerten Militäraus­für die verschiedenen Arten von Fabrikaten verschieden hoch lagen, zu einer entschiedenen Ablehnung der Fabrikatsteuer normirt werden. Die Steuerpflicht soll eintreten, sobald die zwingen muß.

Fabrikate im fertigen Zustande die Fabrik verlassen. Für die arbeitenden Klasse, für die in der Tabak- und Bigarren­ausländischen Fabrikate wird die Steuer zugleich mit dem industrie beschäftigten Personen noch weit bedeutungsvoller. Es

Zoll erhoben. Zur Zahlung der Stener für inländische GB handelt sich hierbei um beiläufig 150 000 Personen, die

Fabrikate ist der Fabrikant, für ausländische derjenige ver

Ueberall rüsten sich die Tabatarbeiter daher zu einer Agitation gegen die Regierungspläne. Wir hoffen, daß auch die der Tabatindustrie nicht angehörenden Arbeiter energisch die Agitation der Tabatarbeiter unterstützen, handelt es sich

und

die preußischen Landtags­Die Sozialdemokratie Wahlen.

Wir erhalten folgende Buschrift:

pflichtet, welchem die Zahlung des Bolles obliegt. Der Tabat heute schon erbärmlich niedrig, z. B. in Berlin  , wo ver unterliegt von der Erzeugung bezw. von der Einfuhr bis zum hältnißmäßig hohe Löhne gezahlt werden, nur mit 10 bis Ausgange der daraus hergestellten Fabrikate aus der Fabrik 15 M., entlohnt sind. Die Erhöhung der Zigarren und der Kontrolle durch die Steuerbehörde. Der inländische Tabak- Tabakpreise wird die Arbeiter zu einer wesentlichen Ein­pflanzer soll der Verpflichtung zur Anmeldung und zur Beschränkung des Verbrauches zwingen, dies wird sich doppelt Landtags- Wahlen, der darin gipfelt, durch Kompromisse mit Der Vorschlag E. Bernstein's betreffs der preußischen stellung des geernteten Tabats behufs amtlicher Verwiegung fühlbar machen, da die eventuelle Einführung der neuen anderen Parteien einige sozialdemokratische Mandate zu ergattern, auch fünftig unterworfen bleiben, dagegen wird er von der Stener in eine Zeit tiefen wirthschaftlichen Niederganges barf wohl als erledigt gelten. Wer in der Partei noch schwanken Kontrolle auf dem Felde, der Blätterzählung und Gewichts- fällt, in der die Arbeiter ohnedies zur Einschränkung ihrer mochte, wird durch die flaren Ausführungen Singer's überzeugt abschäzung und von den im Interesse dieser Kontrolle vor­geschriebenen Beschränkungen des Anbaues in Zukunft frei bleiben. Ausgaben gezwungen werden, vor allem der Ausgaben, welche sein, daß ein Vorgehen in der von Bernstein   angegebenen In seiner Verfügung über den Tabat ist der Pflanzer insoweit be- nicht unbedingt zur Ernährung und Wohnung erforderlich Richtung unserer Vergangenheit ins Gesicht schlagen, unsere Zu­schränkt, als er denselben nicht an andere Personen als an an- find. Demzufolge wird die Tabak- Fabrikatsteuer die Arbeits- tunft gefährden würde. Damit ist aber die Frage nach unserer gemeldete Pflanzer, Rohtabaf- Händler oder Fabrikanten veräußern losigkeit der Bigarrenarbeiter, die schon jetzt bei den Ver- Stellung zur Landtagswahl meines Erachtens nicht erledigt. darf. Der Rohtabak- Händler unterliegt der Verpflichtung, fein Lager fertigern der billigen Zigarrensorten sehr groß ist, noch be- Schon der Umstand, daß ein so bewährter Genosse wie Bernstein  unter Mitverschluß der Steuerbehörde zu halten. Die Kon- deutend steigern und die 600 000 Personen, die theils oder wohl bedenkliche Lösung vorzuschlagen, daß ferner die Neue die Frage anschneidet, ohne mehr als eine auch ihm selbst doch trolle des Fabrikanten wird im wesentlichen in einer Buch ganz vom Verkaufe von Tabak und Zigarren leben, in Zeit" diesen Ausführungen ohne Randbemerkung fontrolle bestehen. Die Händler der Tabaksfabrikate follen ihrem Einkommen tief herabdrücken. Raum gleichfalls Anschreibungen führen, welche ihre Einkäufe nach­giebt, beweist die Unzufriedenheit mit der Unthätigkeit weisen. Auf den Absatz ihrer Waaren wird die Kontrolle Endlich ist noch ein dritter sozialer Gesichtspunkt in und der Wunsch, bei den Landtags- Wahlen doch nicht diefer Händler dagegen nicht ausgedehnt. Eine Kontrolle der Betracht zu ziehen. Die Tabak- Fabrikatsteuer begünstigt, je ganz müßig bei Seite zu stehen. Und wer die Kampfluft unserer Steuerentrichtung durch Anbringung von Banderolen oder strenger die bei ihr unerläßlich genaue Fabrikationskontrolle Genoffen fennt, wird nicht zweifeln, daß diese Gefühle weite Steuermarken ist nicht in Aussicht genommen. Nach den durchgeführt wird, den leichter zu überwachenden Groß- Kreise derselben bewegen. Es bleibt also die Frage bestehen: Uebergangsbestimmungen wird eine mäßige Nachsteuer erhoben betrieb gegenüber den zersplitterten, oft direkt an die Kundschaft verkaufenden Kleinbetrieb.

werden.

Nachdem die Reichsregierung im Jahre 1882 vergeblich versucht hatte, das Tabakmonopol einzuführen, beruhte die

Feuilleton.

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Die vorgeschlagene Buchkontrolle hat ferner den Nach­theil, daß der ehrliche Fabrikant, der seine Bücher genau

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den Landtagswahlen einschreiten können? Ich glaube, diese Frage Diskussion vorlegen. Von vornherein scheint es mir flar, daß bejahen zu können und möchte meine Antwort den Genossen zur eine Betheiligung unsererseits an den Wahlen ausschließ

sah mich um, und ich war alt geworden. Wie? dacht' ich, mir im Innern das Wunder auseinander zu falten, warum wenn der Herr herunterschaut, so sieht er Deine Runzeln alles so und nicht anders sei, wie Mensch und Gott, Tugend auf dem alten Fell, und Du bist noch immer nicht talt und und Sünde, in- und durcheinander, und im verschlungenen warm? Da kam der selige Herr Brousson, der heilige Knoten je zuweilen der Strahl der Ewigkeit in die Zeit Märtyrer noch einmal zu uns. Ein Sturm des Geistes, herein scheint, und wir in einem Augenblickchen die ganze so sagte er, hätte ihn zu uns getrieben. Er hatte es wohl unermeßliche Ewigkeit in uns fühlen und erleben, und daheim und bequem, aber seine lieben Berge, Wald- viele tausend Gedanken und Empfindungen, wovon die

Der Aufruhr in den Cevennen. Schlüpfe, die flaren Flüffe, wollte das fromme Wald- kleinste in dem Tüttelchen von Zeit nicht Blah haben

Eine Erzählung

von Ludwig Tied.

vöglein noch einmal besuchen, und den süßen Nachtigallen- dürfte. Auch warum wir denn so elend wären. Was der ton aus der Brust in unsere Seele schmettern, so inniglich, Herr damit meine. Sieh, Freund, da kam ein großer Ge­voll und liebesiech, daß er daran verscheiden mußte. dankenstrom vom Himmel herab( ich sah und kannte aber Ein Mann, Herr Brousson, ein Gottesmann, lebte erst Amen!" noch kein Wort, keinen Buchstaben davon) und senkte sich in Nismes, dann in Toulouse  . Ein Reformirter und Er hielt wieder inne, und Edmund sagte: Ich habe wie mit großen Adlerschwingen in mein Gehirn, und brausete Advokat, der immer, und wenn die Leute arm waren, diesen frommen Brousson damals in Nismes gesehn, ehe er und rauschte fort, und das Rückenmark hinunter wie Eis so umsonst die Sachen seiner Glaubensgenossen führte: ein hingerichtet wurde; es werden jetzt noch nicht fünf Jahre kalt und frostig, so daß ich in meinem innersten Wesen fror Geist voll Milde und Sanftmuth. Der ging in das Aus- sein, daß er seine Lehre durch einen schmachvollen Tod be- und die Zähne vor Entfeßen klappten. Wie in die Brust land und wurde in der Schweiz   Priester, predigte dort und siegelte." hinein verlor sich das Wehen  , und nun war es, wie

in Holland  , erbaute Tausende. Den trieb der Geist und" Damals," sprach Abraham Mazel weiter, waren alle wenn Täublein säuselnd durch den unermeßlichen Raum das Heimweh in unser Land zurück, und nun führte mich alten Verbote von neuem geschärft. Man konnte nicht meines Innern flögen. Alsbald tam eine linde Wärme, der Herr in die Wüste zu ihm. Dazumal war meine Frau sprechen, kaum denken, so war man verrathen. Es war und mein Herz sprang auf wie die Rose aus der Knospe schon todt. Einsam wie ich war, ohne Kinder, konnte mein nun ein Jahr verflossen, als bei Alais eine Versammlung am Frühlingsmorgen, und der Herr war in mir. Da fiel gauzes Herz, das so lange lange brach gelegen hatte, Gottesfürchtiger von Basville überfallen wurde, alle in die ich nieder, und Weissagung war mein Gebet. D, wie hätte wieder die echten Früchte tragen. War es doch, als nähme Gefängnisse geschleppt und alle ohne weitere Untersuchung ich denken können, daß seine Gegenwart so süß sei, der mit ich von dort ein Stück vom Himmel in meine Hütte zu- martervoll hingerichtet. Dies geschah im Oktober. Ich seiner Herrlichkeit faft die Wände der engen Wohnung zer­rück. Das ging nun so fort. Ich war nicht mehr dumm, war auch zugegen gewesen und nur durch ein Wunder sprengte. Dank sei ihm ewiglich, Amen!" aber auch noch nicht glücklich. Es wollte nicht haften, entkommen. Schon hier und da hatte ich eins der Seine Wunder sind unermeßlich und unaussprechlich," Hagelschauer zerschlugen mir zuweilen die Saat. Und wenn prophetischen Kinder gesehen, aber ohne Applikation; sagte Edmund. ich oft auf dem Anstand lag, mit bestem Willen und mein Herz war dem Anblicke eher tälter geworden, weil" Im ganzen Lande," erzählte Abraham weiter, saßen offenem scharfen Sinn, geladen und schußfertig, so tam mir die kleinen Würmer in dem Zustande nicht gefielen. viele Gefangene, die des Glaubens wegen verdächtig waren. kein Wild, kein Thier sprang auf in der Wüste meiner Jeßt saß ich nach vollbrachtem Geschäft in der Einsamkeit, Am schärfften behandelte fie der Abt von Chaila, der seine Brust. Ach, man früppelt jahrelang so zum Erbarmien müde und matt vom Reiten, und beschaute mir die Wohnung auf dem Schlosse Pont Mont de verd hatte. hin, und die Zeit vergeht wie Traum und Rausch. Ich grüne Wiese, den Himmel und die Berge umher. Ich suchte Eltern, Gatten und Verlobte flagten um die Geraubten.

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